OGH 5Ob49/03x

OGH5Ob49/03x29.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Karin K*****, vertreten durch Mag. Brigitte Wagner, Mietervereinigung Österreichs, 1190 Wien, Billrothstraße 34, gegen die Antragsgegnerin A***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Andreas Öhler, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 654,06 samt Anhang (§ 37 Abs 1 Z 14 MRG [§ 27 MRG]), über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6. November 2002, GZ 40 R 280/02a-15, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Döbling vom 29. Juli 2002, GZ 9 Msch 84/01t-11, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der erstinstanzliche Sachbeschluss wiederhergestellt wird. Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 2,47 bestimmten Barauslagen des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Im Herbst 1998 erfuhr die Antragstellerin vom Sohn der Hauseigentümer, dass die gegenständliche Wohnung zu vermieten sei. Die Antragstellerin wandte sich daraufhin an die Hauseigentümer. Sie besichtigte die Wohnung mit den Hauseigentümern und deren Sohn. Hinsichtlich des Abschlusses des Mietvertrages verwiesen sie die Hauseigentümer an die Antragsgegnerin, die von ihnen ca zwei Monate zuvor einen Alleinvermittlungsauftrag für die Vermietung der Wohnung erhalten hatte. Die Antragstellerin teilte der Geschäftsführerin der Antragsgegnerin mit, dass sie die Wohnung mieten wolle und dass sie von den Hauseigentümern wisse, dass diese Wohnung frei werde. Die Geschäftsführerin der Antragsgegnerin erwiderte, dass die Antragsgegnerin bereits durch das Schalten zweier Anzeigen und Besichtigen mit Interessenten tätig geworden sei und die Antragstellerin daher "Provision" bezahlen müsse. Die Antragstellerin war zunächst nicht bereit, die geforderte "Provision" zu bezahlen. Letztlich einigten sich die Parteien auf die Bezahlung von S 9.000 brutto. Die Geschäftsführerin der Antragsgegnerin rief bei der Hausverwaltung an und teilte mit, dass mit der Antragstellerin ein unbefristeter Hauptmietvertrag abgeschlossen werden solle. Vor Abschluss des Mietvertrages zahlte die Antragstellerin den geforderten Betrag an die Geschäftsführerin der Antragsgegnerin. Hätte sie dies nicht getan, wäre der Mievertrag mit ihr nicht abgeschlossen worden.

Die Antragstellerin begehrt die Rückzahlung des bezahlten Betrages, da ihm keine gleichwertige Gegenleistung gegenüberstehe, insbesondere sei die Antragsgegnerin für die Wohnungsvermittlung überhaupt nicht verdienstlich geworden. Der Betrag sei eine ungültige und verbotene Vereinbarung im Sinne des § 27 MRG.

Die Antragsgegnerin beantragt die Antragsabweisung mit der Begründung, dass sie sehr wohl verdienstlich geworden sei, weil die Anmietung der Wohnung über ihre Vermittlung erfolgt sei und sie den Mietvertrag erstellt habe.

