OGH 2Ob52/03s

OGH2Ob52/03s27.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Bernhard D*****, vertreten durch Dr. Arnulf Kracker-Semler und Dr. Horst Kilzer, Rechtsanwälte in Villach, gegen die beklagte Partei S***** Baugesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Walter Mörth und Dr. Georg Buder, Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 9.626,32 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 28. November 2002, GZ 2 R 317/02y-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 26. Mai 2002, GZ 16 C 1127/00s-21, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Auf Grund einer zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung wurden im Juni 1998 Pflasterungsarbeiten im Bereich der Hauszufahrt des Klägers durchgeführt. Mit der am 28. 6. 2000 eingebrachten Klage begehrte der Kläger EUR 2.180,19 sA aus dem Titel des Schadenersatzes und der Gewährleistung, weil die verlegten Steine mangelhaft seien. In der Tagsatzung vom 12. März 2002 dehnte er sein Begehren auf EUR 9.626,32 sA aus. Er begehrte nun die Rückzahlung des geleisteten Werklohnes aus dem Titel der Wandlung des Vertrages und behauptete einen wesentlichen und unbehebbaren Mangel.

Die beklagte Partei wendete ein, der Mangel an den Steinen sei bei deren Verlegung nicht erkennbar gewesen, ein Verschulden der beklagten Partei liege nicht vor.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging hiebei ua von folgenden Feststellungen aus:

Der Kläger vereinbarte mit der Beklagten, dass diese die Außenanlagen seines Hauses herstellt und dabei bei seiner Hauseinfahrt Pflastersteine verlegt. Grundlage des Auftrages war ein Angebot der Beklagten vom 18. 6. 1998. Zunächst war zwischen den Streitteilen die Verlegung eines anderen Steines vereinbart. Der Kläger besichtigte dann ausgestellte Pflastersteine verschiedener Hersteller bei diversen Baumärkten. Dabei gefiel ihm der Stein "P*****" der Fa. S***** im Farbton "pastellrot". Der Kläger ging daraufhin zu Ing. H*****, dem verantwortlichen Bauleiter der Beklagten und erklärte ihm, dass er den Stein "P*****" in der Farbe "pastellrot" verlegt haben wolle. H***** zeigte dem Kläger den Katalog der Fa. S*****, welcher den vom Kläger in den Baumärkten gesehenen Stein "P*****" in "pastellrot" enthielt. Der Kläger wünschte anhand des Kataloges die Verlegung dieser Steine.

Ein Subunternehmer der Beklagten verlegte im Juni 1998 die Steine in zwei verschiedenen Größen. Bei der Verlegung waren keine optischen Mängel sichtbar. Die Beklagte legte mit 14. 7. 1998 Rechnung ua über die durchgeführten Arbeiten, darunter sind zwei Positionen über die Pflasterung im Betrag von S 10.301,85 und S 100.082,40 (die Summe dieser Beträge ergibt zuzüglich USt den ausgedehnten Klagsbetrag).

In der Folge verfärbten sich die verlegten Steine ungleichmäßig. Daraufhin kam es zwischen den Beteiligten (Beklagte, Subunternehmer, Fa. S*****) zu verschiedenen Besichtigungen, Gesprächen und Briefen über die Sanierung. Im Sommer 1999 versuchte die Fa. S***** durch Behandlung der Steine mit Ameisensäure, eine einheitliche Oberflächenfärbung zu erreichen, was jedoch nicht gelang. Die Farbunterschiede entstanden, weil die unterschiedlichen Größen der Steine während der Produktion unterschiedlich oberflächenbehandelt worden waren. Bei den kleinen Steinen wurde die farbgebende Körnung stärker ausgewaschen. Eine Verbesserung durch Maßnahmen an den konkret verlegten Steinen ist technisch nicht möglich. Ein Austausch der Steine ist nicht mehr möglich, weil die Farbe "pastellrot" nicht mehr im Lieferprogramm der Fa. S***** aufscheint.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass die Beklagte keine Warnpflicht hinsichtlich der Qualität der Steine getroffen habe, gleichgültig, ob man den Wunsch des Klägers, die Steine "P*****" der Firma S***** zu verlegen, als "Anweisung" oder als "beigestellten Stoff" im Sinne des § 1168a ABGB ansehe. Mangels Warnpflicht entfalle eine Gewährleistung der Beklagten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil im klagsstattgebenden Sinne ab; nur ein Teil des Zinsenbegehrens wurde abgewiesen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, und führte im Wesentlichen folgendes aus:

Die Parteien hätten zuerst einen Werkvertrag geschlossen, der andere als die dann verlegten (streitgegenständlichen) Steine zum Inhalt gehabt habe. Der nachträgliche Wunsch des Klägers, die Steine "P*****" zu verlegen, sei rechtlich als neues Angebot des Klägers zu sehen, welches die Beklagte (nach Gesprächen unter Vorlage des Kataloges der Fa. S*****) angenommen habe, indem sie sich innerhalb des sonst gleichbleibenden Werkvertrages zur Lieferung anderer als der zuerst vereinbarten Steine verpflichtet habe. Die Parteien hätten damit den Inhalt des Werkvertrages einvernehmlich dahin abgeändert, dass anstelle der ursprünglich vereinbarten Steine nun die "P*****"-Steine der Fa. S***** verlegt werden sollten. Der nunmehr zu beurteilende Werkvertrag mit dem neuen Inhalt stelle sich nicht anders dar, als wenn die Parteien von vornherein die Verlegung der "P*****"-Steine vereinbart hätten. Die verschuldensunabhängige Gewährleistungsverpflichtung der Beklagten, ein mängelfreies Werk zu erstellen, erstrecke sich daher auch auf die Qualität der Steine.

