OGH 10Ob92/02f

OGH10Ob92/02f26.11.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei o***** C***** B***** GmbH, D-*****, vertreten durch Dr. Karl Wagner, Rechtsanwalt in Schärding, gegen die beklagte Partei R***** P***** GmbH, *****, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger em., DDr. Heinz Mück ua, Rechtsanwälte in Linz, wegen Leistung (EUR 121.187,06) und Feststellung (EUR 726,73), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 29. November 2001, GZ 6 R 196/01p-13, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Der Antrag der klagenden Partei auf Einholung einer Vorabentscheidung durch den EuGH wird zurückgewiesen.

2. Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zu Punkt 1:

Eine Prozesspartei hat nach ständiger Rechtsprechung keinen verfahrensrechtlichen Anspruch, die Einholung einer Vorabentscheidung durch den EuGH zu beantragen. Ein solcher Antrag ist zurückzuweisen (SZ 70/262; SZ 69/6 ua; RIS-Justiz RS0058452).

Zu Punkt 2:

a) Die klagende Partei macht sowohl mit ihrem Zahlungsbegehren als auch mit ihrem Feststellungsbegehren reine Vermögensschäden (vgl JBl 1985, 673 ua; RIS-Justiz RS0022538; RS0023106) geltend, wobei auf den vorliegenden Rechtsstreit aufgrund der von den Parteien vorgenommenen Rechtswahl unbestritten österreichisches Recht Anwendung zu finden hat. Nach der in Österreich herrschenden Lehre und Rechtsprechung kommt dem Vermögen einer Person aber kein absoluter Schutz zu. So beziehen sich die als vertragliche Nebenpflichten des Schuldners nicht nur gegenüber seinem Vertragspartner, sondern allenfalls auch gegenüber dritten Personen bestehenden Schutz- und Sorgfaltspflichten nur auf absolut geschützte Rechte (4 Ob 325/98t; SZ 61/64; SZ 60/91; SZ 59/94; SZ 55/113 = JBl 1983, 205 [Hügel]; SZ 51/169 ua; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 Rz 4/49; Harrer in Schwimann, ABGB2 Rz 102 f zu § 1295 mwN; aM Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 34 zu § 1295). Dies wird damit begründet, dass die Beziehung zwischen dem Schuldner und dem Dritten schwächer sei als jene mit dem Gläubiger, da nur Schuldner und Gläubiger in rechtsgeschäftlichem Kontakt stünden, sodass auch nur zwischen diesen Person wirklich umfassende Schutzpflichten gerechtfertigt seien. Für bloße Vermögensschäden sei daher in aller Regel nicht zu haften, da sonst die Ersatzpflicht unerträglich ausufern würde (vgl 4 Ob 325/98t mwN ua). Selbst bei Annahme einer Schutzpflicht der beklagten Partei zugunsten Dritter käme man daher nach zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichtes zu keinem für die klagende Partei günstigeren Ergebnis, da ein "bloßer Vermögensschaden" nicht in den Schutzbereich einzubeziehen wäre. Der auf die Lehrmeinung von Reischauer aaO gestützten gegenteiligen Ansicht der klagenden Partei, wonach diese Begrenzung der Haftung gerade im vorliegenden Fall "nicht recht einzusehen sei", zumal der Haftungsgrund tatsächlich auf Vertrag beruhe, ist daher das Berufungsgericht im Sinne der herrschenden Lehre und Rechtsprechung zu Recht nicht gefolgt (vgl 5 Ob 525/89 ua). Damit kommt aber nach den ebenfalls zutreffenden und insoweit auch gar nicht mehr bekämpften Ausführungen des Berufungsgerichtes auch eine deliktische Haftung der beklagten Partei als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht (vgl EvBl 1993/19; SZ 65/76; SZ 51/169 mwN ua; Harrer aaO Rz 3 zu § 1295 mwN ua).

b) Soweit sich die klagende Partei in ihren weiteren Ausführungen zur Zulässigkeit ihres Rechtsmittels auf Bestimmungen des Produkthaftungsgesetzes (PHG) bzw der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (RL) bezieht, ist ihr zunächst schon entgegenzuhalten, dass nach dem erklärten Zweck sowohl der EG-Richtlinie als auch des PHG bei Sachschäden nicht "jedermann" in den Schutzbereich des Gesetzes fallen soll, sondern lediglich die Verbraucher (Konsumenten). So ist nach Art 9b RL die Haftung für die Beschädigung oder Zerstörung einer anderen Sache als des fehlerhaften Produkts unter anderem dadurch eingeschränkt, dass nur für Schäden an Sachen gehaftet wird, die typischerweise für den Privatgebrauch bestimmt sind und von den konkreten Geschädigten auch "hauptsächlich zum privaten Ge- oder Verbrauch verwendet wurden". Auch nach § 2 Z 1 PHG idF der PHG-Nov 1993/95 ist ein Schaden durch die Beschädigung (einer vom Produkt verschiedenen) Sache nur zu ersetzen, wenn ihn nicht ein Unternehmer erlitten hat, der die Sache überwiegend in seinem Unternehmen verwendet hat (EvBl 1999/126 mwN ua). Doch selbst wenn die klagende Partei entsprechend ihren Revisionsausführungen auch als Unternehmerin in den Schutzbereich des PHG bzw der RL fiele, wäre dadurch für ihren Prozessstandpunkt im Ergebnis nichts gewonnen, da bloße Vermögensschäden vom Haftungsrahmen des Produkthaftungsrechtes nicht erfasst sind (bbl 1999/229 [Egglmaier]; ecolex 1999/119, 314 [Rabl] jeweils mwN; Koziol/Welser, Grundriß II12 355; Sack, Probleme des Produkthaftungsgesetzes unter Berücksichtigung der Produkthaftungs-Richtlinie der EG in JBl 1989, 615 ff und 695 ff [700]; Hill-Arning/Hoffman, Produkthaftung in Europa 140 ua). Bei der Haftung für reine Vermögensschäden bedarf es somit vorerst einer Fortentwicklung des insoweit noch nicht harmonisierten Produkthaftungsrechtes, ehe von einer im Sinne der Revisionsausführungen der klagenden Partei unzulässigen Wettbewerbsverzerrung die Rede sein kann (vgl Sack aaO). Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO erweist sich die außerordentliche Revision somit als unzulässig.

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