OGH 15Os131/02

OGH15Os131/0228.11.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. November 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaller als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mario F***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 13. Mai 2002, GZ 21 Hv 42/02p-31, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kirchbacher, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Baldinger zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 13. Mai 2002, GZ 21 Hv 42/02p-31, verletzt im Schuldspruch II 2 § 37 iVm § 35 Abs 1 SMG. Es werden dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (II 2) und demgemäß im Strafausspruch sowie der Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an den Einzelrichter des Landesgerichtes Linz verwiesen.

Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angeführten Urteil des Landesgerichtes Linz wurde Mario F***** der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (I), der Hehlerei nach § 164 Abs 2 erster Fall StGB (II 1), der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (II 3) und des Diebstahls nach § 127 StGB (III) sowie des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (II 2) schuldig erkannt. Der Schuldspruch nach dem Suchtmittelgesetz erfolgte, weil Mario F***** am 22. Februar 2002 in Linz den bestehenden Vorschriften zuwider etwa ein Gramm Speed (Amphetamin) und etwa drei Gramm Cannabisharz von unbekannten Personen für den Eigenkonsum erworben und besessen hatte (US 2 und 6). Mario F***** wurde unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 83 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Mit zugleich gefasstem Beschluss wurde gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO eine mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 27. Oktober 1999, AZ 25 EVr 1110/99, bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe widerrufen; vom Widerruf einer weiteren bedingten Vorverurteilung wurde gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO abgesehen.

Über die gegen den Ausspruch über die Strafe erhobene Berufung des Angeklagten und über seine Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluss wurde noch nicht entschieden.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in seiner gegen das angeführte Urteil erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht der Schuldspruch II. 2. mit dem Gesetz nicht im Einklang. Das Schöffengericht hat nämlich das bei der gegebenen Sachlage zu berücksichtigende temporäre Verfolgungshindernis nach § 37 iVm § 35 Abs 1 SMG (zum verfahrensrechtlichen Charakter dieser Bestimmung vgl Burgstaller JBl 2000, 607 f; anders 11 Os 36, 37/00) nicht beachtet. Die Tat bezog sich auf eine geringe Menge Suchtmittel, welche Mario F***** lediglich zum eigenen Gebrauch erworben und besessen hat. Sie wurde am 22. Februar 2002 begangen, also nach Ablauf der zweijährigen Probezeit zu einer vom Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Linz am 5. Jänner 2000 vorläufig zurückgelegten Anzeige wegen § 27 SMG (vgl S 247a). Daher kommt auch die für in der Probezeit verwirklichte Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG entwickelte Judikatur (EvBl 2000/102, ÖJZ-LSK 2000/127) nicht zum Tragen.

Der Umstand, dass Mario F***** weiterer (mit dem Suchtmittelgesetz nicht in Zusammenhang stehender) Vergehen schuldig erkannt wurde, hindert eine vorläufige Verfahrenseinstellung nicht (Foregger/Litzka/Matzka SMG § 35 Erl IV.3.).

Die materiellrechtliche, dem Angeklagten zum Nachteil gereichende Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO) erfordert die Kassation sowohl des betroffenen Schuldspruches II. 2. samt dem korrespondierenden Strafausspruch als auch des Beschlusses gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO. Daraus folgt die Anordnung der Verfahrenserneuerung im Umfang der Aufhebung durch den Einzelrichter des Landesgerichtes Linz (§ 288 Z 3 zweiter Satz, § 8 Abs 3 erster Satz StPO, § 39 StGB; Mayerhofer StPO4 § 288 E 47). Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

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