OGH 8Ob145/03m

OGH8Ob145/03m15.4.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling, Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Lovrek als weitere Richter im Konkurs über das Vermögen des Manfred M*****, über die Revisionsrekurse des Masseverwalters Dr. Franz Müller, Rechtsanwalt in Kirchberg am Wagram, und der Antragsteller Friedbert M***** und Elisabeth M*****, Pensionisten, *****, gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 14. Oktober 2003, GZ 7 R 126/03i-34, mit dem über Rekurs der Beteiligten Gabriele M*****, vertreten durch Dr. Peter Kolb, Rechtsanwalt in Tulln, der Beschluss des Bezirksgerichtes Tulln vom 26. Juni 2003, GZ 5 S 76/02k-26, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekurswerber haben die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 27. 12. 2002 eröffnete das Erstgericht über das Vermögen des Manfred M***** das Schuldenregulierungsverfahren. Dem Schuldner wurde die Eigenverwaltung entzogen, zum Masseverwalter wurde Dr. Franz Müller bestellt.

Mit Kaufvertrag vom 26. 5. 2003, vom Erstgericht konkursbehördlich genehmigt mit Beschluss vom 6. 6. 2003, verkaufte der Masseverwalter eine im Eigentum des Schuldners stehende Liegenschaft an Friedbert und Elisabeth M*****.

Unter Hinweis auf § 156 Abs 2 EO beantragten daraufhin die Ersteher mit einem vom Masseverwalter mitunterfertigten Antrag die Anordnung der zwangsweisen Räumung der Liegenschaft und deren Übergabe an die Erwerber. Die Liegenschaft werde derzeit noch von der geschiedenen Ehegattin des Schuldners Gabriele M***** und den drei gemeinsamen Kindern bewohnt. Gabriele M***** weigere sich, das Objekt zu räumen.

Mit Beschluss vom 26. 6. 2003 gab das Erstgericht diesem Antrag statt und bewilligte den Erstehern unter der Überschrift "Bewilligung der Übergabe der Liegenschaften (§ 156 Abs 2 EO)" die zwangsweise Räumung der Liegenschaft.

Gegen diesen Beschluss erhob die frühere Ehegattin des Schuldners Rekurs, in dem sie im Wesentlichen vorbrachte, dass der Schuldner und die Erwerber (seine Eltern) im Zusammenwirken mit dem Masseverwalter versuchten, mit der Veräußerung der Liegenschaft nacheheliche Aufteilungsansprüche der Einschreiterin zu vereiteln.

Mit dem angefochtenen Beschluss änderte das Rekursgericht in Stattgebung dieses Rekurses die erstgerichtliche Entscheidung im Sinne der Zurückweisung des Antrages des Masseverwalters und der Liegenschaftserwerber auf Übergabe der Liegenschaft gemäß § 156 EO zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 4.000,- EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

§ 156 EO betreffe die Übergabe der gerichtlich versteigerten Liegenschaft an den Ersteher. Diese Bestimmung sei auf den freihändigen Verkauf im Konkursverfahren weder unmittelbar noch analog anzuwenden, weil im zuletzt genannten Fall dem Erwerber durch den Abschluss des Kaufvertrag nicht Eigentum, sondern lediglich ein Anspruch auf dessen Übertragung verschafft werde. Die Erwerber müssten daher zur Durchsetzung ihres Anspruchs auf Räumung klagen. Zudem sei zu beachten, dass Verfahrensgegner in einem Verfahren nach § 156 EO - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - die freiwillig nicht räumende verpflichtete Partei sei, hier also der Masseverwalter. Dieser sei daher zum Antrag auf Übergabe der Liegenschaft von vornherein nicht legitimiert.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Anwendbarkeit des § 156 EO im Falle einer konkursgerichtlich genehmigten freihändigen Verwertung nicht vorliege.

Gegen diesen Beschluss richten sich die Revisionsrekurse des Masseverwalters und der Liegenschaftserwerber mit dem Antrag, ihn im Sinne der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind aus den vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Dass das Konkursgericht nach den von den Revisionsrekurswerbern zitierten Entscheidungen 8 Ob 39/90, 8 Ob 271/00m (= ZIK 2002/93) bei der Verteilung des Erlöses aus einer freihändigen Verwertung im Konkursverfahren die Vorschriften der EO anzuwenden hat, trifft zu. Dies bedeutet aber nicht, dass auch die Bestimmung des § 156 Abs 2 EO über die nach den Bestimmungen über die Räumungsexekution zu vollziehende Übergabe der ersteigerten Liegenschaft an den Ersteher auf die freihändige Verwertung im Konkursverfahren analog anzuwenden ist. Nach heute herrschender Meinung bildet der Zuschlag den Exekutionstitel für die iS der §§ 156 Abs 2, 349 EO anzuordnende Räumung (Neumayr in Burgstaller/Deixler-Hübner, § 156 Rz 58 mwN). Insofern besteht aber zum freihändigen Verkauf im Schuldenregulierungsverfahren ein entscheidender Unterschied, weil der Ersteher mit dem Zuschlag (auflösend bedingt) Eigentum erwirbt, während der konkursgerichtlich genehmigte Verkauf nur den Anspruch auf Eigentumsübertragung verschafft (ZIK 2002/93) und damit keinen Titel für die Bewilligung der zwangsweisen Räumung der käuflich erworbenen Liegenschaft darstellen kann. Dieser Unterschied steht daher - wie das Rekursgericht richtig ausgeführt hat - der analogen Anwendung des § 156 Abs 2 EO auf die freihändige Veräußerung im Konkurs entgegen.

