OGH 6Ob527/95

OGH6Ob527/959.2.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Schiemer, Dr.Pimmer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. ***** Turnverein, ***** 2. Ursula H*****, Studentin, ***** beide vertreten durch Dr.Stefan Vargha, Dr.Herbert Waltl, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Verband Österreichischer *****vereine, ***** vertreten durch Dr.Harald Bisanz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 30.000,--) und Herausgabe (Streitwert S 160.000,--), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20.April 1994, AZ 17 R 17, 18/94 (ON 20), womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 20.Oktober 1989, GZ 11 Cg 165/93-14, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden im Umfang der Anfechtung, also hinsichtlich der Stattgebung des Herausgabeanspruches der zweitklagenden Partei, aufgehoben; die Rechtssache wird in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung

Die Zweitklägerin war Mitglied des erstklagenden Vereins. Dieser war und ist Mitglied des Beklagten. Die Zweitklägerin nahm am 22. und 23.7.1989 an den österreichischen *****meisterschaften in ***** teil. Sie startete am 22.7.1989 im 200 m *****bewerb und in der 4 x 100 m *****staffel, am 23.7.1989 im 200 m *****bewerb und in der 4 x 200 m *****staffel. Sie belegte im 200 m *****bewerb den zweiten Platz, in den übrigen Bewerben jeweils den ersten. Die Zweitklägerin erhielt für ihre Leistungen Medaillen und Pokale.

Über Beschluß des Vorstandes des Beklagten wurde beim 200 m *****bewerb vom 22.7.1989 im Einverständnis mit der Zweitklägerin eine Dopingkontrolle durchgeführt. Es wurde ein nach der Satzung des Beklagten (§ 13a der Satzung, Beil.F) verbotenes Doping festgestellt.

Die Zweitklägerin nahm am 6.8.1989 an den österreichischen Jugend*****meisterschaften in ***** teil, wo sie in den Bewerben 100 m *****, 200 m *****, 200 m ***** und 4 x 100 m ***** den ersten Platz, in den Bewerben 100 m ***** und 100 m ***** den zweiten Platz und in der 4 x 100 m *****staffel den dritten Platz belegte. Auch für diese Leistungen erhielt sie Medaillen und Pokale.

Zu den Organen des Beklagten gehört u.a. auch ein Verbandsgericht (§ 14 lit.f der Satzungen), dem die in einen Dopingfall verwickelten Schuldigen anzuzeigen sind (§ 13a Abs.7 lit.b der Satzungen).

Am 22.8.1989 faßte der Vorstand des Beklagten den Beschluß, die Zweitklägerin für sechs Monate für nationale und internationale Wettkämpfe ab 22.7.1989 sowie wegen verbandsschädigenden Verhaltens für weitere sechs Monate vom 22.1.1990 bis 21.7.1990 zu sperren, sie von allen Bewerben seit dem 22.7.1989 zu disqualifizieren und alle errungenen Titel und Plazierungen abzuerkennen. Die Zweitklägerin wurde aufgefordert, die für die einzelnen Leistungen erhaltenen Medaillen und Pokale dem Beklagten zu übergeben (Beil.E). Diesem Verlangen kam die Zweitklägerin auch nach.

Über Anzeige des Erstklägers vom 28.8.1989 fällte das Schiedsgericht des Verbandes Österreichischer *****vereine am 19.10.1989 ein Urteil, womit der Beschluß des Vorstandes des Beklagten vom 22.8.1989 für satzungswidrig erklärt wurde. Der Vorstand sei für Dopingverstöße sachlich nicht zuständig. Die ausgesprochenen Maßnahmen seien überdies nicht satzungsgemäß. Beim Erstverstoß sei nur die Disqualifikation sowie der Ausschluß vom jeweiligen Bewerb als Sanktion vorgesehen (Beil.B).

