OGH 8ObS17/04i

OGH8ObS17/04i17.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Glawischnig sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Mag. Johann Ellersdorfer als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei J***** M*****, vertreten durch Freimüller ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei IAF-Service GmbH, ***** wegen EUR 1.153 sA, über die außerordentliche Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Juli 2004, GZ 9 Rs 214/03m-14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Entscheidung der Vorinstanzen, dass der - nach Eröffnung des Ausgleichsverfahrens Mitte Dezember 2002 über den Arbeitgeber des Klägers - vorenthaltene Lohn für Jänner 2003 (die Sicherung der übrigen Ansprüche wurde anerkannt) gemäß § 3a Abs 3 IESG nicht gesichert ist, da der Kläger (nachdem am 18. 2. 2003 der Anschlusskonkurs eröffnet worden war) erst mit Schreiben vom 12. 3. 2003 seinen vorzeitigen Austritt erklärte, bewegt sich im Rahmen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu § 3a Abs 2 Z 5 und Abs 3 IESG (8 ObS 19/01d; 8 ObS 8/04s).

Der jüngst vom Obersten Gerichtshof gefällten Entscheidung in einem „Parallelverfahren" (8 ObS 14/04y) liegt insoweit ein unterschiedlicher Sachverhalt zugrunde, als zwar die (dortige) Klägerin nach Eröffnung des Ausgleichsverfahrens am 18. 2. 2003 und (teilweisem) Vorenthalten des Entgelts für Jänner 2003, erst am 7. 3. 2003 ihren vorzeitigen Austritt erklärt hat, es sich bei ihr jedoch um eine Angestellte mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist (zum Quartal) handelte, sodass nicht nur die der Klägerin ohnedies von der beklagten Partei zuerkannten Ansprüche, sondern auch der Anspruch für das Entgelt Jänner 2003 jedenfalls gesichert gewesen wäre, auch wenn die Klägerin sofort wegen der teilweisen Vorenthaltung des Jänner-Lohns ausgetreten wäre.

Eine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO erblickt der Revisionswerber in der vermeintlichen Unvereinbarkeit des § 3a Abs 3 IESG mit Art 4 Abs 2 erster Absatz der Richtlinie 80/987/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers vom 20. 10. 1980 (Insolvenz-RL). Die angefochtene Entscheidung stehe im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 11. 9. 2003, RsC-201/01 und mit der angeführten Richtlinie. Eine richtlinienkonforme Interpretation müsse eine Sicherung der Ansprüche der Arbeitnehmer zumindest für die letzten drei Monate des Dienstverhältnisses, vorliegend daher rückgerechnet vom 12. 3. 2003, für die gesamte Zeitspanne bis zum 12. 12. 2002 gewährleisten.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass die vom Rechtsmittelwerber zitierte EuGH-Entscheidung einen völlig anders gelagerten Sachverhalt sowie einen anderen Sicherungszeitraum, nämlich den Zeitraum vor Verwirklichung des Insolvenztatbestandes betrifft.

Nach der angesprochenen Richtlinie steht es den Mitgliedsstaaten im Übrigen frei, den Sicherungszeitraum vor dem in Art 3 der RL festgelegten Zeitpunkt vorzusehen (vgl Art 4 Abs 2 RL).

Der Oberste Gerichtshof hat in seinen bisherigen zu §§ 3a Abs 2 Z 5 und 3a Abs 3 IESG unter eindeutiger Klarstellung der Zielsetzungen dieser Regelungen ergangenen, eingangs zitierten Entscheidungen in der in diesen Bestimmungen zum Ausdruck gebrachten „Austrittsobliegenheit" des Arbeitnehmers, keine Unvereinbarkeit mit der Zielsetzung der Richtlinie 80/987 erblickt. Eine solche vermag auch die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen.

Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

Stichworte