OGH 11Os1/05i

OGH11Os1/05i8.3.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. März 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kreitner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Foad G***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 6. September 2004, GZ 16 Hv 61/04m-40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG und demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Foad G***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB (Punkt A des Urteilssatzes) sowie der Vergehen des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB (B), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (C) und des Vergehens (richtig: der Vergehen) nach § 27 Abs 1 (zu ergänzen: erster und zweiter Fall) SMG (D) schuldig erkannt.

Danach hat er an verschiedenen Orten Österreichs

(zu A) von Mitte Juni 2003 bis 14. Mai 2004 in insgesamt 19 (teilweise zwei Angriffe umfassenden) Fällen gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, im Spruch genannte Personen durch dort angeführte Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die sie um insgesamt mehr als 2.000 EUR am Vermögen schädigten; (zu B) vom 6. August 2003 bis 22. Mai 2004 in fünf Fällen gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen, und zwar Bargeld und ein Mobiltelephon im Gesamtwert von ca 1330 EUR mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen; (zu C) Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, durch Wegnahme unterdrückt, wobei er mit dem Vorsatz handelte, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar

1) am 2. Dezember 2003 in St. Andrä-Wördern den Führerschein und diverse Ausweise des Josef L***** und

2) am 22. Mai 2004 in O***** ein vinkuliertes Sparbuch der Pfarre O***** sowie

(zu D) von 1993 bis Mai 2004 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte, insbesondere Kokain und Marihuana in nicht mehr feststellbarer, jedenfalls geringfügiger Menge, erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen das Urteil richtet sich die auf die Gründe der Z 5, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welcher indes aus den in der Stellungnahme der Generalprokuratur genannten Gründen keine Berechtigung zukommt. Die eine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) infolge Vernachlässigung der Aussage des Zeugen Ludwig Gn***** behauptende Mängelrüge geht nicht von dessen tatsächlichen Angaben aus, zumal dieser Zeuge der Beschwerde zuwider keineswegs bekundete, über eine allfällige Rückzahlung des - von ihm ausdrücklich als geliehen bezeichneten (S 142) - Bargeldbetrages von 2.000 EUR sei nicht gesprochen worden. Weshalb die mangelnde Vereinbarung eines Rückzahlungstermins der vom Erstgericht angenommenen Täuschung über die Rückzahlungsfähigkeit und Rückzahlungswilligkeit entgegenstehen sollte, wird nachvollziehbar nicht zur Darstellung gebracht. Die auf Plausibilitätserwägungen gestützte, nicht jedoch am Akteninhalt orientierte Behauptung, in den als Betrug qualifizierten Fällen sei dem Angeklagten lediglich eine Spende gewährt worden, wendet sich schließlich in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Von einer derartigen Zuwendung geht auch die Subsumtionsrüge (Z 10) aus, die zu A I/1 bis 16 das bloße Vorliegen „einer Täuschungshandlung gemäß § 108 StGB" annimmt. Damit orientiert sie sich nicht am gesamten die Feststellung eines Bereicherungsvorsatzes einschließenden Urteilssachverhalt und verfehlt bereits deshalb eine prozessordnungsgemäße Darstellung.

Entgegen der Sanktionsrüge (Z 11) bewahren die gemäß § 29 StGB zu einer Subsumtionseinheit zusammengefassten Straftaten ihre rechtliche Selbständigkeit, sodass sie ohne Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot als realkonkurrierende Mehrfachdelinquenz (§ 33 Z 1 StGB) erschwerend gewertet werden durften (vgl Ebner in WK2 § 33 Rz 3).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils - im Übrigen auch in Ansehung der Schuldsprüche B bis D, die zwar vom Antrag auf Aufhebung des gesamten Urteils betroffen sind, hinsichtlich welcher aber Beschwerdeausführungen unterblieben - als nicht gesetzesgemäß ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde konnte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugen, dass, wie der Generalprokurator zutreffend aufzeigte, die bei der gegebenen Sachlage gebotene Beachtung des temporären Verfolgungshindernisses nach § 37 SMG iVm § 35 Abs 1 SMG (vgl Burgstaller, JBl 2000, 607 f; 15 Os 131/02; 14 Os 23/03) unterblieben ist. Nach den unbestrittenen Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte in der Zeit von 1993 bis Mai 2004 Kokain und Marihuana in nicht mehr feststellbarer, jedenfalls aber geringfügiger Menge erworben und besessen (US 4, 8, 9). Demnach haben sich die Taten jeweils auf eine geringe Menge Suchtgift bezogen, kommt doch eine Zusammenrechnung zu verschiedenen Zeiten zum eigenen Gebrauch erworbener geringer Suchtmittelmengen nicht in Betracht (15 Os 21/04 mwN). Der Umstand, dass der Angeklagte weiterer (mit dem Suchtmittelgesetz nicht im Zusammenhang stehender) Straftaten schuldig erkannt wurde, hindert eine vorläufige Verfahrenseinstellung nicht (Foregger/Litzka/Matzka, SMG § 35 Erl IV 3).

Die dem Angeklagten zum Nachteil gereichende, von ihm aber nicht relevierte und deshalb von Amts wegen wahrzunehmende materiellrechtliche Nichtigkeit iSd § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO erfordert die Kassation des davon betroffenen Schuldspruches D, damit auch die Aufhebung des Strafausspruches (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und die Anordnung der Verfahrenserneuerung im Umfang der Aufhebung (§ 299 Abs 1 StPO iVm § 285e StPO). Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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