Mit der Entscheidung vom 5.11.1990 stellte das Verbandsgericht des Beklagten über Anzeige des Erstklägers fest, daß der Beschluß des Vorstandes des Beklagten vom 12.6.1990, wonach der Zweitklägerin die errungenen Medaillen und Pokale nicht zurückgestellt werden, gegen die Satzungen verstoße. Wohl sei die vom unzuständigen Vorstand verhängte Sperre mangels Anfechtung beim Verbandstag (dem nach § 16 lit.e der Satzungen für Berufungen gegen Entscheidungen des Vorstandes zuständigen Organ) "rechtsgültig" geworden, eine Wirksamkeit der Sperre sei aber erst nach Zustellung des Beschlusses des Vorstandes gegeben. Eine rückwirkende Geltung von Strafbestimmungen sei dem österreichischen Rechtsbereich fremd und auch in den Dopingbestimmungen (den vom Beklagten anerkannten Bestimmungen der Bundessportversammlung vom 8.3.1985, Beil.D) nicht vorgesehen (Beil.C).

Mit der Behauptung, die Aberkennung der errungenen Meistertitel und Plazierungen sei statutenwidrig erfolgt und entbehre jeder Rechtsgrundlage, begehrten die Kläger die Feststellung, daß die Aberkennung (mit Ausnahme derjenigen hinsichtlich des 200 m *****bewerbes vom 22.7.1989) rechtswidrig sei und die Herausgabe der bei den österreichischen Staatsmeisterschaften und der österreichischen Jugendmeisterschaften 1989 der Zweitklägerin übergebenen (dann wieder zurückgestellten) Medaillen und Pokale.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Dem Erstkläger fehle die Aktivlegitimation im Sinne der Verbandsgerichtsordnung des Beklagten. § 3 der Verbandsgerichtsordnung sehe vor, daß ordentliche Gerichte in Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis, mit Ausnahme von Offizialdelikten, nur mit Zustimmung des Verbandsgerichtes des Beklagten angerufen werden dürften. Eine derartige Zustimmung liege nicht vor. Gleiches gelte auch für die Zweitklägerin. Diese sei Mitglied des Erstklägers. Für Dopingfälle sei ausschließlich das Verbandsgericht zuständig. Nach § 13a Abs.7 der Satzungen des Beklagten stünden wegen des festgestellten Verstoßes gegen das in den Satzungen normierte Dopingverbot die für die Leistungen der Zweitklägerin zuerkannten Titel und Plazierungen nicht zu. Das Verbandsgericht habe mit seiner Entscheidung vom 10.4.1992 die Zweitklägerin für schuldig erkannt, gegen die Dopingbestimmungen verstoßen zu haben und über sie eine Sperre in der Dauer von sechs Monaten für die Zeit vom 22.7.1989 bis 22.1.1990 verhängt. Durch diese Entscheidung des Verbandsgerichtes sei die unmittelbar an den Vorfall im August 1989 ausgesprochene Sperre und Aberkennung vollinhaltlich gedeckt. Sowohl der Vorstand des Beklagten als auch das Verbandsgericht hätten die Sperre und Aberkennung ausgesprochen. Gegen die Entscheidung des geschäftsführenden Vorstandes hätte die Zweitklägerin Berufung an den Verbandstag erheben müssen. Das Feststellungs- und das Herausgabebegehren seien nicht berechtigt, weil die Bewerbe und die für die Leistungen erfolgte Zuerkennung von Medaillen in die Zeit der Sperre vom 22.7.1989 bis 22.1.1990 gefallen seien.

Die Kläger replizierten, daß die ausschließliche Zuständigkeit eines Vereinsschiedsgerichtes gesetzwidrig sei. Das Verbandsgericht habe bereits die Herausgabeverweigerung des Beklagten als Verstoß gegen die Satzungen qualifiziert. Die Zweitklägerin sei nie disqualifiziert worden. Eine Aberkennung der erzielten Leistungen könne sich nur auf jene Leistungen beziehen, die in gedoptem Zustand erzielt worden seien. Dies sei hier der 200 m *****bewerb vom 22.7.1989. Alle vorher oder nachher erzielten Leistungen der Zweitklägerin seien von der Sanktionierung nicht erfaßt. Mit der 2 1/2 Jahre nach dem Dopingfall ergangenen Entscheidung des Verbandsgerichtes vom 10.4.1992 sei zwar eine rückwirkende Sperre ausgesprochen worden, nicht aber eine Aberkennung der Titel und Plazierungen. Die Verweigerung der Herausgabe der Medaillen und Pokale verstoße gegen die Satzungen. Die Entscheidung des unzuständigen Vorstandes des Beklagten sei rechtlich als "nullum" zu werten.

