Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den Beklagten zu 1., 2. und 5. bis 7. die mit 1.181,70 EUR (darin 196,95 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 28. 10. 1975 wurde die unter Vorlage der Statuten angezeigte Bildung des nach dem VereinsG 1951 gegründeten Vereins "Reitclub M*****" (später umbenannt in "Reitclub 2*****"; in der Folge: Verein) nicht untersagt.
Mit Klage vom 30. 12. 1997 begehrte der Verein ua von den hier klagenden Parteien 468.899 S sA mit dem Vorbringen, er habe auf einer vom Rechtsvorgänger der hier klagenden Parteien gepachteten Liegenschaft Investitionen getätigt, die mit dem eingeklagten Betrag abzugelten seien. Das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 4. 10. 2000, mit dem die Klage abgewiesen und der Verein zum Kostenersatz an die nunmehr klagenden Parteien verpflichtet wurde, erwuchs infolge Zurückweisung der außerordentlichen Revision in Rechtskraft. Die am 6. 6. 2001 gegen den Verein bewilligte Fahrnisexekution blieb mangels pfändbarer Gegenstände ergebnislos. Mit Beschluss vom 26. 3. 2002 wurde den klagenden Parteien gegen den Verein die Forderungsexekution nach § 294 EO zur Hereinbringung von 12.775,12 EUR sA und Exekutionskosten bewilligt. Als Drittschuldner, denen die Exekutionsbewilligung zugestellt wurde, wurden ua sämtliche Beklagte, als Rechtsgrund der Forderung die in § 6 der Vereinsstatuten verankerte Nachschusspflicht der Mitglieder für Kosten genannt. Der Erstbeklagte war Obmann des Vereins. Der Verein gab zuletzt zum 12. 12. 2001 der Vereinsbehörde die Liste des neu gewählten Vorstands bekannt. Die letzte - durch Einladung und Anwesenheitsliste dokumentierte - Generalversammlung fand am 9. 4. 1994 statt. Über die Prozessführung des Vereins gegen die hier klagenden Parteien wurden die Mitglieder des Vereins nicht näher informiert; der Erstbeklagte als Vereinsobmann wurde weder vom Verein, noch von einem der Vereinsorgane zur Prozessführung legitimiert.
Die Vereinsstatuten lauten auszugsweise:
„§ 2 Tätigkeit: Die Tätigkeit erstreckt sich auf alle Gebiete des Reitsportes, dessen Ausübung, Pflege und Förderung in jeder Hinsicht. Tätigkeitsgebiet ist das Bundesland Steiermark.
§ 3 Mittel: Die zur Erfüllung dieser Aufgabe notwendigen Mittel werden durch Mitgliedsbeiträge, Nachschüsse, Spenden und Zuwendungen aufgebracht.
§ 5: Die Mitgliedsbeiträge werden in der ordentlichen Generalversammlung jeweils festgesetzt. Sie sind klagbar. (...)
§ 6 Rechte und Pflichten der Mitglieder: a/Rechte (...)
b/ Pflichten: Zahlung des Mitgliedsbeitrages, Kostenanteilstragung mit Nachschusspflicht, Unterstützung und Förderung des Klubs und seiner Einrichtungen und Ziele, Pflege und Erhaltung sportlich ritterlichen Geistes.
