OGH 4Ob269/04v

OGH4Ob269/04v8.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. M***** GmbH,

2. Gerhard F*****, beide vertreten durch Gheneff Rami Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen § 394 EO (Streitwert Leistungsbegehren 88.145,61 EUR, Streitwert Feststellungsbegehren 1.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 27. Oktober 2004, GZ 4 R 124/04s-64, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist, obwohl er sich gegen einen zur Gänze bestätigenden Beschluss richtet, nicht jedenfalls unzulässig, weil in Verfahren über den Ersatzanspruch nach § 394 EO die Bestimmung des § 402 Abs 1 EO analog anzuwenden ist (4 Ob 2097/96b = SZ 69/114; RIS-Justiz RS0104478); das Rechtsmittel zeigt aber keine erhebliche Rechtsfrage (§ 528 Abs 1 ZPO) auf.

1. Zum Leistungsbegehren

Den Beklagten wurde mit einstweiliger Verfügung vom 15. 11. 2001 verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Zeitschriften, darunter einige näher genannte, an Ärzte unentgeltlich abzugeben oder unentgeltlich zum Gebrauch zu überlassen. Mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 16. 7. 2002, 4 Ob 121/02a, wurde der Sicherungsantrag abgewiesen. Im Verfahren über den Ersatzanspruch nach § 394 EO machten die Beklagten Verdienstentgang ua auch aus Lieferungen an andere Berufsgruppen als Ärzte (zB Friseure und Spitäler) mit dem Argument geltend, die einstweilige Verfügung habe auch eine Erweiterung der Geschäftstätigkeit auf die genannten Bereiche verhindert, weil in einem solchen Fall "mit einer sofortigen einstweiligen Verfügung auch gegen deren Belieferung zu rechnen war". Die Vorinstanzen haben bei der Bemessung des Verdienstentgangs nur den auf die Nichtbelieferung von Ärzten zurückzuführenden Einnahmenausfall berücksichtigt, weil nur dieses Verhalten Gegenstand des Unterlassungsgebots gewesen sei. Die angefochtene Entscheidung hält sich damit im Rahmen der Rechtsprechung, wonach gem § 394 EO (nur) jene Vermögensnachteile einschließlich des entgangenen Gewinns zu ersetzen sind, für die die einstweilige Verfügung maßgebende Ursache war, also Schäden, die ohne die einstweilige Verfügung nicht entstanden wären (4 Ob 361/77 = SZ 50/104; RIS-Justiz RS0008298). Welche Schäden auf Grund der einstweiligen Verfügung unter die Ersatzpflicht des Klägers fallen, richtet sich regelmäßig nach den Umständen des Einzelfalls. Eine der Korrektur bedürfende Fehlbeurteilung durch das Rekursgericht ist nicht erkennbar: Die Klägerin hätte mit der einstweiligen Verfügung nicht verhindern können, dass die Beklagten auch andere Berufsgruppen als Ärzte mit Gratiszeitungen beliefern. Damit bestand für die Beklagten aber kein von der Klägerin im Rahmen des § 394 EO zu verantwortendes rechtliches Hindernis, ihr Geschäftsfeld auf andere Abnehmerkreise als Ärzte zu erweitern. Wenn sie eine solche Verdienstchance nicht genützt haben, um sich keinem neuen Sicherungsverfahren auszusetzen, so war dies ihre eigene unternehmerische Entscheidung.

2. Zum Feststellungsbegehren

Die Erstbeklagte hat - ohne jedes weitere Vorbringen - auch die Feststellung der Haftung der Klägerin für alle Schäden begehrt, die aus der einstweiligen Verfügung entstanden sind und noch entstehen werden und den Betrag des Leistungsbegehrens übersteigen (ON 49). Das Rekursgericht hat die abweisende Entscheidung des Erstgerichts mit der Begründung bestätigt, die Erstbeklagte habe nichts zur Begründung ihres Feststellungsinteresses vorgebracht; es fehle an jedem Anhaltspunkt für die Annahme, es könnten nach Ablauf der Verjährungsfrist noch weitere bereits vorhersehbare Teilschäden eintreten.

Die Revisionsrekurswerberin macht in der Zulassungsbeschwerde geltend, dass (auch im Hinblick auf mittlerweile erfolgte literarische Stellungnahmen) aktuelle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Zulässigkeit eines Feststellungsbegehrens im Anwendungsbereich des § 394 EO fehle. Von dieser Frage hängt die Entscheidung aber nicht ab.

Nach der Rechtsprechung setzt ein Feststellungsanspruch ein Feststellungsinteresse voraus (Rechberger/Frauenberger in Rechberger, ZPO² § 228 Rz 3). Es muss nur dann nicht besonders behauptet werden, wenn es sich schon zweifelsfrei aus dem übrigen Sachvorbringen ergibt (Fasching ZPO² § 228 Rz 135; RIS-Justiz RS0039123 [T2,T8]). Für das Verfahren nach § 394 Abs 1 EO gelten, soweit der zweite Teil der Exekutionsordnung keine besonderen Bestimmungen enthält, die Bestimmungen für das Exekutionsverfahren. Das Gericht ist an die Anträge und an das Vorbringen des Gegners der gefährdeten Partei gebunden; es darf nicht mehr und auch nicht etwas anderes zusprechen. Der Sachverhalt ist - unbeschadet der auch in einem Verfahren mit Untersuchungsgrundsatz geltenden Behauptungs- und Beweislast der Beteiligten - von Amts wegen zu ermitteln. Ebenso wie nach § 389 EO hat der Antragsteller auch im Verfahren nach § 394 EO den anspruchsbegründenden Sachverhalt zu behaupten und dem Grunde nach zu bescheinigen. Es ist nicht Sache des Gerichts, von Amts wegen auf die Stoffsammlung oder auf ein ergänzendes Vorbringen zu dringen. Genügt der Antragsteller seiner Behauptungslast nicht, so ist der Antrag unschlüssig und daher abzuweisen (4 Ob 2097/96b = SZ 69/114; RIS-Justiz RS0104480).

Ein Vorbringen dahin, die Möglichkeit zukünftiger weiterer Schäden könne nicht ausgeschlossen werden (vgl RIS-Justiz RS0040838), hat die Erstbeklagte nicht erstattet. Solches ergibt sich auch nicht zweifelsfrei aus dem übrigen Sachvorbringen. Dazu kommt, dass über den Ersatzanspruch erst mit Beschluss vom 8. 4. 2004, also rund 21 Monate nach Abweisung des Sicherungsantrags, entschieden worden ist, ohne dass die Erstbeklagte nach Einbringung des Antrags am 12. 3. 2003 weitere Vermögensnachteile geltend gemacht hätte.

Stichworte