Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist seit 1. 11. 1987 Mieterin (Nutzerin) der Wohnung top 1 auf Stiege 2 des Hauses M*****, das im Eigentum der Antragsgegnerin steht. Bei letzterer handelt es sich um eine ehemalige gemeinnützige Bauvereinigung.
Die anteiligen Herstellungskosten für die erwähnte Wohnung haben S 2.199.657,21 (Euro 159.848,78) betragen.
Am 11. 4. 2001 erhielt die Antragstellerin ein Schreiben der Antragsgegnerin, in dem unter dem Titel "Wohnungskauf" wird folgendes ausgeführt:
"Wenn die rechtlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für den Verkauf Ihrer Wohnung vorliegen und die 'Spielregeln' für den Kauf rechtlich einwandfrei fixiert sind, werden Sie von uns einen 'Antrag auf Übertragung der Wohnung ins Wohnungseigentum' erhalten. Ob sie diese Chance nützen, liegt ganz bei Ihnen. Es wird Ihnen ausreichend Zeit bleiben, um eine für Sie passende Entscheidung zu treffen."
Im Juli 2001 erhielt die Antragsstellerin ein weiteres Schreiben der Antragsgegnerin in welchem unter anderem ausgeführt wird:
"Wir möchten Ihnen in diesem Sinn die von Ihnen gemietete Wohnung zum Kauf anbieten. Der Kaufpreis wurde gemäß § 15 Abs 3a und 4 WGG ermittelt und stellt einen Fixpreis dar, welcher S 2,285.655,80 beträgt.
Für den Verkauf sind rechtliche Vorbereitungshandlungen, wie insbesondere die Erstellung eines Nutzwertgutachtens notwendig, deshalb teilen Sie uns mit Unterfertigung der beiliegenden Erklärung Ihre Ermächtigung, einmalig einen anteiligen pauschalierten Verfahrenskostenbeitrag von S 7.500 von Ihrem Konto abbuchen zu lassen.
Von diesem Einziehungsauftrag wird nur Gebrauch gemacht, wenn sie das Kaufanbot rechtsverbindlich annehmen.
Im Falle einer rechtsverbindlichen Kaufabsicht ersuchen wir Sie, die beiliegende Erklärung binnen 6 Monaten an uns zu retournieren. Damit verpflichten Sie sich auch, die Kosten für die Vertragserrichtung sowie grundbücherliche Durchführung sowie Steuern und Abgaben aller Art zu bezahlen. Gegenständliches Anbot steht unter der Bedingung, dass mindestens 25 % der Mieter, dass sind 6 von 24 Mietern, der Wohnhausanlage, in welcher sich die von Ihnen gemietete Wohnung befindet, das Kaufanbot rechtsverbindlich annehmen."
Die Antragstellerin hat in der Folge erklärt, dass Anbot zum Kauf der von ihr gemieteten Wohnung anzunehmen, hat jedoch den von der Antragsgegnerin festgelegten Preis bestritten.
In weiterer Folge hat die Antragstellerin zunächst am 17. 12. 2001 bei der Schlichtungsstelle der Stadt Wien, dann am 22. 3. 2002 gemäß § 40 Abs 1 MRG (iVm § 22 Abs 4 WGG) beim Erstgericht (sinngemäß) den Antrag gestellt, den Preis für die nachträgliche Übertragung der von ihr gemieteten Wohnung in das Wohnungseigentum festzusetzen.
Dass eine solche Preisfestsetzung - sollte sie in der konkreten Konstellation möglich sein - nur nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des WGG idF vor der WRN 2002 erfolgen könnte, ist unstrittig. Zu klären blieb vor allem die Rechtsfrage, ob der Mieter (Nutzer) in einem (unstrittig) nach § 15c WGG idF vor der WRN 2002 (also der "Urfassung" nach dem 3. WÄG) zu beurteilenden Fall überhaupt legitimiert ist, einen Antrag auf gerichtliche Preisfestsetzung zu stellen. Die beiderseitigen Verfahrensstandpunkte sind hier nicht weiter darzustellen, weil sie sich aus den folgenden Rechtsausführungen ergeben werden (es sei insoweit auf die Wiedergabe des Vorbringens der Parteien auf den Seiten 1 bis 4 des erstgerichtlichen Sachbeschlusses verwiesen).