Das Erstgericht gab sowohl dem Feststellungsbegehren als auch dem Herausgabebegehren statt. Das Vereinsschiedsgericht sei nur für Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis zwischen den Mitgliedern zuständig. § 3 der Verbandsgerichtsordnung hindere nicht die Anrufung des Gerichtes. Es fehle an einer übereinstimmenden, schriftlichen Willenserklärung der Parteien über die Errichtung eines Schiedsgerichtes. Der in § 13a Abs.7 der Satzungen des Beklagten für Dopingfälle vorgesehene Ausschluß des Schuldigen von der weiteren Teilnahme an der Wettkampfveranstaltung und die Aberkennung der erzielten Leistungen sowie die Sperre für nationale und internationale Wettkämpfe könnten erst ab Zustellung eines diesbezüglichen Beschlusses wirksam werden. Da der Beschluß des geschäftsführenden Vorstandes des Beklagten vom 22.8.1989 jedenfalls erst nach der österreichischen Jugendmeisterschaft erlassen worden sei, habe eine Aberkennung der erzielten Leistungen nicht vorgenommen werden dürfen. Eine rückwirkende Strafbestimmung sei dem österreichischen Recht aber auch den festgestellten Dopingbestimmungen fremd.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise statt, wies das Feststellungsbegehren beider Kläger sowie das Herausgabebegehren des Erstklägers ab und bestätigte die Herausgabeverpflichtung des Beklagten gegenüber der Zweitklägerin. Infolge der Feststellung der Satzungswidrigkeit des Vorstandsbeschlusses vom 22.8.1989 durch das Schiedsgericht fehle den Klägern das für Feststellungsklagen erforderliche rechtliche Interesse. Hinsichtlich der von der Zweitklägerin gewonnenen Preise fehle dem Erstkläger die Aktivlegitimation zur Herausgabe der gewonnenen Medaillen und Pokale.

Der Herausgabeanspruch der Zweitklägerin sei berechtigt. Die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß der Beschluß des Vereinsvorstandes vom 22.8.1989 einer rückwirkenden Strafbestimmung gleichkomme, sei zutreffend. Die Aberkennung der Leistungen könne sich nur auf die in gedoptem Zustand erzielten Leistungen beziehen. Eine Aberkennung der Titel sei von einem satzungsmäßig dazu befugten Organ des Vereins nicht ausgesprochen worden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß die Klage zur Gänze abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Zweitklägerin beantragt, der Revision nicht stattzugeben.

Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die erhobene Revision des Beklagten ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung abwich, daß vor Anrufung der Gerichte der im Vereinsstatut vorgesehene Instanzenzug ausgeschöpft werden müsse. Die Revision ist im Ergebnis im Sinne einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.

Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, daß das in den Satzungen (Beil.F) des Beklagten vorgesehene Verbandsgericht (§ 14 lit.f der Satzungen) nach der Verbandsgerichtsordnung zur Entscheidung über strafbare Tatbestände, nämlich das Zuwiderhandeln gegen die Satzungen und Wettkampfsbestimmungen, sachlich zuständig ist (§§ 2, 4 und 16 lit.c der Verbandsgerichtsordnung), also nicht nur für Streitigkeiten zwischen den einzelnen Mitgliedern (Vereinen) des Beklagten, sondern auch für Verstöße einzelner Mitglieder (Sportler) der Vereine gegen Strafbestimmungen.

Der Revisionswerber erachtet eine Bindungswirkung der Entscheidung des Vorstandes (Beschlüsse vom 22.8.1989 und vom 25.6.1990) für gegeben, selbst wenn dieses Vereinsorgan unzuständig gewesen sein sollte. Die Entscheidung des Vorstandes hätte mit Berufung an den Verbandstag angefochten werden müssen. Dazu ist folgendes auszuführen:

Die Beschlüsse über eine Sperre und Disqualifikation der Zweitklägerin, die Aberkennung von Titeln und Plazierungen sowie die Herausgabeverpflichtung hinsichtlich der übergebenen Medaillen und Pokale greifen in subjektive, aus dem Vereinsverhältnis entspringende Rechte der Zweitklägerin ein, die im Rechtsweg verfolgt werden können. Es entspricht allerdings der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß nicht voreilig in die Selbstverwaltung eines Vereins eingegriffen werden darf. Das Vereinsmitglied muß vor Anrufung der Gerichte den statutarisch vorgesehenen Instanzenzug ausschöpfen (EvBl 1975/266; SZ 51/154).

