OGH 7Ob256/03b

OGH7Ob256/03b3.12.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hans Günther Medwed ua, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Josef S*****, vertreten durch Dr. Janko Tischler jun, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Klagenfurt, wegen EUR 7.768,43 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 26. Juni 2003, GZ 2 R 153/03g-30, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 17. März 2003, GZ 9 C 277/02t-25, bestätigt wurde, folgenden

 

Spruch:

Beschluss

gefasst:

Text

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 665,66 (darin EUR 110,94 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO).

Der in den Revisionsausführungen neuerlich geltend gemachte, bereits in der Berufung gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Obgleich diese Beurteilung keiner Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO), ist der Revision kurz zu erwidern:

Zunächst wird übersehen, dass angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die das Berufungsgericht verneint hat, nach stRsp in der Revision nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können (Kodek in Rechberger² Rz 3 Abs 2 zu § 503 ZPO; Feil/Kroisenbrunner ZPO Kurzkommentar [2003] Rz 1638 Abs 3; RIS-Justiz RS0040597 [T1]; RS0042963). Das gilt insbesondere für den vorliegenden Fall; hat der Beklagte die unterlassenen Beweisaufnahmen doch - wie die Revision selbst aufzeigt - bereits in seiner (auch) im zweiten Rechtsgang erhobenen Berufung als Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens erfolglos geltendgemacht (vgl Punkt II. in der Berufung ON 27 bzw Seite 3 der Berufungsentscheidung).

Ein Mangel des Berufungsverfahrens könnte daher - entgegen der Auffassung des Revisionswerbers - nur dann vorliegen, wenn das Berufungsgericht infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hätte (Kodek aaO Rz 3 Abs 2 aE; MGA ZPO15 E 40 zu § 503 mwN; SSV-NF 15/13 mwN; RIS-Justiz RS0040597 [T2 bis T4]; RS0042963 [T52]; RS0043086 [T1, T5 bis T8]; RS0043166 [T3]; zuletzt: 10 Ob 122/03g; 7 Ob 305/02g mwN); davon kann hier aber keine Rede sein, weil sich das Gericht zweiter Instanz mit der Verfahrensrüge auseinandergesetzt und diese mit der - der Aktenlage nicht widersprechenden - Begründung als nicht berechtigt erkannt hat, dass ihm die vom Erstgericht herangezogenen Unterlagen und die darauf aufbauenden Feststellungen in Bezug auf die Überprüfung der [in Frage stehenden] Qualifikation "durchaus ausreichend" erscheinen (Seite 3 der Berufungsentscheidung).

Davon abgesehen gehört die Frage, ob weitere Beweise (hier: Sachverständigenbeiziehung und Einvernahme weiterer Zeugen) aufzunehmen gewesen wären, zur - irrevisiblen - Beweiswürdigung der Vorinstanzen und kann im Revisionsverfahren nicht mehr überprüft werden (RIS-Justiz RS0040046 [T17]; RS0043320; zuletzt: 10 ObS 122/03g mwN).

Das Berufungsgericht hat die Revision gegen seine das erstinstanzliche Urteil im zweiten Rechtsgang bestätigende Entscheidung zwar für zulässig erklärt, weil "zum Umfang der Pflicht der Prüfung von Personal für Unternehmen, die sich mit der Überlassung von Arbeitskräften befassen," eine oberstgerichtliche Judikatur fehle; die in § 502 Abs 1 ZPO normierten Voraussetzungen für die Anrufung des Obersten Gerichtshofes liegen jedoch nicht vor:

Der primäre Unterschied zwischen dem Einsatz von Arbeitskräften aufgrund eines Arbeitskräfteüberlassungsvertrages sowie im Rahmen werkvertraglicher Verpflichtungen liegt in der unterschiedlichen Leistungsverpflichtung zwischen Überlasser und Werkunternehmer. Der Überlasser schuldet dem Beschäftiger lediglich die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitserbringung in dessen Betrieb. Ein Dienstnehmerüberlassungsvertrag in Abgrenzung zum Werkvertrag liegt vor, wenn nur die Zurverfügungstellung von Dienstnehmern gegen Entgelt, nicht aber ein bestimmter Arbeitserfolg vereinbart ist, während die Instruierung und Überwachung der Dienstnehmer dem obliegt, dem sie überlassen wurden.