Beide Vorinstanzen wiesen den Sachantrag der Antragstellerin ab. Während das Erstgericht seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründete, es liege ein verbindliches Kaufangebot der Antragsgegnerin vor, das die Antragstellerin nur zu diesen Bedingungen annehmen (oder ausschlagen) könne, sprach das Rekursgericht der Antragstellerin die Legitimation ab, gemäß § 15c Abs 2 WGG idF des 3. WÄG (also in einem nicht unter § 15b WGG subsumierbaren Fall) die gerichtliche Preisfestsetzung zu beantragen. Die hiefür angeführten Gründe lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Bestimmung des § 15c WGG räume dem Mieter (Nutzer) kein Recht auf Antragstellung ein. Nach dem klaren Wortlaut stehe das Antragsrecht nur der Bauvereinigung zu, wobei es sich mangels gesetzlich vorgesehener Sanktion um eine bloße Ordnungsvorschrift handle. Die Bauvereinigung sei auch nicht zum Abschluss eines Kaufvertrages verpflichtet. Ob die Antragstellerin auf Grund des Schreibens der Antragsgegnerin vom 11. 4. 2001 einen vertraglichen Anspruch auf Übereignung der verfahrensgegenständlichen Wohnung erworben hat, sei im außerstreitigen Verfahren nach § 22 (Abs 1 Z 2a) WGG nicht zu prüfen.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Soweit überblickbar fehle nämlich Judikatur des OGH zur Frage, ob auch der Mieter im Fall des § 15c WGG zur Antragstellung (auf gerichtliche Festsetzung des Preises) berechtigt ist.
Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs beharrt die Antragstellerin auf ihrem Rechtsstandpunkt, zu einem solchen Antrag berechtigt zu sein. Wenn eine (ehemalige) gemeinnützige Bauvereinigung meine, in einem Fall wie dem gegenständlichen zwischen einer gerichtlichen Preisfestsetzung (iSd § 15b Abs 3 WGG) und der Vereinbarung einer Preisermittlung ausgehend von einem Fixpreis (iSd § 15b Abs 3a WGG idF der WRN 1999) wählen zu können, obwohl die zweite Möglichkeit nach der maßgeblichen Übergangsvorschrift (§ 39 Abs 21 WGG idF vor der WRN 2002) gar nicht bestehe, müsse das Versäumnis der Bauvereinigung, eine gerichtliche Preisfestsetzung zu beantragen, durch einen Antrag des betroffenen Mieters ausgeglichen werden können. § 15c Abs 2 WGG erwähne zwar nur ein Antragsrecht der Bauvereinigung, sei aber nicht iS einer abschließenden Regelung der Antragslegitimation zu verstehen. § 22 Abs 1 Z 2a WGG sehe die außerstreitige Klärung aller Fragen vor, die sich im Zusammenhang mit der Festsetzung des Preises nach § 15b und § 15c WGG stellen, weshalb sich die Vorinstanzen auch mit der Frage hätten befassen müssen, welcher Preis für die Wohnung der Antragstellerin verlangt werden kann, wenn sie sich für die Übertragung ins Wohnungseigentum entscheidet. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die vorinstanzlichen Entscheidungen entweder sofort so abzuändern, dass der Preis für die Übertragung der Wohnung der Antragstellerin ins Wohnungseigentum festgestellt wird, oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die Antragsgegnerin hat sich dazu in einer Revisionsrekursbeantwortung geäußert und auf den Wortlaut des § 15c Abs 2 WGG idF vor der WRN 2002 verwiesen, der nur einen Antrag der Bauvereinigung vorsehe. Die Rechtslage sei so klar, dass die Voraussetzungen für die Anrufung des OGH gar nicht vorlägen und der Revisionsrekurs zurückzuweisen sei; hilfsweise wurde die Bestätigung des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses beantragt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
Zutreffend hat das Rekursgericht darauf hingewiesen, dass § 15c Abs 2 WGG in der hier maßgeblichen Fassung vor der WRN 2002 (das ist jene Gesetzesbestimmung, wie sie durch das 3. WÄG geschaffen wurde) für die "sonstigen Fälle" der nachträglichen Übertragung von Genossenschaftswohnungen in das Wohnungseigentum im Gegensatz zu § 15b Abs 2 WGG (idF vor der WRN 2002) nur der Bauvereinigung das Recht bzw die Pflicht zugesteht, die gerichtliche Preisfestsetzung zu beantragen. Die Annahme einer von diesem klaren Gesetzeswortlaut abweichenden Antragslegitimation des Mieters bzw Nutzers der betroffenen Wohnung bedürfte daher eines Lückenschlusses durch Analogie. Dazu müsste eine planwidrige Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung festgestellt werden können (SZ 69/109; SZ 70/38; JBl 1998, 736 jeweils mwN), wozu es wiederum deutlicher Anhaltspunkte im Gesetz bzw den daraus hervorleuchtenden Wertungen des Gesetzgebers bedarf.
