OGH 7Ob169/04k

OGH7Ob169/04k28.7.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden (und gefährdeten) Partei DI Ingrid G*****, vertreten durch Dr. Helga Wagner, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte (und Gegner der gefährdeten) Partei Dkfm. Teja G*****, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in Wien, über den Revisionsrekurs des Masseverwalters Dr. Herbert Pfeifer, Rechtsanwalt, 5020 Salzburg, Universitätsplatz 8/IV, im Konkursverfahren 8 S 44/03y des Bezirksgerichtes Salzburg, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 10. März 2004, GZ 45 R 834/03k-353, womit infolge Rekurses des Masseverwalters der Beschluss des Bezirksgerichtes Döbling vom 14. Oktober 2003, GZ 8 C 37/91d-340, (mit Maßgabe) bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1) Die Bezeichnung der beklagten Partei wird dahin berichtigt, dass sie anstatt "Dkfm. Teja G*****" richtigerweise "Dr. Herbert Pfeifer, Rechtsanwalt, 5020 Salzburg, Universitätsplatz 8/IV, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren 8 S 44/03y des Bezirksgerichtes Salzburg über das Vermögen des Dkfm. Teja G*****" zu lauten hat.

2) Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass auch die Ziffer 1 der einstweiligen Verfügung des Bezirksgerichtes Döbling vom 9. 6. 1999, 8 C 37/91d-199, womit Dkfm. Teja G***** aufgetragen wurde, der Klägerin und Gegnerin der gefährdeten Partei einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 20.000 ab 7. 5. 1999 zu leisten, und zwar die bis zur Zustellung dieses Beschlusses fällig gewordenen Beträge sofort, die in Hinkunft fällig werdenden Beträge am 1. eines jeden Monats im Vorhinein bei sonstiger Exekution, insoweit aufgehoben ist, als hiedurch ein bis zur Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens 8 S 44/03y des Bezirksgerichtes Salzburg über das Vermögen des Dkfm. Teja G***** am 10. 7. 2003 aufgelaufener Unterhaltsrückstand tituliert ist.

Im Übrigen - also hinsichtlich der durch die einstweilige Verfügung zugesprochenen Unterhaltsleistungen auch ab dem Tage der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens 8 S 44/03y des Bezirksgerichtes Salzburg über das Vermögen des Dkfm. Teja G***** - wird dem Revisionsrekurs hingegen nicht Folge gegeben.

3) Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 749,52 (hierin enthalten EUR 124,92 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihres Rekurses zu ersetzen; die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung hat die klagende und gefährdete Partei zur Hälfte vorläufig und zur Hälfte endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die am 28. 7. 1965 zwischen den (ursprünglichen) Streitteilen geschlossene Ehe wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Hietzing vom 12. 12. 1996 zu 1 C 8/96m aus dem Alleinverschulden des Mannes (im Folgenden: Beklagten) rechtskräftig geschieden. Die eheliche Gemeinschaft wurde bereits im Oktober 1990 durch Auszug des Beklagten aus der damaligen Ehewohnung aufgelöst.

Bereits am 5. 8. 1991 hatte die Klägerin gegen den (damals noch mit ihr verheirateten) Beklagten eine Klage auf Zahlung rückständigen Unterhalts (für die Zeit von März bis August 1991) in Höhe von S 62.450,-- und Leistung eines monatlichen Unterhaltes "bis auf weiteres" in Höhe von S 21.750,- -, verbunden mit einer einstweiligen Verfügung auf Zahlung eines monatlichen Unterhaltes von 29 % des monatlichen Gesamtnettoeinkommens des Beklagten aus Dienst-, Arbeits- und Einkommen aus Vermietung und Verpachtung eingebracht. Nach Aufhebungsbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht (45 R 95/97a, ON 127 in Bd II) befindet sich die Rechtssache derzeit im zweiten Rechtsgang; sie ist wegen des seit 10. 7. 2003 zu 8 S 44/03y des Bezirksgerichtes Salzburg über das Vermögen des Beklagten eröffneten Schuldenregulierungsverfahrens gemäß § 7 Abs 1 KO unterbrochen, weshalb die Bezeichnung der beklagten Partei gemäß § 235 Abs 5 ZPO entsprechend beschlussmäßig zu berichtigen war. Zuletzt wurde das Klagebegehren mit Schriftsatz vom 24. 11. 2003 auf Zahlung eines rückständigen Unterhaltes in Höhe von EUR 1,151.725,23 samt 4 % Zinsen sowie Zahlung eines laufenden Unterhaltes von monatlich EUR 7.422,-- ab 1. 12. 2003 "modifiziert", wobei sich der Beklagte von der Zahlung des letzteren durch Leistung einer Kapitalabfindung von EUR 1,091.075,64 binnen einem Monat ab Rechtskraft dieser Entscheidung "befreien" könne (ON 344 in Band IV).