Seit der Entscheidung SZ 55/115 entspricht es stRsp, dass der Überlassende nur für die durchschnittliche fachliche Qualifikation und Arbeitsbereitschaft der Dienstnehmer einzustehen hat, und sein Entgeltanspruch vom Arbeitsergebnis unabhängig ist (RIS-Justiz RS0021302; zuletzt 5 Ob 141/03y mwN); er haftet - offenkundig unter der Voraussetzung einer durchschnittlichen Qualifikation der überlassenen Arbeitskräfte - nicht für eine mangelnde Qualität der Arbeitsleistung (RIS-Justiz RS0021287; zuletzt: 1 Ob 203/01m). Der Überlassende hat daher aus dem Titel der Gewährleistung verschuldensunabhängig nicht etwa dafür einzustehen hat, dass die überlassene Arbeitskraft eines bestimmten Zeugnisses über ihre Berufsbefähigung entbehrt, sondern nur dafür, dass sie über die - durch ein solches Zeugnis zunächst indizierte - zumindest durchschnittliche berufliche Qualifikation aus bestimmten Gründen tatsächlich nicht verfügt. Für eine unterdurchschnittliche Qualifikation überlassener Arbeitskräfte nach Gewährleistungsrecht hätte die Klägerin daher - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - auch dann einzustehen, wenn sie einen solchen Ausbildungsmangel weder anlässlich der Einstellung der Arbeitskräfte noch im Zeitpunkt ihrer Überlassung kannte oder wenigstens hätte kennen müssen (RIS-Justiz RS0021287 [T4] = ecolex 2002/38 = ARD 5325/10/2002).

Für den Standpunkt des Beklagten ist daraus aber nichts zu gewinnen.

Hier steht zur Qualifikation des dem Beklagten ab April 2001 von der Klägerin zur Verfügung gestellten Baggerfahrers (der zunächst den Beruf des Maurers erlernt, aber - vor Beginn der Tätigkeit beim Beklagten - nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung für das Führen von Baggern auch schon bei einem anderen Bauunternehmen Baggerfahrerarbeiten geleistet hatte) nämlich lediglich fest, dass dieser vom Beklagten - trotz eines Baustellenunfalls - "gelobt" und ab August 2001 sogar in ein reguläres Dienstverhältnis übernommen wurde, weil er sich zwischenzeitig mit der Arbeit am Bagger "perfektioniert und auf der Baustelle eingearbeitet hatte". Daraus haben die Vorinstanzen (auch) abgeleitet, dass die zum Zeitpunkt Mitte bzw Ende Juli 2001 behauptete (von der Klägerin bestrittene) telefonische Mängelrüge der Beklagten nicht feststellbar sei; wäre es doch höchst unwahrscheinlich, dass der Beklagte den Baggerfahrer kurz darauf in ein Dienstverhältnis übernommen hätte, wenn er von dessen Qualifikation nicht überzeugt gewesen wäre.

Es fehlt daher zu Lasten des Beklagten, der für die entsprechende Mangelhaftigkeit der Leistung beweispflichtig gewesen wäre, an entsprechenden Feststellungen, zum behaupteten Mangel durchschnittlicher Fähigkeiten der überlassenen Arbeitskraft, sodass die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage keine Relevanz zu entfalten vermag (5 Ob 141/01y). Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers wäre es seine Sache gewesen, sowohl die Unterdurchschnittlichkeit der Qualifikation der Arbeitskraft (5 Ob 141/01y mwN) als auch die Rüge und die Wahrung der Frist nach § 933 ABGB (RIS-Justiz RS0018869; RS0018933; JBl 1986, 448 = RdW 1986, 106) unter Beweis zu stellen.

Das Rechtsmittel des Beklagten ist daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Da die Klägerin auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Beklagten zutreffend hingewiesen hat, stehen ihr gemäß § 41, 50 ZPO die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu.

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