OGH 2Ob125/04b

OGH2Ob125/04b4.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** mbH, *****, vertreten durch Dr. Günther Riess, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei P***** V***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Andreas Fink und Dr. Peter Kolb, Rechtsanwälte in Imst, wegen Einverleibung einer Dienstbarkeit, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. Dezember 2003, GZ 2 R 290/03s-40, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Imst vom 25. März 2003, GZ 7 C 1364/01w-34, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:

1. Es wird festgestellt, dass ob Gst 1008 in EZ 203 GB ***** und der zu diesem gehörigen Brücke zu Gunsten der Gst 1011/1, 1011/2, 1021/3 (vormals 1015) und 1021/4 (vormals 1017) in EZ 421 desselben Grundbuches die Dienstbarkeit des unbeschränkten Fahrrechtes gemäß der diesem Urteil beigefügten Mappendarstellung besteht.

2. Die beklagte Partei ist schuldig, in die grundbücherliche Einverleibung dieser Dienstbarkeit einzuwilligen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 15.323,14 (darin EUR 2.143,76 USt und EUR 2.460,59 Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 11. 7. 1960 schlossen die Firma J***** & S***** als Verkäuferin und Barbara P***** als Käuferin einen Vertrag, wonach die Verkäuferin Trennstücke aus den in ihrem Eigentum stehenden Gp 1009 und 1011 der KG K***** an die Käuferin unter Vereinigung mit der in deren Eigentum stehenden Gp 1008 verkauft, und zwar inklusive einer Brücke, die von der Fabrikstraße (öffentlicher Weg) über ein Gewässer mit der Bezeichnung "B*****" (*****) zu den vorgenannten Grundstücken (1008, 1009 und 1011), aber auch den (seinerzeit so bezeichneten) Gp 1011, 1017, 1015, 1013 und Bp 156 führt. Auf letzterer betrieb die damalige Verkäuferin und betreibt die nunmehrige Klägerin ein Kleinkraftwerk, in welchem Zusammenhang damals auch ein "Schotterkanal" (zur Gewinnung angeschwemmten Schottermaterials) in Gebrauch war. In diesem Vertrag behielt sich die Verkäuferin das Recht vor (zurück), die verkaufte Brücke und die verkauften Trennstücke der Gp 1009 und 1011 unbeschränkt zu befahren, um vom öffentlichen Weg (Fabrikstraße) auf die ihr gehörigen Gp 1011, 1017, 1015, 1013 und Bp 156 zu gelangen. Die Käuferin räumte der Verkäuferin ein entsprechendes Dienstbarkeitsrecht samt diesbezüglicher Aufsandungserklärung zwecks Verbücherung der Dienstbarkeit ein. Die Verbücherung ist jedoch nie erfolgt. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses wurden die herrschenden Grundstücke landwirtschaftlich genutzt, dies mit Ausnahme der Bp 156 (Kraftwerk) bzw der westlich davon gelegenen Gp 1011/2, die von der Rechtsvorgängerin der Klägerin, aber auch von der Rechtsvorgängerin der Beklagten auf Grund einer in den 70er Jahren geschlossenen Vereinbarung als Parkplatz benutzt wurde. Über den gegenständlichen Weg samt Brücke fuhren seit altersher Bauern, um die östlich der B***** gelegenen Grundstücke (darunter auch jene der Klägerin) zu bewirtschaften. Dieses landwirtschaftliche Geh- und Fahrrecht wurde vom seinerzeitigen Kaufvertrag im Jahr 1960 nicht berührt, sondern als bestehend vorausgesetzt. Eigentümerin der seinerzeitigen Gp 1011 (nunmehr Gst 1011/1 und Gst 1011/2), 1015 (nunmehr Gst 1021/3) und 1017 (nunmehr Gst 1021/4) ist jetzt die Klägerin, während sich die (seinerzeitige) Gp 1013 nunmehr im Eigentum der Beklagten befindet. Diese ist zwischenzeitlich auch Eigentümerin des (belasteten) Gst 1008. Der Kaufvertrag wurde im Jahr 1960 von Oskar P*****, Sohn der Barbara P*****, ausgehandelt und war ihm dessen Inhalt sohin bekannt.

