OGH 5Ob28/05m

OGH5Ob28/05m5.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache des Antragstellers Leo G***** Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Hans Kaska und Dr. Christian Hirtzberger, Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen die Antragsgegner 1. Josef S***** und 2. Olivia S*****, beide *****, 3. Gerhard W***** und 4. Maria W*****, beide *****, 5. Ernst G***** und 6. Elfriede G*****, beide *****, 7. Maria R*****, 8. Ivanka T*****, 9. Ngoc Tai T*****, 10. Johann Z***** und 11. Anna Z*****, beide *****, 12. Manfred T***** und 13. Dragica T*****, beide *****, 1., 2., 5., 6., 7., 8., 9., 10., 11. und 13. Antragsgegner vertreten durch Dr. Karl Haas & Dr. Georg Lugert, Rechtsanwaltspartnerschaft in St. Pölten, wegen Genehmigung einer baulichen Änderung (§ 16 Abs 2 iVm § 52 Abs 1 Z 2 WEG 2002), über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 22. Oktober 2004, GZ 7 R 135/04i‑15, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom 11. März 2004, GZ 9 Msch 7/03t‑9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Stellungnahme zur Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ *****, mit dem Haus S*****straße 40a und 40b. Der Antragsteller ist Eigentümer der Anteile B‑LNR 11 (Wohnungseigentum an Garage 1), B‑LNR 23 (Wohnungseigentum an W 3; S*****straße 40a) und B‑LNR 24 (Wohnungseigentum an W 4; S*****straße 40a). Neben der Garage des Antragstellers existieren im Wohnungseigentumsobjekt (nur) noch zwei weitere Garagen (B‑LNR 12 und 13; Garagen 2 und 3).

Hinter dem L‑förmig angelegten Wohngebäude befindet sich in einer Flucht eine Reihe von, auf den allgemeinen Teilen der Liegenschaft gelegenen Holzschuppen; diese und die Rückseite des Hauses begrenzen den längsseitig verlaufenden, einige Meter breiten Innenhof. An der Rückseite des Wohnhauses sind mit Leinen verbundene Holzsteher aufgestellt, die zum Aufhängen der Wäsche dienen. Bisweilen werden von Miteigentümern Fahrzeuge im Innenhof abgestellt.

Die einzelnen Holzschuppenabteile waren im Rahmen einer Benützungsregelung den einzelnen Wohnungseigentumsobjekten zugeordnet worden. Bis 1972 hatte der seinerzeitige Mieter der nunmehr im Eigentum des Antragstellers stehenden Wohnung seinen Pkw im Holzschuppen abgestellt; seither wird der Holzschuppen vom Antragsteller, wie auch von den übrigen Miteigentümern ihre Abteile zum Lagern von Brennmaterial verwendet.

Im Zuge von Umbauarbeiten auf der Liegenschaft begann der Antragsteller auch das ihm zugewiesene, an Ende des Innenhofs gelegene Holzschuppenabteil mit den bisherigen Abmessungen von 4 x 4,4 Meter umzubauen. Der Antragsteller besitzt mehrere Autos, von denen eines in einer Garage auf einem anderen Grundstück steht. Der Antragsteller baute dann das Schuppenabteil aus, um dort ein weiteres Fahrzeug abstellen zu können. Dieses Auto benützt der Antragsteller etwa zweimal pro Woche und fährt dann zum Erreichen des Holzschuppenabteil durch den ganzen Innenhof. Das vom Antragsteller verlängerte Holzschuppenabteil ragt nun nach dem Ausbau über eine Frontlänge von rund 3 Meter um ca 1,2 Meter über die bisherige Flucht der Schuppenreihe hinaus in den Innenhof.

Der Antragsteller begehrte mit seinem beim Erstgericht am 12. 11. 2003 überreichten Antrag, dass dem Bauansuchen über die bereits durchgeführte Vergrößerung seines Holzschuppenabteils durch Gerichtsbeschluss die Zustimmung erteilt werde und die dort dargestellten Bauausführungen von den Miteigentümern gemäß § 16 Abs 2 WEG bzw durch Gerichtsbeschluss genehmigt werden; hilfsweise begehrte der Antragsteller die beschriebene Genehmigung mit dem einschränkenden Zusatz „jedoch nicht zur Nutzung als Pkw‑Einstellungsplatz". Der Antragsteller begründete sein wichtiges Interesse an der baulichen Änderung im Wesentlichen damit, das Holzschuppenabteil habe schon früher als Garage gedient; um es zu diesem Zweck wieder verwenden zu können, müsse es wegen der heute üblichen Fahrzeugabmessungen im angesprochenen Ausmaß verlängert werden. Interessen der übrigen Miteigentümer würden dadurch nicht beeinträchtigt.

