Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluss des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und diesem eine neuerliche Entscheidung über die Berufung des Nebenintervenienten unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Kosten des Rekurses sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Das Erstgericht stellte mit Urteil vom 31. 1. 2003 fest, dass der beklagte mj Lukas Thomas H***** kein eheliches Kind des Thomas Stefan H***** ist. Das Urteil wurde der beklagten Partei am 4. 2. 2003 zugestellt.
Mit dem am 6. 2. 2003 mittels Telefax eingebrachten und am 7. 2. 2003 bestätigten Schriftsatz erklärte der von der Mutter als natürlicher Vater ihres Kindes bekanntgegebene René R***** seinen Beitritt als Nebenintervenient auf Seiten der beklagten Partei. Das Erstgericht verfügte die Zustellung einer Urteilsausfertigung an ihn, eine Zustellung der Beitrittserklärung an die Prozessparteien erfolgte jedoch nicht.
Die Parteien erhoben gegen das Urteil des Erstgerichtes kein Rechtsmittel. Wohl aber bekämpft der Nebenintervenient dieses Urteil mit der am 7. 3. 2003 mittels Telefax eingebrachten und am 11. 3. 2003 bestätigten Berufung.
Das Berufungsgericht wies dieses Rechtsmittel mit dem angefochtenen Beschluss als unzulässig zurück.
Es vertrat die Ansicht, gemäß § 18 Abs 1 ZPO könne die Nebenintervention nur bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch Zustellung eines Schriftsatzes an beide Parteien erfolgen. Da der Beitritt des Nebenintervenienten erst durch die Zustellung des Beitrittsschriftsatzes an beide Parteien wirksam werde, müsse eine während einer offenen Rechtsmittelfrist erfolgte Beitrittserklärung innerhalb dieser Rechtsmittelfrist den Parteien zugestellt sein, damit das Rechtsmittel des Nebenintervenienten in den Fällen, in denen die Hauptpartei die Entscheidung nicht mehr angefochten habe, wirksam und beachtlich sei; anderes gelte, wenn die Hauptpartei selbst fristgerecht ein Rechtsmittel ergriffen habe.
Im vorliegenden Fall sei das Urteil des Erstgerichtes am 4. 2. 2003 der beklagten Partei und am 6. 2. 2003 der klagenden Partei zugestellt worden; da die Entscheidung nicht angefochten worden sei, sei sie am 6. 3. 2003 in Rechtskraft erwachsen. Der Nebeintervenient sei dem Verfahren erst während der bereits laufenden Rechtsmittelfrist, nämlich am 6. 2. 2003, beigetreten. Da innerhalb der offenen Rechtsmittelfrist seine Beitrittserklärung an die Prozessparteien nicht zugestellt worden sei, sei die von ihm am 7. 3. 2003 beim Erstgericht eingebrachte Berufung nicht wirksam. Eine Sanierung durch Zustellung der Beitrittserklärung an die Parteien scheitere daran, dass das Verfahren in dem Zeitpunkt, in dem die Nebenintervention wirksam würde, nicht mehr anhängig sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Nebenintervenienten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem Berufungsgericht die Sachentscheidung über die Berufung aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel des Nebenintervenienten ist zulässig und auch berechtigt.
Der Nebenintervenient macht in seinem Rekurs geltend, gemäß § 537 Geo habe die Zustellung von Schriftsätzen, welche die Beitrittserklärung eines Nebenintervenienten enthielten, auf Verfügung des Vorsitzenden ohne Beschlussausfertigung zu erfolgen. Er habe während laufender Rechtsmittelfrist den Beitritt als Nebenintervenient erklärt, das Erstgericht habe es aber unterlassen, den Parteien des Rechtsstreites die Beitrittserklärung zuzustellen. Dies könne ihm aber nicht angelastet werden. Er selbst hätte eine Zustellung der Beitrittserklärung an die Parteien gar nicht vornehmen können. Er habe daher zu Recht davon ausgehen können, dass der Beitritt rechtswirksam erfolgt sei.