Mit einstweiliger Verfügung vom 15. 2. 1992 (ON 11 in Band I) war dem Beklagten (als Gegner der gefährdeten Partei) zunächst aufgetragen worden, ab 5. 8. 1991 der Klägerin (als gefährdeter Partei) für die Dauer des anhängigen Unterhaltsverfahrens einen monatlichen Unterhalt von 29 % seines monatlichen Gesamtnettoeinkommens aus Dienst-, Arbeits- und Einkommen aus Vermietung und Verpachtung zu bezahlen. Mit weiterer einstweiliger Verfügung vom 9. 6. 1999 wurde diese einstweilige Verfügung dahin abgeändert, dass dem Beklagten aufgetragen wurde, der Klägerin einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 20.000,-- ab 7. 5. 1999 (unter rechtskräftiger Abweisung eines Mehrbegehrens) zu leisten (Z 1), weiters wurde ihm verboten, über seine Ansprüche gegenüber zwei im Einzelnen genannten früheren Dienstgeberinnen auf Abfertigung und Pensionsabfindung hinsichtlich eines Betrages von S 4,100.000,-- zu verfügen und diesen Betrag in Empfang zu nehmen (Z 2), sowie schließlich diesen verboten, dem Beklagten von der Pensionsabfindung sowie von der Abfertigung den Betrag von S 4,100.000,-- auszuzahlen oder sonst etwas zu unternehmen, was geeignet ist, die Exekutionsführung darauf zu vereiteln oder erheblich zu erschweren (ON 199 in Band II). Diese letztgenannte einstweilige Verfügung wurde im Rechtsmittelverfahren bestätigt (zuletzt 7 Ob 246/00b, 247/00z; ON 270 in Band III).

Nach Eröffnung des bereits wiedergegebenen Schuldenregulierungsverfahrens hob das Erstgericht über Antrag des Masseverwalters (ON 334 in Band III) mit Beschluss vom 14. 10. 2003 die Punkte 2. (Verfügungsverbot) und 3. (Drittverbot) der einstweiligen Verfügung ON 199 - unangefochten und damit rechtskräftig - auf, wies jedoch das darüber hinaus gehende Mehrbegehren auf Aufhebung auch der Unterhalts-EV (S 20.000,- - ab 7. 5. 1999) ab (ON 340 in Band IV Z 3). Es begründete die Abweisung im Wesentlichen damit, dass laufende gesetzliche Unterhaltsforderungen von der Geltendmachung im Konkurs ausgeschlossen seien und der exekutive Zugriff der Unterhaltsberechtigten auf das konkursfreie Vermögen beschränkt sei; da Unterhaltsforderungen demnach weder Masse- noch Konkursforderungen und keinesfalls aus der Konkursmasse zu befriedigen seien, berühre die durch einstweilige Verfügung gesicherte Unterhaltsforderung im Konkurs lediglich jenen Teil des Einkommens des Gegners der gefährdeten Partei, der unter dem Existenzminimum (zu erg: gemäß § 291a EO) liege und dem Zugriff der Konkursgläubiger entzogen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Masseverwalters nicht Folge und bestätigte Punkt 3. des erstgerichtlichen Beschlusses mit der Maßgabe, dass der Antrag des Masseverwalters, die einstweilige Verfügung insoweit aufzuheben, nicht ab-, sondern zurückgewiesen wurde. Das Rekursgericht sprach weiters aus, dass der Revisionsrekurs zugelassen werde (ON 353 in Band IV). Es führte hiezu in rechtlicher Hinsicht - zusammengefasst - aus:

