European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2003:0100OB00005.03P.0408.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Für die Unterscheidung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht lassen sich nach ständiger Rechtsprechung keine allgemein gültigen Regeln aufstellen, es kommt vielmehr stets auf die Gesamtheit aller erheblichen Umstände des Einzelfalls (SZ 70/184 mwN; 10 Ob 11/00s uva) und auf die Zweckbestimmung der Bestandsache bei Vertragsabschluss bzw auf die dem Bestandnehmer eingeräumten Befugnisse an (SZ 70/184 mwN; 10 Ob 11/00s ua).
Unternehmenspacht liegt regelmäßig dann vor, wenn ein "lebendes Unternehmen", also eine organisierte Erwerbsgelegenheit mit allem, was zum Begriff des "good will" gehört, übergeben wird (SZ 70/184 mwN; 10 Ob 11/00s uva). Dies umfasst neben den Räumlichkeiten das, was für den Betrieb des überlassenen Unternehmens und seinen wirtschaftlichen Fortbestand notwendig ist, somit die Betriebsmittel, die Geschäftseinrichtung, das Warenlager, den Kundenstock und die Gewerbeberechtigung, allenfalls auch das erforderliche Personal. Dies bedeutet jedoch nicht, dass im Einzelfall alle diese Merkmale als Voraussetzung für eine Qualifikation als Unternehmenspacht gleichzeitig zutreffen müssen (RIS‑Justiz RS0020398). So kann das Warenlager gänzlich fehlen, die Gewerbeberechtigung vom Bestandnehmer selbst zu besorgen oder der Kundenstock nur klein sein (SZ 70/184 mwN; 10 Ob 11/00s). Fehlt es bei der Überlassung eines Unternehmens an einzelnen für seinen Betrieb typischen Merkmalen, so ist entscheidend, welchen Kriterien im Anlassfall die größere wirtschaftliche Bedeutung zukommt (SZ 70/184; 10 Ob 11/00s; RIS‑Justiz RS0020521). Auch ein niedergewirtschaftetes Unternehmen, das nur noch als Teilbetrieb läuft oder mit Verlust arbeitet, kann verpachtet werden (MietSlg 30.176 ua; Binder in Schwimann 2, ABGB § 1091 Rz 21). Der schlechte Unternehmenszustand ändert nicht die Vertragsnatur (MietSlg 41.080 ua; Binder aaO). Ob der Bestandgeber eine Gewerbeberechtigung hat, ist für die Frage von Miete und Pacht nicht von entscheidender Bedeutung (MietSlg 42.085; Binder aaO § 1091 Rz 23).
Im Allgemeinen ist die Vereinbarung einer Betriebspflicht das wesentlichste Kriterium für die Annahme eines Pachtvertrags (SZ 70/184 mwN; 10 Ob 11/00s uva), sofern das auf einem wirtschaftlichen Interesse des Bestandgebers an der Art des Betriebs und an dessen Bestehen beruht (SZ 70/184 mwN; 10 Ob 11/00s; RIS‑Justiz RS0020451). Selbst wenn sich das Unternehmen bei Vertragsabschluss in sehr schlechtem Zustand befand und deshalb von Anfang an hohe Investitionen notwendig waren, würde ‑ bei entsprechender Vertragsgestaltung ‑ eine Unternehmenspacht vorliegen (MietSlg 41.080; MietSlg 43.078; 1 Ob 508/91). Auch die Verpflichtung, die Investitionen bei Auflösung des Bestandverhältnisses dem Bestandgeber zu überlassen, schließen eine Unternehmenspacht nicht aus (MietSlg 43.078; vgl MietSlg 15.063; 41.085).
Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht zahlreiche Indizien für das Vorliegen eines Pachtvertrags angeführt. Es erblickte im überlassenen, von der klagenden Partei seit Jahren betriebenen Sportstättenbetrieb ein lebendes Unternehmen, das von Sportlern regelmäßig aufgesucht wurde und Einnahmen ermöglichte und zu dessen Weiterführung sich der Beklagte verpflichtet hatte. Es bejahte ein eminentes Interesse der Bestandgeberin an der Weiterführung des Betriebes, liege dieses doch auf der Hand, wenn Gegenstand des Vertrags eine in einem Erholungsgebiet am Rande einer Großstadt gelegene Sportstätte sei und als Bestandgeber eine dem allgemeinen Wohl verpflichtete Gemeinde aufscheine (vgl MietSlg 43.078). Dem Beklagten sei auch die von ihm geplante Führung eines Buffetbetriebs gestattet worden, sodass eine organisierte Erwerbsgelegenheit jedenfalls vorhanden gewesen sei.
Das Berufungsgericht hat das Bestandverhältnis zwischen den Streitteilen in einer Gesamtschau aller bestimmenden Kriterien als Unternehmenspacht beurteilt. Diese Rechtsansicht berücksichtigt die besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls und bewegt sich im Rahmen der dargestellten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Eine im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzugreifende Fehlbeurteilung ist nicht zu erkennen. Der Ansicht des Beklagten, es liege eine Neuerrichtung eines Unternehmens vor, weil die Bestandgeberin ein Buffet nicht betrieben habe, vermag der Senat nicht zu folgen. Abgesehen davon, dass auch ein erst zu gründendes Unternehmen Gegenstand eines Pachtvertrags sein kann (SZ 70/184 mwN), wäre der vom Beklagten schließlich nicht eingerichtete Buffetbetrieb bloß ein Nebenbetrieb des überlassenen Sportbetriebs gewesen, dessen wesentliche Grundlagen die klagende Partei dem Beklagten zur Verfügung stellte. Die außerordentliche Revision erweist sich demnach als unzulässig.
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