OGH 3Ob254/04f

OGH3Ob254/04f31.3.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R*****, vertreten durch Dr. Dietmar Gollonitsch, Rechtsanwalt in Scheibbs, wider die verpflichtete Partei Verlassenschaft nach dem am 4. April 2004 verstorbenen Friedrich S*****, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Christoph Klimscha, öffentlicher Notar in Scheibbs, wegen 9.082,60 EUR sA, infolge Revisionsrekurses des Pfandgläubigers Dr. Franz K*****, vertreten durch Mag. Franz Kienast, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 26. August 2004, GZ 7 R 95/04g-23, womit der Meistbotsverteilungsbeschluss des Bezirksgerichts Scheibbs vom 13. Mai 2004, GZ 3 E 5015/03m-20, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss, der im Übrigen mangels Anfechtung unberührt bleibt, wird in seinem Punkt II c) darin abgeändert, dass er zu lauten hat:

„II. Aus der in I. A) angeführten Verteilungsmasse werden zugewiesen:

...

c) In der bücherlichen Rangordnung

1. Der S***** AG aufgrund des rechtskräftigen und vollstreckbaren Zahlungsbefehls des Bezirksgerichts Melk vom 19. September 2003, AZ 5 C 2017/03z, im Rang des zu C-LNR 30 mit 101.741,96 EUR einverleibten Höchstbetragspfandrechts 33.006,51 EUR zur teilweisen Berichtigung durch Barzahlung;

2. Dr. Franz K***** im Rang des zu C-LNR 39 einverleibten vollstreckbaren Simultanpfandrechts (Nebeneinlage zu EZ 35 GB *****) unter Berücksichtigung des Verhältnisses gemäß § 222 Abs 3 EO 42,04 % des Kapitals der nicht angemeldeten Forderung, das ist ein Betrag von 466,32 EUR

zur teilweisen Berichtigung durch Barzahlung.

Hiedurch ist das Meistbot erschöpft.

aus dem Zinsenzuwachs

Nach Maßgabe der bar zu bezahlenden Beträge werden die Fruktifikationszinsen wie folgt zugewiesen:

dem Masseverwalter Mag. Christian K***** ...3,60 %

der G***** GenmbH.......................... 8,54 %

der S***** AG ........................... 86,64 %

dem Dr. Franz K*****....................... 1,22 %

zusammen ............................. 100,00 %

Die zur Ausführung des Verteilungsbeschlusses erforderlichen Auszahlungsanordnungen bleiben dem Erstgericht vorbehalten".

Die Pfandgläubigerin S***** AG, *****, ist schuldig, dem Revisionsrekurswerber Dr. Franz K***** die mit 199,87 EUR (darin 33,31 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Über das Vermögen des Verpflichteten wurde am 27. Jänner 2004 zu AZ 3 S 1/04z des Bezirksgerichts Scheibbs das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, der Masseverwalter trat dem anhängigen Versteigerungsverfahren gemäß § 119 Abs 4 KO bei. Der Verpflichtete verstarb am 4. April 2004.

Gegenstand ist die Verteilung des Meistbots nach Zwangsversteigerung eines Liegenschaftsanteils, mit dem Wohnungseigentum untrennbar verbunden ist.

Strittig ist die in der bücherlichen Rangordnung im ersten Rang erfolgte Zuweisung an die S***** AG aufgrund eines rechtskräftigen und vollstreckbaren Zahlungsbefehls im Rang des zu C-LNR 30 mit 101.741,96 EUR einverleibten Höchstbetragspfandrechts.

Das Erstgericht wies in diesem Rang nur 4.000 EUR an Kapital, 12,25 % Zinsen vom 19. September 2003 bis 27. Jänner 2004 von 173,18 EUR, Kosten von 269 EUR, 4 % Zinsen aus den Kosten vom 19. September 2003 bis 27. Jänner 2004 von 3,80 EUR sowie im vorliegenden Verfahren bestimmte Exekutionskosten von 168 EUR, insgesamt daher 4.613,98 EUR zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung zu. Zur Begründung führte der Erstrichter aus, die Zuweisung an diese Höchstbetragspfandgläubigerin sei nur in diesem Ausmaß vorzunehmen, weil die von ihr vorgelegte Forderungsanmeldung unvollständig gewesen sei, weder Urkunden noch Saldomitteilungen beigefügt seien und die Zuordnung des darin behaupteten Betrags von 625.770,96 EUR zum Höchstbetragspfandrecht demgemäß nicht den §§ 210, 211 und 224 EO entsprechend nachgewiesen worden sei.