Die "P*****"-Steine seien hier nicht als "beigestellter Stoff" im Sinne des § 1168a ABGB zu beurteilen, weil der Kläger sie nicht selbst eingekauft und der Beklagten zur Verlegung zur Verfügung gestellt habe. Im Rahmen des geänderten Werkvertrages habe sich vielmehr die Beklagte zur Lieferung und Verlegung der Steine verpflichtet. Auch eine "Anweisung" im Sinne des § 1168a ABGB liege nicht vor. Der Kläger habe der Beklagten nicht die Art und Weise der Durchführung des Werkauftrages (das "Wie" der Verlegung) vorgeschrieben, sondern die Lieferung und Verlegung der "P*****"-Steine sei durch die abändernde Vereinbarung Inhalt der Werkvertrages geworden, dessen Durchführung der Beklagten (weisungsfrei) oblegen habe. Die Beklagte haftet daher aus dem Titel der Gewährleistung verschuldensunabhängig dafür, dass die Steine mit einem wesentlichen und unbehebbaren Mangel behaftet seien.

Weil eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur in ihrer Bedeutung über den vorliegenden Einzelfall hinausgehenden Frage der Abgrenzung zwischen Änderung des Werkvertrages und Anweisung im Sinne des § 1168a ABGB fehle, sei die ordentliche Revision zulässig.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsabweisenden Sinne abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin macht im Wesentlichen geltend, die werkvertragliche Vereinbarung der Verwendung bestimmter Baustoffe sei als Anweisung des Bestellers im Sinne des § 1168a ABGB zu verstehen. Da der Mangel der vom Kläger vorgegebenen Steine nur durch eine labortechnische Untersuchung hätte erkannt werden können, welche der Beklagten nicht zumutbar gewesen sei, habe keine Warnpflicht bestanden. Mangels Warnpflichtverletzung müsse auch nicht Gewähr geleistet werden.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Gegenstand der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung war die Lieferung und Herstellung der Pflasterung im gesamten Einfahrts- und PKW-Abstellbereich inklusive Einkehren der Fugen mit Quarzsand zu einem (Material und Arbeit nicht gesondert ausweisenden) Einheitspreis. Da in einem solchen Fall das Schwergewicht auf der Erbringung einer nach den Bedürfnissen und Wünschen des Bestellers invidualisierten Leistung liegt, ist bei der Verlegung eines vom Unternehmer beigestellten Bodenbelages regelmäßig ein Werkvertrag (und nicht ein Kaufvertrag) anzunehmen (JBl 1971, 630; Krejci in Rummel, ABGB I3 §§ 1165, 1166 Rz 123 ff, 127, 129 mwN; Rebhahn in Schwimann, ABGB2 § 1166 Rz 2, 4, 6 mwN). Zutreffend sind die Vorinstanzen daher davon ausgegangen, dass zwischen den Streitteilen ein Werkvertrag geschlossen wurde. Da dies vor dem 1. 1. 2002 geschehen ist, gilt die durch das GewRÄG geschaffene Rechtslage noch nicht.

Gemäß § 1167 ABGB aF kann der Besteller bei wesentlichen Mängeln, welche das Werk unbrauchbar machen oder der ausdrücklichen Bedingung zuwiderlaufen, vom Vertrage abgehen. Will er das nicht oder sind die Mängel weder wesentlich noch gegen die ausdrückliche Bedingung, so kann er die Verbesserung, falls diese nicht einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, oder eine angemessene Minderung des Entgeltes fordern.

Misslingt das Werk infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffes oder offenbar unrichtiger Anweisungen des Bestellers, so ist gemäß § 1168a ABGB der Unternehmer für den Schaden verantwortlich, wenn er den Besteller nicht gewarnt hat.

Das Gesetz nennt hier die beiden praktisch wichtigsten Fälle, in denen das Misslingen der Werkes auf Umstände, die aus der Sphäre des Bestellers stammen, zurückzuführen ist (Rebhahn aaO § 1168a Rz 13). Es sind aber auch andere störende Umstände auf Seiten des Bestellers denkbar (RIS-Justiz RS0021934; Krejci aaO § 1168a Rz 17, 25 mwN). Gibt der Besteller etwa dem Unternehmer den Werksstoff vor, so greift er damit in die typische Unternehmersphäre ein (vgl Kurschel, Die Gewährleistung beim Werkvertrag 22). Es ist dann im Ergebnis gleichgültig, ob man in einem solchen Fall eine - über einen bloßen Wunsch oder eine Anregung und Empfehlung des Bestellers hinausgehende (vgl RIS-Justiz RS0022214) - Anweisung im Sinne des § 1168a ABGB oder einen gleichgelagerten Sachverhalt annimmt (vgl Rebhahn aaO § 1168a Rz 17; Krejci aaO § 1168a Rz 21; Kurschel aaO 21 f; Wilhelm in FS Ostheim 230 f).