Die Antragsgegner beantragten Antragsabweisung. Die Holzschuppen seien nie als Garage, sondern immer nur zur Lagerung von Brennmaterial und als Abstellräume benützt worden. Die Baumaßnahme des Antragstellers und die damit verbundene Zufahrt mittels Pkw verletzte wichtige Interessen der übrigen Miteigentümer, weil der Innenhof dem Aufhängen der Wäsche und im Sommer als Garten diene. Durch die Verlängerung des Schuppens des Antragstellers könne dessen Nachbar seine Abteiltür nicht mehr öffenen und durch die vom Antragsgegner angebrachte Blechverkleidung würden die gegenüber wohnenden Miteigentümer geblendet.

Das Erstgericht wies den Antrag mit der wesentlichen Begründung ab, der baulichen Maßnahme des Antragstellers stünden wichtige Interessen der Antragsgegner gegenüber, weil das mit einer Garagennutzung verbundene Befahren des Innenhofs mit dem Pkw die körperliche Sicherheit der Mitbewohner gefährden könne und die Nutzung des Innenhofs als Ruhe- und Erholungsbereich beeinträchtige.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge; es war rechtlich - vom Erstgericht abweichend - der Ansicht, dass der Baumaßnahme des Antragstellers zwar keine wesentlichen Interessen der übrigen Miteigentümer entgegen stünden, doch habe auch der Antragsteller keine wichtigen Interessen für seinen Antrag vortragen können. Der Antragsteller habe sein Schuppenabteil noch nie als Garage benützt und es sei in Wohnungseigentumsanlagen auch nicht üblich, dass ein Wohnungseigentümer über zwei Einstellmöglichkeiten verfügt; der Antragsteller strebe demnach keine verkehrsübliche bauliche Veränderung an und das Verlangen nach einer Einstellmöglichkeit für ein Zweitfahrzeug begründe auch kein wichtiges Interesse.

Das Rekursgericht sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige nicht EUR 10.000 und - auf Grund eines nachträglichen Antrags nach § 14a AußStrG - der ordentliche Revisionsrekurs sei doch zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die in § 14 Abs 1 AußStrG (iVm § 52 Abs 2 WEG 2002 und § 37 Abs 3 Z 16 MRG) normierten Voraussetzungen für die Anrufung des Obersten Gerichtshofs liegen nicht vor; dies folgt aus nachstehenden, gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO (iVm § 528a ZPO, § 52 Abs 2 WEG 1975 und § 37 Abs 3 Z 16 MRG) kurz darzustellenden Gründen:

1. Der erkennende Senat hat schon in seiner Entscheidung 5 Ob 299/99b = immolex 2000/105 = MietSlg 51.525 die begehrte Genehmigung eines Flugdaches für zwei auf allgemeinen Teilen der Liegenschaft gelegene PKW‑Abstellplätze, die im Rahmen einer Benützungsregelung einem Wohnungseigentümer zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen worden waren, nach § 13 Abs 2 WEG 1975 (nunmehr § 16 Abs 2 WEG 2002) beurteilt (vgl auch 5 Ob 58/99m [Gartenhäuschen auf zur alleinigen Nutzung überlassenen Gartenflächen]). Der Änderungsbegriff des § 16 Abs 2 WEG 2002 ist nämlich weit auszulegen und umfasst auch Änderungen an allgemeinen Teilen der Liegenschaft, soweit diese einer vorteilhafteren Nutzung des Wohnungseigentumsobjekts dienlich sind; dies gilt selbst dann, wenn davon ausschließlich allgemeine Teile der Liegenschaft betroffen sind (jüngst 5 Ob 213/04s; vgl auch RIS‑Justiz RS0083108). Entgegen der von den Antragsgegnern in ihrer Revisionsrekursbeantwortung vertretenen Ansicht haben daher die Vorinstanzen das Begehren des Antragstellers zutreffend nach § 16 Abs 2 WEG 2002 beurteilt.

