OGH 4Ob122/04a

OGH4Ob122/04a18.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ärztekammer für *****, vertreten durch Frischenschlager & Gallistl, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Reinhold K*****, vertreten durch Dr. Marcella Prunbauer und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 32.500 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 16. April 2004, GZ 3 R 79/04i-11, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78 EO und § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Im Revisionsrekursverfahren ist nur mehr strittig, ob der Beklagte für Wettbewerbsverstöße der ***** GmbH sowie von Ing. K***** als Inhaber der Domain "www.zahntaxi.at " verantwortlich gemacht werden kann.

Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch richtet sich nicht nur gegen den unmittelbaren Täter (Störer), sondern auch gegen Mittäter, Anstifter und Gehilfen des eigentlichen Störers. Für wettbewerbswidriges Verhalten eines anderen hat jeder einzustehen, der den Wettbewerbsverstoß durch eigenes Verhalten gefördert oder überhaupt ermöglicht hat (ÖBl 1999, 229 - Erinasolum; ÖBl 2003, 22 - Das versteckte Mikrofon, je mwN; zuletzt 4 Ob 66/04s). "Gehilfe" im Sinne dieser Rechtsprechung ist derjenige, der den Täter bewusst fördert (ÖBl 1991, 101 - Einstandsgeschenk ua). Er muss - wie es § 12 StGB und § 7 VStG formulieren - zur Ausführung der Tat beitragen oder diese erleichtern (ÖBl 2003, 22 - Das versteckte Mikrofon mwN; RIS-Justiz RS0031329, RS0079462).

Wollte man jeden, der die Verletzungshandlung (oder einen Schaden) in irgendeiner Weise adäquat verursacht hat, als Täter ansehen, dann wären die Begriffe des Gehilfen oder Anstifters überflüssig; diese Personen müssten vielmehr - unabhängig von einem etwaigen Vorsatz - immer als Täter haften. Das widerspräche aber dem in der österreichischen Rechtsprechung und Lehre entwickelten Begriff des Täters (Störers) als desjenigen, von dem die Beeinträchtigung ausgeht und auf dessen maßgeblichem Willen sie beruht. Die bloße adäquate Verursachung reicht für die Haftung noch nicht hin (SZ 67/151 ua; RIS-Justiz RS0026577). Das für die Gehilfenschaft erforderliche Bewusstsein der Förderung des unmittelbaren Täters liegt nicht schon darin, dass etwa der Vertrieb einer Zeitschrift bewusst vorgenommen wird; der Gehilfe muss vielmehr auch das Bewusstsein haben, dass die Zeitschrift Wettbewerbsverstöße enthielt. Dieses Bewusstsein fehlt, wenn jemand die Werbemaßnahme, deren Förderung ihm vorgeworfen wird, nicht einmal in tatsächlicher Hinsicht gekannt hat; fehlt diese Kenntnis, dann kommt das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der (objektiv unterstützten) Handlung von vornherein nicht in Betracht (ÖBl 1995, 73 - Echo der Frau I ua; RIS-Justiz RS0079524).

Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen als bescheinigt angenommen, dass der Beklagte und das von ihm betriebene Unternehmen über keinen eigenen Internetauftritt verfügen und mit der Gestaltung jenes Internetauftritts, welcher die beanstandeten Werbemaßnahmen enthält, nicht befasst sind und auf deren Inhalt keinen Einfluss genommen haben. Vom Inhalt der Werbemaßnahme Postwurfsendung hat der Beklagte erst dadurch Kenntnis erlangt, dass auch er eine derartige Postkarte zugeschickt erhielt. Mag auch das Anbringen der Internetadresse "www.zahntaxi.at " auf seinem Fahrzeug sowie die Zurverfügungstellung von Fotos dieses Fahrzeugs adäquat kausal für den behaupteten Wettbewerbsverstoß Dritter gewesen sein, so fehlt es doch an dem von der oben dargestellten Rechtsprechung stets verlangten Bewusstsein der Rechtswidrigkeit jener Werbemaßnahmen, deren Förderung ihm vorgeworfen wird.

Die Klägerin gesteht selbst zu, dass die Rechtsprechung zur Haftung jener Personen, die auf ihrer Website einen Link zu einer anderen Website setzen, auf der sich wettbewerbswidrige Inhalte befinden, was aufgrund der räumlichen und sachlichen Eingliederung des wettbewerbswidrigen Inhalts in die eigene Website als haftungsbegründend anzusehen ist (ÖBl 2001, 164 - jobmonitor; MR 2004, 46 - pornotreff.at; RIS-Justiz RS0114467) auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar ist, weil der Beklagte bescheinigtermaßen keinen eigenen Internetauftritt betreibt. Die bloße Bekanntmachung des Internetauftritts eines Dritten (Anbringung der Domain auf dem eigenen Fahrzeug in gut sichtbarer Form) kann dem mangels unmittelbarer Eingliederung in die eigene Werbung nicht gleichgehalten werden.

Dass die wettbewerbsrechtliche Haftung des Beklagten (auch) darauf gestützt werde, dass dieser nach Kenntnis der beanstandeten Werbemaßnahmen nichts unternommen habe, um die beanstandete Werbung abzustellen, bzw dass dies dem Beklagten überhaupt möglich gewesen wäre, hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren (ihrem Sicherungsantrag) nicht vorgebracht.

Darüberhinaus hat der Oberste Gerichtshof in Fortsetzung der zu den Pflichten der Domainnamensverwalterin ergangenen Entscheidungen (SZ 73/140 - FPO.at I und SZ 74/153 - FPO.at II) bereits zu 4 Ob 66/04s festgehalten, dass derjenige, der - ohne selbst auf die Gestaltung des Internetauftritts eines Dritten Einfluß zu nehmen - diesen technisch ermöglicht (Diensteanbieter) bei einem Hinweis auf Wettbewerbswidrigkeiten nur dann zur Beendigung seiner Dienstleistung verpflichtet ist und somit auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn die behauptete Rechtsverletzung für den Anbieter als juristischen Laien wie für jedermann leicht erkennbar ist. Dass dies bei der Bestimmung der Grenzen zulässiger Werbung für ärztliche Leistungen oder der Gestaltung von personalisierten Postwurfsendungen ebensowenig der Fall ist wie bei Beurteilung der Sittenwidrigkeit von Haftungsfreizeichnungen oder der Täuschungseignung bestimmter Behauptungen, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Die Klägerin vermag somit keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, weshalb ihr Revisionsrekurs zurückzuweisen ist.

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