OGH 5Ob270/04y

OGH5Ob270/04y21.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Hradil und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Ernst M*****, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung (Streitwert EUR 25.000,--), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 15. Juli 2004, GZ 4 R 138/04z-11, mit dem das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 13. März 2004, GZ 30 Cg 135/03k-7, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 1.315,08 (darin enthalten EUR 219,18 USt bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Unternehmensgegenstand der Beklagten ist primär die Errichtung und Verwaltung von Wohnbauten sowie die Vermietung von Wohnungen an Privatpersonen zu Wohnzwecken. Sie hat ihre Mieter (Nutzer), darunter den Kläger, mit Rundschreiben vom 25. Juni 2001 eingeladen, unter folgenden Bedingungen gemäß § 15c (aF) WGG einen Antrag auf Übertragung ihrer Wohnungen (beim Kläger seiner Mietwohnung im Haus *****) ins Eigentum zu stellen:

1. Mindestquote: Mindestens 25 % der Mieter des von Ihnen bewohnten Hauses stellen einen entsprechenden Antrag auf nachträgliche Übertragung ihrer Wohnung ins Wohnungseigentum mittels beiliegendem Antragsformular.

2. Die Kosten für die Vertragserrichtung, der grundbücherlichen Durchführung und aller sonstigen Nebenkosten müssen von Ihnen getragen werden.

3. Sie ermächtigen uns im Falle der Einleitung des Verkaufsverfahrens, einmalig einen anteiligen pauschalierten Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von ÖS 7.500,-- als Kostenbeitrag für die erforderlichen Schätzgutachten etc von Ihrem Konto abzubuchen. Von diesem Einziehungsauftrag werden wir nur dann Gebrauch machen, wenn Sie das Kaufanbot rechtsverbindlich annehmen, oder aus Gründen, die allein in Ihrer Sphäre liegen, nicht annehmen. Insbesondere werden wir vom Abbuchungsauftrag keinen Gebrauch machen, wenn Sie Ihre Wohnung nicht kaufen, da der Kaufpreis den in der Beilage beispielhaft dargestellten Richtpreis um mehr als 25 % übersteigt."

Die Beklagte verpflichtete sich (in einem zweiten Teil dieses Rundschreibens) bei Vorliegen folgender Bedingungen über das WGG hinaus zum Verkauf der Wohnung:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil höchstgerichtliche Judikatur zu den entscheidungsrelevanten Übergangsbestimmungen des § 39 Abs 21 und Abs 21b WGG idF der WRN 2002 fehlt; sie ist jedoch nicht berechtigt. Als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügt der Kläger, dass das Berufungsgericht die Feststellung des Erstgerichtes übernommen habe, Grund für die Zweiteilung des (Rund-)Schreibens der Beklagten vom Juni 2001 sei die Unzulässigkeit eines verbindlichen Kaufanbots nach der damaligen Rechtslage gewesen. Mit der Bekämpfung dieser Feststellung, die weder im Vorbringen der Beklagten noch in den Beweisergebnissen gedeckt sei, habe sich das Berufungsgericht nicht oder nicht ausreichend auseinandergesetzt.

Der gerügte Verfahrensmangel liegt mangels Entscheidungsrelevanz der fraglichen Feststellung nicht vor. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Intentionen der Beklagten für die Auslegung des Schreibens tatsächlich ohne Bedeutung sind (wie das Berufungsgericht meinte und deshalb ein Eingehen auf die Tatsachenrüge des Klägers nicht für erforderlich hielt) oder ob sie (wie der Kläger argumentiert) bei richtiger Feststellung und rechtlicher Würdigung doch einen Schluss auf das Vorliegen eines verbindlichen Kaufanbots zuließen. Die rechtliche Unverbindlichkeit des Angebots ergibt sich nämlich, wie noch auszuführen sein wird, aus einer Änderung der Gesetzeslage.

In seiner Rechtsrüge versucht der Kläger darzulegen, dass der zweite Teil des Rundschreibens der Beklagten vom 25. Juni 2001 sehr wohl ein verbindliches (lediglich von den gesetzwidrigen Klauseln zu bereinigendes) Kaufanbot gewesen sei, das er fristgerecht angenommen habe. Unabhängig davon ergebe sich eine gesetzliche Verkaufsverpflichtung der Beklagten aus § 39 Abs 21 und Abs 21b WGG idF der WRN 2002 zu den (nach den Regeln der Teilnichtigkeit bereinigten) Bedingungen des im Jahr 2001 gelegten und angenommenen Kaufanbots, wobei die Verfassungskonformität der Regelung des § 15e Abs 3 WGG idF der WRN 2002 in Frage gestellt werde, die Rechtsposition eines Wohnungseigentumsbewerbers könne erst durch die Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Bauvereinigung erworben werden.

