OGH 3Ob51/93

OGH3Ob51/9314.7.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Günther G*****, vertreten durch Dr.Hubert Maier, Rechtsanwalt Mauthausen, wider die beklagte Partei Katharina G*****, vertreten durch Dr.Walter Kerle, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Einwendungen gegen den Anspruch nach § 35 EO, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 2.Dezember 1992, GZ 18 R 739/92-49, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Perg vom 10.September 1992, GZ C 911/91 -44, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zu neuer Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Die Ehe der Parteien wurde mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 28.Jänner 1987, GZ 5 Cg 409/86-15, aus dem überwiegenden Verschulden des Mannes rechtskräftig geschieden.

Mit dem Endurteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 22.April 1987, GZ 2 C 30/87-12, wurde der vom Mann an die Frau ab dem 1.Feber 1987 zu leistende monatliche Unterhaltsbetrag mit insgesamt S 5.000,-- bemessen.

Zur Hereinbringung eines Rückstandes von S 50.000,-- aus der Zeit vom 1. Dezember 1990 bis zum 30.September 1991 und der ab dem 1.Oktober 1991 fällig werdenden monatlichen Unterhaltsbeträge von S 5.000,-- bewilligte das Bezirksgericht Perg am 19.September 1991 zu E 954/91 auf Grund dieses vollstreckbaren Urteiles der betreibenden Partei wider den Verpflichteten die Exekution auf sein Arbeitseinkommen nach § 294a EO. Die Drittschuldneranfrage ergab, daß der Verpflichtete vom Arbeitsamt Linz Bezüge erhält.

Am 9.Dezember 1991 erhob der Verpflichtete mittels Klage seine Einwendungen gegen den betriebenen Anspruch, der erloschen sei. Er habe mit dem 31.Oktober 1990 seinen Arbeitsplatz verloren und sei seither arbeitslos. Auch habe er für ein weiteres Kind zu sorgen. Die betreibende Partei arbeite als Verkäuferin und beziehe ein Einkommen.

Die Beklagte trat dem Begehren entgegen. Erst am 22.Juli 1992 vor Schluß der Verhandlung in erster Instanz anerkannte sie, daß sich ihr Unterhaltsanspruch ab dem 1.Jänner 1991 auf monatlich S 3.280,-- und ab 1.Jänner 1992 auf monatlich S 1.372,-- verminderte, weil sie seit dem 8.Oktober 1990 eigenes Einkommen bezog (Vortrag des Schriftsatzes ON 30 laut Verhandlungsprotokoll ON 43).

Das Erstgericht gab dem eingeschränkten Begehren des Klägers statt und erkannte, daß der Anspruch der Beklagten aus dem Unterhaltsurteil ab dem 1.Dezember 1990 erloschen ist. Die Verhältnisse hätten sich bei beiden Teilen seit der Unterhaltsbemessung geändert. Die Beklagte habe verschwiegen, daß sie seit Oktober 1990 als Teilzeitbeschäftigte durchschnittlich rund S 8.600,-- verdiente. Der Kläger habe für zwei weitere Kinder zu sorgen und sei seit dem 1.November 1990 bis 31.März 1992 arbeitslos gewesen. Es habe seit dem 1.Dezember 1990 kein Unterhaltsanspruch der Beklagten gegen ihren geschiedenen Ehegatten bestanden.

