OGH 3Ob219/03g

OGH3Ob219/03g26.11.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr. Cornelia K*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar und Mag.Norbert Marschall, Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die verpflichtete Partei Ing. Bernd K*****, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 143.524,05 EUR sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen als Rekursgericht vom 3. April 2003, GZ 47 R 902/01x-22, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 29. Oktober 1998, GZ 21 E 145/98y-2, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass er auch auf Grund des vollstreckbaren Urteils dieses Gerichts vom 28. November 1991, AZ 6 C 199/91p, ergeht und die Zustellverfügung lautet

“Hievon werden verständigt:

1. Dr. Cornelia K***** zu eigenen Handen der Dr.Helene Klaar und Mag. Norbert Marschall Rechtsanwälte OEG, 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 34

2. Ing. Berndt K***** zu Handen RA Dr. Peter Schmautzer, 1070 Wien, Lerchenfelderstraße 39

3. Helga K***** zu Handen RA Dr. Peter Freiberger, 8680 Mürzzuschlag, Wienerstraße 50

4. Finanzamt für den 19. Bezirk."

Die verpflichtete Partei und Helga K***** haben die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.

Die Kosten des Revisionsrekurses werden mit 1.022,11 EUR (darin 170,35 EUR USt) als weitere Kosten des Exekutionsverfahrens bestimmt.

Helga K***** ist schuldig, der betreibenden Partei binnen 14 Tagen an Kosten des Revisionsrekursverfahrens 1.022,11 EUR (darin 170,35 EUR USt) zu ersetzen.

Die Mitteilung der betreibenden Partei vom 12. September 2003 wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Betreibende beantragte auf Grund der einstweiligen Verfügung (EV) des Erstgerichts vom 28. Juni 1990, AZ 2 C 19/90m-22, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 1,974.934,04 S die Bewilligung der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung durch Einverleibung von Simultanpfandrechten auf insgesamt sieben Liegenschaftsanteilen des Verpflichteten, und zwar in jeweils unterschiedlicher aus jeweils angeführten Ersatzpfandrechten ergebenden Höhe.

Das Erstgericht bewilligte am 28. Oktober 1998 diesen Antrag mittels Stampiglienaufdrucks und verfügte die Zustellung der Entscheidung an beide Parteien sowie das zuständige Finanzamt.

Der Beschluss wurde dem Verpflichteten durch Hinterlegung zugestellt.

Den jeweils am 2. November 2001 beim Erstgericht eingelangten Rekursen des Verpflichteten und seiner Mutter, zu deren Gunsten auf den Liegenschaftsanteilen ein vorrangiges Belastungs-und Veräußerungsverbot eingetragen war (Verbotsberechtigte), gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluss dahin Folge, dass es den Exekutionsantrag abwies. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht kam nach Erhebungen zur Feststellung, dass der Verpflichtete bereits seit Juni 1997 an einer anderen als in der im Exekutionsantrag angegebenen Adresse wohnhaft war. Demnach habe es sich bei jener Adresse, an der der vergebliche Zustellversuch erfolgt war, nicht um eine Abgabestelle des Verpflichteten iSd § 17 ZustG gehandelt. Die Zustellung sei daher nicht wirksam gewesen. Bisher habe eine Heilung des Zustellanstands nicht stattgefunden. Auch der aus dem Veräußerungs- und Belastungsverbot Begünstigten sei nach der Aktenlage die Exekutionsbewilligung bisher nicht zugestellt worden. Beide Rechtsmittel seien daher rechtzeitig.

Da sich weder aus dem Grundbuch ergebe noch urkundlich nachgewiesen worden sei, dass das Veräußerungs-und Belastungsverbot unwirksam sei, hindere dieses die Exekution. Im Exekutionsverfahren als reinem Aktenverfahren hindere auch das Beweisverbot des § 55 Abs 2 EO ebenso wie § 88 Abs 2 EO die Bedachtnahme auf andere Umstände. Es sei daher sowohl dem Rekurs des Verpflichteten als auch der nach herrschender Ansicht zum Rekurs legitimierten Verbotsberechtigten Folge zu geben.