Das Erstgericht gab dem Rückzahlungsbegehren Folge. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Auffassung, dass gemäß § 6 Abs 1 MaklerG der Auftraggeber zur Zahlung einer Provision für den Fall verpflichtet sei, dass das zu vermittelnde Geschäft durch die vertragsgemäße verdienstliche Tätigkeit des Maklers mit einem Dritten zustandekomme. Es könne dahingestellt bleiben, ob zwischen den Parteien überhaupt ein Maklervertrag zustande gekommen sei, da die Antragsgegnerin jedenfalls nicht verdienstlich geworden sei. Die Antragstellerin habe nämlich bereits zum Zeitpunkt des Anrufes bei der Antragsgegnerin ohne deren Tätigkeit Kenntnis von der Möglichkeit, einen Mietvertrag über die gegenständliche Wohnung abzuschließen, erlangt. Die bloße "Genehmigung" des Mietvertragsabschlusses, der bei der Hausverwaltung erfolgt sei, stelle jedenfalls keine verdienstliche Tätigkeit dar. Es handle sich um eine Leistung ohne gleichwertige Gegenleistung im Sinne des § 27 Abs 1 Z 1 und 3 MRG. Der Alleinvermittlungsauftrag wirke nur im Rechtsverhältnis zwischen Antragsgegnerin und Hauseigentümer.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin Folge und änderte den angefochtenen Beschluss in eine Antragsabweisung ab. Es vertrat die Rechtsansicht, dass unter § 27 Abs 1 Z 1 MRG nur Vereinbarungen zu subsumieren seien, die dem Makler einen Provisionsanspruch ohne Vermittlungsauftrag verschafften. Einwendungen des Mieters gegen den aus dem Vermittlungsauftrag grundsätzlich resultierenden Provisionsanspruch des Maklers, dass es etwa an der Verdienstlichkeit des Maklers oder an der Kausalität seiner Vermittlungsbemühungen fehle, könnten demnach - im Gegensatz zu der vom Obersten Gerichtshof vertretenen Rechtsansicht - nicht Gegenstand eines Verfahrens nach § 37 Abs 1 Z 16 MRG sein. Dies würde nämlich dazu führen, dass auch die teilweise Verwirkung des Provisionsanspruches bei nicht voller Verdienstlichkeit im Außerstreitverfahren zu prüfen wäre. Diese Intention könne dem Gesetzgeber jedoch nicht unterstellt werden. Das Rekursgericht bejahte das Vorliegen eines schlüssigen Vermittlungsvertrages. Die Hauseigentümer hätten klargestellt, lediglich mit von der Antragsgegnerin vermittelten Interessenten abschließen zu wollen, wobei die Antragstellerin ausdrücklich an die Antragsgegnerin verwiesen worden sei. Die Antragstellerin habe sich in Kenntnis dieses Umstandes an die Antragsgegnerin gewandt, ausdrücklich die Bezahlung einer "Provision" vereinbart und sich damit der Antragsgegnerin nutzbringend bedient. Da ein Vertrag vorliege, könne eine Rückforderung des Betrages unter Berufung auf § 27 Abs 1 Z 1 MRG nicht erfolgen. Die Anwendung des § 27 Abs 1 Z 3 MRG komme nur bei Vereinbarung eines offenbar übermäßigen Entgelts in Betracht. Der Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip müsse eklatant sein. Da hier weniger als drei Monatsmieten als Provision begehrt worden seien, scheide die Anwendung des § 27 Abs 1 Z 3 MRG aus. Mangels Vorliegens einer Vereinbarung mit den Vermietern könne der Anspruch auch nicht auf § 27 Abs 1 Z 5 MRG gestützt werden.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, da das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen sei, dass trotz Vorliegens eines Maklervertrages der Rückforderungsanspruch § 27 Abs 1 Z 1 MRG unterliege, wenn die Verdienstlichkeit der Maklertätigkeit fehle. Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den erstinstanzlichen Sachbeschluss wieder herzustellen. Die Antragsgegnerin beteiligte sich am Revisionsrekursverfahren nicht.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Die Antragstellerin wendet sich dagegen, dass ein Maklervertrag zustande gekommen sei und dass selbst bei Vorliegen eines Maklervertrages der Anspruch nicht auf § 27 Abs 1 Z 1 MRG gestützt werden könnte.