§ 8 Organe: Die Organe des Klubs sind 1. das Präsidium, 2. der Vorstand, 3. die Rechnungsprüfer, 4. die Generalversammlung, 5. das Schiedsgericht. (...) Der Präsident, in dessen Verhinderung der Stellvertreter, vertritt den Klub nach außen, führt den Vorsitz bei Vorstandssitzungen und Generalversammlungen und ist der Generalversammlung verantwortlich. Der Präsident oder sein Stellvertreter zeichnet mit einem Vorstandsmitglied für den Verein. Der Vorstand setzt sich aus dem Präsidium, dem Schriftführer, dem Kassier und einer von der Generalversammlung zu bestimmenden Zahl von weiteren Mitgliedern zusammen. Er ist das Exekutivorgan des Klubs, führt die Geschäfte nach den Richtlinien, die von der Generalversammlung beschlossen werden, und ist dieser verantwortlich. Er gibt sich seine Geschäftsordnung selbst. Er fasst seine Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit (...). Er wird von der ordentlichen Generalversammlung für ein Jahr gewählt. (...) Die Generalversammlung ist das oberste Organ des Klubs, hat jährlich einberufen zu werden (...). Sie beschließt über: a/ Tätigkeits- und Kassenbericht, b/ Bericht der Rechnungsprüfer und Entlastung, c/ Wahl des Präsidiums und des Vorstandes, d/ Wahl von Rechnungsprüfern, e/ Anträge des Präsidiums, des Vorstandes und der Mitglieder, f/ Ernennung von Ehrenmitgliedern, g/ Höhe der Mitgliedsbeiträge, h/ Vertretung des Klubs im Landesfachverband, i/ Genehmigung bzw. Änderung der Statuten, j/ Auflösung des Klubs. (...)"
Mit Schreiben vom 25. 4. 2002 an die zuständige Bezirkshauptmannschaft teilte der Verein mit, seit dem Jahr 1997 keine aktive Tätigkeit mehr durchzuführen, und ersuchte um rückwirkende Ruhendmeldung ab 1. 1. 2000 bis zur Wiederaufnahme einer Tätigkeit. Die Behörde antwortete dem Verein zu Handen des Erstbeklagten, dass eine rückwirkende Ruhendmeldung des Vereins von Gesetzes wegen nicht möglich sei, und dass der Verein aufgrund der Meldung der neuen Vorstandsmitglieder vom 12. 12. 2001 noch bis Ende 2002 die rechtliche Handlungsfähigkeit besitze; sollte der Verein keine Tätigkeit mehr ausüben, wäre ein Antrag auf freiwillige Vereinsauflösung zu stellen.
Mit Drittschuldnerklage begehren die Kläger nunmehr von den Beklagten - je anteilig zu einem Achtel - 15.030,06 EUR sA an Prozesskosten, Zinsen und Exekutionskosten. Die Beklagten würden als Drittschuldner in Anspruch genommen. Sie seien Mitglieder des Vereins und hätten am Vereinsleben teilgenommen. Sie hätten sich von den Statuten Kenntnis verschaffen können und müssen; deren Unkenntnis entlaste sie nicht. Die Statuten verpflichteten sie vertraglich, Verbindlichkeiten des Vereins, die dieser nicht decken könne, mittels finanzieller Nachschüsse abzudecken. Dies sei eine reine Finanzierungsverpflichtung. Die Beklagten hätten Kenntnis von der Prozessführung des Vereins gehabt und diese geduldet, weshalb sie sich nicht darauf berufen könnten, Vertretungshandlungen des Obmanns seien ungültig und der seinerzeitige Vertreter des Vereins sei nicht wirksam bevollmächtigt gewesen. Vereinsbeschlüsse und Wahlen seien unabhängig von einer Meldung an die Vereinsbehörde zivilrechtlich gültig. Ein Vorrang der Haftung von Vereinsorganen gegenüber der statutengemäßen Haftung der Mitglieder für Vereinsschulden bestehe nicht. Unwesentlich sei ein allfälliges Verschweigen der Statuten gegenüber beitretenden Mitgliedern. Die vereinbarte Kostenanteilstragung mit Nachschusspflicht sei keine Ausfallsbürgschaft. Die Beklagten hafteten auch als wirtschaftlich Beteiligte des Vereins. Die Beklagten seien sämtliche Mitglieder, die der Verein während des Prozesses gehabt habe.
