OGH 4Ob24/05s

OGH4Ob24/05s26.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Tanja H*****, vertreten durch Dr. Helmut Destaller und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Dr. Peter M*****, vertreten durch Dr. Manfred Macher, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 30.000 EUR), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 16. Dezember 2004, GZ 1 R 195/04k-12, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 24. September 2004, GZ 41 Cg 70/04h-7, in der Hauptsache bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der beklagten Partei ab sofort und bis zur Rechtskraft des über das Unterlassungsbegehren ergehenden Urteils verboten, im geschäftlichen Verkehr bei der Werbung für den Verkauf von Sportzusatzernährung die Behauptung aufzustellen, „Gebietsvertretung Österreich: Ultimate Nutrition" oder ähnliche Behauptungen aufzustellen, die auf eine Gebietsvertretung für Österreich hinsichtlich der Produkte von Ultimate Nutrition Inc. durch den Beklagten oder eine Firma M***** Fitness und Sporternährung hinweisen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen vorläufig selbst zu tragen.

Der Beklagte hat seine Kosten endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Gebietsvertreterin für von einem amerikanischen Unternehmen hergestellte Sportzusatzernährung. Der Sohn des Beklagten beschäftigt sich namens und für Rechnung des Beklagten gleichfalls mit dem Vertrieb von Sportzusatzernährung. Unter anderem vertrieb er auch Produkte dieser amerikanischen Firma im Unternehmen des Beklagten. Bis Frühjahr 2004 hatte er diese Produkte beim deutschen Vertriebspartner des amerikanischen Unternehmens bezogen. Aufgrund von Vorgesprächen nahm er an, eine Vereinbarung über die Gebietsvertretung in Österreich schließen zu können. Zu einem entsprechenden Vertragsabschluss kam es jedoch nicht.

In der Juli-Ausgabe 2004 des Branchenmagazins FLEX erschien eine vom Sohn des Beklagten veranlasste Werbeeinschaltung, die das Unternehmen des Beklagten unrichtig als „Gebietsvertretung Österreich" des amerikanischen Herstellers bezeichnete. Der amerikanische Hersteller beanstandete diese Werbeaussage mit Schreiben vom 29. 6. 2004, worauf der Beklagte bzw sein Sohn eine weitere Einschaltung in der September-Ausgabe 2004 des Magazins unterließen.

Mit ihrer am 22. 7. 2004 bei Gericht eingebrachten Klage begehrt die Klägerin zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr bei der Werbung für den Verkauf von Sportzusatzernährung die Behauptung „Gebietsvertretung Österreich: Ultimate Nutrition" oder ähnliche Behauptungen aufzustellen, die auf eine Gebietsvertretung für Österreich hinsichtlich der Produkte von Ultimate Nutrition Inc. durch den Beklagten oder auch eine Firma M***** Fitness und Sporternährung hinweisen. Die Werbeaussage sei unrichtig und irreführend im Sinn des § 2 UWG.

In seiner Äußerung zum Sicherungsantrag erklärte der Beklagte, er werde die im Sicherungsantrag beanstandete Behauptung künftig unterlassen. Einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich bot er nicht an. Dennoch hielt er dem Sicherungsantrag den Wegfall der Wiederholungsgefahr entgegen. Er habe die unrichtige Behauptung sofort nach der Beanstandung der Herstellerin unterlassen und dafür gesorgt, dass sie in späteren Ausgaben des Magazins nicht mehr eingeschaltet werde. Die Anzeige in der Ausgabe Juli habe er wegen des frühen Anzeigenschlusses nicht mehr verhindern können.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Unterlassungserklärung des Beklagten im Verfahren lasse mit Rücksicht darauf, dass weitere Anzeigen unterblieben seien, eine Sinnesänderung des Beklagten erkennen. Die Wiederholungsgefahr sei daher weggefallen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig sei. Wenngleich der Beklagte keine vollstreckbare Unterlassungsverpflichtung übernommen, sondern nur zugesagt habe, den Wettbewerbsverstoß künftig zu unterlassen, sei die Wiederholungsgefahr dennoch weggefallen. Der Beklagte habe Umstände bescheinigt, aus denen sich ergebe, dass der Wettbewerbsverstoß „auf mangelndem Rechtsbewusstsein" beruhe und er ernstlich gewillt sei, diesen nicht mehr fortzusetzen.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Wegfall der Wiederholungsgefahr abgewichen ist. Er ist auch berechtigt:

