Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung über den Konkurseröffnungsantrag nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Text
Begründung
Anna Maria W***** stellte am 25. 6. 2004 beim Erstgericht den Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der B***** GmbH (FN *****) mit der Begründung, sie sei Alleingesellschafterin dieser Gesellschaft; sie sei auch von Juni 2003 bis Dezember 2003 Alleingeschäftsführerin gewesen. Sie habe die Geschäftsführung zurücklegen müssen, um nicht "in Haftungen" zu kommen. Das Unternehmen sei aufgrund von Manipulationen ihres Ehemannes, der bis 10. 6. 2003 Geschäftsführer gewesen sei, zahlungsunfähig. Ursache dafür sei, dass die offenen Mieten für Personalhäuser und Parkplätze von der Mieterin nicht bezahlt worden seien. Aufgrund dieser fehlenden Mieteingänge hätten Verbindlichkeiten gegenüber Dienstnehmern, der Tiroler Gebietskrankenkasse, dem Finanzamt, sowie Banken nicht beglichen werden können. Aus der Expertise des Steuerberaters ergebe sich, dass Zahlungsunfähigkeit gegeben sei, solange die offenen Mieten nicht bezahlt würden. Wörtlich führte sie schließlich aus: "Als Eigentümerin des Unternehmens stelle ich Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens .....Sollte eine Mitwirkung von mir im Konkursverfahren erforderlich sein, bin ich jederzeit bereit, im Konkursverfahren die Funktion einer Notgeschäftsführerin zu übernehmen".
Das Konkursgericht kalendierte den Akt zunächst mit 9. 7. 2004 mit dem Hinweis "Notgeschäftsführer".
Mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 1. Juli 2004 zu 60 Fr 1587/04t wurde Anna Maria W***** über Antrag einer Gläubigerin gemäß § 15a GmbHG zur Notgeschäftsführerin für die Gesellschaft bestellt. Der dagegen vom Ehegatten der Anna Maria W*****, Ing. Udo W*****, erhobene Rekurs wurde vom Oberlandesgericht Innsbruck mangels Rekurslegitimation zurückgewiesen. Über den dagegen von Ing. Udo W***** erhobenen (zugelassenen) Revisionsrekurs ist noch keine Entscheidung erfolgt. Das Verfahren ist zu 6 Ob 225/04p anhängig.
Mit Beschluss vom 9. 7. 2004 eröffnete das Erstgericht den Konkurs über das Vermögen der Baubetreuung-West und bestellte Dr. Herbert Matzunski zum Masseverwalter.
Unter Berufung darauf, dass Anna Maria W***** die Gesellschaftsanteile an der Gesellschaft nur treuhändig halte und unter Berufung auf eine (rechtskräftige) einstweilige Verfügung, wonach es Anna Maria W***** verboten wurde, ihr Stimmrecht als Gesellschafterin, sei es in Generalversammlungen oder im Wege der schriftlichen Beschlussfassung, ohne ausdrückliche Genehmigung des Ing. Udo W***** auszuüben (siehe Beilagenkonvolut beim Rekurs ON 12) und unter Berufung darauf, dass er Konkursgläubiger sei, erhob Ing. Udo W***** Rekurs gegen den Konkurseröffnungsbeschluss. Zur Bescheinigung seiner Konkursforderung berief sich der Rekurswerber einerseits auf ein zu 42 Cga 135/03d des Landesgerichtes Innsbruck ergangenes Versäumungsurteil, mit welchem ihm 178.866,38 EUR brutto gegenüber der Antragstellerin zugesprochen wurden; andererseits berief er sich auf die Anmeldung dieser Forderung im Konkursverfahren. Inhaltlich wendete sich der Rekurswerber gegen den erstrichterlichen Konkurseröffnungsbeschluss mit zwei Argumenten: Einerseits habe es Anna Maria W***** an der Antragslegitimation gefehlt: Zum Zeitpunkt der Stellung des Konkurseröffnungsantrages habe die Gesellschaft über keinen Geschäftsführer verfügt. Andererseits lägen die materiellen Konkursvoraussetzungen nicht vor. Wenngleich richtig sei, dass bei einem Eröffnungsantrag des Schuldners die Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung nicht glaubhaft gemacht werden müsse, werde das Konkursgericht dabei nicht von der Pflicht zur amtswegigen Prüfung der Konkursvoraussetzungen enthoben. Tatsächlich liege weder Zahlungsunfähigkeit noch Überschuldung vor.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge und änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass der Antrag auf Eröffnung des Konkurses abgewiesen und die Konkurseröffnung aufgehoben wurde. Es bewertete den Wert des Entscheidungsgegenstandes mit über 20.000 EUR und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil sich das Rekursgericht auf die zitierte herrschende Judikatur und Literatur gestützt habe und die Frage der Notwendigkeit der Einleitung eines Verbesserungsverfahrens keine über den Einzelfall hinausgehende bedeutsame Rechtsfrage darstelle.