Zu diesen Argumenten wurde erwogen:

Dem Kläger ist beizupflichten, dass sich die Annahme der Vorinstanzen, beim zweiten Teil des Rundschreibens der Beklagten vom 25. Juni 2001 handle es sich um kein Kauf- oder sonstiges Vertragsangebot, weil der Beklagten der Bindungswille gefehlt und sie das auch klar zum Ausdruck gebracht habe, mit den bisher vorliegenden Verfahrensergebnissen kaum vereinbaren lässt. Vieles spricht dafür, dass den am Kauf ihrer Wohnungen interessierten Mietern (Nutzern) zu den angeführten Bedingungen eine Option auf den Erwerb des Wohnungseigentums eingeräumt werden sollte. Es sei in diesem Zusammenhang an den Prozessstandpunkt der Beklagten im Verfahren 10 Cg 188/01d des Handelsgerichtes Wien (5 Ob 149/02a des OGH) und die keiner substanziellen Würdigung unterzogene Zeugenaussage ihres Prokuristen erinnert, wonach die Beklagte rechtsverbindlich erklären (versprechen) wollte, unter welchen Bedingungen sie (später) die Wohnungen tatsächlich verkaufen werde (ON 6, 9 f). Hinge die Entscheidung davon ab, ob das fragliche Rundschreiben nur eine dem § 15c aF WGG zu unterstellende Einladung zur Antragstellung oder (auch) ein verbindliches Angebot zum Kauf der Wohnungen enthielt, wäre demnach die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, allenfalls auch die Vollständigkeit der Verfahrensergebnisse zu hinterfragen. Die von einem verbindlichen Angebot ausgehenden Erwägungen des Klägers (wobei noch zu klären wäre, ob alle im Verfahren 10 Cg 188/01d des Handelsgerichtes Wien = 5 Ob 149/02a des OGH als gesetzwidrig erkannten Klauseln nach den Regeln der Teilnichtigkeit zu entfallen hätten oder ob nicht doch einzelne - etwa die Erreichung einer Mindestkäuferquote - außerhalb eines Verfahrens nach § 28 Abs 1 KSchG einer geltungserhaltenden Reduktion zugänglich wären) sind jedoch seit der Änderung der einschlägigen Bestimmungen des WGG durch die WRN 2002 obsolet geworden:

Gemäß § 39 Abs 21 WGG idF der (im hier relevanten Regelungsbereich teils mit 1. Juli 2000, teils mit 1. Jänner 2002 in Kraft getretenen) WRN 2002 (Art IV Abs 1 Z 1h und Z 1i WGG) gelten die §§ 15b bis 15f (mit denen ua den Mietern bzw sonstigen Nutzungsberechtigten ein Anspruch auf nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum eingeräumt wurde) nach Maßgabe der Bestimmungen der Abs 21a und 21b leg cit für alle Fälle einer nachträglichen Übertragung in das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum) nach dem 31. Dezember 2001. Der Kläger selbst versteht diese in den Gesetzesmaterialien nicht näher erläuterte Übergangsbestimmung so, dass sie grundsätzlich alle Fälle erfassen soll, in denen die Übereignung (letztlich also die Verbücherung des Wohnungseigentums) zum angegebenen Stichtag noch nicht vollzogen war. Das entspricht nicht nur dem Wortsinn des Begriffes „Übertragung in das Eigentum", sondern steht auch im Einklang mit der offenkundigen Absicht des Gesetzgebers, den Anspruch möglichst vielen Mietern (Nutzern) von Genossenschaftswohnungen zu geben, auch denen, die sich noch nach den alten Vorschriften um den Kauf ihrer Wohnungen bemüht hatten (idS ist offenbar auch die rückwirkende Inkraftsetzung des § 15c lit a nF WGG durch Art IV Abs 1 Z 1i und die Regelung des § 39 Abs 21b nF WGG zu verstehen). Grundsätzlich gilt daher auch die in § 15c lit b nF WGG enthaltene Neuregelung über den Anspruch auf Übertragung in das Wohnungseigentum auf Grund eines verbindlichen Angebots der Bauvereinigung (also auf rechtsgeschäftlicher Basis) seit dem 1. 1. 2002 für alle Fälle, in denen es noch nicht zur Übereignung der Wohnung gekommen ist. Die Bauvereinigung darf jetzt ihr Verkaufsangebot davon abhängig machen, dass es von einer Mindestanzahl von Mietern (Nutzungsberechtigten) angenommen wird (§ 15c lit b Z 1 nF WGG). Damit hat der Gesetzgeber die früher unzulässige Praxis von Bauvereinigungen (insbesondere der Beklagten) gebilligt, ihre Verkaufsbereitschaft an die Erfüllung einer Mindestkäuferquote zu binden.

