OGH 3Ob111/03z

OGH3Ob111/03z25.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Hartmut Ramsauer, Dr. Peter Perner und Dr. Gerald Holzinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Raiffeisenkasse ***** reg. Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Stefan Vargha und Dr. Herbert Waltl, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 9. Oktober 2002, GZ 53 R 228/02i-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 19. April 2002, GZ 9 C 6/02i-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.825,02 EUR (darin 304,17 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei führte als betreibende Partei gegen die verpflichtete und nun klagende Partei Forderungsexekution zur Hereinbringung einer Forderung von 61.572,49 EUR sA (Exekutionsbewilligung vom 10. Jänner 2002). Das Exekutionsgericht stellte diese Exekution mit Beschluss vom 15. Februar 2002 auf Antrag der beklagten Partei infolge Tilgung ihres vollstreckbaren Anspruchs (durch Zahlung der Drittschuldnerin vom 11. Februar 2002) gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO unter Aufhebung aller vollzogenen Exekutionsakte ein.

Die klagende Partei machte in ihrer am 4. Februar 2002 - bei einem zunächst unzuständigen Gericht - eingebrachten Oppositionsklage geltend, aufgrund einer Vereinbarung mit der beklagten Partei sei deren Anspruch erloschen.

Die beklagte Partei wendete ein, eine solche Vereinbarung sei nicht getroffen worden. Die Klage gehe auch deshalb ins Leere, weil die Exekution mittlerweile beendet und eingestellt sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Eine Klage gemäß § 35 EO setze voraus, dass die bekämpfte Exekution noch "im Zuge", d.h. nicht eingestellt bzw beendet sei. Trete dieser Umstand erst nach Klagseinbringung, aber vor Schluss der mündlichen Verhandlung ein, habe der Oppositionskläger sein Klagebegehren auf Kosten einzuschränken; ansonsten sei es abzuweisen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und schloss sich der Rechtsansicht des Erstgerichts an. Da hier die Exekution vor Schluss der Verhandlung erster Instanz durch Vollzahlung des Drittschuldners beendet und gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO eingestellt worden sei, könne der Klage in der Hauptsache nicht mehr stattgegeben werden. Wolle der Kläger eine Abweisung seiner Oppositionsklage vermeiden, müsse er das Klagebegehren auf Kosten einschränken.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Berufungsgericht im Hinblick auf die E 3 Ob 72/98d = RZ 2000/18 zugelassene ordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

a) Gemäß § 35 Abs 1 EO können gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde, im Zuge des Exekutionsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrundeliegenden Exekutiontitels eingetreten sind. Einwendungen nach § 35 EO können somit nur "im Zuge des Exekutionsverfahrens" erhoben werden. "Im Zuge des Exekutionsverfahrens" bedeutet nach nunmehr ganz überwiegender Auffassung die Zeit zwischen der Exekutionsbewilligung und der gänzlichen Beendigung (voller Erfolg der Exekution durch Vollzugsmaßnahmen [bei der Forderungsexekution volle Befriedigung durch Zahlung des Drittschuldners]; 3 Ob 51/93; 3 Ob 163/02w = JBl 2003/459; RIS-Justiz RS0012385) oder der Einstellung einer Exekution (somit deren Abschluss kraft gerichtlicher Verfügung iSd § 39 Abs 1 EO; RIS-Justiz RS0001072) oder der rechtskräftigen Abweisung des Exekutionsantrags, setzt doch die Geltendmachung eines Oppositionsgrundes die Rechtskraft der Exekutionsbewilligung nicht voraus (3 Ob 213/02y = JBl 2003, 586 = EvBl 2003/111 = RZ 2003, 188 = RdW 2003, 451). Maßgeblicher Zeitpunkt in allen Fällen ist jedenfalls der Schluss der Verhandlung erster Instanz (zuletzt 3 Ob 57/03h mwN zu den Judikaturketten in RIS-Justiz; 2 Ob 232/03v; Jakusch in Angst, EO, § 35 Rz 66). Wird die bei Einbringung der Oppositionsklage zunächst anhängig gewesene Exekution in der Folge beendet oder eingestellt oder wird die Exekutionsbewilligung durch die Rechtsmittelinstanzen beseitigt, so ist die Klage (bei Einstellung erst nach Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses) wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses abzuweisen, sofern die oppositionsklagende Partei das Klagebegehren nicht auf Kosten eingeschränkt hat (Jakusch aaO Rz 68 mwN aus der stRsp). Im vorliegenden Fall hat die klagende Partei ihr Begehren nicht auf Kosten eingeschränkt, sodass die klageabweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen der Sach- und Rechtslage entsprechen.