Um die Vermutung der Wiederholungsgefahr zu entkräften, hat der Beklagte nach ständiger Rechtsprechung besondere Umstände darzutun, die eine Wiederholung seiner Handlungen als völlig ausgeschlossen oder doch zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen (stRsp 4 Ob 193/00m = ÖBl 2001, 267 - Einkaufszentrum U II mwN; 4 Ob 283/00x = ÖBl 2001, 105 - Reisebedarf; 4 Ob 72/03x = ÖBl 2004/23 - Tintenpatronen; RIS-Justiz RS0012087 und RS0080065). Maßgebend ist, ob dem Verhalten des Verletzers in seiner Gesamtheit wichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (4 Ob 283/00x = ÖBl 2001, 105 - Reisebedarf mwN; 4 Ob 72/03x = ÖBl 2004/23 - Tintenpatronen). Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Verletzer einen den ganzen Unterlassungsanspruch umfassenden, an keinerlei Bedingungen geknüpften Vergleich anbietet und nach den Umständen keine Bedenken gegen die Ernstlichkeit seiner Willensänderung bestehen (4 Ob 72/03x = ÖBl 2004/23 - Tintenpatronen uva). Die Zusage, von künftigen Störungen Abstand nehmen zu wollen, reicht nach der Rechtsprechung insbesondere dann nicht aus, wenn die Erklärung unter dem Druck eines drohenden Prozesses abgegeben wurde (4 Ob 302/02v). Eine derartige Erklärung ist - anders als das Anbot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs - nämlich kein verlässliches Indiz für eine Willensänderung des Verletzers, bildet doch diese Zusage keine exekutionsfähige Verpflichtung. Hat sich der Beklagte nicht bloß irrtümlich, sondern willentlich wettbewerbswidrig verhalten, verneint die Rechtsprechung die Wiederholungsgefahr nur dann, wenn er nach außen Handlungen vornimmt, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, er werde sich in Hinkunft wohl verhalten (4 Ob 302/02v). Die Entfernung einer die Irreführung des Publikums begründenden Ware aus dem Verkaufsprogramm nach Beanstandung reicht nach der Rechtsprechung zum Nachweis einer ernstlichen Willensänderung nicht aus (4 Ob 163/03d = ÖBl-LS 2003/153; s auch 4 Ob 410/78 = ÖBl 1979, 68 - TUS Insektenstrip).

Wendet man diese Grundsätze auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt an, so ist die Wiederholungsgefahr nach wie vor gegeben:

Der Wettbewerbsverstoß erfolgte nicht etwa irrtümlich, sondern dem Sohn des Beklagten musste bewusst sein, dass noch keine Vereinbarung über die Gebietsvertretung zustande gekommen war. Nach der Beanstandung wurden Einschaltungen in den folgenden Ausgaben des Magazins zwar unterlassen. In der Äußerung zum Sicherungsantrag hat der Beklagte auch erklärt, die beanstandete Behauptung oder ihr ähnliche Behauptungen bei der Werbung für Sportzusatzernährung künftig zu unterlassen, einen das Unterlassungsgebot umfassenden vollstreckbaren Unterlassungsvergleich bot er jedoch nicht an. Das bloße Unterbleiben weiterer Einschaltungen in den Folgemonaten reicht auch in Verbindung mit der unter dem Druck des Prozesses abgegebenen Zusage nicht aus, um mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit annehmen zu können, der Beklagte (bzw sein Sohn für den er hier einzustehen hat) würden in Hinkunft derartige Wettbewerbsverstöße nicht mehr begehen.

Das Unterlassungsbegehren ist daher mangels Wegfalls der Wiederholungsgefahr berechtigt. Die einstweilige Verfügung wird in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen erlassen.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; die Entscheidung über die Kosten des Beklagten beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.

Stichworte