Die Beklagten zu 1., 2. und 5. bis 7. (nur diese sind am Revisionsverfahren beteiligt) beantragen die Abweisung der Klagebegehrens. Der Verein habe vor drei Jahren seine Tätigkeit eingestellt und verfüge über kein Vermögen. Eine Haftung des Vorstands, des Obmanns oder der Mitglieder komme mangels Verschuldens nicht in Betracht. Auch bestehe keine über den Mitgliedsbeitrag hinausgehende Zahlungspflicht der Mitglieder gegenüber dem Verein. Die Beklagten seien mittlerweile aus dem Verein ausgetreten und hätten alle Mitgliedsbeiträge bis zu ihrem Austritt bezahlt. Aus § 6 der Statuten sei keine persönliche Haftung von Vereinsmitgliedern für Verbindlichkeiten des Vereins ableitbar. Bestritten werde, dass die Beklagten rechtswirksam dem Verein beigetreten seien und sich den Statuten unterworfen hätten, sowie dass die Statuten ordnungsgemäß beschlossen worden seien. Gemäß § 2 der Statuten erstrecke sich die Tätigkeit des Vereins auf alle Gebiete des Reitsports; die hiefür notwendigen Mittel würden ua durch Nachschüsse aufgebracht. Die allfällige Nachschusspflicht sei daher auf Gebiete des Reitsports beschränkt und beziehe sich nicht auf Prozesskosten. § 6 lit b der Statuten sei unklar und zu Lasten des statutenverfassenden Vereins auszulegen. Die Generalversammlung hätte die Möglichkeit gehabt, Nachschüsse zu beschließen, jedes Mitglied hätte in einem solchen Fall die Möglichkeit gehabt, aus dem Verein auszutreten. Die Beklagten zu 5. - 7. seien zum Zeitpunkt der Prozessführung nicht mehr Mitglieder des Vereins gewesen.
Das Erstgericht verpflichtete den Erstbeklagten zur Zahlung von 1.596,90 EUR sA und wies das Klagebegehren im Übrigen ab. Bei den klagenden Parteien handle es sich um eine einheitliche Streitpartei, bei den Beklagten um eine Streitgenossenschaft iSd § 11 ZPO. Nach dem VereinsG sei das Leitungsorgan des Vereins verpflichtet, die Mitglieder über die Tätigkeit und finanzielle Gebarung des Vereins zu informieren. Der Obmann des Vereins hätte daher die Mitglieder über die beabsichtigte Prozessführung aufklären und deren Zustimmung einholen müssen. In den Vereinsstatuten sei eine Gesamtvertretung vorgesehen. Der Erstbeklagte als Obmann des Vereins habe nicht nur keine ordnungsgemäße Trennung zwischen seinen Geschäften als Inhaber des Einstellbetriebs und den Vereinsgeschäften vorgenommen, was zum Verlust des Vorprozesses geführt habe, sondern auch die finanzielle Gebarung und Vertretung im Verfahren gesetz- und statutenwidrig durchgeführt. Die Vereinsmitglieder seien in die Prozessführung nicht einbezogen worden und hätten dieser nicht zugestimmt; sie könnten daher nicht zur Kostenanteilstragung mit Nachschusspflicht herangezogen werden. Bei der Auslegung von Vereinsstatuten dürften nur jene Umstände herangezogen werden, die allen vernünftigen und redlichen Mitgliedern aus den Vereinsgegebenheiten bekannt oder erkennbar seien. Unter diesem Gesichtspunkt sei § 6 lit b der Vereinsstatuten gegenüber den Vereinsmitgliedern mit Ausnahme des erstbeklagten Obmanns nicht anwendbar. Der Erstbeklagte hafte nach § 6 lit b der Statuten (Nachschusspflicht), weil er die im Vorverfahren entstandenen Prozesskosten alleine verursacht und verschuldet habe. Eine Haftung der anderen Vereinsmitglieder als wirtschaftlich Beteiligte des Vereins bestehe nicht; § 63 Abs 2 ZPO bestimme keine Durchgriffshaftung hinsichtlich der Kosten des Prozessgegners.
