Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Bücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ 3426, GB ***** ist die B***** Privatstiftung. Auf dem Grundstück 770/1 dieser Liegenschaft ist zu C-LNR 2a die Dienstbarkeit der Fernheizleitung gemäß Punkt 2 des Dienstbarkeitsvertrages vom 20. 5. 1974 für das Grundstück 767/3 [der EZ ***** Katastralgemeinde *****] einverleibt. Die grundbücherliche Eigentümerin dieser Liegenschaft ist die L***** S***** GmbH *****.
Im Dienstbarkeitsvertrag vom 20. 5. 1974 zwischen den jeweiligen Rechtsvorgängern der jeweiligen Liegenschaftseigentümer ist folgendes vereinbart:
1.
"Die E***** [Rechtsvorgängerin der L***** S***** GmbH] ist grundbücherliche Eigentümerin des Grundstücks 767/3 vorgetragen in der EZ ***** Katastralgemeinde ***** und unterhält auf diesem Grundstück ein Fernheizwerk. Die E***** beabsichtigt, von diesem Kraftwerk zum Zweck der Weiterleitung der Wärmeenergie eine Fernheizleitung auf folgendem den eingangs genannten Grundeigentümern [damals Johann und Theresia S*****] gehörigen Grundstück zu verlegen und zwar 770/1 der Katastralgemeinde K***** [*****].
2.
Zu diesem Zweck räumen die Gefertigten der E***** und ihren Rechtsnachfolgern im Eigentum des Grundstückes 767/3 Katastralgemeinde ***** vorgetragen in der ***** in ordentlicher Bestellung einer Dienstbarkeit das Recht ein, in bzw auf dem vorgenannten Grundstück 770/1 entsprechend der im beigeschlossenen, einen wesentlichen Bestandteil dieses Dienstbarkeitsvertrages bildenden Plan, erfolgten Eintragung, eine Fernheizleitung zu verlegen, diese dauernd zu belassen, die Leitung in Betrieb zu nehmen, bzw im Betrieb zu halten, fallweise zu überprüfen, instandzuhalten und erforderlichenfalls zu erneuern und abzuändern. Die Fernheizleitung wird unterirdisch verlegt."
....
Am 16. Juli 2003 vereinbarte die L***** S***** GmbH ***** (im Folgenden "L***** S***** GmbH" genannt) und die Antragstellerin, dass unter Aufrechterhaltung der Dienstbarkeitsrechte der L***** S***** GmbH der Antragstellerin "lediglich die Ausübung dieser Dienstbarkeiten nach Maßgabe und im Umfang der Dienstbarkeitsverträge vom 20. 5. 1974 überlassen und übertragen" werde. Die Antragstellerin erklärte die Vertragsannahme. Im Weiteren wurde der Antragstellerin von der L***** S***** GmbH die ausdrückliche Einwilligung erteilt, diese Übertragung in der dienenden Liegenschaft einverleiben zu lassen.
Eine Zustimmung der Eigentümerin der dienenden Liegenschaft, der B***** Privatstiftung, liegt nicht vor.
Unter Vorlage der bezeichneten Vereinbarungen begehrt die Antragstellerin mit dem verfahrensleitenden Antrag, ihr die Einverleibung der Übertragung der in C-LNR 2a hinsichtlich des Grundstückes 770/1 in ***** haftenden Dienstbarkeit der Fernheizleitung der Ausübung nach zu bewilligen.
Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag. Einem dagegen von der Eigentümerin des dienenden Grundstücks B***** Privatstiftung erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge und änderte den erstinstanzlichen Bewilligungsbeschluss dahin ab, dass das Begehren abgewiesen wurde.
Gemäß § 485 ABGB lasse sich keine Servitut eigenmächtig von der dienstbaren Sache absondern, noch auf eine andere Sache oder Person übertragen. Als der Sache anhaftendes Recht könne die Grunddienstbarkeit ohne Einwilligung des Belasteten nur zusammen mit dem herrschenden Gut übertragen werden. Es stehe nur den Beteiligten frei, die Servitut aufzuheben und an ihrer Stelle eine neue zu begründen. Jedenfalls zustimmungspflichtig sei daher auch die Änderung des herrschenden Grundstücks sowie eine Umwandlung der Grunddienstbarkeit in eine Personaldienstbarkeit (1 Ob 2003/96g).
