OGH 2Ob6/04b

OGH2Ob6/04b12.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Dr. Christoph W*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren des Dkfm. Teja G*****, wider die Antragsgegnerin DI Ingrid G***************, vertreten durch Mag. Dr. Helga Wagner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. Jänner 2003, GZ 45 R 347/02s-160, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Hietzing vom 10. April 2002, GZ 1 F 16/97s-149, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die zwischen den Streitteilen 1965 geschlossene Ehe wurde mit Urteil vom 28. 11. 1996 aus dem Alleinverschulden des Antragstellers geschieden. Die häusliche Gemeinschaft wurde im Oktober 1990 dadurch aufgelöst, dass der Antragsteller aus der Ehewohnung auszog. Die Antragsgegnerin lebt noch in der bisherigen Ehewohnung auf der im Hälfteeigentum beider Parteien stehenden Liegenschaft EZ***** Grundbuch ***** Ober St. Veit, M*****.

Der Antragsteller begehrte die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse zunächst dahingehend, dass der Antragsgegnerin der ihm gehörende Hälfteanteil an der Liegenschaft in Ober St. Veit ins Eigentum übertragen und diese zur Leistung einer Ausgleichszahlung verpflichtet werde. In der Folge modifizierte er seinen Aufteilungsvorschlag dahin, dass die Liegenschaft nicht der Antragsgegnerin, sondern ihm ins Alleineigentum übertragen und er dafür zu einer Ausgleichszahlung von S 2,913.628,50 verpflichtet werde.

Die Antragsgegnerin brachte ihrerseits am 9. 5. 1997 beim Erstgericht einen Aufteilungsantrag ein und beantragte die schuldenfreie Übertragung der Liegenschaft in Ober St. Veit in ihr Alleineigentum sowie die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung einer Ausgleichsleistung von S 1,500.000,--. Unter Punkt VII (“Aufteilung sonstiger Vermögenswerte") listete die Antragsgegnerin folgende Vermögenswerte auf:

Jaguar E Sportwagen, 1962, Oldtimer zur Gänze vom Antragsgegner in einem 1 A Zustand renoviert.

Masarati Merak, Sportwagen

Sammleruhren, Patek Philippe Jubiläumsuhren

Goldbarren, Goldmünzen, Philharmonikermünzen

Wertpapiere, Aktien, Fondsanteile.

Sie brachte dazu vor, die Wertgegenstände hätten der Vermögensbildung gedient und seien nicht Hobby des Beklagten.

Die Antragstellerin sei Jahre hindurch selbst vom Antragsgegner über seine Wertpapier-, Aktien- und Goldtransferierungen und seine damit zusammenhängenden Gewinne informiert worden. Es handle sich dabei um ein Kapital von mindestens von S 3 Mio, wahrscheinlich aber ein Vielfaches mehr.

Eine Zeugin habe der Antragstellerin mitgeteilt, dass der Antragsgegner ein Vermögen von S 60 Mio angesammelt habe.

Einen Großteil habe er in Schweizer Banken in Banksafes abgelegt und aufbewahrt.

Es handle sich hiebei um ein Vermögen von S 6,4 Mio, welches der Teilung unterliege.

Unter Punkt X hat die Antragsgegnerin das eheliche Vermögen wie folgt zusammengefasst und bewertet.

Haus M*****gasse 1a S 10,000.000,--

Lokale S 10,079.300,--

eheliche Ersparnisse, die in das

Schloss Buchbach flossen S 5,000.000,--

Ankauf des Grundes O*****gasse 29 S 1,250.000,--

Masarati Merak, Sportwagen S 280.000,--

Jagaur E Coupé, Oldtimer S 650.000,--

Uhrensammlung, Patek Philippe

3 Stück mindestens S 500.000,--

Jubiläumsuhren S 1,300.000,--

Goldbarren, Goldmünzen, Platin-

minenaktien, Goldminenaktien,

Geldanlagen S 700.000,--

Schweiz S 3,000.000,--

S 32,759.300,--.