Nach der zitierten Übergangsbestimmung des § 39 Abs 21 WGG idF der WRN 2002 gilt dies auch für jene Angebote einer Bauvereinigung und die auf dieser Basis abgeschlossenen, aber noch nicht bis zur Übereignung der Wohnung gediehenen Verträge, die vor dem 1. 1. 2002 - noch im Geltungsbereich der alten Gesetzeslage - gemacht bzw abgeschlossen wurden. Ein Teil der Lehre vertritt dazu zwar den Standpunkt, dass eine Übertragung von Mietwohnungen ins Wohnungseigentum auf Grund einer (alten) vertraglichen Zusage der Bauvereinigung von der Änderung der Rechtslage unberührt bleibt (Rosifka, Der wohnungsgemeinnützigkeitsrechtliche Teil der Wohnrechtsnovelle 2002, wobl 2002, 65 [83]), doch wird bei dieser Argumentation (die sich auf die Judikatur stützt, wonach die gesetzlichen Ansprüche des Mieters einen auf anderer Rechtsgrundlage beruhenden Anspruch auf Erwerb von Wohnungseigentum unberührt lassen) übersehen, dass der Gesetzgeber der WRN 2002 gezielt den (hier vorliegenden) Fall regeln wollte, dass sich eine Bauvereinigung unter bestimmten Bedingungen zum Verkauf ihrer Wohnungen verpflichtet(e). Im Rückblick auf die alte Gesetzeslage zeichnet sich dieser Fall durch ein besonderes Spannungsverhältnis zwischen der fehlenden Verkaufsverpflichtung der Bauvereinigung einerseits und dem zwingenden Inhalt einer Einladung der Mieter zur Antragstellung bzw eines Verkaufsangebots andererseits aus. Darin erblickte der Gesetzgeber einen besonderen Regelungsbedarf, dem durch die WRN 2002 entsprochen wurde. Dass sie einzelnen Mietern (so wie hier dem Kläger) nachteilig sein kann, stellt ihre Geltung nicht in Frage, weil sie den Mietern insgesamt (in ihrer großen Zahl, die letztlich maßgeblich ist) Vorteile brachte. Sie ist Teil der erstmaligen Normierung einer (wenngleich beschränkten: § 15c lit a iVm § 39 Abs 21a WGG idF der WRN 2002) Verkaufsverpflichtung der Bauvereinigungen. Nun trifft es wohl zu, dass der Gesetzgeber für die Anwendung neuen Rechts auf Fälle einer nach dem 31. 12. 2001 verwirklichten Übertragung von Mietwohnungen ins Wohnungseigentum Ausnahmen statuierte. Im Anlassfall ist hier die Bestimmung des § 39 Abs 21b WGG idF des WRN 2002 zu nennen, die anordnet, dass die entsprechenden Bestimmungen der §§ 15b, 15c und 39 Abs 1 idF BGBl I Nr. 47/2001 anstelle der Preisregelung gemäß § 15d (nF WGG) weiterhin anzuwenden sind, wenn ein Mieter oder sonstiger Nutzungsberechtigter auf Grund einer Einladung der Bauvereinigung fristgerecht, spätestens bis 30. Juni 2002 einen Antrag gemäß § 15c Abs 1 idF BGBl I Nr. 47/2001 gestellt hat. Diese Bestimmung ist jedoch eindeutig so zu verstehen, dass (unter den angeführten Voraussetzungen) nur die alten Preisregelungsvorschriften anwendbar bleiben, während für alle übrigen Modalitäten einer Übertragung von Mietwohnungen ins Eigentum neues Recht zu gelten hat (vgl Würth in Rummel3, Rz 8 zu § 15d WGG). Eine demnach zu beachtende (weil nicht die Preisregelung betreffende) Gesetzesänderung ist die Zulassung der Bindung des Verkaufsanbots an die Erfüllung einer Mindestkäuferquote (§ 15c lit b Z 1 nF WGG). Die Beklagte kann sich daher nach der neuen Gesetzeslage auf die Nichteinhaltung dieser Bedingung (und damit auf die Hinfälligkeit ihres Verkaufsanbots) berufen. Dass die Mindestkäuferquote nicht erreicht wurde, steht fest. Es fehlt somit an einer verbindlichen Zusage bzw an einem verbindlichen, vom Kläger angenommenen Anbot der Einräumung von Wohnungseigentum, die das eingeklagte Haupt- oder Eventualbegehren rechtfertigen könnte. Dass andererseits die Voraussetzungen eines Anspruchs auf nachträgliche Übertragung der vom Kläger gemieteten Wohnung ins Wohnungseigentum nach § 15c lit a bzw § 39 Abs 21a WGG idF der WRN 2002 nicht erfüllt sind, hat bereits das Berufungsgericht aufgezeigt.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden, ohne auf die sonst noch in der Revision vorgetragenen Argumente eingehen zu müssen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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