Das restliche Meistbot wies das Erstgericht den nachfolgenden Pfandgläubigern zu, darunter im vierten Rang dem nunmehrigen Revisionsrekurswerber im Rang des zu C-LNR 39 einverleibten vollstreckbaren Simultanpfandrechts (Nebeneinlage zu einer anderen Liegenschaft) unter Berücksichtigung des Verhältnisses gemäß § 222 Abs 3 EO 42,04 % des Kapitals der nicht angemeldeten Forderung, somit 466,32 EUR zur teilweisen Berichtigung durch Barzahlung. Die danach verbleibende Hyperocha von 9.173,87 EUR wurde der Konkursmasse zugewiesen. Nach Maßgabe der bar zu bezahlenden Beträge wurden die Fruktifikationszinsen zugewiesen.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, dass der S***** AG im ersten Rang der gesamte Meistbotsrest von 33.472,83 EUR zur teilweisen Berichtigung durch Barzahlung zugewiesen wurde.

In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus, gemäß § 211 Abs 5 EO reiche - als eine Erleichterung bei der Forderungsanmeldung und deren Nachweises - bei einer Höchstbetragshypothek zum Nachweis des zum Zeitpunkt der letzten vom Verpflichteten unwidersprochen gebliebenen Saldomitteilung offenen Betrags die Vorlage dieser Saldomitteilung aus. Inhalt einer Saldomitteilung sei unter Anführung der Nummer des Kreditvertrags bzw. der Kontonummer der aushaftende Kredit bzw. Kontobetrag, insofern Zinsen begehrt werden die Höhe des Zinssatzes. Diesen Anforderungen entspreche die der Forderungsanmeldung beigelegte Forderungsanmeldung im Konkursverfahren AZ 3 S 1/04z. In diesem Konkursverfahren habe die allgemeine Prüfungstagsatzung am 29. März 2004 stattgefunden, die Forderungsanmeldung im Konkursverfahren sei am 15. März 2004 beim Erstgericht eingelangt. In der allgemeinen Prüfungstagsatzung sei die Forderung nicht bestritten worden. Wenngleich die Rekurswerberin auf diese Umstände in der Forderungsanmeldung zur Meistbotsverteilung nicht hingewiesen habe, könne die nunmehr vorliegende Forderungsanmeldung einer Saldomitteilung gemäß § 211 Abs 5 EO gleichwertig angesehen werden.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil zur Frage, ob in einer den Anforderungen einer Saldomitteilung entsprechenden Forderungsanmeldung im Schuldenregulierungsverfahren als Beilage zu einer Forderungsanmeldung im Meistbotsverteilungsverfahren eine den §§ 210, 211 Abs 5 EO entsprechende Anmeldung zu erblicken sei, höchstgerichtliche Judikatur fehle.

Der Revisionsrekurs des nachrangigen Pfandgläubigers ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Im Meistbotsverteilungsverfahren nach Zwangsversteigerung einer Liegenschaft ist Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichts der mit einem bestimmten Geldbetrag behauptete Teilnahmeanspruch der auf das Meistbot Verwiesenen (verstärkter Senat 3 Ob 1013/95 = SZ 68/93; RIS-Justiz RS0053201). Für die Frage der Zulässigkeit des Revisionsrekurses ist somit die in Beschwerde gezogene Zuweisung maßgeblich (3 Ob 99/02h), über die das Rekursgericht entschieden hat. Der Entscheidungsgegenstand richtet sich also nicht nach dem Teilnahmeanspruch des Revisionsrekurswerbers (hier 466,32 EUR), sondern nach demjenigen des Rekurswerbers, über dessen Rekurs das Gericht zweiter Instanz entschieden hat. Da dieser hier 4.000 EUR übersteigt, ist der Ausspruch der zweiten Instanz über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nach den zufolge § 78 EO auch für den Revisionsrekurs gegen den Meistbotsverteilungsbeschluss geltenden Beschränkungen des § 528 ZPO zutreffend.

