OGH 8ObA62/04g

OGH8ObA62/04g24.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Stefan und Mag. Thomas Kallab in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hermann E*****, vertreten durch Mag. Wolfgang Lentschig, Rechtsanwalt in Horn, wider die beklagte Partei M***** GmbH, ***** vertreten durch Mag. Rudolf Fidesser, Rechtsanwalt in Wien, wegen 21.289,77 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. April 2004, GZ 10 Ra 180/03v-19, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Nach den bindenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen erklärte der Kläger am 22. 10. 2002 dem Geschäftsführer der beklagten Partei und deren Prokuristen, dass er zu Hause bleiben und seine Frau pflegen und deshalb kündigen müsse, da er sie nicht allein lassen könne, der Geschäftsführer der beklagten Partei und der Prokurist mögen ihn mit Ende Oktober 2002 abmelden. Diese Erklärung kam für den Geschäftsführer der beklagten Partei und den Prokuristen überraschend, zumal die beklagte Partei damals viel Arbeit hatte. Die Gründe für die Kündigung wurden jedoch nicht näher hinterfragt. Der Kläger stellte vereinbarungsgemäß den LKW, den er als einziger Arbeiter der beklagten Partei zur Lieferung der von der beklagten Partei gehandelten Holzwaren fuhr, am 28. 10. 2002 mit den Fahrzeugpapieren und dem Schlüssel zurück und übergab dabei auch sein Firmenhandy. Über Veranlassung des Klägers meldete die beklagte Partei den Kläger per 31. 10. 2002 bei der Gebietskrankenkasse ab. Ein Mitte Dezember 2002 gestelltes Anbot der beklagten Partei auf einvernehmliche Beendigung des Dienstverhältnisses per Ende Oktober 2002 unter Wahrung der Abfertigungsansprüche des Klägers lehnte der für den Kläger einschreitende Vertreter der Arbeiterkammer ab.

Rechtliche Beurteilung

Die auf diesen Tatsachenfeststellungen basierende Beurteilung des Berufungsgerichtes, der Kläger habe das Dienstverhältnis zum 31. 10. 2002 gekündigt, hält sich an die Grundsätze der oberstgerichtlichen Rechtsprechung: Danach ist für die Qualifikation einer einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärung als Kündigung (RIS-Justiz RS0028555) erforderlich, dass der Erklärungsempfänger nach Wortlaut und Geschäftszweck der Erklärung bei objektiver Betrachtung (RIS-Justiz RS0028622; RS0028612) davon ausgehen konnte, dass der Erklärende die künftige Beendigung eines auf unbestimmte Dauer eingegangenen Dienstverhältnisses anstrebt. Enthält die Kündigungserklärung - wie hier - einen Kündigungstermin, so ist der Kündigende grundsätzlich daran gebunden; er kann die Kündigung nicht mehr einseitig widerrufen oder - etwa in Ansehung des Beendigungszeitpunktes - abändern (9 ObA 38/02g mwN). Ferner entspricht es der ständigen Rechtsprechung, dass auch die zeitwidrige Kündigung das Arbeitsverhältnis zum verfehlten Kündigungstermin auflöst (RIS-Justiz RS0028223). Die auf den Umständen des Einzelfalls beruhende Beurteilung des Berufungsgerichtes, die Erklärung des Klägers sei als Kündigung aufzufassen, ist somit jedenfalls vertretbar und begründet keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (9 ObA 126/03z).

Die widerspruchslose Hinnahme einer einseitigen Auflösungserklärung lässt nicht zweifelsfrei auf den Willen des Erklärungsempfängers schließen, das Arbeitsverhältnis auch seinerseits zu diesem Termin zu beenden (DRdA 1986/13). Ob überhaupt - wie vom Berufungsgericht angenommen - von einer "vereinbarten Verkürzung" der Kündigungsfrist zugunsten des Arbeitnehmers auszugehen ist, bedarf keiner Erörterung, weil selbst die Vereinbarung einer Verkürzung der Kündigungsfrist für sich allein im Zweifel noch keine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses bewirkt (RdW 2002/309).

Die in der Revision als erheblich bezeichnete Rechtsfrage der Kollektivvertragszugehörigkeit des Klägers muss nicht beantwortet werden: Darauf, dass die Kündigung des Dienstverhältnisses deshalb rechtsunwirksam sei, weil der nach Auffassung des Klägers anwendbare Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe (Kollektivvertrag für Arbeiter) ein Schriftformerfordernis auch für die Dienstnehmerkündigung vorsehe, hat sich der Kläger in erster Instanz nicht berufen. Er hat sein Klagebegehren vielmehr ausschließlich darauf gestützt, dass das Dienstverhältnis durch eine zeitwidrige Arbeitgeberkündigung beendet wurde.

Auch die Frage, ob sich der Dienstnehmer auf die Unwirksamkeit seiner Kündigungserklärung wegen Verletzung eines kollektivvertraglichen Schriftformgebotes berufen kann, muss daher hier nicht geprüft werden.

Stichworte