OGH 7Ob4/05x

OGH7Ob4/05x16.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** AG, *****, vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) K*****GmbH, *****, und 2.) DI Klaus H*****, beide vertreten durch Schuppich Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung und Unterlassung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 29. November 2004, GZ 3 R 136/04x-40, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 8. April 2004, GZ 7 Cg 188/02m-36, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Klägerin macht in ihrer Zulassungsbeschwerde (§ 506 Abs 1 Z 5 ZPO) geltend, die rechtliche Beurteilung des Begehrens auf Feststellung der Schadenersatzpflicht der beklagten Parteien stehe im Widerspruch zur ständigen höchstgerichtlichen Judikatur. Das gelte auch für die rechtliche Beurteilung des Unterlassungsbegehrens zu Punkt 3. lit c des Urteilsbegehrens. Diesbezüglich erscheine überdies eine höchstgerichtliche Beurteilung zur Wahrung der Rechssicherheit und der Rechtsentwicklung geboten. Der Oberste Gerichtshof habe im Provisorialverfahren ausgeführt, dass Voraussetzung für die Sicherung des betreffenden Anspruches eine konkrete Gefährdung im Sinne des § 381 Z 1 EO wäre. Das Berufungsgericht, das sich auf die betreffenden Ausführungen des Obersten Gerichtshofes gestützt habe, habe damit die materiellrechtliche Frage, ob ein Unterlassungsanspruch bestehe, mit der Frage nach einer Gefährdung dieses Anspruches im Sinne des § 381 Z 1 EO gleichgesetzt. Dies sei unrichtig. Das „Rechtsschutzbedürfnis" als Voraussetzung einer vorbeugenden Unterlassungsklage möge zwar nicht nur mit dem Feststellungsinteresse des § 228 ZPO, sondern auch mit der „Gefährdung" der einstweiligen Verfügung vergleichbar sein (vgl Fasching, Komm2 Rz 20 zu § 226 ZPO), es könne jedoch nicht mit der Gefährdung gleichgesetzt werden. Vielmehr sei zunächst nach materiellem Recht zu prüfen, ob ein vorbeugender Unterlassungsanspruch bestehe. Nur wenn das zu bejahen sei, stelle sich die Frage, ob dieser Anspruch iSd § 381 EO gefährdet sei. Dazu liege keine Rsp des Obersten Gerichtshofes vor.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesen Ausführungen vermag die Revisionswerberin keine erhebliche Rechtsfrage bzw keinen tauglichen Zulassungsgrund aufzuzeigen:

Zur Abweisung des Feststellungsbegehrens (Punkt 2. des Berufungsurteils):

Die das Feststellungsbegehren Punkt 2. abweisende Entscheidung steht entgegen der Ansicht der Revisionswerberin mit oberstgerichtlichre Judikatur keineswegs im Widerspruch, sondern vollkommen im Einklang. Schon das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für die Bejahung eines Feststellungsinteresses zutreffend dargestellt: Danach stellt nur die konkrete Möglichkeit des Eintrittes von Schäden oder von Leistungsverpflichtungen aus anderen Rechtsgründen eine ausreichende Interessengrundlage dar (7 Ob 786/79; 8 Ob 522/80; 8 Ob 612/90 ua), während die bloße theoretische Möglichkeit eines abstrakt-hypothetischen Schadenseintrittes oder der Entstehung allfälliger sonstiger Ansprüche zur Begründung des Feststellungsinteresses nach § 228 ZPO nicht ausreicht (7 Ob 75/01g uva; vgl RIS-Justiz RS0038949). Sache des Feststellungsklägers ist es daher, aufzuzeigen, welcher Art die möglichen Ansprüche sein könnten, wobei der anspruchsbegründende Sachverhalt zumindest in groben Umrissen behauptet werden muss (RIS-Justiz RS0038949, zuletzt etwa 9 ObA 6/04d). Zutreffend hat nun das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass die Klägerin ihr betreffendes Feststellungsinteresse konkret lediglich auf angeblich noch nicht bezifferbare Rechtsberatungskosten gestützt hat. Richtig hat das Berufungsgericht aber dazu ausgeführt, dass auch dann, wenn die betreffenden Rechtsvertretungs- bzw Beratungskosten noch nicht abgerechnet sein sollten (wovon das Erstgericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung ohne feststellungsmäßige Grundlage ausgehe) dies nicht deren Bezifferbarkeit hindere, da von der Klägerin für diese bereits erfolgte außergerichtliche Rechtsvertretung bzw -beratung nach § 1152 ABGB entweder das vereinbarte oder das angemessene Honorar an den/die Rechtsberater bzw -vertreter zu entrichten sein werden. Selbst wenn die nunmehrigen Klagevertreter diese Kosten bereits erfolgter außergerichtlicher Vertretung und Beratung der Klägerin noch nicht abgerechnet haben sollten, wäre bereits eine Leistungsklage auf Ersatz dieser vereinbarten oder angemessenen Kosten möglich gewesen. Die Möglichkeit einer Leistungsklage schließt aber, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat, ein Feststellungsinteresse dann aus, wenn der Erfolg der Leistungsklage die Feststellung des ihr zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses gänzlich erübrigt (Rechberger/Frauenberger in Rechberger2 Rz 11 zu § 228 ZPO; Fasching in Fasching/Konecny2 III, § 228 Rn 108). Zutreffend ist schließlich auch noch die Rechtsmeinung, dass die daher bereits mögliche Leistungsklage auf Ersatz der Kosten der bisherigen rechtsfreundlichen Vertretung den behaupteten Feststellungsanspruch voll ausschöpfen würde, sodass der Klägerin ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der Beklagten für aus den Auflösungserklärungen der Beklagten resultierende Schäden fehlt.