Mit dem am 12. 3. 1999 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz (ON 42) dehnte die Antragsgegnerin ihr Begehren hinsichtlich der Ausgleichszahlung um S 20 Mio aus. Sie brachte vor, der Antragsgegner habe tatsächlich ein Vermögen in dem von seinen Exfreundinnen genannten Beträgen von ca S 60 Mio oder auch noch mehr. Der Antragsteller habe 5 % von mehreren Milliardenaufträgen aus dem Verkauf medizinischer Geräte kassiert, dies vor Auflösung der ehelichen Gemeinschaft. Diese Gelder seien an der Antragsgegnerin vorbeigeschwindelt worden. Die Antragsgegnerin habe im Hinblick darauf, dass es sehr schwer werden werde, die Schwarzgelder in der Schweiz nachzuweisen, lediglich einen geringfügigen Aufteilungsbetrag begehrt.

Das Erstgericht hat die oben genannte Liegenschaft der Antragsgegnerin zur Gänze zugewiesen (Punkt 1), der Antragsteller wurde verpflichtet, die auf dieser Liegenschaft eingetragenen Pfandrechte auf seine Kosten löschen zu lassen (Punkt 2). Darüber hinaus wurde der Antragsteller zur Leistung einer Ausgleichszahlung von EUR 895.000,-- verpflichtet (Punkt 3), zur Sicherung der Ausgleichszahlung wurden der Antragsgegnerin Pfandrechte an nicht der Aufteilung unterliegenden Liegenschaften des Antragstellers eingeräumt und die Einverleibung dieser Pfandrechte angeordnet (Punkt 4). Weiters wurde der Antrag des Antragstellers, der Antragsgegnerin eine Ausgleichszahlung aufzuerlegen, abgewiesen (Punkt 5) und schließlich angeordnet, dass jede Partei ihre Kosten selbst zu tragen habe (Punkt 6).

Dabei wurden ua folgende Feststellungen getroffen:

Der Antragsgegner bezog neben seinem Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit Einkünfte aus Aktiengeschäften und aus anderen Geschäften, die in Zusammenhang mit seinem Dienstgeber standen. Ob es sich dabei um Provisionen aus Geschäften mit den Oststaaten handelte, konnte nicht festgestellt werden. Die Einkünfte aus diesen Geschäften wurden direkt auf ein Bankkonto in der Schweiz überwiesen, damit sie in Österreich nicht aufscheinen. Der Antragsteller legte das Geld an oder verwendete es für Aktiengeschäfte oder Devisengeschäfte. Auch diese Gewinne legte er bei Schweizer Banken an. Mit der Antragsgegnerin sprach er nicht viel über seine sonstigen Geschäfte, weil er wusste, dass sie sehr vorsichtig, er hingegen risikofreudig war. Außerdem hielt er nichts von ihren kaufmännischen Fähigkeiten.

1985 oder 1986 kaufte er Goldbarren, die er im Safe bei einer Schweizer Bank deponierte. Zwischen 1987 und 1989 machte er Geschäfte durch Goldminenaktien. Das Vermögen des Antragstellers auf Schweizer Bankkonten belief sich im Jahr 1990 auf mindestens S 30 Mio.

Seit der Trennung von der Antragsgegnerin möchte der Antragsteller verhindern, dass sie etwas von seinem Vermögen bekommt. Er sagte zu einer mit ihm intim befreundeten Frau, dass die Antragsgegnerin von seinem Vermögen nichts bekommen solle, sie solle “einmal in der Gosse enden". Zu seiner späteren Freundin sagte er, er werde sein Vermögen so belasten, dass man ihm nichts wegnehmen könne. Dies sagte er während noch aufrechter Ehegemeinschaft. Da er glaubte, dass die Antragsgegnerin über seine Freundin von seinem Vermögen in der Schweiz Kenntnis erhalten habe, transferierte er sein Vermögen woanders hin, wobei nicht festgestellt werden konnte, wohin.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die mit Schriftsatz vom 12. 3. 1999 erfolgte Ausdehnung des ursprünglichen Aufteilungsbegehrens um eine weitere Ausgleichszahlung sei nicht verfristet. Weder das der Aufteilung unterliegende Vermögen noch das Aufteilungsbegehren seien innerhalb der Jahresfrist ziffernmäßig genau eingegrenzt worden, weshalb das nach Ablauf der Jahresfrist erstattete Vorbringen, das Vermögen in der Schweiz habe tatsächlich einen Wert von S 60 Mio nur eine Konkretisierung von vorgebrachten Tatsachen auf Grund neuer Informationen darstelle.

