OGH 6Ob137/04x

OGH6Ob137/04x8.7.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Schenk und Dr. Hurch und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johannes B*****, vertreten durch Dr. Ursula Xell‑Skreiner, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) F*****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, 2.) Christl B*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen 25.435,49 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25. Februar 2004, GZ 11 R 137/03b‑43, womit das Endurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 23. Mai 2003, GZ 56 Cg 35/03h‑35, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2004:0060OB00137.04X.0708.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

 

Begründung:

 

 

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger geltend gemachten Schadenersatzansprüche (Schmerzengeld und Vermögensschäden wie auch die Feststellung der Haftung für künftige Schäden) setzen - vom Verschulden abgesehen - die Rechtswidrigkeit der Eingriffshandlung voraus. Die als ehrverletzend und kreditschädigend beanstandeten Behauptungen waren Inhalt des Vorbringens der Beklagten in einem vom Kläger angestrengten Verfahren auf Anfechtung des Scheidungsvergleiches und einem im Zusammenhang mit dieser Antragstellung eingebrachten Anregung auf Einleitung eines Sachwalterverfahrens. In die Ehre eines anderen eingreifende und seinem Ruf schädigende Tatsachenbehauptungen (wozu auch eine in Vermutungsform abgegebene Äußerung, der Prozessgegner könnte prozessunfähig sein und eines Sachwalters bedürfen, gehören kann) können gerechtfertigt sein, wenn sie in Ausübung eines Rechtes aufgestellt wurden. Dies gilt insbesondere für Straf‑ und Disziplinaranzeigen sowie grundsätzlich für eine Prozessführung, insbesondere auch für Parteiaussagen in einem Prozess. Das Prozessvorbringen eines Rechtsanwaltes ist überdies nach § 9 Abs 1 RAO gerechtfertigt. Der Senat hat bereits ausgesprochen, dass bei der Beurteilung, ob ein Rechtfertigungsgrund vorliegt, darauf Rücksicht zu nehmen ist, dass das Recht jedes Rechtsuchendem, bei Meinungsverschiedenheiten die Hilfe der Behörden in Anspruch zu nehmen, nicht mit einer abschreckenden Verantwortlichkeit nach § 1330 ABGB für die Rechtsverteidigung belastet werden darf (6 Ob 210/03f). Wesentliche Voraussetzung der Rechtfertigung ist dabei, dass die Ausübung des Rechtes im Rahmen der Prozessführung nicht missbräuchlich erfolgt. Die Herabsetzung des Gegners darf nicht wider besseres Wissen geschehen (SZ 67/10, SZ 73/117; 6 Ob 210/03f; RIS‑Justiz RS0022784). Der Rechtfertigungsgrund steht unabhängig von der Öffentlichkeit oder Nichtöffentlichkeit des Prozesses, in dem die bekämpften Behauptungen aufgestellt wurden, zu. Auf die mangelnde Vertraulichkeit der Mitteilung kommt es bei der Beurteilung von Prozessbehauptungen nicht an (6 Ob 103/01t). Der Täter darf nur nicht vorsätzlich, wider besseres Wissen falsche Behauptungen aufstellen, wobei ein bloßes "Wissenmüssen" für den Ausschluss des Rechtfertigungsgrundes nicht ausreicht (6 Ob 50/98s; 6 Ob 210/03f). Die Beweislast für die Kenntnis der Unwahrheit und den Vorsatz des Äußernden trifft den Kläger (RIS‑Justiz RS0105665).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat der Kläger nicht bewiesen, dass die Beklagten wissentlich falsche Prozessbehauptungen über seinen geistigen Zustand aufgestellt haben.

Fehlt es aber schon an der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten, kann offen bleiben, ob § 1330 ABGB nur reine Vermögensschäden oder aber auch immaterielle Schäden erfasst und ob das Vorbringen des Klägers für einen Ersatz allenfalls künftig auftretender Schäden ausreicht. Offen bleiben kann auch, ob die Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens zu den psychischen Auswirkungen des Vorgehens der Beklagten eine sekundäre, vom Obersten Gerichtshof noch aufgreifbare, Mangelhaftigkeit des Verfahrens bewirkte oder ob die diesbezügliche Verneinung eines Verfahrensmangels erster Instanz durch das Berufungsgericht im Revisionsverfahren nicht mehr aufgegriffen werden kann.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO). Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage wird die ao Revision des Klägers zurückgewiesen.

 

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