Da das Erstgericht ausgeführt habe, die Konkursmasse werde durch die Ansprüche auf einstweiligen Unterhalt ohnedies nicht berührt, handle es sich tatsächlich insoweit um eine Zurückweisung des auf Aufhebung derselben auch in diesem Punkte gerichteten Antrages des Masseverwalters. Die Wirkungen der Prozesssperre der §§ 6 f KO iVm der Vollstreckungssperre nach §§ 10 ff KO würden insoweit nicht eintreten, soweit Konkursvermögen nicht betroffen sei. Nach ständiger Rechtsprechung seien nur gesetzliche Unterhaltsansprüche für die Zeit nach Konkurseröffnung nicht als Konkursforderungen zu behandeln, während solche Ansprüche für die Zeit davor sehr wohl Konkursforderungen darstellten und daher den Wirkungen der Prozess- und der Vollstreckungssperre unterlägen. Dennoch komme die Aufhebung der einstweiligen Verfügung auch für die Zeit vor Konkurseröffnung nicht in Betracht. Im vorliegenden Fall handle es sich bei der einstweiligen Verfügung um eine solche gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO, deren Sinn und Zweck nicht darin liege, die Vereitelung oder Erschwerung künftiger Exekutionen hintanzuhalten. Vielmehr solle durch die Verpflichtung zu einer vorschussweise zu erbringenden Unterhaltsleistung der drohende und unwiederbringliche Schaden verhindert werden, welcher ansonsten durch den akuten Mangel an Mitteln, die Lebensführung zu bestreiten, entstehen würde. Daher beziehe sich eine derartige einstweilige Verfügung auch nicht auf konkrete Vermögenswerte des Unterhaltsschuldners, sondern richte sich lediglich gegen diesen selbst. Die Durchsetzung dieser einstweiligen Unterhaltsansprüche sei demnach auch - gleichgültig ob sich diese auf den Zeitraum vor oder nach Konkurseröffnung beziehen - stets auf das konkursfreie Vermögen beschränkt. Sollten derartige einstweilige Unterhaltsansprüche hingegen im Konkurs selbst - als Konkursforderungen im Sinne des § 51 KO - geltend gemacht werden, so sei dies nur hinsichtlich der bis zur Konkurseröffnung entstandenen Ansprüche und weiters nur dann möglich, wenn hierüber ein - allenfalls auch erst gegen den Masseverwalter durchzusetzender - endgültiger Titel im Hauptverfahren geschaffen werde. Das Erstgericht habe daher im Ergebnis zu Recht die Ansicht vertreten, dass die Verpflichtung des Gegners der gefährdeten Partei zur Zahlung eines einstweiligen Unterhaltes gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO weder hinsichtlich der für die Zeit nach Konkurseröffnung entstandenen bzw künftig noch entstehenden Sicherungsansprüche das Konkursverfahren betreffe, noch hinsichtlich jener Ansprüche auf vorschussweise Zahlung von Unterhalt, welche bis zur Konkurseröffnung entstanden und noch nicht erfüllt worden seien.

Der Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt, da hinsichtlich der Wirkungen der Konkurseröffnung auf eine einstweilige Verfügung gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO - soweit überblickbar - noch keine ausdrückliche oberstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revisionsrekurs des Masseverwalters mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung dahin abzuändern, dass die einstweilige Verfügung auch im noch strittigen Punkt 1 (Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von S 20.000,- -) aufgehoben werde.