2. Gemäß § 16 Abs 2 WEG 2002 ist der Wohnungseigentümer zu Änderungen (einschließlich Widmungsänderungen) an seinem Wohnungseigentumsobjekt auf seine Kosten berechtigt, wobei die Änderung weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, noch eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben darf. Werden für eine solche Änderung auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen, so muss die Änderung überdies entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen. Ob eine von einem Wohnungseigentümer beabsichtigte Änderung seines Wohnungseigentumsobjekts von den anderen Mit- und Wohnungseigentümern der Liegenschaft nach Maßgabe des § 16 Abs 2 WEG 2002 zu dulden ist, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab, wobei alle in Betracht kommenden Gegebenheiten bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen sind (RIS‑Justiz RS0083309) und die Benützungssituation der gesamten Liegenschaft, also die Änderung in ihrer Gesamtheit zu beurteilen ist (5 Ob 228/03w = wobl 2004, 101 [Call]; RIS‑Justiz RS0109643).

3. Da die Baumaßnahme des Antragstellers allgemeine Teile der Liegenschaft betrifft, muss sie also entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen. Der Antragsteller hat dazu vor dem Erstgericht nur vorgebracht, die Erweiterung des Holzschuppenabteils bezwecke, dieses Objekt „wieder" als Garage benützen, also wieder der bisherigen Widmung entsprechend verwenden zu können. Tatsächlich hat der Antragsteller sein Abteil aber nie als Garage benützt, womit allein schon dem einzig vorgetragenen Antragsgrund der Boden entzogen ist. Der Antragsteller strebt vielmehr einen zweiten Pkw‑Abstellplatz an. Er betont dazu in seinem Revisionsrekurs die vermeintlich aus den §§ 2 Abs 2, 5 Abs 2 und 28 Abs 2 WEG 2002 hervorgehende besondere Bedeutung, die der Gesetzgeber den Pkw‑Abstellplätzen zubillige und er hebt weiters den Umstand hervor, dass er auf der Liegenschaft zwei Wohneinheiten, aber nur eine Garage besitze; insoweit sei zu berücksichtigen, dass die zweite Wohneinheit durch Vermietung oder Verkauf ein eigenes rechtliches Schicksal erfahren könne, was ebenfalls sein Interesse an einem zweiten Abstellplatz begründe.

4. Soweit das Rekursgericht die Umgestaltung von als Lagerraum dienenden Holzschuppen zu Zweitabstellplätzen für Pkws in Wohnungseigentumsanlagen nicht als verkehrsüblich erkannte, stellt dies jedenfalls keine krasse Fehlbeurteilung dar, die vom Obersten Gerichtshof aufgegriffen werden müsste. Auch die Einschätzung des Rekursgerichts, der Wunsch nach einem Zweitabstellplatz für einen Pkw stelle kein ausreichend wichtiges Interesse des Wohnungseigentümers im Sinne des § 16 Abs 2 WEG 2002 dar, kann besonders bei einem - ausschließlich allgemeine Teile der Liegenschaft beanspruchenden - Änderungswunsch nicht als gravierende, zur Wahrung der Rechtssicherheit korrekturbedürftige Fehlbeurteilung erkannt werden. Soweit der Antragsteller auf die mögliche gesonderte Verwertung seiner zweiten Wohnheit hinweist und damit - erstmals im Rechtsmittelverfahren - sein wichtigs Interesse begründen will, handelt es sich um einen Verstoß gegen das auch in wohnrechtlichen Außerstreitverfahren geltende Neuerungsverbot (5 Ob 189/02h; RIS‑Justiz RS0083104). Erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO, die die Anrufung des Obersten Gerichtshofs rechtfertigten, zeigt der Antragsteller somit nicht auf.

5. Die Stellungnahme zur Revisionsrekursbeantwortung war deshalb zurückzuweisen, weil jeder Partei nur eine einzige Rechtsmittelschrift oder Rechtsmittelgegenschrift zusteht (stRsp RIS‑Justiz RS0041666); dies gilt auch für Repliken zu Rechtsmittelbeantwortungen (vgl 2 Ob 233/98y; 5 Ob 266/02g) und in Verfahren nach § 37 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG 2002 (vgl 5 Ob 129/97z).

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