OGH 5Ob10/02k

OGH5Ob10/02k12.2.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wohnungeigentumsgemeinschaft des Hauses *****, vertreten durch Dr. Roland Kassowitz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dipl. Ing. Mag. Dr. Reinhard W*****, wegen S 5.271,59 sA, und Antrag gemäß § 13c Abs 4 WEG ob der EZ 1511 Grundbuch 01004 Innere Stadt Wien, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei und Antragstellerin im Grundbuchverfahren gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 22. Oktober 2001, GZ 47 R 784/01v-18, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 18. Mai 2001, GZ 52 C 449/01t-3 = TZ 5283/01, abgeändert wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der erstgerichtliche Beschluss über die Klagsanmerkung wiederhergestellt wird.

Der Vollzug dieses Beschlussses einschließlich der Verständigung der Beteiligten obliegt dem Erstgericht.

Die klagende und antragstellende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Klage vom 14. 5. 2001 begehrte die Wohnungseigentümergemeinschaft des Hauses ***** vom beklagten Mit- und Wohnungseigentümer Zahlung von S 5.271,59 sA an rückständigen Bewirtschaftungskosten für die Monate März bis Mai 2001. Gleichzeitig mit der Klage werde der Antrag auf Anmerkung dieser Klage im Grundbuch ob den 172/10.285 Anteilen des Beklagten auf der EZ ***** Grundbuch ***** gestellt. In der Klage berief sich der Rechtsanwalt Dr. Roland K***** auf eine ihm erteilte Vollmacht.

Antragsgemäß bewilligte das Erstgericht das Begehren um Klagsanmerkung gemäß § 13c Abs 4 WEG.

Einem dagegen vom Beklagten erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge und wies das Begehren um Klagsanmerkung ab. Auch im Grundbuchsverfahren ersetze die Berufung eines Rechtsanwalts auf eine ihm erteilte Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis, nicht aber die Erteilung einer Vollmacht. Das Gericht, welches den Mangel der Vollmacht in jeder Lage des Rechtsstreits von Amts wegen zu berücksichtigen habe, habe daher die Richtigkeit einer Berufung auf eine erteilte Vollmacht bei konkreten Zweifeln, die sich aus der Aktenlage ergäben, zu prüfen. Im vorliegenden Fall habe das Erstgericht aufgrund des Vorbringens des Beklagten im Rekurs vom 4. 6. 2001 den Klagevertreter zur Vorlage einer Vollmacht aufgefordert. Mit der Urkundenvorlage vom 22. 6. 2001 habe der Klagevertreter zwar eine Prozessvollmacht, welche ihm vom Immobilientreuhänder Gerhard B***** erteilt worden war, nachgewiesen, nicht aber eine ihm von der Wohnungseigentümergemeinschaft des Hauses ***** erteilte Vollmacht. Eine Bevollmächtigung durch die klagende Partei, worauf sich der Klagevertreter berufen habe, sei also nicht nachgewiesen. Es sei daher nicht weiter darauf einzugehen, ob die Hausverwaltung B***** rechtswirksam bestellter Hausverwalter und damit Vertreter der klagenden Partei sei.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung für zulässig, weil zur Frage, ob sich ein Rechtsanwalt gemäß § 30 Abs 2 ZPO gültig auf eine ihm direkt von der Wohnungseigentümergemeinschaft erteilte Vollmacht berufen könne, und dazu, auf welche Weise ein für eine Wohnungseigentümergemeinschaft einschreitender Rechtsanwalt die Bevollmächtigung durch einen Hausverwalter nachzuweisen habe, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei, der aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig ist.

Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass der erleichterte Vollmachtsnachweis nach § 30 Abs 2 ZPO und § 8 Abs 1 Satz 1 RAO im Grundbuchsverfahren für die Einschreitervollmacht gilt, wenn auch nicht für die § 31 GBG geregelte Verfügungsvollmacht (SZ 58/74; SZ 69/242; 5 Ob 2223/96i; 5 Ob 227/99i ua).

Wenn Zweifel an der Bevollmächtigung eines einschreitenden Rechtsanwalts bestehen, kann ihm die Vorlage der ihm erteilten Einschreitervollmacht im Sinn des auch in Grundbuchsachen geltenden § 37 ZPO aufgetragen werden (OGH RPflSlgG 2089).

Bestehen aber im maßgeblichen Zeitpunkt (hier infolge Unmaßgeblichkeit des Rangprinzips für das Vorzugspfandrecht der Entscheidungszeitpunkt) keine gegründeten Bedenken gegen die Befugnis des Antragstellers zum Einschreiten im Sinn des § 94 Abs 1 Z 2 GBG, dann hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - zu bewilligen. So entspricht es etwa ständiger Judikatur des erkennenden Senats, dass die Beibringung eines Firmenbuchsauszugs zum Nachweis der Zeichnungsberechtigung der einschreitenden Organe nur zu verlangen ist, wenn begründete Bedenken im Sinn des § 94 Abs 1 Z 2 BGB bestehen (NZ 1979, 46; RdW 1985, 109; RPflSlgG 2311; ebenso NZ 1995, 94 [zust Hoyer]).

Im Zeitpunkt der Entscheidung bestanden beim Erstgericht keine Zweifel an der Einschreiterbefugnis des Rechtsanwalts für die Wohnungseigentümergemeinschaft, sonst hätte es das Gesuch nicht bewilligt. Nur damals bestehende Zweifel wären maßgeblich. Im Rekurs dürfen weder neue Angaben gemacht noch dürfen ihm neue Urkunden beigelegt werden (NZ 1995, 140). Deshalb verstößt die Behauptung des Beklagten, die Verwaltungsvollmacht sei nicht aufrecht, gegen das Neuerungsverbot des § 122 Abs 2 GBG. Es war daher der erstgerichtliche Bewilligungsbeschluss wiederherzustellen.

Die Kosten ihres Rechtsmittels hat die klagende Partei unabhängig vom Rekurserfolg im Grundbuchsverfahren selbst zu tragen (Dittrich/Angst/Auer, Grundbuchsrecht4 E 5 zu § 122 GBG).

Stichworte