Für die (hier zu beurteilende) Anmeldung einer Forderung bei einer Höchstbetragshypothek reicht nach § 211 Abs 5 EO idF EO-Novelle 2000 zum Nachweis des zum Zeitpunkt der letzten vom Verpflichteten unwidersprochen gebliebenen Saldomitteilung offenen Betrags die Vorlage dieser Saldomitteilung aus. Dies ist im Zusammenhang mit § 210 Abs 1 EO über die Erforderlichkeit des Nachweises der Ansprüche der auf das Meistbot gewiesenen Personen nach Kapital, Zinsen, Kosten und sonstigen Nebenforderungen zu sehen (3 Ob 262/04g).

Wie der Oberste Gerichtshof in der bereits vorliegenden Rsp zu § 211 Abs 5 EO (RIS-Justiz RS0117428, RS0117429) immer betont hat, muss die Forderungsanmeldung bei einer Höchstbetragshypothek die Behauptung einer Saldomitteilung (Saldoabschluss), die vom Verpflichteten unwidersprochen geblieben ist, enthalten. Mangels ausreichender Behauptungen sind Verpflichteter oder nachrangiger Gläubiger nicht verpflichtet, Widerspruch zu erheben (3 Ob 262/04g).

Im vorliegenden Fall hat sich der Pfandgläubiger bei seiner Anmeldung im Meistbotsverteilungsverfahren nur auf eine im Schuldenregulierungsverfahren erfolgte Anmeldung gestützt. Gemäß § 109 Abs 1 KO bzw § 188 Abs 2 KO gilt eine Forderung erst dann als festgestellt, wenn sie vom Masseverwalter bzw Schuldner anerkannt wird und von keinem hiezu berechtigten Konkursgläubiger bestritten worden ist. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wurde vom anmeldenden Pfandgläubiger nicht einmal behauptet (vgl die Forderungsanmeldung zur Meistbotsverteilung ON 16). Die Anmeldung im Schuldenregulierungsverfahren allein kann aber jedenfalls nicht einer vom Verpflichteten unwidersprochen gebliebenen Saldomitteilung gemäß § 211 Abs 5 EO gleichgestellt werden.

Ob § 211 Abs 5 EO auch dann entsprochen ist, wenn der Gläubiger im Exekutionsverfahren zur Meistbotsverteilung seine Anmeldung im Konkursverfahren samt Anerkennung der Forderung durch den Masseverwalter und den Schuldner behauptet und belegt, muss hier nicht entschieden werden.

Die vom Gesetzgeber offenbar in Verkennung der Bedeutung des § 224 Abs 2 EO aF in Kauf genommene Verschlechterung der Position eines nicht oder unzureichend anmeldenden Gläubigers einer Höchstbetragshypotek (vgl dazu Angst in Angst, EO § 224 Rz 3 f) kann nicht dazu führen, die nach wie vor bestehende Nachweispflicht des § 210 Abs 1 EO für die Höchstbetragshypothek im Auslegungsweg überhaupt wegfallen zu lassen. Die mangelnde Berücksichtigung eines Höchstbetragspfandgläubigers bei der Meistbotsverteilung führt ja nach zutreffender Rsp und Lehre (Nachweise bei Angst aaO § 231 Rz 17 ff) nicht zum Verlust des materiell-rechtlichen Anspruchs, sondern nur zu dem des verfahrensrechtlichen Teilnahmeanspruchs. Demnach kann ein mangels ordnungsgemäßer Anmeldung nicht zum Zug gekommener Gläubiger seinen materiell-rechtlichen Anspruch gegen die zu Unrecht geteilten im Rechtsweg geltend machen (vgl 3 Ob 262/04g).

Dem Revisionsrekurs ist daher Folge zu geben, wobei jedoch mangels Anfechtung der über die Forderung des Revisionsrekurswerbers hinausgehenden Zuweisung an den vorrangigen Pfandgläubiger der erstinstanzliche Meistbotsverteilungsbeschluss nicht zur Gänze wieder herzustellen ist, sondern nur insoweit, als die Forderung des Revisionsrekurswerbers zu berücksichtigen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 50, 41 und 40 ZPO. Auch im Meistbotsverteilungsverfahren richtet sich bei einem hier durch den Rekurs des vorrangigen Pfandgläubigers ausgelösten Zwischenstreit die Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren nach den Vorschriften der ZPO (RIS-Justiz RS0107415).

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