Das Berufungsgericht bestätigte - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - die Abweisung des Klagebegehrens gegenüber den Beklagten zu 2, 5. bis 7. und änderte das Urteil im Übrigen dahin ab, dass es das Klagebegehren auch gegenüber dem Erstbeklagten abwies; es sprach aus, dass die ordentliche Revision zur Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts, der zur Wahrung der Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukomme - nämlich der Frage der Haftung von Vereinsmitgliedern für Nachschüsse, wenn solche zwar grundsätzlich in den Statuten vorgesehen seien, aber sogar die Festlegung der Mitgliedsbeiträge eines Generalversammlungsbeschlusses bedürfe, zulässig sei. Prozessgegenstand der Drittschuldnerklage sei (nur) die Frage, ob die Beklagten nach den Vereinsstatuten zum (anteiligen) Erlag des begehrten Nachschusses verpflichtet gewesen seien. Nach dem Grundsatz, dass Bestimmungen in Vereinsstatuten nach den §§ 6 ff ABGB und im Zweifel gesetzeskonform und iS der Vereinsfreiheit auszulegen seien, sodass ein billiges und vernünftiges Ergebnis erzielt werde, bestehe keine Nachschusspflicht der Vereinsmitglieder. Nach dem Wortlaut der Statuten könne nicht zweifelhaft sein, dass eine - klagbare - Verpflichtung der Mitglieder zur Leistung von Spenden und Zuwendungen nicht bestehe. Selbst die - ausdrücklich für klagbar erklärten - Mitgliedsbeiträge bedürften statutengemäß der jeweiligen Festsetzung durch die Generalversammlung. Daraus sei abzuleiten, dass auch eine allfällige Nachschusspflicht - wenn sie überhaupt klagbar sei, zumal ein Umkehrschluss gegenüber den Mitgliedsbeiträgen nahe liege - jedenfalls zur Klagbarkeit der entsprechenden Beschlussfassung (insbesondere der Höhe nach) durch die Generalversammlung bedurft hätte. Andernfalls käme es zu einer nicht zu rechtfertigenden unmittelbaren und theoretisch unbeschränkten Haftung der Vereinsmitglieder für Vereinsschulden, was dem objektive Sinngehalt der Statuten nicht zu entnehmen sei. Auch nach dem GmbH-Gesetz müssten Nachschüsse nicht nur im Gesellschaftsvertrag vorgesehen, sondern auch bestimmt sein und bedürften eines Gesellschafterbeschlusses, um einforderbar zu sein. Die klagenden Parteien hätten nicht einmal behauptet, dass es zu einem entsprechenden Generalversammlungsbeschluss gekommen sei; solches sei auch nicht festgestellt worden. Die Klage sei daher abzuweisen. Dies gelte auch für den Erstbeklagten. Ob dieser die Prozesskosten im Vorprozess allein verursacht oder verschuldet habe, spiele hier keine Rolle; Prozessgegenstand sei nämlich nicht die Haftung des Erstbeklagten für Vereinsschulden, sondern das Bestehen der den Klägern überwiesenen Forderung des Vereins auf Nachschüsse seiner Mitglieder gem § 6 lit b der Statuten. Eine solche Forderung bestehe auch nicht gegenüber dem Erstbeklagten.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Parteien richtet sich gegen die Abweisung ihres Begehrens gegenüber den Beklagten zu 1., 2. und 5. - 7.. Das Rechtsmittel ist nicht jedenfalls unzulässig (§ 502 Abs 2 ZPO): Die Beklagten sind nach dem im Begehren bezeichneten Anspruch aus dem gleichen tatsächlichen Grund verpflichtet, weil ihre behauptete Verpflichtung aus einem für alle einheitlich zu beurteilenden Sachverhalt abzuleiten ist; sie sind demnach materielle Streitgenossen iSd § 11 Z 1 ZPO, und die gegen sie geltend gemachten Ansprüche sind für die Berechnung des Werts des Streitgegenstands zusammenzurechnen (§ 55 Abs 1 Z 2 JN). Aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen liegt eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vor. Die Revision ist aber nicht berechtigt.