Die Beklagte, die ihre Exekutionsführung am 16.Juli 1992 im Verfahren zu E 954/91 des Bezirksgerichtes Perg vor Schluß der Verhandlung im Oppositionsprozeß auf laufenden Unterhalt von S 3.280,-- in den Monaten Oktober bis Dezember 1991 und von S 1.372,-- seit dem 1. Jänner 1992 einschränkte, erhob gegen das Urteil des Erstgerichtes Berufung.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Einwendungen gegen den Anspruch könnten nach § 35 EO nur im Zuge des Exekutionsverfahrens erhoben werden. Es sei eine Anlaßexekution erforderlich, weil sich die Einwendungen zwar gegen den Anspruch richten, doch sei die Klage, wenn der Kläger nicht auf Kostenersatz einschränke, abzuweisen, wenn während des Oppositionsprozesses die Anlaßexekution eingestellt oder beendet werde. Der Kläger habe nur bis zum 31.März 1992 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen und sei seit dem 1.April 1992 als Dienstnehmer tätig. Bei Schluß der Verhandlung in erster Instanz am 22.Juli 1992 habe keine Forderung gegen den Drittschuldner Arbeitsamt Perg mehr bestanden, weil die letzte Überweisung für den Monat März am 2.April 1992 vorgenommen wurde und während der Arbeitslosigkeit des Klägers auf Grund der Gehaltsexekution S 44.984,-- der beklagten betreibenden Partei überwiesen wurden. Damit sei vor Schluß der Verhandlung in erster Instanz die in Exekution gezogene Forderung weggefallen. Da diese Exekution nicht mehr zur Befriedigung der betreibenden Partei führen könne, sei sie beendet, wovon auch der Kläger ausgehe, dennoch aber sein Begehren nicht auf Kostenersatz einschränkte. Daß sich die Wirksamkeit des an den Forderungen auf Leistungen, die für die Dauer der Arbeitslosigkeit zu gewähren sind, wie Arbeitslosengeld, Notstandshilfe usw (§ 290a Abs 1 Z 7 EO) auch auf die nach einer zwei Monate nicht übersteigenden Unterbrechung entstehenden und fällig werdenden Forderungen erstreckt (§ 299 Abs 1 letzter Satz EO idF EO-Nov 1991), ändere daran nichts, weil die zwei Monate seit dem Ende der Arbeitslosigkeit mit 31.März 1992 bis zum Schluß der Verhandlung am 22.Juli 1992 bereits verstrichen waren. Anerkannt habe die Beklagte das Klagebegehren auch nicht zum Teil.

Die Revision sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der Rechtsfrage fehle, ob ein Oppositionsbegehren mangels einer Anlaßexekution abzuweisen sei, wenn diese aus anderen Gründen als der Befriedigung des Gläubigers beendet sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Soweit sich der Revisionswerber gegen die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes wendet, im Vorbringen der Beklagten, sie anerkenne, daß sich der ihr zustehende Unterhaltsanspruch (von S 5.000,-- monatlich) ab dem 1.Jänner 1991 auf S 3.280,-- und ab 1. Jänner 1992 auf S 1.372,-- vermindert und der Restbetrag erloschen ist (Schriftsatz ON 38 und Protokoll ON 43), liege kein (teilweises) Anerkenntnis des Oppositionsbegehrens, weil doch die Beklagte insoweit die Exekution eingeschränkt habe (Exekutionsakt ON 8), ergibt sich aus den Akten, daß der Einschränkungsbeschluß dem Rechtsvertreter des Klägers am 20.Juli 1992, also vor Schluß der Verhandlung in erster Instanz zugestellt wurde. Der Kläger hätte sein Begehren entsprechend zu ändern gehabt und hat dies auch getan, wenn er seine Einwendungen dahin klarstellte, daß er das gänzliche Erlöschen des betriebenen (eingeschränkten) Unterhaltsanspruches festgestellt haben wollte. Die Beklagte hat durch ihre Exekutionseinschränkung ohnedies teilweise den Einwendungen des Klägers Rechnung getragen, allerdings entgegen der anerkannten Verminderung des Unterhaltsanspruches nicht ab dem 1.Jänner 1991, sondern erst ab dem 1.Oktober 1991.

Es geht hier aber darum, ob der Kläger verpflichtet gewesen wäre, sein Klagebegehren auf Kostenersatz einzuschränken, weil die von der Beklagten betriebene Exekution nach Beendigung seiner Arbeitslosigkeit und der Wiederaufnahme einer Beschäftigung nicht mehr zu einer Befriedigung der Beklagten führen konnte. Wäre damit der Oppositionsanspruch weggefallen, so würde die Aufrechthaltung dieses Begehrens zur Abweisung führen.

