Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluss des Rekursgerichtes wird aufgehoben.
Dem Rekursgericht wird aufgetragen, über den Rekurs der S***** gegen den zu TZ 895/02 ergangenen Beschluss des Erstgerichtes unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden.
Text
Begründung
Mit dem vorliegenden, vom Rekursgericht für zulässig erklärten Revisionsrekurs wird die Rechtsfrage an den OGH herangetragen, ob ein dinglich Vorkaufsberechtigter - die Revisionsrekurswerberin - die bücherliche Übereignung der mit dem Vorkaufsrecht belasteten Liegenschaft auch dann anfechten kann, wenn der Vorkaufsfall (hier wegen der Annahme eines Freundschaftskaufs) verneint wurde und daher die Eintragung des Vorkaufsrechts ohnehin erhalten geblieben ist. Das Rekursgericht verneinte die Rekurslegitimation mit dem Hinweis auf die Entscheidung SZ 23/50 und wies das Rechtsmittel Vorkaufsberechtigten zurück; diese hat jetzt die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses und die meritorische Erledigung ihres Rechtsmittels beantragt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Ein vergleichbarer, ebenfalls vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz behandelter Fall hat erst kürzlich den OGH befasst. In dieser Entscheidung (5 Ob 163/02k vom 12. 9. 2002) wurde die Rechtsmittellegitimation des Vorkaufsberechtigten im Wesentlichen aus folgenden Gründen bejaht:
Zur Anfechtung eines eine Grundbuchseintragung bewilligenden Beschlusses ist jeder legitimiert, der durch die Eintragung in seinen bücherlichen Rechten verletzt sein kann (5 Ob 3/81 ua; Hoyer zu NZ 1996, 281/365; jüngst 7 Ob 71/00t und 5 Ob 40/02x jeweils mwN). Dies wiederum ist nach dem aktuellen Grundbuchsstand zu beurteilen, ohne auf die Wirksamkeit oder Zulässigkeit der betreffenden Eintragung abzustellen (NZ 1985, 114/45 mit Anm von Hofmeister). Die Rechtsmittellegitimation eines eingetragenen Buchberechtigten ist demnach schon dann zu bejahen, wenn er behauptet, durch die angefochtene Eintragung in seinen bücherlichen Rechten verletzt zu sein (Hoyer zu NZ 1995, 139/327); ob dies zutrifft, ist im Rahmen einer meritorischen Behandlung des Rechtsmittels zu klären. Wenn daher - wie hier - ein nach dem Grundbuchsstand Vorkaufsberechtigter behauptet, durch die Verbücherung eines Kaufvertrags in seinen bücherlichen Rechten verletzt zu sein, darf sein Rechtsmittel nicht zurückgewiesen werden.
Dagegen lässt sich auch nicht einwenden, dem Rechtsmittelwerber bleibe seine bücherliche Rechtsposition ohnehin erhalten. Mit dem Fortbestand des eingetragenen Vorkaufsrechts, das nunmehr der neue Eigentümer zu beachten hätte, ist nämlich sein Rechtsschutzinteresse an der Verhinderung der Verfügung nicht voll gewahrt. Ein eingetragenes Vorkaufsrecht läuft auf eine Beschränkung des Verfügungsrechtes des Eigentümers der damit belasteten Liegenschaft hinaus (SZ 37/78; SZ 49/46) und wirkt wie ein Veräußerungsverbot (EvBl 1967/275; SZ 64/18; SZ 67/44 ua). Das Grundbuchsgericht hat darauf von Amts wegen Bedacht zu nehmen und darf ein Veräußerungsgeschäft nur verbüchern, wenn sich aus seinen Entscheidungsgrundlagen - Grundbuchsstand und Grundbuchsurkunden - eindeutig ergibt, dass entweder kein Vorkaufsfall vorliegt oder das Eintragungshindernis durch die Zustimmung des Vorkaufsberechtigten bzw den Nachweis eines nicht angenommenen Einlösungsangebotes entkräftet wurde (vgl SZ 67/44 ua).
Der Weiterbestand des Vorkaufsrechtes kann sich immer erst aus der meritorischen Lösung der Vorfrage ergeben, dass kein Vorkaufsfall vorliegt, lässt sich also nicht vorweg als Argument für das Fehlen der Rechtsmittellegitimation des Vorkaufsberechtigten zur Anfechtung einer Eintragung verwenden. Da es zum Rechtsschutzinteresse des Vorkaufsberechtigten gehört, die den Liegenschaftseigentümer treffende Verfügungsbeschränkung zu wahren, ist auf das von ihm behauptete Eintragungshindernis (§ 94 Abs 1 Z 1 GBG) einzugehen.
Das Rekursgericht wird daher den Rekurs der S***** meritorisch zu erledigen haben. Dem OGH selbst ist eine Sachentscheidung verwehrt, weil eine solche - insbesondere im Hinblick auf § 126 Abs 2 GBG - gegen die zwingenden Vorschriften über die funktionelle Zuständigkeit verstieße (EvBl 1979/143; 5 Ob 20/83; RPflSlgG 1953; 5 Ob 7, 13/84; NZ 1985, 114/45; 5 Ob 27/87).
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