Zur Abweisung des Unterlassungsbegehrens Punkt 3. lit c des Urteilsbegehrens:

Wie ebenfalls vom Berufungsgericht bereits zutreffend ausgeführt wurde, sind vorbeugende Unterlassungsklagen nach stRsp grundsätzlich nur dann gerechtfertigt, wenn dem Kläger ein Eingriff in seine Rechtssphäre unmittelbar und konkret droht (RIS-Justiz RS0012061 und RS0037660; vgl auch RS0010479). Unter der konkreten Besorgnis einer drohenden Rechtsverletzung sind greifbare Anhaltspunkte für ein künftiges rechtswidriges Verhalten zu verstehen (4 Ob 6/00m mwN). Diese Voraussetzung ist immer anhand der Umstände des Einzelfalles zu prüfen (6 Ob 13/01g, RIS-Justiz RS0010479 [T 2]). Es müssen Umstände bewiesen werden, die eine ernstlich drohende unmittelbar bevorstehende Gefahr erstmaliger Begehung begründen; die bloß theoretische Möglichkeit der Begehung genügt nicht (RIS-Justiz RS0037661 [T 6]). Die Begehungsgefahr, also die Gefahr, dass der Beklagte die zu untersagende Verletzungshandlung neuerlich oder erstmalig begehen werde, ist eine materiellrechtliche Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch (RIS-Justiz RS0037456). Richtig weist nun das Berufungsgericht darauf hin, dass bereits der Oberste Gerichtshof in der Provisorialentscheidung zu den Kriterien der Anspruchsgefährdung betont hat, dass nach nunmehr jahrzehntelanger ständiger gesicherter oberstgerichtlicher Rechtsprechung die bloße Bestreitung des behaupteten Anspruches noch nicht die Annahme rechtfertigt, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Anspruches gefährdet werden könnte. Es müssten zu dieser Bestreitung noch irgend welche weiteren Umstände hinzukommen, die eine solche Besorgnis begründet erscheinen ließen.

Richtig ist zwar, dass diese Ausführungen, wie gesagt, zur Gefährdung iSd § 381 EO gemacht wurden. Zutreffend hat aber das Berufungsgericht dazu bemerkt, dass es sich dabei um „gleichsinnige" Kriterien wie jene für die Verletzungs- oder Erstgefahr als Anspruchsvoraussetzung einer vorbeugenden Unterlassungsklage handelt. Die Revisionswerberin muss selbst einräumen, dass dies auch von Fasching in Fasching/Konecny2 III Rz 20 zu § 226 ZPO so gesehen wird: Das „Rechtsschutzbedürfnis" könne (in praxi) mit dem Feststellungsinteresse des § 228 ZPO verglichen werden, stehe aber wohl „der Gefährdung der einstweiligen Verfügungen etwas näher". Wegen der bereits erwähnten Einzelfallbezogenheit der Frage der Verletzungs- oder Erstgefahr als Anspruchsvoraussetzung einer vorbeugenden Unterlassungsklage kann darin ein Grund für die Zulassung der außerordentlichen Revision nicht erblickt werden, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre eine Fehlbeurteilung unterlaufen, die aus Gründen der Rechtssicherheit (§ 528 Abs 1 ZPO) einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte. Dies ist hier keineswegs der Fall: Die Ansicht des Berufungsgerichtes, es bestünden keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten - von der Bestellung oder Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern der AMAG abgesehen - in der Beschlussfassung der Hauptversammlung der AMAG vorbehaltenen Angelegenheiten die Klägerin überstimmen würden, ist zumindest vertretbar.

Da die Entscheidung des Berufungsgerichtes demnach im Einklang mit oberstgerichtlicher Judikatur steht und insbesondere auch in den nunmehr noch strittigen Punkten - anders als das Ersturteil - den schon im Provisorialverfahren vom Obersten Gerichtshof aufgezeigten Kriterien folgt, ist die außerordentliche Revision unzulässig und muss zurückgewiesen werden.

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