OGH 1Ob55/81

OGH1Ob55/8117.2.1982

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch Dr. Oskar Stefula, Rechtsanwalt in Villach, und der Nebenintervenientin auf Seite der klagenden Partei Republik Österreich (Österreichische Bundesbahnen), diese vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17‑19, wider die beklagte Partei Marlies W*, und den Nebenintervenienten auf Seite der beklagten Partei Josef L*, beide vertreten durch Dr. Paul Ladurner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung einer Dienstbarkeit und Einverleibung (Streitwert 80.000 S) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgerichts vom 1. Oktober 1981, GZ 7 R 99,100/81‑47, womit infolge Berufung der beklagten Partei und des auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 27. Februar 1981, GZ 24 Cg 214/78‑40, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1982:0010OB00055.81.0217.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Partei ist schuldig, der beklagten Partei und dem auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten die mit 4.165,56 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 308,56 S USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit Kaufvertrag vom 20. 4. bzw 25. 4. 1928 verkaufte Julius F* Teile der Grundstücke * KG * KG * und das Grundstück * KG * an die Österreichischen Bundesbahnen. Nach Punkt III dieses Vertrags überließ Julius F* den Österreichischen Bundesbahnen die auf seinem Grund entspringenden und zu seiner Holzstofffabrik zufließenden Quellwässer ab 1. 10. 1929 zur Nutzung. Nach Punkt XVII geht dieser Vertrag in allen Teilen auch auf die Erben des Julius F* sowie auf die Rechtsnachfolger der Österreichischen Bundesbahnen über. Auf dem im Eigentum Julius F*s verbliebenen Restgrundstücks * befindet sich ein betoniertes Wasserbassin im Ausmaß von 6 m2. Dieser Bassin wird teils von auf diesem Grundstück zutage tretenden Wässern, zum Teil von Oberflächenwässern, die aus den nördlich gelegenen Grundstücken * und * KG * des Nebenintervenienten Josef L* stammen, mit mehr als 2 Liter pro Sekunde gespeist. Vom Bassin führt in südöstlicher Richtung über die Grundstücke * und * eine Wasserleitung nach *. Die Quelle war schon von Julius F* genutzt worden. Im Protokoll der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom 31. 7. 1929 ist festgehalten, dass die Österreichischen Bundesbahnen 9 Interessenten aus * und * das Recht einräumten, aus diesem Bassin Wasser bis zum Höchstmaß von 2 Liter pro Sekunde zu beziehen und weiterzuleiten. Mit Übereinkommen vom 7. 8. bzw 25. 8. 1977 traten die Österreichischen Bundesbahnen ihre mit Vertrag vom 20. 4. bzw 25. 4. 1928 erworbenen Rechte an den auf den Grundstücken * und * je KG * entspringenden Quellwässern der klagenden Partei ab. Die klagende Partei übernahm für immerwährende Zeiten die Verpflichtung, die bahneigenen Objekte in * (Kraftwerk und Personalwohnungen) im Bedarfsfall unentgeltlich mit Trinkwasser bis zum Höchstausmaß von 2 Liter pro Sekunde zu versorgen.

Julius F* verstarb 1930. Seine Witwe Barbara und seine Kinder wurden zu je 1/6 Miteigentümer der in den Nachlass fallenden Liegenschaften. Im Jahr 1949 kam es zu einem mündlichen Realteilungsvertrag, aufgrund dessen Barbara F* Alleineigentümerin der Grundstücke * und * KG * werden sollte. Nach dem Tod der Barbara F* am 6. 8. 1961 wurde dieser Teilungsvertrag schriftlich fixiert und eine Miterbin auf dessen Zuhaltung zu 17 Cg 379/68 des Landesgerichts Klagenfurt erfolgreich geklagt. Die Beklagte ist eine Enkelin der Barbara F*. Aufgrund eines mit den Miterben geschlossenen Realteilungsvertrag vom 24. 9. 1973 wurde sie grundbücherliche Alleineigentümerin der Grundstücke * und * der EZ * KG *.

Die klagende Partei begehrt die Feststellung, dass ihr die Dienstbarkeit des Wasserbezugs- und Wasserleitungsrechts an den auf dem Grundstück * KG * zutage tretenden Quellwässern und die Dienstbarkeit des Wasserleitungsrechts über das Grundstück * KG * zustehe. Die Beklagte sei schuldig, in die Einverleibung dieser Dienstbarkeitsberechtigung einzuwilligen. Die klagende Partei leitet ihre Rechte aus den Verträgen vom 20. 4. bzw 25. 4. 1928 und 7. 8. bzw 25. 8. 1977 ab. Hilfsweise stützt sie ihr Begehren auf Ersitzung. Die Beklagte sei Gesamtrechtsnachfolgerin nach Julius F*, die Dienstbarkeiten seien auch offenkundig. Julius F* habe einer Übertragung der Dienstbarkeit in Punkt XVII des Vertrags vom 20. bzw 25. 4. 1928 zugestimmt.

Die Beklagte wendete unter anderem ein, mit dem Vertrag aus dem Jahr 1928 sei eine Dienstbarkeit nicht eingeräumt worden. Selbst wenn aber darin ein Dienstbarkeitsbestellungsvertrag erblickt werden sollte, hätten die Österreichischen Bundesbahnen die ihr nur persönlich zustehenden Rechte an die klagende Partei nicht übertragen können. Die Beklagte habe als Einzelrechtsnachfolgerin gutgläubig die Grundstücke * und * der KG * lastenfrei erworben. Im Vertrag aus dem Jahr 1928 sei eine Verbücherung nicht vorgesehen gewesen, sie könne daher auch jetzt nicht begehrt werden. Da die Österreichischen Bundesbahnen ein Verbücherungsbegehren 49 Jahre hindurch nicht stellten, sei auf eine allfällige Verbücherung verzichtet worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest, das betonierte Wasserbassin auf dem Grundstück * habe schon im Jahr 1929 bestanden.