Im vorliegenden Fall hat das zuständige Vereinsorgan die Entscheidung des unzuständigen Vereinsorgans für satzungswidrig erklärt (Beil.B und C). Da die Vereinsstatuten für einen derartigen Kompetenzkonflikt der Vereinsorgane nichts vorsehen, hindert nach Auffassung des erkennenden Senates die mangelnde Anfechtung der Entscheidung des unzuständigen Organs nicht die gerichtliche Prüfung der behaupteten Verletzung privatrechtlicher Ansprüche. Die Lösung von Kompetenzkonflikten setzt nur die Rechtskraft zweier Zuständigkeitsentscheidungen voraus. Die grundsätzlich gebotene Wahrung der Selbstverwaltung des Vereins wird dadurch nicht verletzt, daß die Entscheidung des unzuständigen Organs nicht weiter angefochten und eine kassatorische Entscheidung nicht erwirkt wurde. Der Grundsatz, daß vor Anrufung der Gerichte der statutarische Instanzenweg ausgeschöpft werden müsse, gilt jedenfalls dann nicht, wenn eine satzungsmäßig vorgesehene Vereinsstrafe von einem nach der Satzung unzuständigen Organ ausgesprochen wurde, das zuständige Vereinsorgan aber die Unzuständigkeit des anderen Organs und die Statutenwidrigkeit der Maßnahme feststellte. In diesem Fall ist die Anfechtung der Entscheidung des unzuständigen Organs im vereinsinternen Instanzenzug entbehrlich.

Auch die Vereinsstrafgewalt ist der unbeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterworfen (SZ 51/154 mwN). Das Gericht hat sowohl das vereinsinterne Beschlußverfahren als auch den Beschlußinhalt auf der Basis der Statuten zu überprüfen (Aicher in Rummel ABGB I2 Rz 47 zu § 26 mwN).

Die Unwirksamkeit der Rechtswegausschlußklausel in § 3 der Verbandsgerichtsordnung ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig (vgl SZ 58/178).

Der Revisionswerber führt gegen den Herausgabeanspruch die Bestimmung des § 13a Abs.7 lit.a seiner Satzung ins Treffen, wonach der Erstverstoß eines Sportlers gegen die Dopingbestimmungen (vom Beklagten übernommene Einheitliche Strafbestimmungen aufgrund der Tagung der Bundes-Sportversammlung vom 8.3.1985) den Ausschluß von der weiteren Teilnahme an der Wettkampfveranstaltung und die Aberkennung der vom Schuldigen erzielten Leistungen zur Folge habe. Der Beklagte geht dabei offenbar von einer unmittelbaren (automatischen) Rechtsfolge eines Dopingverstoßes ohne Ausspruch eines Vereinsorgans aus. Diese Ansicht kann eine nach den für generelle Normen (§§ 6f ABGB) erfolgende Auslegung der Satzungen nicht stützen. Maßgebend ist der objektive Sinngehalt der Bestimmungen. Die Auslegung hat sich an der Gesetzestreue, dem Vereinszweck und den berechtigten Interessen der Mitglieder zu orientieren. Unklare und eine mehrfache Deutung zulassende Satzungsbestimmungen sind ihrem billigen und vernünftigen Sinne zufolge so auszulegen, daß bei ihrer Anwendung im Einzelfall brauchbare Ergebnisse erzielt werden (SZ 58/178 mwN).

Dagegen, daß mit dem Dopingverstoß eo ipso Rechtsfolgen einträten, spricht schon der Wortlaut der Satzungsbestimmungen, daß die Schuldigen von einer weiteren Teilnahme an der Wettkampfveranstaltung auszuschließen und die erzielten Leistungen abzuerkennen sind. Die Satzung sieht also einen Ausspruch dieser Maßnahmen vor. Der Strafcharakter der Maßnahmen ergibt sich klar aus dem Umstand, daß der Maßnahmenkatalog (Disqualifikation, Ausschluß, Sperre) in den einheitlichen Strafbestimmungen der Bundessportversammlung angeführt ist.