Allerdings komme nach ständiger Rechtsprechung das Recht zur Ausübung einer Grunddienstbarkeit auch dem zur Nutzung des herrschenden Grundstücks Berechtigten, wie etwa dem Pächter zu (RIS-Justiz RS0011713, zuletzt 6 Ob 320/02f).
Der Oberste Gerichtshof habe auch bereits erkannt, dass die Übertragung einer Grunddienstbarkeit der Ausübung nach zufolge § 485 ABGB unzulässig sei (SZ 5/325).
Nur beim Fruchtgenussrecht sei anerkannt, dass die Übertragung des Fruchtgenusses der Ausübung nach ohne Zustimmung des Eigentümers der dienenden Sache zulässig und an Liegenschaften auch verbücherungsfähig sei (RIS-Justiz RS0015269, zuletzt 7 Ob 142/02m).
Gegen eine analoge Anwendung der Rechtsprechung zum Fruchtgenussrecht auf Grunddienstbarkeiten spreche, dass eine Grunddienstbarkeit gerade kein allgemeines Verwertungsrecht beinhalte. Sie sei hinsichtlich der Ausübung an einen Nutzen für das herrschende Grundstück gebunden. Auch bei persönlichen Dienstbarkeiten ergäbe sich die Übertragbarkeit nur aus dem konkreten Inhalten der Servitut, weil im Zweifel persönliche Dienstbarkeiten stets höchstpersönlich seien. Die Zulässigkeit der Begründung eines Unterfruchtgenusses ergäbe sich aus dem mit dem Hauptfruchtgenuss eingeräumten, zeitlich begrenzten, ansonsten aber unbeschränkten Verwertungsrecht an den Früchten und bilde daher die Ausnahme. Mangels der Vergleichbarkeit mit Grunddienstbarkeiten sei daher eine Analogie abzulehnen.
Selbst wenn man die Zulässigkeit einer Übertragung einer Grunddienstbarkeit der Ausübung nach bejahen wolle, fehle jedenfalls die Zustimmung des Belasteten. Dem Belasteten stünden nämlich fortan zwei dinglich Berechtigte gegenüber, weshalb auch eine Aufhebung der Dienstbarkeit der Zustimmung beider dinglicher Berechtigter bedürfe. Darin liege jedenfalls eine Ausdehnung des Rechts bzw eine zusätzliche Belastung für das dienende Grundstück.
Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil - soweit überblickbar - nur eine höchstgerichtliche Entscheidung vorliege, die bereits aus dem Jahr 1923 stamme und überdies nicht exakt auf den vorliegenden Fall anwendbar sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag (an das Rekursgericht) gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.
Lehre und Rechtsprechung sind sich darin einig, dass die Aufzählung der Grunddienstbarkeiten in den §§ 475 ff ABGB nicht erschöpfend ist (vgl JBl 1976, 642; JBl 1993, 580 ua). Den Inhalt einer Grunddienstbarkeit können daher gemäß § 473 ABGB alle jene Beschränkungen des Eigentums an einem Grundstück bilden, die zugleich der vorteilhafteren und bequemeren Benützung eines anderen Grundstücks dienen. Wesentlich ist nur, dass den Eigentümer des belasteten Grundstücks Duldungs- oder Unterlassungspflichten treffen und die Person des Berechtigten mit dem Eigentum eines herrschenden Grundstücks verknüpft ist (§§ 472, 473 ABGB; RIS-Justiz RS0011597 ua).
Daneben lässt das Gesetz in § 479 ABGB ausnahmsweise die Begründung von Dienstbarkeiten zu, die ihrem Inhalt nach Naturalservituten sind, aber bloß einer bestimmten Person eingeräumt werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass diese Dienstbarkeit nur einem bestimmten Berechtigten (SZ 31/112), also einer bestimmten Person und im Rahmen des § 529 ABGB deren Rechtsnachfolgern eingeräumt wird. Um solche "unregelmäßige" Servituten bücherlich eintragen zu können, muss der zugrundeliegenden Grundbuchsurkunde in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise als Zweck der Dienstbarkeit zu entnehmen sein, dass bloß persönliche Vorteile bestimmten Berechtigten verschafft werden sollen (RIS-Justiz RS0011620).
Die Revisionsrekurswerberin argumentiert nun damit, dass ihrer Rechtsgeberin entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes eine unregelmäßige Servitut, nicht aber eine Realservitut eingeräumt worden sei, um das Verbot der eigenmächtigen Übertragung des § 485 ABGB zu entkräften.