Nach § 35 EO können im Zuge des Exekutionsverfahrens gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde, nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind. Da die den Anspruch hemmenden oder aufhebenden Tatsachen nur im "Zuge des Exekutionsverfahrens" zum Gegenstand von Einwendungen gemacht werden können, muß die Exekution bewilligt und bei Einbringung der Oppositionsklage noch anhängig sein. Jedenfalls ist das Exekutionsverfahren "im Zug", solange es nicht eingestellt oder beendet ist (Heller-Berger-Stix 401; Rechberger-Simotta, Exekutionsverfahren Rz 349; Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht3, 121; SZ 19/196, RPflSlgE 1984/6 ua). Nach der Einstellung oder Beendigung der Exekution fehlt dem Kläger nach bisheriger Rechtsprechung das Rechtsschutzinteresse, weil das Rechtsschutzziel, nämlich die Einstellung der Exekution nicht mehr erreicht werden kann, doch ist die Einschränkung auf Kostenersatz möglich, wenn im Verlaufe des Oppositionsprozesses die Exekution eingestellt wird (Holzhammer aaO, RPflSlg 1982/1; RPflSlgE 1978/6 ua). Es wurde allerdings auch schon entschieden, daß durch die Einstellung der Anlaßexekution das Rechtsschutzinteresse an der Führung des Oppositionsstreites nicht wegfällt, wenn mit einer neuerlichen Exekutionsführung zu rechnen ist (Rechberger-Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 351; EvBl 1969/327; RZ 1974/19 ua). Daß eine Einstellung des Exekutionsverfahrens nicht erfolgte, ergibt sich aus dem Exekutionsakt, vielmehr hat die betreibende Gläubigerin noch den Einschränkungsbeschluß des Bezirksgerichtes Perg vom 16.Juli 1992, GZ E 954/91-8, erwirkt. Beendet ist eine Exekution erst dann, wenn ies durch die Vollzugsmaßnahmen zum vollen Erfolg geführt hat, wenn also der Gläubiger bei der Forderungsexekution durch Zahlung des Drittschuldners volle Befriedigung erlangt hat (Heller-Berger-Stix 412; SZ 53/112; JBl 1987/666 ua). Auch nach der von der betreibenden Partei beantragten Einschränkung soll durch die Anlaßexekution ein Unterhaltsrückstand von S 50.000,-- aus der Zeit vom 1.Dezember 1990 bis 30.September 1991 sowie ein Monatsunterhalt von S 3.280,-- vom 1. Oktober 1991 bis 31.Dezember 1991 und von S 1.372,-- laufend ab dem 1. Jänner 1992 hereingebracht werden. Mit der Zahlung von S 44.984,-- durch das Arbeitsamt Perg sind die betriebenen Ansprüche (von S 69.444,--) auch bis Juli 1992 nicht voll befriedigt.

Daß möglicherweise durch den Wegfall des Anspruches auf Leistungen, die für die Zeit der Arbeitslosigkeit gewährt werden, eine weitere Zahlung gepfändeter Forderungen des Verpflichteten an die betreibende Partei nicht mehr möglich ist, bedeutet nicht, daß die Exekution beendet ist. Darunter wurde stets nur der volle Erfolg der Exekution verstanden. Abgesehen davon, daß nicht ohne weiteres abgesehen werden kann, ob durch die an die betreibende Partei erbrachten Leistungen des Drittschuldners der Pfändung voll Rechnung getragen wurde (die Exekutionsbewilligung zur Hereinbringung des gesetzlichen Unterhalts stammt vom 19.September 1991, die EO-Nov 1991 trat mit 1.März 1992 in Kraft), kann der Fall, daß die Exekution wegen Austrittes aus dem Dienstverhältnis oder Beendigung des Leistungsanspruches ins Leere geht, weder dem der Einstellung der Exekution noch dem der Beendigung gleichgestellt werden.

Da die Anlaßexekution entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht vor Schluß der Verhandlung in erster Instanz weggefallen ist, kommt der in zweiter Instanz herangezogene Abweisungsgrund nicht zum Tragen. Es erübrigen sich daher Erwägungen, ob und inwieweit nicht überhaupt nach Wegfall der Anlaßexekution eine Umdeutung der exekutionsrechtlichen Klage nach § 35 EO in eine Feststellungsklage vorzunehmen wäre (vgl. Rechberger-Simotta, Exekutionsverfahren2, Rz 351), um den Verfahrensaufwand nicht zu entwerten und die Klärung zu ermöglichen, welcher Unterhalt nach gegenüber der Unterhaltsbemessung im Titelverfahren geänderten Verhältnissen, die von der Beklagten zugestanden werden, allenfalls noch gebührt.

Da das Berufungsgericht auf die sonst geltend gemachten Berufungsgründe infolge der vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht nicht einging, ist sein Urteil aufzuheben und die neue Entscheidung über die Berufung aufzutragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO.

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