Die klagenden Parteien stehen auf dem Standpunkt, bei richtiger Auslegung der Vereinsstatuten bestehe eine Nachschusspflicht der Mitglieder gegenüber dem Verein zur Deckung der den Verein treffenden Kostenersatzpflicht gegenüber den klagenden Parteien. Diese Forderung des Vereins sei - ebenso wie der Anspruch auf Zahlung der Mitgliedsbeiträge - klagbar. Die Beklagten wären in der Lage gewesen, in der Generalversammlung zu beschließen, den Prozess des Vereins gegen die klagenden Parteien zu beenden oder dafür zu sorgen, dass dieses Verfahren nicht geführt werde. Die Beklagten hätten die Klagsführung geduldet, weshalb die Nachschusspflicht vernünftig und angemessen erscheine, zumal die Kapitalschwäche des Vereins schon lange vor dem Prozess bekannt gewesen sei. Der vom Berufungsgericht gezogene Analogieschluss zu § 72 Abs 1 GmbHG, wonach die Nachschusspflicht erst mit einem Einforderungsbeschluss des Vereins entstehe, überzeuge nicht, weil ein solches Erfordernis weder im VereinsG 1951 noch in den Statuten aufgestellt werde. Dazu ist zu erwägen:
Die Rechtsbeziehungen zwischen einem Verein und seinen Mitgliedern sind privatrechtlicher Natur (1 Ob 176/98h = SZ 71/141; 4 Ob 239/03f = ecolex 2004, 621 = RdW 2004, 535). In der Ausgestaltung von Mitgliedschaftsrechten ist der Verein innerhalb der zwingenden Grenzen öffentlichen und privaten Rechts autonom (Aicher in Rummel, ABGB³ § 26 Rz 40; 4 Ob 239/03f = ecolex 2004, 621 = RdW 2004, 535). Den Inhalt der Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder regeln die Statuten. Sie sind die grundsätzliche Norm, mit der sich der Verein seine Organisation selbst gibt (Fessler/Kölbl, Vereinsgesetz 2002, 26; 1 Ob 712/84 = SZ 58/15; RIS-Justiz RS0080314). Die Statuten sind grundsätzlich nicht nach den §§ 914 f ABGB, sondern nach §§ 6 ff ABGB auszulegen (RIS-Justiz RS0008813; Aicher aaO Rz 40a); maßgeblich ist in erster Linie ihr sich aus dem Wortlaut ergebender objektiver Sinn (Fessler/Kölbl aaO 69 mwN; Rummel in FS Strasser 1983, 819). Die Auslegung hat sich an der Gesetzestreue, dem Vereinszweck und den berechtigten Interessen der Mitglieder zu orientieren (1 Ob 712/84 = SZ 58/15; 6 Ob 527/95 = JBl 1995, 649; 2 Ob 127/99m = ÖBA 2000, 74).
Die Mitglieder haften dem Verein aus dem Mitgliedschaftsverhältnis für die Erfüllung der in der Satzung festgelegten Mitgliedschaftspflichten (Ostheim in Korinek/Krejci, Der Verein als Unternehmer, 202 mwN). Nach § 6 lit b der Statuten zählt zu den Pflichten eines Vereinsmitglieds neben der Zahlung des Mitgliedsbeitrags auch die „Kostenanteilstragung mit Nachschusspflicht". Nach Auffassung der Kläger wird damit eine unbedingte anteilige Solidarhaftung der Mitglieder für sämtliche Vereinsschulden angeordnet.
Der Oberste Gerichtshof hat schon ausgesprochen, dass Vereinstatuten einen formfreien „Schuldbeitritt zu Gutstehungszwecken" von Vereinsmitgliedern zu Verpflichtungen des Vereins wirksam vorsehen können (6 Ob 619/92 = ecolex 1992, 302 [zust Wilhelm]). Dieser Entscheidung lag eine Satzungsbestimmung mit folgendem Wortlaut zugrunde: "Alle eingetragenen Basismitglieder haften mit ihrem Privatvermögen bzw ihrem persönlichen Einkommen für die Tätigkeiten des Vereines solidarisch. Hauptsächlich für Fremdfinanzierung der Projekte gegenüber privaten oder öffentlichen Geldgebern. Die Haftung für alle anderen Mitglieder ist nur auf Beschlüsse der Jahreshauptversammlung eingeschränkt. Die Funktionäre oder gewerbliche Geschäftsführer haften im Rahmen ihrer Tätigkeit für ihre Handlungen persönlich. Im übrigen werden die Bestimmungen des ABGB angewandt." Den mithaftenden Personen kam ein maßgeblicher Einfluss auf die Geschäftsführung zu.