Die klagende Partei hat eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet, in welcher der Antrag gestellt wird, dem gegnerischen Rechtsmittel den Erfolg zu versagen.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grunde zulässig, jedoch nur teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Oberste Gerichtshof durch Einsicht in die Insolvenzdatei erhoben hat, ist das Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Beklagten nach wie vor anhängig. Da das Schuldenregulierungsverfahren gemäß §§ 181 ff KO ein Konkursverfahren ist, hat auch die Eröffnung eines solchen verfahrensunterbrechende Wirkung (RIS-Justiz RS0103501); dies gilt insbesondere auch für im Zeitpunkt der Konkurseröffnung anhängige Unterhaltsfestsetzungsverfahren in Ansehung des Unterhaltes für die Zeit vor der Konkurseröffnung (RIS-Justiz RS0064095). (Nur) Gesetzliche Unterhaltsansprüche (Rückstände) für die Zeit vor Konkurseröffnung sind Konkursforderungen und nach Maßgabe der KO zu behandeln, nicht hingegen gesetzliche Unterhaltsansprüche für die Zeit nach der Konkurseröffnung - ausgenommen den hier nicht gegebenen Fall der Haftung des Gemeinschuldners als Erbe des Unterhaltspflichtigen nach § 51 Abs 2 Z 1 KO; sie sind keine Konkursforderungen und können daher auch während des Konkursverfahrens gegen den Gemeinschuldner anhängig gemacht und fortgesetzt werden (RIS-Justiz RS0037149; RS0063824; ausführlich auch SZ 74/31 im Zusammenhang mit einem Exuktionsverfahren zur Hereinbringung eines Rückstandes an gesetzlichem Unterhalt auf konkursfreies Vermögen bei einem Schuldenregulierungsverfahren; Holzhammer, Österr Insolvenzrecht5 20; G. Kodek, Unterhalt und Konkurs - ein Leitfaden für die Praxis, Der Rechtspfleger 2004, 17 ff; Anfragebeantwortung BM Dr. Böhmdorfer 3. 10. 2003, GZ 7044/1-Pr 1/2003 an den Nationalrat [zur Frage 28]). Selbstredend kann auch im Falle einer auf die Auferlegung derartigen einstweiligen (Provisorial-)Unterhalts gerichteten einstweiligen Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO nichts anderes gelten. Mit der Konkurseröffnung über das Vermögen des Gegners der gefährdeten Partei unwirksam gewordene einstweilige Verfügungen zur Sicherung von Geldforderungen, die gegen die Masse geltend zu machen sind, oder die zwar nicht gegen die Masse geltend gemacht werden können, jedoch massezugehörige Vermögensbestandteile betreffen, gelten als aufgehoben; diese Rechtslage ist mit deklarativem Beschluss zu verdeutlichen (König, Einstweilige Verfügungen2 Rz 3/162 mwN; Zechner, Sicherungsexekution und Einstweilige Verfügung, Rz 8 vor § 378; Schubert in Konecny/Schubert, Komm zu den Insolvenzgesetzen, Rz 12 zu § 7).

Diesen Grundsätzen entspricht die rekursgerichtliche Entscheidung nur teilweise, nämlich hinsichtlich des aus der neuen Spruchformulierung hervorgehenden zeitlichen Bereiches bis zur Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens. Das Ergebnis, zu dem auch Schubert aaO gelangt, dass unter diesen Gesichtspunkten einstweilige Verfügungen zur Sicherung gesetzlicher Unterhaltsansprüche der Ehefrau und/oder Kinder nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO aufrecht zu bleiben haben, ist daher dahingehend zu relativieren, dass der entsprechende deklarative Ausspruch nur insoweit geboten ist, als mit der einstweiligen Verfügung ein bis zur Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens aufgelaufener Unterhaltsrückstand tituliert ist.

Dem Revisionsrekurs war daher in diesem Sinne nur teilweise Folge zu geben und somit wie aus dem Spruch ersichtlich - zeitlich gespalten - zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 393, 78 EO iVm § 43 ZPO. Durch die abändernde Entscheidung des Obersten Gerichtshofes war der Rechtsmittelerfolg des Beklagten als Rechtsmittelwerber zu gewichten; hiebei erscheint dem erkennenden Senat der Rechtsmittelerfolg zwischen Teilabweisung und Teilstattgebung als gleichwertig, woraus die ebenfalls aus dem Spruch ersichtliche Kostentscheidung folgt. Lediglich im Revisionsrekursverfahren stand dabei dem Rechtsmittelwerber eine kostenmäßig zu berücksichtigende Rechtsmittelgegenschrift der Klägerin gegenüber, weil sich diese im Rekursverfahren nach der Aktenlage nicht beteiligt hatte.

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