Im Jahr 1977 brachte Barbara P***** ihr Unternehmen samt den hier klagsgegenständlichen Liegenschaften (insbesondere also auch das Gst 1008) in die H***** P***** GmbH ein. Oskar P***** war seinerzeit selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der aufnehmenden GmbH. Mit Sacheinlagevertrag vom 30. 9. 1986 brachte die H***** P***** GmbH ihr gesamtes Unternehmen mit Aktiven und Passiven in die P***** H***** GmbH ein, gleichzeitig wurde der Firmenwortlaut der P***** H***** GmbH auf H***** P***** GmbH geändert. Auch zu diesem Zeitpunkt war Oskar P***** selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der aufnehmenden GmbH. Diese heißt nunmehr (nach Firmenänderung) P***** V***** GmbH (= Beklagte).

Ein Teilbetrieb der Firma J***** & S***** und damit auch die herrschenden Grundstücke Bp 156, Gp 1011, 1015 und 1017 wurden im Jahre 1982 in die (neugegründete) e***** J***** & S***** GmbH eingebracht. Im Jahre 1988 kaufte die Klägerin, deren (und der Verkäuferin) Geschäftsführer Josef F***** im Jahre 1960 Angestellter (ab 1984 Prokurist) der Firma J***** & S***** war, mit dem damals abgeschlossenen Kaufvertrag aber nichts zu tun hatte, ua die hier gegenständlichen (herrschenden) Grundstücke. Josef F***** stieß bei den Unterlagen, die ihm bei der 1982 erfolgten Betriebsübernahme zukamen, auch auf den Vertrag aus dem Jahr 1960.

Die Klägerin begehrte zuletzt die Feststellung, dass ob dem Gst 1008 in EZ 203 GB ***** und der zu diesem gehörigen Brücke zu Gunsten der Gst 1011/1, 1011/2, 1021/3 (vormals 1015) und 1021/4 (vormals 1017) in EZ 421 desselben Grundbuches die Dienstbarkeit des unbeschränkten Fahrrechtes gemäß der einen integrierenden Urteilsbestandteil darstellenden (der Klage beigefügten) Mappendarstellung besteht, sowie die Verurteilung der Beklagten, in die grundbücherliche Einverleibung dieser Dienstbarkeit einzuwilligen. Weiters erhob sie zwei ähnlich formulierte Eventualbegehren. Hiezu brachte sie vor, die Verbücherung der gegenständlichen Dienstbarkeit sei offensichtlich versehentlich unterlassen worden. Nachdem die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften mittlerweile gewechselt haben, könne die Dienstbarkeit auf Grund des seinerzeitigen Kaufvertrages (trotz der darin enthaltenen Aufsandungserklärung) nicht verbüchert werden. Auch der Einzelrechtsnachfolger habe eine vertragliche (nicht verbücherte) Dienstbarkeit gegen sich gelten zu lassen, wenn er von ihrem Erwerb Kenntnis gehabt hat oder hätte haben müssen, mithin die Dienstbarkeit offenkundig ist. Weil Oskar P***** vom Vertrag vom 11. 7. 1960 Kenntnis gehabt habe, sei dies auch der (aufnehmenden) H***** P***** GmbH zuzurechnen. Auch sei das Unternehmen der Barbara P***** "samt allen dazugehörigen Aktiven und Passiven" bzw seien die Liegenschaften "samt allem tatsächlichen und rechtlichen Zubehör, wie alles derzeit liegt und steht", in das Eigentum der Gesellschaft eingebracht worden. Im Punkt VI. des Sacheinlagevertrages sei festgehalten worden, dass die Übernahme in den bestehenden Rechten, Lasten und Grenzen erfolgt. Überdies sei die Einbringung im Sinne der Bestimmungen des Art 3 des Strukturverbesserungsgesetzes erfolgt und trete gemäß § 8 Abs 6 leg cit die aufnehmende Kapitalgesellschaft in die Rechtsstellung des Einbringenden ein, werde also deren Gesamtrechtsnachfolger. Ähnlich verhalte es sich bei der nachfolgenden Einbringung der H***** P***** GmbH in die P***** H***** GmbH (mit Sacheinlagevertrag vom 30. 9. 1986). Im Hinblick auf die Personenidentität der im Firmengeflecht handelnden Personen sei ein gutgläubiger Erwerb im Vertrauen auf das Grundbuch ausgeschlossen. Hinsichtlich der herrschenden Liegenschaften sei im Einbringungsvertrag vom 31. 3. 1982 ausdrücklich festgehalten, dass die Einbringung der Liegenschaft "in allen bisherigen Rechten und Lasten" erfolgt. Auch der Kaufvertrag vom 7. 3. 1988 enthalte "alle Rechte und Pflichten, so wie alles liegt und steht". Der Geschäftsführer der Klägerin, Josef F*****, hätte als (zunächst) Prokurist der Firma J***** & S***** und sodann Geschäftsführer der Firma e***** J***** & S***** GmbH und auch als Geschäftsführer der Klägerin von der Dienstbarkeitsvereinbarung in allen Lagen und Phasen der Liegenschaftsübergänge positive Kenntnis gehabt. Somit sei auch die Aktivlegitimation nachgewiesen.