Im Anlassfall lässt sich aus den Statuten eine unbeschränkte, an keine weiteren Bedingungen geknüpfte anteilige Mithaftung der Vereinsmitglieder für sämtliche Vereinsschulden nicht ableiten:
Die Statuten kennen zwei Arten der Aufbringung finanzieller Mittel zur Erreichung des Vereinszwecks: § 6 lit b der Statuten nennt als Pflichten der Mitglieder die Zahlung des Mitgliedsbeitrags und die „Kostenanteilstragung mit Nachschusspflicht". An anderer Stelle der Statuten (§ 5) wird bestimmt, dass die Mitgliedsbeiträge in der ordentlichen Generalversammlung festgesetzt werden; für die Kostenanteilstragung fehlt eine entsprechende Bestimmung. Orientiert man sich bei der Auslegung der Statuten - wie zuvor ausgeführt - an den berechtigten Interessen der Mitglieder und berücksichtigt man dabei einerseits den systematischen Zusammenhang, dass es nämlich nur zwei Finanzierungsmittel des Vereins gibt, und andererseits, dass das einfache Vereinsmitglied mit Ausnahme seines Stimmrechts in der Generalversammlung keinen Einfluss auf die Geschäftsführung des Vereins nehmen kann, wäre es ein nicht zu begründender Wertungswiderspruch, wollte man zwar die Höhe des Mitgliedsbeitrags, nicht aber auch die „Kostenanteilstragung mit Nachschusspflicht" - die in ihren Auswirkungen auf das einzelne Mitglied wesentlich spürbarer sein kann als die Zahlung des jährlichen Mitgliedsbeitrags - an die Zustimmung der Generalversammlung als dem obersten Vereinsorgan binden. Das vom Berufungsgericht gewonnene Auslegungsergebnis, vor einer entsprechenden Beschlussfassung in der Generalversammlung entstehe keine Nachschusspflicht der Mitglieder, wird daher vom Senat gebilligt. Dafür spricht auch die Verwendung des sehr allgemeinen und unbestimmten Begriffs „Kostenanteilstragung", dessen Inhalt in den Statuten nicht näher festgelegt oder eingegrenzt wird; diese Formulierung wäre nur dann unter dem Gesichtspunkt des Haftungsumfangs und der Beeinträchtigung von Mitgliederinteressen unbedenklich, wenn die konkrete Ausgestaltung der damit ganz allgemein eröffneten Möglichkeit einer Mithaftung der Mitglieder für Vereinsschulden nach Art und Umfang im jeweiligen Einzelfall noch einer Beschlussfassung durch die Generalversammlung und damit der Mitbestimmung durch die Betroffenen vorbehalten bliebe. Anders als im Fall der Entscheidung 6 Ob 619/92 = ecolex 1992, 302 träfe hier die Mithaftung sämtliche Vereinsmitglieder ohne Rücksicht darauf, ob sie Einfluss auf die Geschäftsführung besitzen oder nicht.
Dass die Generalversammlung des Vereins eine Kostenanteilstragung mit Nachschusspflicht ihrer Mitglieder betreffend den Ersatz der Prozesskosten gegenüber den Klägern beschlossen hätte, wurde weder behauptet, noch liegen Anhaltspunkte dafür vor. Die gepfändete Forderung besteht demnach nicht. Der Revision kann deshalb kein Erfolg beschieden sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Der Beklagtenvertreter vertritt fünf Personen und steht drei Personen gegenüber; ihm gebührt demnach ein Streitgenossenzuschlag von 35 % (§ 15 RATG).
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