Gegen den Versuch dieser Einordnung spricht bereits der Bucheintrag auf der belasteten Liegenschaft. Dort wurde nämlich ausdrücklich die Dienstbarkeit der Fernheizleitung hinsichtlich Grundstück 770/1 für Grundstück 767/3 einverleibt.
Dieser Grundbuchseintrag steht auch in Übereinstimmung mit dem seinerzeitigen Dienstbarkeitsvertrag, wo das Leitungsrecht "der E***** und ihren Rechtsnachfolgern im Eigentum des Grundstücks 767/3" eingeräumt wurde. Es ist eben das Wesen der Grunddienstbarkeit, dass das Recht dem jeweiligen Eigentümer einer bestimmten Liegenschaft (des herrschenden Gutes) zustehen soll (RIS-Justiz RS0011556 ua). Auch das Erfordernis des § 472 ABGB, dass die Grunddienstbarkeit eine vorteilhaftere und bequemere Benützung des berechtigten Grundstücks ermöglichen soll, ist gegeben. Dem Utilitätserfordernis wird nämlich auch dadurch entsprochen, dass die Dienstbarkeit dem auf dem berechtigten Grundstück betriebenen Gewerbe dient (vgl SZ 43/117; SZ 66/53).
Die Richtigkeit der Qualifikation der der Rechtsgeberin der Antragstellerin eingeräumten Dienstbarkeit als Grunddienstbarkeit ist daher nicht zu bezweifeln.
Damit gilt aber, dass zufolge § 485 Satz 1 ABGB diese Dienstbarkeit ohne Zustimmung des Verpflichteten nicht auf eine andere Person übertragen werden kann. Es steht nur den Beteiligten frei, die Servitut aufzuheben und an ihrer Stelle eine andere zu begründen. Das hat seine Ursache darin, dass die reguläre Grunddienstbarkeit als ein der Sache anhaftendes Recht gilt und vom Berechtigten daher - ohne Zustimmung des Verpflichteten - nur zusammen mit dem herrschenden Gut übertragen werden kann (vgl RIS-Justiz RS0011721; SZ 74/33; zuletzt 5 Ob 195/02s). Es bedarf auch der Zustimmung des Eigentümers der dienenden Liegenschaft, um eine Grunddienstbarkeit in eine unregelmäßige Dienstbarkeit umzuwandeln (RIS-Justiz RS0011553).
Es trifft zu, dass nach der Rechtsprechung mit Billigung der Lehre die Übertragbarkeit eines Fruchtgenusses "der Ausübung nach" trotz § 485 ABGB für zulässig angesehen wird (vgl RIS-Justiz RS0011715; RS0015269; RS0011626; Hofmeister in NZ 1992, 159), was im Übrigen auch bereits für eine als unregelmäßige Servitut ausgestattete Dienstbarkeit des Wasserschöpf- und Ableitrechtes bejaht wurde (1 Ob 55/81). Bei Grunddienstbarkeiten besteht diese Möglichkeit aber, wie schon in SZ 5/325 ausgesprochen wurde, nicht.
Die von P. Bydlinski/Stefula in "Zur sachenrechtlichen Qualifikation von Leitungsnetzen" in JBl 2003, 69 f angedachten Lösungsmöglichkeiten vermögen den erkennenden Senat nicht zu überzeugen:
Eine einschränkende Auslegung des § 485 Abs 1 ABGB dahin, dass eine rechtsgeschäftliche Übertragung einer Grunddienstbarkeit zwar möglich sein soll, das Recht jedoch mangels Zustimmmung des Verpflichteten mit dem Tod bzw der Liquidation des ursprünglich Berechtigten erlösche, scheitert schon an der Konzeption der regulären Grunddienstbarkeit als ein der Sache anhaftendes Recht (vgl SZ 74/33).
Des weiteren ist eine Analogie zu gesetzlichen Vorschriften, etwa des § 10 TKG oder § 15 StWG, wonach Nutzungsrechte an Leitungsgrundstücken kraft Gesetzes auf den jeweiligen Rechtsnachfolger des Telekommunikations- oder Starkstrombetreibers übergehen, schon deshalb ausgeschlossen, weil diese Bestimmungen auf "Quasi-Legalservituten" aufbauen, gegenständlich jedoch eine vertraglich begründete Dienstbarkeit zu beurteilen ist.
Zu Recht hat daher das Rekursgericht die begehrte Übertragung der Grunddienstbarkeit der Ausübung nach auf die Antragstellerin verweigert.
Dem unberechtigten Rekurs war daher der Erfolg zu versagen.
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