Die Beklagte anerkannte das Klagebegehren insoweit, als die Dienstbarkeit (des Gehens und Fahrens) lediglich zu landwirtschaftlichen Zwecken und (darüber hinaus) zu Tätigkeiten für Zwecke des auf Bp 156 aufgeführten Kleinkraftwerkes ausgeübt wird; hierüber erging antragsgemäß ein Teilanerkenntnisurteil. Sie wendete im Übrigen ein, sie sei passiv nicht legitimiert. Mangels Verbücherung könne der Kaufvertrag vom 11. 7. 1960 nur zwischen den seinerzeitigen Vertragsparteien Wirkungen entfalten. Im Sacheinlagevertrag vom 28. 9. 1977 sei lediglich unter dem Punkt 6. "Gewährleistung" festgehalten, dass die Übergabe und Übernahme in den bestehenden Rechten, Lasten und Grenzen erfolge. Eine Überbindung der klagsgegenständlichen außerbücherlichen Dienstbarkeiten sei nicht erfolgt. Im Sacheinlagevertrag vom 30. 9. 1986 sei keine Rede davon, dass die übertragenen Liegenschaften "mit allen Rechten und Pflichten" übertragen werden. Weitergehende Dienstbarkeitsrechte, als von der Beklagten anerkannt, seien von der Klägerin und deren Rechtsvorgängerin niemals ausgeübt worden, weil die herrschenden Grundstücke (mit Ausnahme des Kleinkraftwerkes) lediglich landwirtschaftlich genutzt würden. Die aufnehmenden Gesellschaften hätten daher die Liegenschaften im Vertrauen auf die Vollständigkeit des Buchstandes lastenfrei erworben. Auch die Aktivlegitimation der Klägerin sei nicht gegeben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren samt den beiden Eventualbegehren ab. Es vertrat die Auffassung, nach dem festgestellten Sachverhalt sei weder eine Überbindung des gegenständlichen Rechtes von der Firma J***** & S***** an die Klägerin, noch von Barbara P***** an die Beklagte erfolgt, und könne auch von einer schlüssigen Überbindung nicht ausgegangen werden, schon weil der zweite Geschäftsführer der die belastenden Liegenschaften aufnehmenden Gesellschaften, Fritz P*****, von der Vereinbarung aus dem Jahr 1960 keine Kenntnis gehabt habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin in der Hauptsache nicht, im Kostenpunkt teilweise Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000,- -, nicht jedoch EUR 20.000,-- übersteige, und dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es führte zur Rechtsfrage im Wesentlichen folgendes aus:

Als Modus für die Begründung der Dienstbarkeit komme grundsätzlich nur die Eintragung ins Grundbuch in Betracht, weshalb eine nicht verbücherte Dienstbarkeit nur im Falle einer Gesamtrechtsnachfolge oder einer Überbindung an den Einzelrechtsnachfolger auch für die Rechtsnachfolger wirksam sei. Eine Einbringung im Sinne von § 8 Abs 4 Strukturverbesserungsgesetz bewirke aber nach ständiger Rechtsprechung keine Gesamtrechtsnachfolge, sondern gingen die einzelnen Vermögensgegenstände und Rechte des Einzelkaufmannes nur durch Einzelübertragung (Einzelrechtsnachfolge) auf die Kapitalgesellschaft über. Gleiches gelte auch für die Einbringung eines Unternehmens unter Zwischenschaltung einer weiteren Kapitalgesellschaft. Die von der Berufungswerberin angesprochene Gesamtrechtsnachfolge liege daher nicht vor.