Die Bestimmung normiert als Rechtsfolge einer Warnpflichtverletzung primär die Schadenersatzpflicht des Unternehmers. Nach herrschender Ansicht schränkt § 1168a ABGB aber auch die Gewährleistungspflichten des Unternehmers gemäß § 1167 ABGB ein: Kam der Unternehmer seiner Warnpflicht nach oder bestand eine solche mangels Erkennbarkeit des aus der Bestellerspähre stammenden Erfolgshindernisses nicht, so entfällt im gleichen Umfang die Gewährleistung (RIS-Justiz RS0021963, RS0021932; Krejci aaO § 1168 Rz 39; Rebhahn aaO § 1167 Rz 16; Kurschel aaO 18). Keine Gewährleistungspflicht des Unternehmers besteht dann also nur insoweit, als in die Unternehmersphäre eingegriffen wurde. Im Übrigen ist für die Mängelfreiheit eines vom Besteller vorgegebenen und vom Unternehmer gelieferten Stoffes zu haften (vgl Wilhelm aaO 227 unten). Gibt der Besteller zB in einer Ausschreibung dem Unternehmer Rohre bestimmter Dimension vor, so kann er (ohne Warnpflichtverletzung des Unternehmers) nicht mit Erfolg geltend machen, das Werk sei wegen ungenügender Rohrquerschnitte mangelhaft, wohl aber, es sei ein undichtes Rohr geliefert worden.

Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen ästhetischen Mangel. Der vom Kläger gewünschte Stein als solcher war ebenso wie die Verlegung mangelfrei, die beiden verwendeten Plattengrößen (20 x 20 und 20 x 30) verfärbten sich aber wegen unterschiedlicher Oberflächenbehandlung ungleichmäßig, sodass ein schachbrettähnliches Muster entstand (vgl die Fotos in ON 14). Da die Beklagte (bzw ihr Subunternehmer) dies vor Verlegung ohne unzumutbare Untersuchungen (RIS-Justiz RS0022252, RS0021744, RS0021971) nicht erkennen konnte, ist ihr keine Warnpflichtverletzung anzulasten. Damit scheiden Schadenersatzansprüche des Klägers aus. Für einen im Wesentlichen einheitlichen Farbton der Steine hat die Beklagte aber nach den obigen Rechtsausführungen dennoch Gewähr zu leisten: Der Kläger hat der Beklagten zwar (im Wege einer Vertragsänderung) das zu verlegende Produkt vorgegeben, verlor damit aber nicht schon jeglichen Gewährleistungsanspruch. Er könnte zwar nicht ins Treffen führen, die von ihm gewünschte Farbe pastellrot wäre unästhetisch und würde nicht zu den Farben seines Hauses passen. Zweifarbigkeit der Steine hat er der Beklagten aber nicht vorgegeben. Er durfte also die Lieferung von Steinen in einheitlichem Farbton - als gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft - erwarten. Insoweit bleibt es bei der Gewährleistungsregel des § 1167 ABGB aF.

Die Beklagte hat das vom Kläger zur Begründung seines Wandlungsbegehrens erstattete Vorbringen - entgegen der Darstellung des Berufungsgerichtes - bestritten (vgl AS 83). Dass die Beklagte bestimmte Eigenschaften des vom Kläger vorgegebenen Materials zugesichert hätte, wurde nicht festgestellt. Es kann auch nicht gesagt werden, dass das Werk in ästhetischer Hinsicht unbrauchbar wäre: Dem Kläger missfällt zwar das entstandene Schachbrettmuster aus zwei verschiedenen Farbtönen; manch anderer Betrachter wird es hingegen als zur Auflockerung der gepflasterten Fläche beabsichtigt und vorteilhaft empfinden. Der erkennende Senat ist somit der Ansicht, dass die unvermutet aufgetretenen Farbabweichungen zwar einen (ästhetischen) Mangel darstellen, der jedoch nicht wesentlich ist (vgl Reischauer in Rummel, ABGB I3 § 932 Rz 2 letzter Absatz mwN). Der Kläger kann daher gemäß § 1167 ABGB aF nicht Wandelung, sondern (wegen Unmöglichkeit der Verbesserung) nur Preisminderung fordern.

Um die Parteien mit dieser Rechtsansicht nicht zu überraschen, war die Rechtssache unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile zur Erörterung eines Preisminderungsanspruches (vgl zur Austauschbarkeit der Rechtsbehelfe Binder in Schwimann, ABGB2 § 932 Rz 19; Reischauer aaO § 933 Rz 10) an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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