b) Bloß in der E 3 Ob 72/98a = RZ 2000/18, worauf die zweite Instanz die Zulassung der Revision und die Revisionswerberin ihr Rechtsmittel stützt, wurde ausgesprochen, dass bei einer bloßen Einschränkung - und keiner Beendigung wie hier - der Anlassexekution (in casu: wegen außergerichtlicher Teilzahlung [des Kapitalbetrags]) und einer fehlenden Einstellung nach § 39 Abs 1 EO das Rechtsschutzinteresse der klagenden Partei an der Oppositionsklage weiterhin zu bejahen sei, freilich nur dann, wenn es der klagenden Partei unmöglich gewesen wäre, das Klagebegehren in ein Leistungsbegehren nach § 1431 ABGB auf Zahlung des der beklagten Partei überwiesenen Betrags zu ändern. Eine derartige Klagsänderung verstoße zwar nicht gegen die Eventualmaxime, sei aber nur unter den Beschränkungen der ZPO zulässig. Falls eine solche Klagsänderung gemäß § 235 Abs 3 ZPO unzulässig wäre, weil die Zuständigkeit des Prozessgerichts überschritten werde, bleibe das rechtliche Interesse des Oppositionsklägers aufrecht, weil der Kondiktionsanspruch nach § 1435 ABGB einen erfolgreich beendeten Oppositionsprozess voraussetze. Die Richtigkeit dieser vom Obersten Gerichtshof kein zweites Mal vertretenen Rechtsauffassung - die von Jakusch (aaO Rz 68) dahin kommentiert wird, so sehr sie im Einzelfall aus Gründen der Billigkeit begrüßt werden möge, könne doch nicht übersehen werden, dass sich der Oberste Gerichtshof hier über den Wortlaut des Gesetzes, der eben die Zulässigkeit der Oppositionsklage nur "im Zuge des Exekutionsverfahrens" kenne, hinwegsetze, ohne hiefür ein anderes Argument als ein allgemeines Rechtsschutzinteresse des Verpflichteten anbieten zu können - braucht hier nicht abschließend überprüft zu werden. Denn im vorliegenden Fall wurde die Anlassexekution beendet und eingestellt. In einem solchen Fall kommt eine Weiterführung eines exekutionsrechtlichen Verfahrens nach § 35 EO nicht in Frage.

Wieso die strittige, von der beklagten Partei im Exekutionsweg hereingebrachte Forderung in Ansehung eines Betrags von 30.783,43 EUR nach dem Revisionsvorbringen zu Unrecht hereingebracht wurde, ergibt sich aus dem Revisionsvortrag nicht. Bedenken gegen die genannte Vorentscheidung könnten schon daraus abgeleitet werden, dass ungeachtet der Bejahung eines Rechtsschutzinteresses die Klageänderung dennoch aus den Gründen des § 235 Abs 3 ZPO (erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung) verweigert werden kann und der Oppositionskläger verfahrensrechtlich keine Sonderstellung einnimmt.

Der klagenden Partei bleibt es hier jedenfalls unbenommen, den nach ihrer Auffassung von der beklagten Partei zu Unrecht hereingebrachten Betrag mit einer eigenen Klage vor dem zuständigen Landesgericht zu kondizieren.

Der Revision der klagenden Partei muss ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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