Die Disqualifikation und der Ausschluß vom jeweiligen Bewerb sind zu verhängende Strafmaßnahmen für den Bewerb, bei dem der Dopingverstoß festgestellt wurde (Anlaßfall). Der Begriff "Bewerb" ist im Hinblick auf den Wortlaut der Satzungsbestimmung des § 13 Abs.7 lit.a weit auszulegen. Ein Ausschluß kann danach von der gesamten Wettkampfveranstaltung ausgesprochen werden. Wenn diese - wie hier - mehrere Einzelbewerbe im Rahmen einer zweitägigen Staatsmeisterschaft umfaßte, wäre der Ausspruch eines Ausschlusses auch hinsichtlich der dem Anlaßfall nachfolgenden Bewerbe statutenkonform. Die Strafmaßnahmen müssen als Vereinsstrafen aber von dem nach den Statuten zuständigen Organ verhängt werden. Eine Auslegung der Statuten ergibt, daß auch für den Ausspruch des Ausschlusses von der Wettkampfveranstaltung und die Aberkennung von Leistungen das Verbandsgericht zuständig ist. Bei beiden Maßnahmen handelt es sich um Strafmaßnahmen der Vereinsgerichtsbarkeit, die nach § 1 der Verbandsgerichtsordnung vom Verbandsgericht ausgeübt wird. Eine Zuständigkeitsbestimmung zugunsten des Vorstandes fehlt. Die Unterteilung des § 13 Abs.7 der Satzung in zwei weitere Absätze (a) die Schuldigen auszuschließen... und b) die Schuldigen beim zuständigen Verbandsgericht anzuzeigen) reicht nicht aus, nach den Statuten eine geteilte Gerichtsbarkeit anzunehmen. Die Vereinsstrafgerichtsbarkeit kommt dem Verbandsgericht alleine zu.

Mit Ausnahme der noch zu erörternden Strafmaßnahme einer sechsmonatigen Sperre durch den Beschluß des Verbandsgerichtes vom 10.4.1992 (Beil.3) ist über die Zweitklägerin vom zuständigen Organ keine Strafe ausgesprochen worden. Auf die Vorstandsbeschlüsse kann sich der Beklagte bei seiner Weigerung, die zurückgestellten Medaillen und Pokale wieder herauszugeben, wegen Satzungswidrigkeit des vereinsinternen Beschlußverfahrens nicht berufen.

Mit dem angeführten Beschluß vom 10.4.1992 hat das Verbandsgericht über die Zweitklägerin wegen des Dopingverstoßes vom 22.7.1989 eine Sperre von sechs Monaten für die Zeit vom 22.7.1989 bis 22.1.1990 verhängt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Rückwirkung dieser Sperre den Statuten entsprach oder aber nur mit Wirkung für die Zukunft ausgesprochen hätte werden dürfen. Die Sperre für nationale und internationale Wettkämpfe ist nur eine von mehreren in der Satzung angeführten Strafmaßnahmen und ersetzt nicht den Ausspruch über den Ausschluß von der Wettkampfveranstaltung und die Aberkennung der Leistungen. Vor Durchführung des vorgesehenen vereinsinternen Gerichtsverfahrens und vor entsprechenden Strafaussprüchen fehlt es an einem Rechtsgrund, die von der Zweitklägerin zurückgestellten Medaillen und Pokale zurückzubehalten. Mangels entsprechender Parteibehauptungen ist davon auszugehen, daß die Gegenstände der Zweitklägerin ins Eigentum übertragen worden waren und daß die Rückstellung unter der irrtümlichen Annahme der Rechtswirksamkeit der Beschlüsse des Vorstands des Beklagten erfolgte. Der Rückforderungsanspruch der Zweitklägerin ist dem Grunde nach berechtigt.

