OGH 5Ob168/03x

OGH5Ob168/03x21.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Ana C*****, geboren am ***** vertreten durch Dr. Contantino de Nicolo, Rechtsanwalt in Spittal/Drau, wegen Eintragungen, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 9. Mai 2003, AZ 1 R 79/03t, 1 R 81/03m, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 3. März 2003, TZ 600/03 und TZ 601/03, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Liegenschaft EZ ***** GB ***** steht im Miteigentum mehrerer Personen. Drei Miteigentumsanteile, nicht jedoch alle, sind untrennbar mit Wohnungseigentum an bestimmt bezeichneten Objekten verbunden.

Die Antragstellerin begehrte am 23. Jänner 2003 unter anderem aufgrund des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages vom 27. Mai 2002 die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes auf 6270/100.000-tel Anteilen, die untrennbar mit Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr 2B verbunden sind, und weiters die Berichtigung der schlichten Miteigentumsanteile von Rosemarie B***** sowie die Einverleibung der Löschung der Bezug habenden Pfandrechte, des Belastungs- und Veräußerungsverbotes und des Vorkaufsrechtes samt genau bezeichneten Anmerkungen auf ihrem Anteil und die Einverleibung eines Höchstbetragspfandrechtes.

Das Erstgericht wies die Anträge ab, da gemäß §§ 3 Abs 2 iVm 56 Abs 4 WEG 2002 die Begründung von Wohnungseigentum in Liegenschaften, an denen vor dem 1. Juli 2002 nicht an allen wohnungseigentumstauglichen Objekten Wohnungseigentum begründet worden sei, nur zulässig sei, wenn sie sich auf alle restlichen Wohnungen und alle sonstigen Räumlichkeiten der Liegenschaft sowie auf alle jene Abstellplätze für Kraftfahrzeuge beziehe, die nach der Widmung der Miteigentümer als Wohnungseigentumsobjekte vorgesehen seien. Da Wohnungseigentum nur durch Einverleibung im Grundbuch begründet werde, bedeute dies nicht nur, dass eine spätere Wohnungseigentumseinverleibung nur hinsichtlich der ganzen Restliegenschaft möglich sei, sondern auch, dass alle nach dem 30. Juni 2002 bei Gericht einlangenden Gesuche um Einverleibung abzuweisen seien, wenn sie dem neuen § 3 Abs 2 WEG 2002 nicht entsprächen, gleichgültig, wann der Wohnungseigentumsvertrag geschlossen worden sei. Der rechtskräftige Nutzwertfeststellungsbescheid sei überdies entgegen dem Text des Wohnungseigentumsvertrages kein integrierender Bestandteil. Im Nutzwertgutachten sei nicht angegeben, ob bzw wieviele Kfz-Abstellplätze sich auf der Liegenschaft befänden. Es seien daher alle gestellte Anträge abzuweisen.

Das Rekursgericht bestätigte den angefochtenen Beschluss ebenso unter Hinweis auf §§ 3 Abs 2 iVm 56 Abs 4 WEG 2002. Die Übergangsvorschrift schaffe materielles Übergangsrecht, das in der Sache einen Kompromiss zwischen der sofortigen Pflicht zur Anpassung an die neue Rechtslage und der weiteren Existenz von "Mischhäusern" auf unabsehbare Zeit bilde. Daraus folge, dass der 30. Juni 2002 jener Zeitpunkt sei, zu dem Grundbuchsgesuche, die ausschließlich den Regelungen des WEG 1975, nicht aber jenen des WEG 2002 entsprächen, spätestens hätten eingebracht werden müssen, um noch verbüchert werden zu können. Da sich der Antrag der Antragstellerin nicht auf alle restlichen Wohnungen und sonstigen selbständigen Räumlichkeiten der Liegenschaft, die nach der Widmung der Miteigentümer als Wohnungseigentumsobjekte vorgesehen seien, beziehe, sei ihr Antrag nach der neuen Rechtslage des WEG 2002 abzuweisen. Damit entbehrten aber auch alle anderen Gesuche der Antragstellerin der rechtlichen Grundlage. Allfällige weitere Abweisungsgründe seien nicht zu prüfen, weil die Wiederholung des Grundbuchsgesuches - ohne Änderung der vorgelegten Vertragsurkunden - nicht in Betracht komme.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dazu fehle, ob aufgrund eines vor dem 30. Juni 2002 geschlossenen, nicht die gesamte restliche Liegenschaft betreffenden Wohnungseigentumsvertrag die Einverleibung von Wohnungseigentum an einer Liegenschaft, an der bloß teilweise Wohnungseigentum begründet sei, bewilligt werden könne.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit einem Abänderungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Die Revisionsrekurswerberin hält weiter an ihrer Rechtsansicht fest, dass ihr Antrag trotz § 56 Abs 4 WEG 2002 zu bewilligen sei, da der Wohnungseigentumsvertrag vor Inkrafttreten des Gesetzes geschlossen worden sei und daher auch der Verbücherungsantrag nach der alten Rechtslage zu beurteilen sei.