Im hier zu beurteilenden Fall ergeben sich doch erhebliche Zweifel an einem planwidrigen Ausschluss der Antragslegitimation des Mieters (Nutzers) zur gerichtlichen Preisfestsetzung in den Fällen des § 15c WGG (idF des 3. WÄG). Zunächst einmal ist auffallend, dass der Gesetzgeber für die in § 15b WGG geregelten Fälle eines Rechtsanspruches des Mieters auf Übertragung der Wohnung ins Wohnungseigentum sehr wohl eine subsidiäre Antragsbefugnis des Mieters zur gerichtlichen Preisfestsetzung vorsah (Abs 2 leg cit), in der gleichzeitig für "sonstige Fälle" geschaffenen Regelung des § 15c Abs 2 WGG jedoch nicht. Der Gesetzgeber war sich also des Problems bewusst und hat sich zu einer unterschiedlichen Regelung entschlossen. Für diese unterschiedliche Regelung lässt sich auch ein plausibler Grund anführen, nämlich der Umstand, dass die Bauvereinigung selbst nach Vorliegen des Ergebnisses der (von ihr beantragten) gerichtlichen Preisfestsetzung nicht verpflichtet ist, dem Mieter Wohnungseigentum an seiner Wohnung einzuräumen. Ein derartiger Anspruch des Mieters würde sich erst aus dem endgültigen Anbot der Bauvereinigung ergeben (vgl Würth/Zingher, Wohnrecht 94, Anm 4 zu § 15c WGG; Puhr/Schuster in Schwimann2, Rz 27 zu §§ 15b, 15c WGG). Es stellt sich daher die Frage, welchen Sinn ein vom Mieter eingeleitetes Verfahren zur gerichtlichen Preisfestsetzung haben soll, wenn die Bauvereinigung ohnehin nicht bereit ist und auch nicht gezwungen werden kann, die Wohnung zu den Bedingungen einer gerichtlichen Preisfestsetzung zu übereignen. Dass damit der Plan eines erleichterten Zugangs der Mieter von Genossenschaftswohnungen zu Wohnungseigentum nur halbherzig umgesetzt wurde, ist offensichtlich, doch drängt sich im gegebenen Zusammenhang keine eine echte Gesetzeslücke auf, die durch die Zuerkennung der von der Antragstellerin beanspruchten Antragslegitimation zur gerichtlichen Preisfestsetzung (auch) in den Fällen des § 15c WGG (idF des 3. WÄG) zu schließen wäre.
Auch die Schaffung eines eigenen Kompetenztatbestandes in § 22 Abs 1 Z 2a WGG zur "Festsetzung des Preises (§§ 15b und 15c)" im außerstreitigen Verfahren, führt zu keiner anderen Beurteilung. Es handelt sich dabei um eine verfahrensrechtliche Bestimmung, die durch das 3. WÄG auf Grund der materiellrechtlichen Änderungen der §§ 15b und 15c WGG in das Gesetz eingefügt wurde (AB zu Art I Z 50 bis 57 des 3. WÄG, abgedruckt bei Würth/Zingher, Wohnrecht 94, 221 f). Die materiellrechtliche Grundlage für den hier geltend gemachten Anspruch ist daher allein der Bestimmung des § 15c Abs 2 WGG (idF des 3. WÄG) zu entnehmen, die dem Mieter die Antragslegitimation versagt.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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