Rechtlich ging das Rekursgericht davon aus, dass der Rekurswerber als Konkursgläubiger, der eine Konkursforderung bescheinigt habe, rekurslegitimiert sei. Da zum Zeitpunkt der Antragstellung für die Gesellschaft kein Geschäftsführer bestellt gewesen sei, habe die Alleingesellschafterin für die Gesellschaft keinen Konkurseröffnungsantrag stellen können. Auch wenn in der Zwischenzeit ein Notgeschäftsführer in der Person der Antragstellerin bestellt worden sei, bestehe für die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens kein Anlass: Die Antragstellerin (gemeint: Anna Maria W*****) habe ihren Eröffnungsantrag ausdrücklich im eigenen Namen und unter Berufung auf ihre Stellung als Alleineigentümerin der Gesellschaft gestellt.
Der dagegen von der Antragstellerin erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig: Die Auffassung des Rekursgerichtes, die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens habe sich erübrigt, weil sich Anna Maria W***** nur auf ihre Stellung als Gesellschafterin berufen habe und sie als solche zur Stellung eines Konkurseröffnungsantrages nicht legitimiert sei, erweist sich als korrekturbedürftig.
Ing. Udo W*****, dem die Möglichkeit einer Stellungnahme zum Revisionsrekurs binnen 14 Tagen eingeräumt wurde (vgl dazu JBl 2002, 737 = RdW 2002/549 = RZ 2002/15 = ZIK 2002/191), beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben bzw ihn zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist im Sinne des in seinem Abänderungsantrag enthaltenen Eventualantrages auf Aufhebung berechtigt.
Die nunmehrige Notgeschäftsführerin der Antragstellerin wies im letzten Satz ihres Antrages auf Konkurseröffnung ausdrücklich darauf hin, dass sie für den Fall, dass ihre Mitwirkung im Konkursverfahren erforderlich sei, bereit sei, die Funktion einer Notgeschäftsführerin zu übernehmen. Das Erstgericht leitete erkennbar deswegen kein Verbesserungsverfahren ein, weil es davon ausging, dass die zu erwartende Bestellung Anna Maria W*****s zur Notgeschäftsführerin - die dann auch mit Beschluss vom 1. 7. 2004 erfolgte - den Legitimationsmangel sanieren werde. Das Erstgericht hat daher den Konkurseröffnungsantrag ohnedies als solchen der Gesellschaft selbst angesehen und die Bestellung Anna Maria W*****s zur Notgeschäftsführerin als ausreichend erachtet, den ursprünglich gegebenen Mangel der Vertretungsbefugnis Anna Maria W*****s für die Gemeinschuldnerin zu sanieren. Der Konkurseröffnungsbeschluss erging auch erst zu einem Zeitpunkt, als die nunmehrige Revisionsrekurswerberin bereits zur Notgeschäftsführerin bestellt war. Da eine Antragsrückziehung nicht erfolgte, ist daher mit dem Erstgericht davon auszugehen, dass die nunmehrige Notgeschäftsführerin den Konkurseröffnungsantrag namens der Gesellschaft aufrechterhalten wollte. Die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens (zur Verbesserung im Konkursverfahren siehe Kodek in Fasching/Konecny² II/2 §§ 84,85 Rz 204, 205) erübrigte sich schon deshalb, weil der Eröffnungsantrag ohnedies als solcher der Gesellschaft, vertreten durch die nunmehrige Notgeschäftsführerin, zu verstehen ist. Die Begründung des Rekursgerichtes, der späteren Notgeschäftsführerin habe es an der Antragslegitimation zum Konkurseröffnungsantrag gefehlt, ist daher nicht tragfähig.
Im Revisionsrekurs wendet sich die Antragstellerin gegen die Bejahung der Rekurslegitimation Ing. Udo W*****s. Ein Konkursgläubiger könne kein Interesse daran haben, dass ein Konkurs nicht eröffnet werde.
Allerdings entspricht es der ständigen Rechtsprechung, dass die Rechtsmittelbefugnis hinsichtlich des Eröffnungsbeschlusses nicht nur dem Gemeinschuldner, sondern auch den Gläubigern bescheinigter Konkursforderungen zukommt (RIS-Justiz RS0059461; 8 Ob 13/92 = ecolex 1993, 815 = RdW 1993, 243; 8 Ob 240/99y = SZ 72/159). Das wird (siehe 8 Ob 27/88) unter Berufung auf Bartsch-Pollak KO³ 359 damit begründet, dass die Rechte der Konkursgläubiger durch das Unterbleiben der Konkurseröffnung berührt werden. Allerdings kann es keinem Zweifel unterliegen, dass nicht nur das Unterbleiben der Konkurseröffnung die Rechte des Konkursgläubigers berühren kann, sondern auch die Konkurseröffnung selbst: Liegen nämlich die Konkursvoraussetzungen nicht vor, ist die Stellung des Gläubigers deshalb durch die Konkurseröffnung beeinträchtigt, weil er ohne Konkurseröffnung unmittelbar Vollzahlung vom Schuldner begehren kann, weil die Exekutionssperre nicht gilt und weil er mit der Befriedigung nicht bis zum Verteilungsverfahren zuwarten muss. Dem Konkursgläubiger ist somit Rechtsmittellegitimation und Beschwer auch für einen Rekurs gegen einen Konkurseröffnungsbeschluss zuzubilligen (siehe auch exolex 1993, 815 = RdW 1993, 243). Auch die für die Rechtsmittellegitimation notwendige Bescheinigung einer Konkursforderung ist zu bejahen: Zwar ist entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes nicht davon auszugehen, dass das zu 42 Cga 135/03d ergangene Versäumungsurteil rechtskräftig ist: Die Zustellung des Versäumungsurteiles erfolgte am 13. 2. 2004, wobei die Übernahmsbestätigung die Unterschrift "Helmerich" als "Arbeitnehmer bzw Postbevollmächtigter des Empfängers" trägt. Zum Zustellzeitpunkt war jedoch kein Geschäftsführer für die Schuldnerin bestellt (siehe Firmenbuchauszug ON 2). Allerdings reicht für die Anspruchsbescheinigung im Konkurseröffnungsverfahren ein wenngleich noch nicht rechtskräftiges Urteil zur Bescheinigung des Bestehens einer Konkursforderung aus (Bartsch/Pollak I³ 357; 8 Ob 282/01f).