Es ergebe sich aber aus einem früheren Exekutionsakt des Erstgerichts, dass mit rechtskräftigen Urteil dieses Gerichts zu AZ 6 C 199/91b die Verbotsberechtigte schuldig erkannt worden sei, die Exekution der Betreibenden wegen ihrer vollstreckbaren Forderung auf Grund einer EV des Erstgerichts in Höhe eines Unterhaltsrückstands von 214.428 S und der ab 1. Jänner 1991 laufend fällig werdenden Unterhaltsbeträge von monatlich 17.869 S durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung und Zwangsversteigerung auch der Anteile des Verpflichteten zu dulden. Die Existenz dieses Urteils, das im Exekutionsantrag nicht einmal genannt worden sei, lasse sich aus dem Grundbuchsstand indirekt herleiten. Im Hinblick auf die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 3 Ob 258/01i und 3 Ob 28/87 stelle sich die erhebliche Rechtsfrage, ob im Rahmen einer zwangsweisen Pfandrechtsbegründung auf Grund eines Exekutionstitels, der auf laufenden Unterhalt laute und dem ein Veräußerungs- und Belastungsverbot als Exekutionshindernis entgegenstehe, das bereits einmal vorgelegte Anfechtungsurteil, dass dieses Exekutionshindernis beseitige, auch in weiteren Exekutionsanträgen auf zwangsweise Pfandrechtsbegründung “automatisch" beachtet werden müsse, auch wenn dessen Existenz nicht einmal vorgebracht worden sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Betreibenden, der auf die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzielt. Diesen ergänzte die Betreibende durch eine direkt beim Obersten Gerichtshof eingebrachte “Mitteilung". Diese “Mitteilung" ist wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist dagegen berechtigt.

1.) Zu Unrecht wendet sich allerdings zunächst die Betreibende gegen die Zulässigkeit der erfolgreichen Rekurse gegen die Exekutionsbewilligung.

Mag es auch zutreffen, dass sie gegen die Verbotsberechtigte ein Anfechtungsurteil erwirkt hat, mit dem jene zur Duldung der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung verurteilt wurde, kann dies allerdings an deren Rechtsmittellegitimation nichts ändern. Es ist nämlich streng zwischen der Rechtsmittellegitimation einerseits und der Berechtigung des Rechtsmittels andererseits zu unterscheiden. Dass der Verbotsberechtigte die Bewilligung der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung mit Rekurs anfechten kann, entspricht, was auch von der Betreibenden gar nicht bezweifelt wird, der stRsp und wird auch in der Lehre gebilligt (JBl 1989, 388 = NZ 1989, 338 [Hofmeister 340]; Angst in Angst, EO, § 88 Rz 15; Schreiber in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 88 Rz 31 je mN). Über die Berechtigung des Rechtsmittels ist unabhängig davon mit Sachentscheidung abzusprechen (NZ 1985, 114, zust Hofmeister mwN). Die Rechtzeitigkeit des Rekurses der Verbotsberechtigten, der entgegen § 119 Z 1 GBG (SZ 8/35; Angst aaO § 88 Rz 9; Schreiber aaO § 88 Rz 31, je mN) die Exekutionsbewilligung nicht zugestellt wurde, wird mit Recht ohnehin nicht bezweifelt.

Was die Rechtzeitigkeit des Rekurses des Verpflichteten angeht, übersieht die Betreibende offenbar, dass es ihr im Revisionsrekursverfahren verwehrt ist, die Beweiswürdigung des Rekursgerichts anzufechten, weil der Oberste Gerichtshof eine reine Rechts-und keine Tatsacheninstanz ist (stRsp - insb zum Provisionsverfahren - RIS-Justiz RS0002192; Kodek in Rechberger2 § 528 ZPO Rz 1 mwN). Auch gegen die Ansicht des Rekursgerichts, es sei nicht zu einer Heilung des Zustellmangels gekommen, vermag die Betreibende keine schlüssigen Argumente vorzubringen. Insbesondere kann keinesfalls die grundbücherliche Publizität die Heilung bewirken, muss doch nach § 7 ZustG das Schriftstück dem Empfänger tatsächlich zukommen (s dazu nunmehr Stumvoll in Fasching2 Anh § 87 ZPO, § 7 ZustG Rz 11 f).

2.) In der Sache macht die Betreibende in ihrem Revisionsrekurs (erstmals, weil im Exekutionsantrag davon keine Rede war) geltend, das Simultanzwangspfandrecht sei antragsgemäß einzuverleiben, weil die Verbotsberechtigte auf Grund eines rechtskräftigen Urteils des Erstgerichts zur Duldung auch dieser Exekution verpflichtet sei.

Es ist somit zu prüfen, ob das Rekursgericht zu Recht darin einen Abweisungsgrund gesehen hat, dass die rechtskräftige Entscheidung im Anfechtungsprozess gegen die Mutter des Verpflichteten, zu deren Gunsten ein vorrangiges Belastungs- und Veräußerungsverbot besteht, im Exekutionsantrag nicht erwähnt wurde.