Hiezu wurde erwogen:
Auszugehen ist seit der Entscheidung des verstärkten Senates vom 13. 12. 2002, 1 Ob 145/02h (= ecolex 2003, 337 = JBl 2003, 315 = RdW 2003, 381 = RZ 2003, 157), dass auch dem nicht streitgenössischen Nebenintervenienten Ausfertigungen der in dem Verfahren, dem er beigetreten ist, ergangenen Entscheidungen wie der Hauptpartei zuzustellen sind, die ihm offenstehende Rechtsmittelfrist beginnt mit dem Zeitpunkt dieser Zustellung.
Gemäß § 18 Abs 1 ZPO kann die Nebenintervention in jeder Lage des Rechtsstreites bis zu dessen rechtskräftiger Entscheidung durch Zustellung eines Schriftsatzes an beide Parteien erfolgen. Nach ständiger Rechtsprechung treten die Rechtswirkungen der Nebenintervention erst mit der Zustellung des Schriftsatzes an beide Parteien ein (Schubert in Fasching/Konecny2 II/1 § 18 ZPO Rz 5 mwN; aA allerdings Deixler/Hübner, Nebenintervention 72 ff). Es entspricht auch der Rechtsprechung, dass eine während einer offenen Rechtsmittelfrist erfolgte Beitrittserklärung innerhalb dieser Rechtsmittelfrist den Parteien zugestellt sein muss, damit das Rechtsmittel des Nebenintervenienten in den Fällen, in denen die Hauptpartei die Entscheidung nicht angefochten hat, wirksam und beachtlich ist; anderes gilt nur, wenn die Hauptpartei selbst fristgerecht ein Rechtsmittel ergriffen hat, weil das Verfahren in diesem Fall weiterhin anhängig bleibt (RIS-Justiz RS0035977; SZ 68/225).
Dieser Rechtsprechung ist aber durch die oben zitierte Entscheidung des verstärkten Senates 1 Ob 145/02h, wonach auch dem einfachen Nebenintervenienten eine eigene Rechtsmittelfrist offensteht, der Boden entzogen. Wie schon oben ausgeführt, kann gemäß § 18 Abs 1 ZPO die Nebenintervention bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreites durch Zustellung eines Schriftsatzes an beide Parteien erfolgen. Erklärt der Nebenintervenient erst während der Rechtsmittelfrist seinen Beitritt, dann ist, solange über seine Stellung nicht rechtskräftig entschieden wurde, das Verfahren im Sinne des § 18 Abs 1 ZPO noch nicht rechtskräftig beendet. Das Gericht hat aufgrund der Beitrittserklärung zu prüfen, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen und in schlüssiger Weise ein Interventionsinteresse behauptet wurde. Fehlt es an einer dieser Voraussetzungen, ist die Nebenintervention zurückzuweisen; andernfalls ist der Beitrittsschriftsatz den Parteien zuzustellen (1 Ob 543/91). Diese können gemäß § 18 Abs 2 einen Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention stellen, worüber mündlich zu verhandeln und mit Beschluss zu entscheiden ist.
Solange aber die Nebenintervention nicht rechtskräftig zurückgewiesen wurde, ist das Verfahren im Hinblick darauf, dass dem Nebenintervenienten eine eigene Rechtsmittelfrist offensteht, noch nicht rechtskräftig beendet, die Berufung des Nebenintervenienten daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht unzulässig.
Es war daher der Beschluss des Rekursgerichtes aufzuheben. Da das Erstgericht den Akt dem Rechtsmittelgericht bereits vorgelegt hat, obliegt es diesem, das weitere Vorgehen durch das Erstgericht (Bestellung des Beitrittsschriftsatzes und Durchführung eines allfälligen Zwischenverfahrens) zu veranlassen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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