Aus den dargelegten Gründen kommt es auf die vom Revisionswerber zur Zulässigkeit der Revision angestellten Erwägungen über die Notwendigkeit rückwirkender Maßnahmen in bezug auf weitere nach dem (erst im Nachhinein feststellbaren) Dopingfall liegende erfolgreiche Teilnahmen an Wettkämpfen hier nicht an. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob derartige rückwirkende Strafsanktionen nach der Satzung des Beklagten möglich sind.

Das Verfahren über den Herausgabeanspruch ist aber aus dem von den Vorinstanzen nicht beachteten Grund der unzureichenden Bestimmtheit des Klagebegehrens noch nicht spruchreif:

Die Exekution zur Herausgabe bestimmter unvertretbarer, beweglicher Sachen ist nach § 346 EO zu bewilligen und zu vollziehen. Der Gerichtsvollzieher hat die Sachen dem Verpflichteten wegzunehmen und dem Betreibenden gegen Empfangsbestätigung einzuhändigen. Dies setzt zwangsläufig voraus, daß die im Exekutionstitel genannten Gegenstände ausreichend beschrieben sind. Wenn es sich bei den herauszugebenden Sachen aber um vertretbare Sachen handeln sollte, die Exekution also nach § 353 EO zu führen wäre, muß dem Exekutionstitel ebenfalls der Gegenstand der geschuldeten Leistung zu entnehmen sein (§ 7 Abs.1 EO). Dieses Erfordernis erfüllt das Herausgabebegehren der Zweitklägerin nicht. Sie strebt nach der Klagserzählung die Rückgabe von neun Medaillen und einem Pokal für die Plazierungen bei den österreichischen Staatsmeisterschaften und von 13 Medaillen und vier Pokalen für Plazierungen bei den österreichischen Jugend-Staatsmeisterschaften sowie von einem Pokal für die beste Aktive des "Leistungsmodells Südstadt" (um diesen Teilanspruch wurde das Klagebegehren in der Tagsatzung vom 29.9.1993 eingeschränkt, S.5 zu ON 13) an, insgesamt nunmehr also die Herausgabe von 22 Medaillen und vier Pokalen. Schon wegen der Vielzahl der Medaillen und Pokale sind die Gegenstände durch die allein vorgenommene Beschreibung durch Angabe des Bewerbes, für den sie übergeben worden waren, nicht ausreichend bestimmt. Die herauszugebenden Medaillen und Pokale hätten näher beschrieben werden müssen (nach Größe, Material, Aufschriften), da anders eine Wegnahme im Wege der Herausgabeexekution oder eine Exekutionsführung nach § 353 EO nicht möglich ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Bestimmtheit des Klagebegehrens eine von Amts wegen auch noch im Rechtsmittelverfahren zu beachtende Klagsvoraussetzung (RdW 1992, 121 mwN). Das Fehlen dieses Erfordernisses führt nicht zur sofortigen Abweisung der Klage. Das Prozeßgericht hat in Erfüllung seiner Prozeßleitungspflicht nach § 182 ZPO den Kläger zu einer entsprechenden Präzisierung des Urteilsbegehrens aufzufordern. Der Verfahrensmangel ist auch noch im Rechtsmittelverfahren aufzugreifen, das angefochtene Urteil aufzuheben und das Erstgericht anzuweisen, dem Kläger gemäß §§ 84, 85 ZPO eine Verbesserung des Urteilsantrages aufzutragen (ÖBl 1981, 122). Dem Aufhebungsantrag der Revision war daher stattzugeben. Das Erstgericht wird den Verfahrensmangel durch Einleitung eines Verbesserungsverfahrens im aufgezeigten Sinn zu sanieren haben. Nach dem Ergebnis des Verbesserungsverfahrens werden allenfalls Fragen der Aktivlegitimation der Zweitklägerin zu erörtern sein. Nach dem derzeitigen Verfahrensstand besteht nämlich bei einem Teil der herauszugebenden Medaillen und Pokale die Möglichkeit, daß der Erstkläger oder aber Teilnehmerinnen an den Staffelbewerben anspruchsberechtigt sind. Das Erstgericht wird auf eine Klarstellung dieser Frage zu dringen und danach über den allein noch offenen Herausgabeanspruch neuerlich zu entscheiden haben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs.1 ZPO.

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