Ob auf Beklagtenseite durch einschlägige Klauseln in den jeweiligen Einbringungsverträgen (Sacheinlagevertrag vom 28. 9. 1977 Punkt III: "... werden somit von Frau Barbara P***** auch diese beiden genannten Liegenschaften samt allem tatsächlichen und rechtlichen Zubehör, wie alles derzeit liegt und steht, ..." bzw Punkt VI: "Gewährleistung: Übergabe und Übernahme erfolgt in den bestehenden Rechten, Lasten und Grenzen ..."; Sacheinlagevertrag vom 30. 9. 1986 Pkt 2.: "... die dieses Unternehmen mit allen Aktiven und Passiven übernimmt ...") eine allenfalls auch konkludente Überbindung stattgefunden habe, könne aus folgenden Gründen dahingestellt bleiben:

Nach der Rechtsprechung sei derjenige, der einen gültigen Titel besitze, bei offenkundigen Dienstbarkeiten, bei denen das Eintragungsprinzip nach herrschender Ansicht durchbrochen werde, trotz Nichtverbücherung geschützt, sofern es nach dem Willen der Parteien - was hier eindeutig nicht der Fall sei - nicht bloß bei einem obligatorischen Recht ohne Verbücherung bleiben solle. Eine Dienstbarkeit sei nach der Rechtsprechung offenkundig, wenn sichtbare Einrichtungen auf dem dienenden Gut oder sonstige Einrichtungen oder Vorgänge, die man bei einiger Aufmerksamkeit wahrnehmen könne, das Bestehen eines solchen Rechtes vermuten ließen. Das Gleiche müsse gelten, wenn der Rechtsnachfolger nicht aus den vorerwähnten äußeren Umständen das Bestehen des Rechtes vermuten müsse, sondern von diesem infolge Kenntnis vom Inhalt des Vertrages, mit dem das Recht begründet wurde, wisse. Dies im Gegensatz zu einem bloß obligatorischen Recht (bei dem es auch bleiben soll), wo ein Eintritt nur im Wege der Vertragsübernahme möglich sei und die bloße Kenntnis vom Recht noch nicht die Wirkung gegenüber dem Einzelrechtsnachfolger zeitige. Oskar P***** sei sowohl im Jahr 1977 als auch im Jahr 1986 selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der aufnehmenden Gesellschaften, nämlich der H***** P***** GmbH bzw der P***** H***** GmbH gewesen; er habe nach den erstgerichtlichen Feststellungen im Jahr 1960 den gegenständlichen Kauf- bzw Dienstbarkeitsvertrag für seine Mutter Barbara P***** ausgehandelt, mithin auch Kenntnis von dessen Inhalt (unbeschränktes Fahrrecht inkl. Aufsandungsklausel) gehabt. Die Kenntnis des Oskar P***** vom Inhalt dieses Vertrages sei somit diesem auch als selbständig vertretungsbefugtem Geschäftsführer der aufnehmenden Gesellschaften zuzurechnen. Somit komme aber den aufnehmenden Gesellschaften der Gutglaubensschutz nach § 1500 ABGB nicht zu.