In die Aufteilung sei die zitierte Liegenschaft Ober St. Veit mit einem Verkehrswert von S 7,5 Mio sowie das Vermögen in der Schweiz in der Höhe von S 30 Mio einzubeziehen. Zur Finanzierung der genannten Liegenschaft habe der Antragsteller insgesamt S 205.000,-- in die Ehe eingebracht, die Antragsgegnerin insgesamt S 1,395.000,--. Zu den Gesamtkosten dieser Liegenschaft habe der Antragsteller sohin 4,88 %, die Antragsgegnerin 33,22 % beigetragen. Ein entsprechender Anteil vom nunmehrigen Verkehrswert der Liegenschaft sei den Parteien vorweg zuzuweisen, dem Antragsteller sohin S 366.000,--, der Antragsgegnerin S 2,5 Mio. Das verbleibende Aufteilungsvermögen von S 34,634.000,-- falle beiden Parteien jeweils zur Hälfte zu. Insgesamt stehe der Antragsgegnerin sohin ein Wert von S 19,817.000,-- zu. Unter Berücksichtigung der ihr zugewiesenen Ehewohnung von S 7,500.000,-- verbleibe ein Restbetrag von S 12,317.000,-- (umgerechnet rund EUR 895.000,--). Dieser Betrag sei dem Antragsteller als Ausgleichszahlung aufzuerlegen.

Das vom Antragsteller angerufene Rekursgericht bestätigte die angefochtene Entscheidung in ihren Punkten 1, 2, 5 und 6 sowie teilweise in ihrem Punkt 4. In seinem Punkt 3 wurde der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass dem Antragsteller lediglich eine Ausgleichszahlung von EUR 640.000,-- auferlegt wurde. Das Rekursgericht sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig.

Zur Frage der Einhaltung der Frist des § 95 EheG führte das Rekursgericht aus, dass nach ständiger Rechtsprechung das Gericht im Aufteilungsverfahren gemäß §§ 81 ff EheG nur insoweit an die bei Ablauf der Jahresfrist vorliegenden Parteianträge gebunden sei, als hiedurch die Aufteilungsmasse abschließend festgelegt werde. Nicht gebunden sei das Gericht hingegen (qualitativ) an die Aufteilungsvorschläge der Parteien, weshalb eine Änderung dieser auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 95 EheG möglich sei. Es komme lediglich darauf an, ob die Aufteilungsmasse durch die Ausdehnung quantitativ erweitert werde. Hiezu komme im vorliegenden Fall, dass die Antragsgegnerin das Vermögen ja bereits im ursprünglichen Aufteilungsantrag als zur Aufteilungsmasse gehörend angeführt und dieses lediglich aus prozessualer Vorsicht mit einem niedrigeren Wert beziffert habe. Die Ausdehnung nach Ablauf der Jahresfrist könne daher auch als zulässige Präzisierung der bereits innerhalb der Jahresfrist behaupteten Aufteilungsmasse bzw insgesamt als auf das Vermögen des Antragstellers in der Schweiz gerichteter Aufteilungsantrag angesehen werden.

Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes seien aber die während der Ehe geleisteten Beiträge beider Parteien nicht als gleichwertig zu betrachten; vielmehr entspreche auf Grund des weit überdurchschnittlich hohen Einkommens des Ehemannes eine Aufteilung im Verhältnis von 6 : 4 zu Gunsten des Mannes der Billigkeit.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht für zulässig, weil die Judikatur zur Frage, inwieweit die Ausdehnung eines bereits bezifferten Begehrens nach Ablauf der Jahresfrist des § 95 EheG möglich sei, divergierend sei. Weiters bestehe keine eindeutige Judikatur zur Frage, inwieweit eine Sicherstellung gemäß § 94 Abs 2 EheG im Aufteilungsbeschluss auch hinsichtlich nicht zur Aufteilungsmasse gehörender Liegenschaften des Zahlungspflichtigen zulässig sei.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass ihm der Hälfteanteil der Antragsgegnerin an der Liegenschaft *****, gegen eine (von ihm zu leistende) Ausgleichszahlung in der Höhe von EUR 272.523,13 übertragen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin hat Revisionsrekursbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel des Antragstellers nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne seines Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Der Revisionsrekursgrund der Mangelhaftigkeit (Verstoß gegen § 405 ZPO) wurde geprüft, er ist nicht gegeben (§ 16 Abs 4 AußStrG, § 510 Abs 3 ZPO).

Der Antragsteller verweist in seinem Rechtsmittel auf § 95 EheG, wonach der Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse erlischt, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wird. Die Aufteilungsmasse werde durch die bei Ablauf der Jahresfrist vorliegenden Anträge bindend festgelegt, lediglich eine Präzisierung des Begehrens, nicht aber dessen Ausdehnung sei nach Fristablauf möglich. Erst nach Ablauf der Jahresfrist des § 95 EheG habe die Antragsgegnerin die Zahlung eines weiteren Ausgleichsbetrages von S 20 Mio begehrt. Im ursprünglich gestellten Antrag habe sie das in der Schweiz befindliche, der Aufteilung unterliegende Vermögen mit S 3 Mio festgelegt und im verfristeten Antrag ausgeführt, dass der Antragsteller 5 % aus dem Verkauf medizinischer Geräte erhalten habe. Gestützt auf dieses Vorbringen habe sie ihr Begehren auf Ausgleichszahlung um S 20 Mio ausgedehnt. Dabei handle es sich um eine quantitative und auch eine qualitative Ausdehnung, weil zuvor von einem Vermögen, das von Provisionen herrührte, niemals die Rede gewesen sei.

Weiters fehle es an Feststellungen, ob das in der Schweiz befindliche Vermögen zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz, nämlich im Jahr 2002, tatsächlich noch vorhanden gewesen sei. Es sei Spekulationsgewinnen inhärent, dass diese vielfach von Spekulationsverlusten übertroffen würden; zwischen dem Jahre 1990 und der Entscheidung 2002 liege immerhin ein Zeitabstand von 12 Jahren.

Hiezu wurde erwogen:

Der Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse erlischt, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wird (§ 95 EheG). Diese Frist wurde vom Gesetzgeber mit Rücksicht auf das Interesse an der ehesten Klärung der Vermögensverhältnisse der vormaligen Ehegatten festgesetzt, das nicht nur diese selbst, sondern auch dritte Personen an einer alsbaldigen Klarstellung der vermögensrechtlichen Verhältnisse haben. Die zeitliche Beschränkung der Geltendmachung von Ansprüchen soll auch jene Beweisschwierigkeiten vermeiden, die sich sonst ergeben könnten, und zwingt so den Antragsteller, seinen Antrag noch zu einer Zeit geltend zu machen, in der beiden Ehegatten die zur einwandfreien Klarstellung des Sachverhaltes notwendigen Beweismittel udgl in aller Regel noch zur Verfügung stehen (EvBl 2000/62 mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung wird die Aufteilungsmasse durch die bei Ablauf der Jahresfrist des § 95 EheG vorliegenden Parteianträge bindend festgelegt, eine Ausdehnung nach Ablauf der Jahresfrist ist ausgeschlossen; dies gilt auch dann, wenn der Aufteilungsantrag vom Antragsgegner stammt (4 Ob 21/01v mwN). Der Aufteilungsantrag grenzt den Umfang des aufzuteilenden Gebrauchsvermögens quantitativ und insoferne bindend, qualitativ aber nur relativ bindend dahin ab, dass das Gericht einem Beteiligten eine Rechtsstellung zu seinen Gunsten nicht aufdrängen darf (RIS-Justiz RS0008525; RS0008478). Das Gericht ist an die Aufteilungsvorschläge der Parteien (in qualitativer Hinsicht) nicht gebunden und hat in dem von den Parteien quantitativ festgesetzten Rahmen eine Aufteilungsanordnung zu treffen, die den gesetzlichen Aufteilungsgrundsätzen am ehesten gerecht wird (6 Ob 322/01y).

Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin, wie sich aus den Punkten VII und X ihres ursprünglichen Aufteilungsantrages ergibt, ua Vermögen in der Schweiz im Wert von S 3 Mio in die Aufteilung miteinbezogen. Erst nach Ablauf der Jahresfrist des § 95 EheG hat sie erstmalig vorgebracht, der Antragsteller habe Provisionen aus dem Verkauf medizinischer Geräte kassiert und an ihr “vorbeigeschwindelt". Weil es sehr schwer sei, die Schwarzgelder in der Schweiz nachzuweisen, sei zunächst ein geringfügiger Aufteilungsbetrag begehrt worden, nunmehr werde aber eine weitere Ausgleichszahlung von S 20 Mio begehrt. Durch diese Ausführungen hat die Antragstellerin auch quantitativ den Umfang des aufzuteilenden Vermögens erweitert, doch geschah dies außerhalb der Frist des § 95 EheG.

Allerdings muss nach ständiger Rechtsprechung der durch den Ablauf einer Präklusivfrist Begünstigte die Ausübung des Rechtes auch nach verstrichener Frist noch zulassen oder das bereits erloschene Recht als bestehend hinnehmen, wenn seine Berufung auf diese Ausschlussfrist gegen Treu und Glauben verstieße (RIS-Justiz RS0016788; RS0016824). Eine gegen Treu und Glauben verstoßende Berufung auf den Ablauf einer Ausschlussfrist liegt allerdings nicht schon dann vor, wenn die Frist unverschuldet versäumt wurde. Erforderlich ist vielmehr ein solches Verhalten des Anspruchsgegners, durch das der Anspruchsberechtigte veranlasst wurde, seine Forderung nicht geltend zu machen (RIS-Justiz RS0016824; EvBl 2000/62). Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liegt etwa dann vor, wenn die Unterlassung rechtzeitiger Antragstellung durch ein Verhalten des anderen Ehegatten veranlasst wurde, zB wenn der eine Ehegatte beim anderen nach objektiven Maßstäben den Eindruck erweckte, es würden dessen Ansprüche auch ohne gerichtliches Aufteilungsverfahren befriedigt, oder wenn ein Ehegatte das Vorhandensein von Vermögenswerten verheimlicht (Stabentheiner in Rummel3, ABGB, § 95 EheG Rz 4 mwN). Diesbezüglich hat die Antragsgegnerin vorgebracht, der Antragsteller habe das in die Schweiz transferierte Vermögen “an ihr vorbeigeschwindelt". Dieses Vorbringen wird mit den Parteien zu erörtern sein und werden bei widerstreitendem relevanten Vorbringen Feststellungen über die Umstände zu treffen sein, aus denen sich ein allfälliger Verstoß gegen Treu und Glauben ableiten lässt.

Was nun die im Revisionsrekurs relevierte Frage betrifft, ob das der Aufteilung unterliegende Vermögen zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz noch vorhanden sein muss, entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zugehörigkeit einer Sache zum aufzuteilenden Vermögen die Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft ist (Stabentheiner in Rummel3 § 81 EheG Rz 1 mwN). Bewertungsstichtag für das der Aufteilung unterliegende Vermögen ist aber der Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz, ausgenommen sind Wertveränderungen, die nur einem Ehegatten zuzurechnen sind (8 Ob 202/02t mwN). Es bedarf daher, sollte sich die Antragsgegnerin zu Recht auf einen Verstoß gegen Treu und Glauben berufen, auch noch einer Bewertung des zur Zeit der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorhandenen, der Aufteilung unterliegenden Vermögens bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz.

Es war daher dem Revisionsrekurs Folge zu geben und waren die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 234 AußStrG, weil erst nach Abschluss des Verfahrens eine billige Kostenentscheidung möglich ist.

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