Gemäß § 27 Abs 1 Z 1 MRG sind Vereinbarungen ungültig und verboten, wonach der neue Mieter ohne gleichwertige Gegenleistung dem Vermieter, dem früheren Mieter oder einem anderen etwas zu leisten hat. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fallen darunter jedenfalls Vereinbarungen, die dem Makler einen Provisionsanspruch ohne Vermittlungsauftrag oder ohne jede verdienstliche Tätigkeit verschaffen sollen (5 Ob 49/00t, 5 Ob 233/98v, 5 Ob 2175/96f, 5 Ob 2177/96z; RIS-Justiz RS0070238, RS0103228). Von dieser Rechtsprechung für den Fall des Fehlens jeder verdienstlichen Tätigkeit abzugehen, besteht - auch im Hinblick auf die Ausführungen des Rekursgerichtes - kein Grund. Darauf braucht aber nicht näher eingegangen werden, da diese Fallgestaltung für die vorliegende Rechtssache gar nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist. Der Rechtsansicht des Rekursgerichtes, es liege hier ein schlüssiger Vermittlungsauftrag vor, kann nicht gefolgt werden. Die Judikatur bejaht den konkludenten Abschluss eines Maklervertrages, wenn der Auftraggeber in Kenntnis des Umstandes, eine provisionspflichtige Tätigkeit des Vermittlers in Anspruch zu nehmen, diese Tätigkeit duldet oder sich der Vermittlungstätigkeit nutzbringend bedient, um den gewünschten Erfolg herbeizuführen (5 Ob 2177/96z; WBl 1993, 264; ImmZ 1995, 460; ImmZ 1993, 38; RIS-Justiz RS0062685). Dies gilt aber dann nicht, wenn der Makler erkennbar bereits für einen anderen Auftraggeber handelt (4 Ob 51/97x, 8 Ob 350/97x; ImmZ 1995, 460; je mwN, RIS-Justiz RS0062684). Es muss also - wie immer bei Annahme einer schlüssigen Willenserklärung - mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund da sein, an einem schlüssigen Vertragsabschluss zu zweifeln (§ 863 Abs 1 ABGB). Im vorliegenden Fall wandte sich die Antragstellerin an die Antragsgegnerin nur über ausdrückliche Anweisung des Vermieters. Sie kannte vor der Kontaktaufnahme mit der Antragsgegnerin das Mietobjekt und die näheren Mietbedingungen, sie hatte bereits eine Besichtigung mit dem Vermieter vorgenommen und mit ihm die Anmietung des Objektes besprochen. Der Vermieter hatte aber mit der Antragsgegnerin einen Alleinvermittlungsauftrag geschlossen und deshalb die Antragstellerin an die Antragsgegnerin verwiesen. Es stand daher bereits bei der ersten Kontaktaufnahme zwischen den Parteien fest, dass die Antragsgegnerin keine wie immer geartete Vermittlungstätigkeit entfalten würde. Der einzige Grund für die Zuziehung der Antragsgegnerin war der zwischen Vermieter und Antragsgegnerin geschlossene Alleinvermittlungsauftrag. Unter diesen Umständen konnte unter Anwendung der oben dargelegten Grundsätze die Kontaktaufnahme der Antragstellerin mit der Antragsgegnerin keinesfalls als schlüssiger Abschluss eines Vermittlungsauftrages gewertet werden, war doch allen Beteiligten von vornherein ohne jeden Zweifel klar, dass die Antragsgegenerin keine Vermittlungstätigkeit für die Antragstellerin entfalten kann. Frühere Leistungen der Antragsgegenerin (Inserate, Besichtigung) wurden ausschließlich zur Erfüllung des mit den Hauseigentümern abgeschlossenen Alleinvermittlungsauftrages erbracht. Es wurde also von der Antragstellerin die Bezahlung eines als "Provision" bezeichneten Betrages ohne zumindest schlüssigen Vermittlungsauftrag und ohne jegliche Gegenleistung von einem anderen als dem Vermieter als Voraussetzung für den Abschluss des Mietvertrages verlangt. Die Antragstellerin ist daher berechtigt, den von ihr geforderten und bezahlten Betrag im Hinblick auf § 27 Abs 1 Z 1 MRG zurückzufordern. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG iVm § 41 ZPO. Im Rekursverfahren wurden keine Kosten verzeichnet.

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