Dagegen sprechen jedoch gewichtige Gründe. Zwar ist es sicher richtig, dass die Betreibende richtigerweise die das Belastungs- und Veräußerungsverbot (zum Teil) überspielende Entscheidung im Anfechtungsprozess mit der Verbotsberechtigten sowohl im Exekutionsantrag anführen als auch im Original beilegen hätte müssen. Dafür kann ja nichts anderes gelten als für die bereits vom Obersten Gerichtshof behandelten Fälle der Unwirksamkeit eines solchen Verbots und der Zustimmung des Verbotsberechtigten (Nachweise bei Angst, aaO § 87 Rz 12 und 11). Aus dem Hauptbuch des Grundbuchs des Erstgerichts ergibt sich eine Duldungspflicht ja nicht. Allerdings kann entgegen der Ansicht der zweiten Instanz auf Grund der Aktenlage weder gesagt werden, die Betreibende hätte die Urteile im Anfechtungsverfahren vor demselben Gericht nicht mit dem Exekutionsantrag, dem 17 Beilagen angeschlossen waren, vorgelegt, noch - falls das nicht der Fall gewesen wäre - der die Exekution bewilligende Rechtspfleger habe seine Entscheidung ohne Kenntnis dieser Urteile getroffen und das Bewilligungshindernis einfach übersehen. Schließlich können gerichtsbekannte Tatsachen auch im Grundbuchsverfahren grundsätzlich berücksichtigt werden (5 Ob 339/99k = NZ 2001, 207 [Hoyer 209] = immolex 2000, 207; 5 Ob 183/00y = NZ 2002, 49 = ZIK 2000, 206; zur zwangsweisen Pfandrechtsbegründung trotz Belastungsverbot zu Gunsten eines bereits Verstorbenen schon 3 Ob 28/87 = SZ 60/39; 3 Ob 13/88 = RPflE 1989/24; weiters implizit 5 Ob 42/89 = NZ 1990, 99 [abl Hofmeister in NZ 1990, 102]). Kann aber nicht einmal mit Sicherheit gesagt werden, es seien die Urteile bei der Beschlussfassung in erster Instanz nicht vorgelegen, vermag auch nicht das Fehlen einer ausdrücklichen Erwähnung im Antrag eine Abweisung in zweiter Instanz zu rechtfertigen, die (im Umfang der Reichweite der Anfechtung) mit der materiellen Rechtslage in Widerspruch steht. Insoweit fehlt es auch an jeglicher Schutzwürdigkeit der Rekurswerber. Diesen kann nicht ein Anspruch darauf zugebilligt werden, eine materiell richtige Eintragung zu ihren Lasten wegen eines ohne Einfluss auf die Entscheidung gebliebenen Formalfehlers beseitigen zu können. Weder in § 94 GBG noch in § 54 EO (soweit es um das Nichtvorliegen bestimmter Exekutionshindernisse geht) ist die Anführung der notwendigen Urkunden ausdrücklich als Antragserfordernis genannt.

Soweit in den Rekursen gegen die Exekutionsbewilligung noch eingewendet wird, es hätte die Exekution auf Grund der EV wegen mittlerweiliger Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache nicht bewilligt werden dürfen, ist darauf wegen Verstoßes gegen das Neuerungsverbot nicht einzugehen, zumal nicht dargelegt wird, wodurch dieser Umstand zur maßgebenden Zeit der Entscheidung erster Instanz (RIS-Justiz RS0061117) bekannt gewesen sein sollte. Auch der 5. Senat des Obersten Gerichtshofs hat einen Verstoß gegen das Neuerungsverbot angenommen, wenn dem Rekursgericht erst auf Grund eines Rekurses beim Erstgericht offenbar nicht bestehende Zweifel kommen (5 Ob 10/02k = NZ 2003, 111 [Hoyer] = immolex 2002, 333 = [insoweit nicht veröffentlicht] = wobl 2002, 275 [Call]; 5 Ob 20/02f = wobl 2002, 361 [Call]).

Demnach bestand zufolge der erfolgreichen Anfechtung des Belastungs- und Veräußerungsverbots kein Grund, die auf Grund der EV ergangene bewilligende Entscheidung des Erstgerichts abzuändern. Dessen Entscheidung ist daher wiederherzustellen, wobei als weitere Urkunde das Urteil im Anfechtungsprozess anzuführen ist.

Die Kostenentscheidungen im Rechtsmittelverfahren beruhen auf § 74 sowie § 78 EO iVm §§ 50, 40, 41 ZPO. In dritter Instanz gibt es nur einen einfachen Einheitssatz nach § 23 RATG.

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