Gemäß § 69 Abs 1 KO ist der Konkurs über Antrag des Schuldners sofort zu eröffnen. Der Schuldner, der die Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen beantragt, braucht demnach die Zahlungsunfähigkeit bzw die Überschuldung in den Fällen des § 67 Abs 1 KO nicht glaubhaft zu machen (JBl 1986, 190 = SZ 59/3; SZ 59/225). Das Gesetz geht zutreffend davon aus, dass normalerweise niemand mutwillig die Konkurseröffnung über das eigene Vermögen beantragt (SZ 59/225; Dellinger/Oberhammer Insolvenzrecht Rz 324). Ergeben sich allerdings - im Hinblick auf § 176 Abs 2 KO allenfalls auch erst im Rekursverfahren - Bedenken gegen das Zutreffen der Konkurseröffnungsvoraussetzungen, hat das Konkursgericht auch bei Vorliegen eines Schuldnerantrages gemäß § 173 Abs 5 KO alle für seine Beurteilung erheblichen Tatsachen von Amts wegen zu erheben und festzustellen (JBl 1986, 190 = SZ 59/3 mwN). Davon ist hier auszugehen: Im Schuldnerantrag wird zwar Zahlungsunfähigkeit behauptet, weil die der Schuldnerin zustehenden monatlichen Mieten nicht gezahlt würden; allerdings ergeben sich gegen die Richtigkeit dieser Behauptung im Hinblick auf die Rekursausführungen des Ing. Udo W***** doch gewisse Bedenken: Darin wird behauptet, dass die Schuldnerin weder zahlungsunfähig noch überschuldet sei, dass sie aber mangels eines vertretungsbefugten Organs vorübergehend nicht handlungsfähig sei. Ing. Udo W*****, der entgegen der Treuhandvereinbarung als Geschäftsführer abberufen worden sei, habe sich bemüht, fällige Forderungen der Gläubiger zu begleichen; insoweit er jedoch mangels Einbindung in die Geschäftsführung von fälligen Forderungen Dritter keine Kenntnis erlangt habe, sei ihm ein Ausgleich nicht möglich.
Auch im Konkurseröffnungsantrag selbst wird die Zahlungsunfähigkeit bzw Überschuldung nicht bescheinigt: Aus dem Bericht des Wirtschaftstreuhänders an die nunmehrige Notgeschäftsführerin, der überdies fast ein Jahr vor dem Konkurseröffnungsantrag erstellt wurde, geht hervor, dass es dem Wirtschaftstreuhänder nicht zweifelsfrei möglich sei, eine exakte Aussage über eine bestehende konkursrechtliche Überschuldung zu treffen. Der Bericht geht ferner nur für den Fall, dass sich die Mietzinsforderungen der Antragstellerin nicht realisieren ließen bzw als nicht werthaltig erwiesen, davon aus, dass in den nächsten Monaten die Liquidität nicht aufrechterhalten und daher die weitere Lebensfähigkeit schwerlich sichergestellt werden könne. Anhaltspunkte dafür, dass diese Mietzinsforderungen nicht bestehen bzw nicht realisierbar sind, ergeben sich jedoch aus dem Eröffnungsantrag nicht.
Das Erstgericht wird daher - allenfalls nach Aufforderung an die Antragstellerin zur Vorlage weiterer Urkunden - ein Bescheinigungsverfahren darüber abzuführen haben, ob die Schuldnerin zahlungsunfähig bzw überschuldet ist. Die im Provisorialverfahren als bescheinigt angenommene Treuhandvereinbarung und die dort ergangene Einstweilige Verfügung machen allerdings den Konkurseröffnungsantrag der Antragstellerin, vertreten durch ihre Notgeschäftsführerin, nicht unzulässig: Liegen die Konkurseröffnungsvoraussetzungen vor, ist der Notgeschäftsführer zur Konkursantragstellung nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet.
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