OGH 12Os7/04

OGH12Os7/0411.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. März 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kainz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Valentin K***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über dessen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Graz vom 4. November 2003, GZ 21 Hv 93/03s-93, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Valentin K***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 13. August 2002 in Graz Ingeborg P***** vorsätzlich tötete, indem er ihr mit einem 24,5 cm langen Pfadfindermesser mit 13,5 cm Klingenlänge zahlreiche wuchtige Stiche in den Oberkörper und den Hals sowie gegen den Kinnbereich versetzte, worauf sie verblutete.

Die Geschworenen hatten die (anklagekonforme) Hauptfrage nach Mord einstimmig bejaht und die dazu gestellte Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit ebenso einstimmig verneint. Eine Beantwortung von Eventualfragen nach dem Verbrechen des Totschlages gemäß § 76 StGB, nach dem Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung gemäß § 87 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB und nach den Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung gemäß § 287 Abs 1 (§§ 75 in eventu 76, in eventu 87 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall) StGB entfiel demgemäß.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus § 345 Abs 1 Z 8 und 13 erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Die Instruktionsrüge (Z 8) verfehlt insgesamt den Vergleich der tatsächlich erteilten Rechtsbelehrung mit deren in § 321 Abs 2 StPO normierten Inhalt (14 Os 5/99) und die allein darauf gegründete - und nur dann prozessordnungsgemäß einer meritorischen Erledigung zugängliche - gesetzlich geforderte deutliche und bestimmte Darstellung der Unrichtigkeit der den Geschworenen zuteil gewordenen juristischen Information.

Ausführungen zum Rechtfertigungsgrund der Notwehr waren dem Beschwerdevorbringen zuwider in Ermangelung einer darauf gerichteten (Zusatz-)Frage entbehrlich (Fabrizy StPO9 Rz 12; Mayerhofer StPO4 E 20 bis 22; Ratz, WK-StPO Rz 63; E. Steininger Nichtigkeitsgründe3 Rz 6 - alle zu § 345 Abs 1 Z 8; 12 Os 161, 162/00).

Im Übrigen orientiert sich das Rechtsmittel prozessordnungswidrig nicht am Gesamtzusammenhang der Instruktion (Fabrizy aaO; Mayerhofer aaO E 24 Rechtssatz 2, 49, 49a, 50; 12 Os 149/97), indem einzelne Passagen aus dem Kontext gelöst und spekulativ als für die Laienrichter möglicherweise schwer oder nicht verständlich deklariert werden. Sowohl die kritisierten Ausführungen zum gesetzlichen Tatbild (Rechtsbelehrung S 5) als auch zur Schuldfähigkeit (Zusatzfrage 1, Rechtsbelehrung S 11) weisen - im Zusammenhang mit den vorangehenden Sätzen gelesen - nicht den vom Nichtigkeitswerber unterstellten unvollständigen Aussagewert auf (Mayerhofer aaO E 43, 66a, 66b; neuerlich 12 Os 149/97). Die bloße Behauptung, wonach die Rechtsbelehrung (S 12 und 20) "... dass ein allenfalls später aufgetretener Zustand, der Zurechnungsunfähigkeit begründen würde, materiell-rechtlich ohne Bedeutung ist", mangels Erklärung des Begriffes "materiell-rechtlich" irreführend sei, legt - schon gar nicht durch die Hypothese, es werde damit "auf den Zustand des Angeklagten angespielt" - nicht dar, dass sich die vermeintliche Unvollständigkeit zum Nachteil des Angeklagten auf die Beantwortung der Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit ausgewirkt hat. Die Strafzumessungsrüge (Z 13 zweiter und dritter Fall) problematisiert das vom Geschworenengericht als erschwerend angenommene Ausnützen der Wehrlosigkeit des blinden Tatopfers mangels Feststellung des darauf gerichteten Vorsatzes des Angeklagten. Abgesehen davon, dass dies aus der betreffenden Urteilspassage (US 6, 7) unschwer ersehen werden kann (ist ein Ausnutzen doch begrifflich nur vorsätzlich möglich, so auch Ebner in WK2 § 33 Rz 23), wird mit dem Vorwurf mangelnder Feststellungen dazu lediglich ein Berufungsgrund angesprochen (Fabrizy aaO § 281 Rz 76; auch EvBl 1988/108).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 2 StPO iVm § 344 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§§ 285i, 344 StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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