Rechtlich beurteilte es diesen Sachverhalt dahin, dass die Beklagte Gesamtrechtsnachfolgerin nach Julius F* sei. Mit dem Vertrag vom 20. 4. bzw 25. 4. 1928 habe Julius F* den Österreichischen Bundesbahnen gemäß § 479 ABGB eine unregelmäßige Dienstbarkeit eingeräumt. Nach Punkt XVII dieses Vertrags seien die Österreichischen Bundesbahnen berechtigt gewesen, die ihnen zustehende Dienstbarkeit zu übertragen. Es sei daher auch die klagende Partei berechtigt, auf Feststellung und Verbücherung der nunmehr ihr zustehenden offenkundigen Dienstbarkeit zu drängen. Ein Verzicht auf die Verbücherung liege nicht vor.

Der Berufung der Beklagten und des auf ihrer Seite dem Verfahren beigetretenen Nebenintervenienten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil Folge; es änderte das Urteil des Erstgerichts dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands 2.000 S übersteige. Die klagende Partei behaupte, dass ihr eine unregelmäßige Dienstbarkeit gemäß § 479 ABGB zustehe. Auf der unregelmäßigen Dienstbarkeit sei die Bestimmung des § 529 ABGB anzuwenden. Die einer Person eingeräumte unregelmäßige Dienstbarkeit sei höchstpersönlich. Es könne zwar die Ausübung dieses Rechts, nicht aber das Recht selbst unter Lebenden übertragen werden. Dagegen spreche auch nicht Punkt XVII des Vertrags vom 20. 4 bzw 25. 4. 1928. Aus der Gleichstellung der Begriffe Erben mit Rechtsnachfolgern ergebe sich, dass unter den Rechtsnachfolgern der Österreichischen Bundesbahnen nur deren Gesamtrechtsnachfolger verstanden werden können.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt.

Das Recht, Wasser zu schöpfen und Wasser abzuleiten, ist gemäß § 477 Z 2 ABGB als Feldservitut eine Grunddienstbarkeit. Solche Dienstbarkeiten werden normalerweise zur vorteilhafteren oder bequemeren Benützung eines Grundstücks eingeräumt, sie stehen damit dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks als Dienstbarkeitsberechtigten zu (Koziol‑Welser 5 II 133). Gemäß § 479 ABGB können Dienstbarkeiten, die an sich Grunddienstbarkeiten sind, einer Person allein zugestanden werden. Solche unregelmäßigen Dienstbarkeiten werden als eine besondere Art der persönlichen Servituten angesehen (Klang 2 II 558; Zoll, Ein Beitrag zur Lehre von den sogenannten irregulären Servituten, FS zur Hundertjahrfeier des ABGB II 553 ff, insbesondere 557 f).

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann aus § 529 ABGB nicht geschlossen werden, dass eine Personalservitut der Ausübung nach nicht mit dinglicher Wirkung übertragen werden könnte, handelt doch diese Vorschrift vom Erlöschen einer persönlichen Servitut. Im Bereich der Personalservituten wird die Übertragung eines Fruchtnießungsrechts der Ausübung nach mit dinglicher Wirkung allgemein als zulässig erachtet (SZ 23/280; vgl GlU 12.586, 10.810; Klang 2 II 566; Koziol‑Welser 5 II 136; Ehrenzweig I/2, 308; Gschnitzer, Sachenrecht 149). Die Abtretung einer Personalservitut ihrer Ausübung nach mit dinglicher Wirkung setzt aber voraus, dass das dem Berechtigten zustehende dingliche Recht bereits im Grundbuch einverleibt ist. Bei der Übertragung einer Personalservitut ihrer Ausübung nach bleibt nämlich der ursprünglich dinglich Berechtigte dem Eigentümer der belasteten Liegenschaft gegenüber berechtigt und verpflichtet; mit seinem Tode (bei einer juristischen Person: dem Ende ihres Bestehens) erlischt das Recht (Ehrenzweig aaO; Gschnitzer aaO; Klang aaO 567). Bei der Übertragung der Ausübung nach darf daher das Recht des ursprünglich dinglich Berechtigten nicht gelöscht werden; eine erstmalige Eintragung eines vom ursprünglich berechtigten, aber nicht intabulierten Fruchtnießer abgeleiteten Rechts auf die Zeit seiner Berechtigung oder Lebensdauer ist im Gesetz nicht vorgesehen (Offenhuber in NZ 1903, 257 f). Sie ist auch mit dem Wesen des Rechts nicht vereinbar. Der Erwerb eines von einem dinglichen Recht abgeleiteten dinglichen Rechts (zB einer Afterhypothek) setzt voraus, dass jenes Recht bereits existent ist; das bedeutet aber im Bereich des Eintragungsgrundsatzes seine Einverleibung im Lastenblatt der dienenden Liegenschaft. Nichts anderes könnte, wenn überhaupt, für eine unregelmäßige Wasserableitungsdienstbarkeit gelten.

Der Revision ist daher der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Ersatz für Barauslagen ist, da sie nicht geleistet wurden, nicht zuzusprechen.

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