Somit verbleibe die Frage der Aktivlegitimation. Weil bei offenkundigen Dienstbarkeiten das Eintragungsprinzip durchbrochen sei, gehe die offenkundige reguläre Grunddienstbarkeit schon durch die Übertragung des Eigentums am herrschenden Gut auf den Erwerber über. Eine offenkundige (ausgeübte) Dienstbarkeit liege aber hier nicht vor. Eine Zufahrt zu anderen Zwecken als zum Betrieb des auf Bp 156 errichteten Kleinkraftwerkes bzw für landwirtschaftliche Zwecke, in welchem Umfang die Dienstbarkeit anerkannt und daher nicht mehr streitgegenständlich sei, habe bislang nicht stattgefunden. Selbst nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin hätten die seit jeher durchgeführten Überfahrten zu landwirtschaftlichen Zwecken mit dem im Jahr 1960 vereinbarten Dienstbarkeitsrecht nichts zu tun gehabt. Dies bedeute einerseits, dass mangels Ausübung der Dienstbarkeit keine Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes im Sinne der Rechtsprechung gegeben sei. Der bloß obligatorische Anspruch auf Einräumung der Dienstbarkeit gehe auf den Erwerber des herrschenden Gutes nicht - automatisch durch den Erwerb - über. Vielmehr sei im Sinne der Rechtsprechung eine Einzelrechtsübertragung bezüglich des Anspruches erforderlich. Im Jahr 1982 sei die Einbringung eines Teiles des Unternehmens der Firma J***** & S*****, wozu auch die klagsgegenständlichen (herrschenden) Liegenschaften gehörten, nach den Bestimmungen des Strukturverbesserungsgesetzes in die ausschließlich zum Zwecke der Fortführung des Betriebes neu gegründete Gesellschaft e***** J***** & S***** GmbH erfolgt. Eine Gesamtrechtsnachfolge sei damit nicht verbunden. Die in der Aufsandungsklausel enthaltene Wendung, dass die Einbringung der Liegenschaften "mit allen bisherigen Rechten und Lasten" erfolge, könne sich nach dem Sinn und Zweck derartiger Klauseln nur auf bereits ausgeübte Rechte beziehen. Unrichtig sei die Feststellung des Erstgerichtes, dass Josef F***** (über die Klägerin) bereits im Jahr 1982 mit einem Teil des Betriebes der e***** J***** & S***** GmbH die klagsgegenständlichen Grundstücke erworben hätte. Dieser Erwerb sei erst im Jahr 1988 erfolgt. Selbst wenn Josef F***** bei diesem Erwerb (oder auch schon zuvor) Kenntnis vom Inhalt des Vertrages aus dem Jahr 1960 gehabt und diesen im Sinne eines unbeschränkten Fahrrechtes interpretiert hätte, sei damit noch keine - konkludente - Übertragung des (obligatorischen) Anspruches auf Einräumung des bislang nicht ausgeübten Dienstbarkeitsrechtes verbunden. Im Kaufvertrag vom 28. 1. 1988 sei zu Punkt 5. lediglich davon die Rede, dass "die Übergabe der E-Werke samt allen Anlagen, Zubehör, Werkzeugen und Wasserrechten geschieht, so wie alles liegt und steht, von den Parteien beabsichtigt wurde, ohne Haftung für die Gutsbeschaffenheit und wurde mit 1. 12. 1987 bereits vollzogen". Abgesehen davon, dass diese Vertragsbestimmung grammatikalisch nicht ohne Weiteres nachzuvollziehen sei, könne daraus eine Übertragung des Rechtes auf Einräumung eines Fahrrechtes zu Gunsten der erworbenen Liegenschaften selbst bei extensiver Interpretation nicht entnommen werden. Im Übrigen sei in der Ergänzung zum Kaufvertrag vom 7. 3. 1988 im Einzelnen angeführt, welche Rechte mit den gegenständlichen Liegenschaften mitübertragen würden. Von dem nunmehr in Anspruch genommenen Dienstbarkeitsrecht sei dabei nicht die Rede.

Insgesamt sei daraus die mangelnde Aktivlegitimation der Klägerin zu folgen, weshalb dem Klagebegehren (samt Eventualbegehren) keine Berechtigung zukomme.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 508 Abs 1 ZPO änderte das Berufungsgericht seinen Unzulässigkeitsausspruch dahin ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei, weil zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Erwerber einer Liegenschaft im Wege der Einzelrechtsnachfolge zu Gunsten derselben eingeräumte, aber noch nicht verbücherte und bisher auch nicht ausgeübte Dienstbarkeitsrechte miterwerbe, eine hinreichende Rechtsprechung des Höchstgerichtes noch nicht vorliege.

Die Klägerin macht in ihrer Revision Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Sie beantragt die Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen im klagsstattgebenden Sinne; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, wie die folgenden Ausführungen zeigen werden; sie ist auch berechtigt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

In ihrer Rechtsrüge macht die Rechtsmittelwerberin im Wesentlichen geltend, auch der Dienstbarkeitsberechtigte erwerbe die Liegenschaft samt Dienstbarkeitsrecht, wenn er und sein Vertragspartner davon positive Kenntnis hätten. Ihr Geschäftsführer (der auch Geschäftsführer der Voreigentümerin gewesen sei) habe diese Kenntnis gehabt. Dienstbarkeitsberechtigt seien überdies nicht der ursprüngliche Vertragspartner persönlich, sondern der jeweilige Eigentümer des herrschenden Grundstückes gewesen. Die Dienstbarkeit gehe schon durch die Übertragung des Eigentums am herrschenden Grundstück auf den Erwerber über. Offenkundigkeit sei schon durch die Ausübung der landwirtschaftlichen Dienstbarkeit gegeben. Durch den Erwerb "mit allen Rechten und Pflichten" sei die Dienstbarkeit zumindest konkludent übertragen worden.