Die von den Revisionswerbern gegen dieses Ergebnis ins Treffen geführte Entscheidung 8 Ob 2114/96g (= SZ 69/232 = ZIK 1996, 213) rechtfertigt die daraus in den Revisionsrekursen gezogenen Schlüsse nicht. Zwar ist richtig, dass in der zitierten Entscheidung ein Beschluss des damaligen Erstgerichtes wiederhergestellt wurde, der ua die Übergabe der Liegenschaft an den Erwerber vorsah. Wie der Oberste Gerichtshof aber bereits zu 8 Ob 101/01p ausgeführt hat, erlaubt diese Entscheidung keine Rückschlüsse auf die analoge Anwendung der §§ 156 Abs 2, 349 EO auf den freihändigen Verkauf im Konkurs, weil es darin um Anordnungen hinsichtlich einer die veräußerten Liegenschaften betreffenden Zwangsverwaltung ging. Dem entsprechend führte der Oberste Gerichtshof in der in den Revisionsrekursen ins Treffen geführten Entscheidung ausdrücklich aus, dass der in diesem Fall erteilte Auftrag zur Übergabe der Liegenschaft logische Konsequenz der im Zusammenhang mit der Zwangsverwaltung getroffenen Anordnungen sei, nicht aber als Zwangsmaßnahme iSd § 349 Abs 1 EO, dessen Anwendbarkeit durch das Konkursgericht daher nicht zu erörtern sei.

Hingegen verneinte der Oberste Gerichtshof bereits in der schon zitierten Entscheidung 8 Ob 101/01p die analoge Anwendbarkeit des § 156 Abs 2 EO auf die freihändige Veräußerung im Schuldenregulierungsverfahren; die Möglichkeiten der Entziehung der Wohnung über Antrag des Masseverwalters seien in § 5 Abs 3 KO geregelt. Die damals ventilierte Anwendung dieser Bestimmung kommt aber hier nicht in Betracht, weil es hier nicht um die Räumung einer dem Schuldner überlassenen Wohnung geht, sondern die Liegenschaft von (nicht mit dem Schuldner im gemeinsamen Haushalt lebenden) Dritten bewohnt wird.

Damit erweist sich die zweitinstanzliche Entscheidung als zutreffend.

Der Einwand der Revisionsrekurswerber, ihr rechtliches Gehör sei verletzt worden, weil sie zum Rekursvorbringen der Gabriele M***** nicht Stellung hätten nehmen können, ist verfehlt. Wie der erkennende Senat bereits mehrmals ausgesprochen hat, ist im Konkurs das Rekursverfahren mit Ausnahme des Konkurseröffnungsverfahren ein einseitiges Verfahren (RIS-Justiz RS0116129; zuletzt 8 Ob 120/03k). Zudem kommt es auf das Vorbringen der Gabriele M***** über die arglistige Vereitelung ihrer Ansprüche gegen den Schuldner gar nicht an.

Der im Revisionsrekurs des Masseverwalters erhobene Einwand, die Zurückweisung auch eines von ihm gestellten Antrags sei verfehlt, weil der tatsächlich gestellte Antrag nur von den Erwerbern stamme, während er selbst keinen Antrag gestellt, sondern nur den Antrag der Erwerber mitunterfertigt habe, ist ebenfalls unzutreffend. Der Masseverwalter scheint - ebenso wie die Erwerber - im Kopf des Antrages auf und hat diesen Antrag auch unterfertigt. Dass im Antragsvorbringen an verschiedenen Stellen auch die Formulierung "wir Ersteher" verwendet wird, ändert daher nichts an der Richtigkeit der Rechtsauffassung der zweiten Instanz, die auch ihn als Antragsteller behandelt hat.

Gemäß § 173 Abs 1 KO findet im Konkursverfahren ein Kostenersatz nicht statt; dies gilt auch für die Kosten des Rechtsmittelverfahrens (RIS-Justiz RS0065227; zuletzt 8 Ob 347/99h und 8 Ob 232/00a).

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