Die Vorinstanzen haben bereits zutreffend § 56 Abs 4 WEG 2002 interpretiert und auf den vorliegenden Rechtsfall angewandt, sodass auf ihre Ausführungen verwiesen werden kann. Zusammenfassend ist wie folgt Stellung zu nehmen:

§ 56 Abs 4 WEG 2002 ordnet an, dass in dem Fall, dass vor dem 1. Juli 2002 Wohnungseigentum - jedoch nicht an allen wohnungseigentumstauglichen Objekten der Liegenschaft - begründet wurde, nach dem 30. Juni 2002 die weitere Begründung von Wohnungseigentum nur zulässig ist, wenn sie sich auf alle restlichen Wohnungen und sonstigen selbständigen Räumlichkeiten der Liegenschaft sowie auf alle restlichen Abstellplätze für Kraftfahrzeuge bezieht, die nach der Widmung der Miteigentümer als Wohnungseigentumsobjekt vorgesehen sind. Der Gesetzgeber hat also unzweifelhaft geregelt, dass bei einem sogenannten "Mischhaus" nach dem 30. Juni 2002 die Begründung von Wohnungseigentum an wieder nur Teilen der Liegenschaft nicht mehr möglich sein soll, sondern im Hinblick auf § 3 Abs 2 WEG 2002 die Begründung von Wohnungseigentum nunmehr alle Wohnungen oder sonstigen selbständigen Räumlichkeiten und Abstellplätze umfassen muss.

In der Lehre sind die Ansichten dazu, ob ein nach dem 30. 6. 2002 eingebrachtes Grundbuchsgesuch den Bestimmungen des WEG 2002 entsprechen muss, um verbüchert werden zu können, geteilt (für diese Ansicht: Vonkilch in Ausgewählte Übergangsfragen zum WEG 2002, wobl 2002, 289 ff mwN, derselbe in Vonkilch/Hausmann, Wohnrecht, § 56 WEG, Rz 14 ff, Würth in Sonderprobleme der WE- Begründung: Kfz-Abstellplätze, Vorratsteilung, obligatorische Begründung in wobl 2002, 118 ff; Prader in WEG 2002 - Ein erster Überblick, RdW 2002, 265; undifferenziert Schernthanner in Die Übergangsbestimmungen im Wohnungseigentumsgesetz 2002, wobl 2002, 154 ff; dagegen: Call in WEG 2002 - Drei Fragen zum Übergangsrecht, wobl 2002, 253).

Der erkennende Senat hat dazu erwogen:

Für die Begründung von Wohnungseigentum, auf die § 56 Abs 4 WEG 2002 abstellt, bedarf es eines Titels und eines Modus. Die möglichen Titel ergeben sich aus § 3 Abs 1 WEG, wobei hier in Z 1 leg cit ausdrücklich der Wohnungseigentumsvertrag genannt ist. Mit dem Abschluss des Wohnungseigentumsvertrages ist aber das Wohnungseigentum im Gegensatz zur Ansicht der Revisionsrekurswerberin noch nicht begründet. Dazu bedarf es nämlich noch des Modus, d.h. bei unbeweglichen Sachen der Eintragung in das Grundbuch (§ 431 ABGB; auch Spielbüchler in Rummel I3, § 431 ABGB, Rz 1ff).

Erst mit der Einverleibung aufgrund des Wohnungseigentumsvertrages wäre im vorliegenden Fall das Wohnungseigentum begründet. Da aber die Einverleibung bzw die entsprechende Antragstellung beim Grundbuch nicht vor dem 1. Juli 2002 erfolgt ist, ist die Übergangsbestimmung des § 56 Abs 4 WEG 2002 anzuwenden, die besagt, dass nach dem 30. Juni 2002 die weitere Begründung von Wohnungseigentum nicht zulässig ist, wenn sie sich nicht auf alle restlichen Wohnungen bzw auf die im Gesetz genannten Räumlichkeiten und Abstellplätze bezieht. Aufgrund des eindeutig erklärten Willens des Gesetzgebers bietet sich kein Raum für eine andere Abgrenzung. Auch wenn diese Bestimmung zweifellos zu einigen Härten in der Praxis führt, kann die Rechtsprechung nicht völlig willkürlich gewählte, aus dem Gesetz nicht ableitbare und sich auch nicht aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergebende andere Übergangsbestimmungen - etwa wie von der Revisionsrekurswerberin gewünscht nach dem Tag des Abschlusses des Wohnungseigentumsvertrages - entwickeln. Allfällige den vorliegenden Fall gar nicht betreffende Erlässe können gesetzliche Übergangsbestimmungen nicht außer Kraft setzen und geben keinen Aufschluss über den Willen des Gesetzgebers.

Dieser schon aus § 56 Abs 4 WEG 2002 hervorleuchtende Wille des Gesetzgebers wird im übrigen noch durch die intertemporäre Generalklausel des § 56 Abs 13 WEG 2002 gestützt. Aus § 55 zweiter Satz WEG 2002 ist nach Ansicht des erkennenden Senates für das vorliegende übergangsrechtliche Problem nichts zu gewinnen, da sich die Übergangsregelungen des § 29 Abs 1 bis 3 WEG 1975 auf die Bestimmungen des WEG 1948 beziehen.

Da der Einverleibungsantrag der Revisionsrekurswerberin den §§ 56 Abs 4 iVm 3 Abs 2 WEG 2002 nicht entspricht, wurde er samt den daraus abgeleiteten Anträgen von den Vorinstanzen zu Recht abgewiesen (vgl zum gleichen Rechtsproblem 5 Ob 224/03g vom 21. 10. 2003).

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