Hiezu wurde erwogen:

Im Kaufvertrag vom 11. 7. 1960 räumte die Käuferin der Verkäuferin zu Gunsten bestimmter herrschender Grundstücke die Dienstbarkeit des Befahrens ein und gab für die grundbücherliche Einverleibung eine Aufsandungserklärung ab. Die Absicht der Parteien war also nicht auf die Begründung eines bloß obligatorischen, sondern eines dinglichen Rechtes gerichtet, auf dessen Einverleibung der Berechtigte selbst ohne besondere Vereinbarung Anspruch hat (2 Ob 592/82 = MietSlg 35.045; 7 Ob 542/91 = WoBl 1991/112 mwN; Hofmann in Rummel3 § 481 ABGB Rz 1, 2; Kiendl/Wendner in Schwimann2 § 481 Rz 1). Die Verbücherung ist allerdings unterblieben. In einem solchen Fall sind grundsätzlich nur die Vertragsparteien gebunden; darüber hinaus ist die Dienstbarkeit gegen den Gesamtrechtsnachfolger des Belasteten und bei Übernahme durch einen Einzelrechtsnachfolger auch diesem gegenüber wirksam. Die Stellung des Servitutsberechtigten konnte mangels Verbücherung durch bücherliche Verfügungen des Eigentümers gegenüber einem gutgläubigen Dritten gefährdet werden. Kannte der Erwerber der belasteten Liegenschaft aber - wie hier - die zu verbüchernde, aber nicht verbücherte Dienstbarkeit (oder musste er sie wegen ihrer Offenkundigkeit kennen), so ist sie auch ihm gegenüber - unabhängig von einer vertraglichen Überbindung - wirksam (2 Ob 229/73 = SZ 47/29; 1 Ob 300/01 = NZ 2003/17 mwN; RIS-Justiz RS0003028, RS0010977, RS0011631, RS0011673; Hofmann aaO Rz 2; Kiendl/Wendner aaO Rz 4). Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes wird verwiesen.

Im Revisionsverfahren ist noch die Aktivlegitimation der Klägerin strittig. Während es im Falle eines Eigentümerwechsels in Bezug auf das dienende Grundstück bei nicht verbücherten Dienstbarkeiten auf das Kennen oder Kennenmüssen des Erwerbers ankommt, sind im Falle eines Eigentümerwechsels in Bezug auf das herrschende Grundstück folgende Gesichtspunkte maßgebend:

Hier wurde vertraglich eine (reguläre) Grunddienstbarkeit im Sinne des § 473 ABGB begründet, woraus der jeweilige Eigentümer des herrschenden Gutes begünstigt ist. Das Recht war und ist also immer mit dem Eigentum an einem bestimmten herrschenden Gut verbunden. Es geht schon durch die Übertragung des Eigentums am herrschenden Gut auf den Erwerber über. Durch diese Eigentumsübertragung wird das Dienstbarkeitsband zwischen den betroffenen Grundstücken nicht berührt, der Erwerber des herrschenden Gutes erlangt hiedurch bloß das Recht auf Ausübung des mit diesem verknüpften dinglichen Rechtes.

Dies wurde zuletzt zwar im Zusammenhang mit einer offenkundigen regulären Grunddienstbarkeit ausgesprochen (1 Ob 277/00t = SZ 74/33 = JBl 2001, 516; vgl 1 Ob 69/03h). Für eine beiderseits bekannte reguläre Grunddienstbarkeit kann aber nichts anderes gelten, weil das Kennen dem Kennenmüssen zumindest gleichzuhalten ist. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen war die entsprechende Kenntnis auch auf Seiten der Klägerin gegeben. Ob diese Kenntnis überhaupt Voraussetzung der Verknüpfung der nicht verbücherten Servitut mit dem Eigentum am herrschenden Gut ist, kann auf sich beruhen.

Im Hinblick auf diese, unter den hier festgestellten Umständen gegebene Verknüpfung bedurfte es der vom Berufungsgericht (unter wenig überzeugender Auslegung der einschlägigen Vertragsklauseln) geprüften, allenfalls schlüssigen rechtsgeschäftlichen Übertragung der Dienstbarkeit nicht.

Da die Klägerin somit als derzeitige Eigentümerin des herrschenden Gutes servitutsberechtigt ist und die Beklagte infolge Liegenschaftserwerb in Kenntnis der Servitut diese trotz fehlender Verbücherung gegen sich gelten lassen muss, war dem Klagebegehren in Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Schriftsätze ON 3 und 9 waren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich; für die Schriftsätze ON 11 und 18 gebührt nur TP 1.

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