OGH 7Ob137/02a

OGH7Ob137/02a25.9.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Günther G*****, als Masseverwalter im Konkurs über die S***** GmbH, gegen die beklagte Partei G***** GesmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Josef Broinger ua Rechtsanwälte in Eferding, wegen EUR 175.689,65 samt Anhang, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 11. April 2002, GZ 4 R 57/02h-52, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 27. Dezember 2001, GZ 4 Cg 150/99x-46, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.131,06 (darin enthalten EUR 355,18 an USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Am 27. 8. 1998 wurde der Konkurs über das Vermögen der nunmehrige Gemeinschuldnerin eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Die nunmehrige Gemeinschuldnerin hatte mit der Beklagten einen Werkvertrag abgeschlossen und trat vor Konkurseröffnung ihre Forderung aus dem der Klage zu Grunde liegenden Bauauftrag an die O*****bank AG ab. Die O*****bank AG bot dem Masseverwalter mit Schreiben vom 16. 7. 1999, Beilage ./H, sämtliche Forderungen zur Rückzession zum Inkasso an. Das Anbot wurde vom Kläger als Masseverwalter angenommen. Für den Fall des Prozessverlustes sagte die O*****bank AG Kostendeckung zu. Im Falle des Obsiegens des Klägers war vereinbart, dass der Prozesserfolg zu 100 % der O*****bank AG zustehe.

Der Kläger begehrt nun mit der am 22. 7. 1999 eingebrachten Klage die Zahlung von rückständigem Werklohn für Bauleistungen. Die Beklagte brachte - soweit dies für das Rekursverfahren von Bedeutung ist - mit Schriftsatz vom 11. 9. 2001 vor, sie habe nunmehr durch Einsichtnahme in den Konkursakt festgestellt, dass der Kläger zur Klagsführung nicht berechtigt sei. Die Gemeinschuldnerin habe vor Konkurseröffnung offensichtlich als Besicherung ihre Forderung aus dem zu Grunde liegenden Bauauftrag an die O*****bank AG abgetreten. Dem Masseverwalter sei lediglich das prozessuale Durchsetzungsrecht rückabgetreten worden.

Die Kläger erwiderte, es liege eine Inkassozession vor, nämlich die Übertragung des Vollrechtes mit der obligatorischen Beschränkung, die eingehobene Leistung an den Zedenten abzuführen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren vollinhaltlich ab. Es vertrat die Ansicht, dass mangels eines Kausalgeschäftes keine Abtretung zu Stande gekommen sei. Es liege eine unzulässige Prozessstandschaft vor. Die Abtretung sei überdies an die nicht verfügungsberechtigte Gemeinschuldnerin, nicht an den Kläger, erfolgt.

Das Berufungsgericht hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Erwägungen darüber, ob die Rückzession an die Gemeinschuldnerin oder den Kläger erfolgt sei, stellten einen inhaltslosen Streit um Worte dar. Das Berufungsgericht ziehe zur Auslegung der Parteienabsicht nur den Wortlaut der Urkunde Beilage ./H heran. Der Inkassozessionar sei auch auf Grund einer Rückzession klagsbefugt, da ihm neben der prozessualen auch die materiellrechtliche Verfügungsgewalt über den abgetretenen Anspruch zustehe. Die Inkassozession sei eine Zession, bei der der Zessionar Gläubiger werde, aber verpflichtet sei, die eingehobene Leistung an den Zedenten abzuführen. Es handle sich im Regelfall um die Übertragung eines Vollrechtes unter obligatorischer Beschränkung, somit um eine Art uneigennützige Treuhand mit der Wirkung, dass - jedenfalls bei Rückzession zum Inkasso nach Eintritt des Sicherungsfalles vom Sicherungszessionar an den Sicherungszedenten - dem Zedenten im Konkurs des Treuhänders ein Aussonderungsrecht zukomme. Die Zession bedürfe - wie jedes Verfügungsgeschäft - zu ihrer Rechtswirksamkeit eines im Bestreitungsfall vom Kläger zu beweisenden Rechtsgrundes. Es müsse nicht unbedingt ein synallagmatischer Vertrag vorliegen, ein tauglicher Rechtsgrund sei auch ein entgeltlicher oder unentgeltlicher Auftrag im Sinne der §§ 1002 ff ABGB. Ein solcher Auftrag sei aus der aus Beilage ./H hervorgehenden Inkassozession hinreichend deutlich zu entnehmen. Der Abweisungsgrund der mangelnden aktiven Klagslegitimation zufolge gewillkürter Prozessstandschaft sei daher nicht gegeben. Der Bauprozess sei noch nicht entscheidungsreif, weshalb die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zulässig sei, weil die Abgrenzung der wirksamen Inkassorückzession von der unwirksamen gewillkürten Prozessstandschaft höchst diffizil sei, und "weil sich die oberstgerichtliche Entscheidung 3 Ob 522/95 von der älteren Judikatur und insbesondere von SZ 42/105 offenbar nur in Bezug auf den Begriff der "stillen Zession" distanziert".

Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, das erstinstanzliche Urteil wieder herzustellen.

Der Kläger beantragt, den Rekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unzulässig.

Bei der Zurückweisung des Rekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage können sich die Ausführungen auf die Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Nach ständiger Rechtsprechung ist die bloße Übertragung des Prozessführungsrechtes (die Prozessführung im eigenen Namen über ein fremdes Recht) nach österreichischem Recht unzulässig (RIS-Justiz RS0032788, RS0053157). Hingegen ist der Zedent bei einer Rückzession zum Inkasso klagslegitimiert, da hier nicht nur die Prozessführungsbefugnis, sondern auch das materielle Recht abgetreten wird (RIS-Justiz RS0032699). Die Inkassozession ist nämlich eine Zession, bei der der Zessionar Gläubiger wird, aber verpflichtet ist, die eingehobene Leistung an den Zedenten abzuführen. Im Regelfall liegt die Übertragung eines Vollrechtes mit einer obligatorischen Beschränkungen, somit eine uneigennützige Treuhand, vor (3 Ob 229/99v, RIS-Justiz RS0010457). Auch in der Entscheidung 3 Ob 522/95 = SZ 68/36 = JBl 1995, 721 wird dazu keine andere Rechtsansicht vertreten. Es wird ausdrücklich betont, dass nach dem klaren Wortlaut des § 1392 ABGB jede Zession (gleichgültig, ob der Schuldner davon verständigt werden soll oder nicht oder ob die Verständigung nur fehlschlägt) zu einer Änderung der Rechtszuständigkeit führt. Eine vom Zessionar an den Zedenten in der Folge erteilte Einziehungsermächtigung begründe eine gewillkürte Prozessstandschaft und sei damit unzulässig, weil eben die Klagsbefugnis nicht ohne den zu Grunde liegenden materiellrechtlichen Anspruch abgetreten werden kann. Seine materiellrechtliche Begründung findet das grundsätzliche Verbot der gewillkürten Prozessstandschaft darin, dass die Klagsbefugnis in untrennbarem Zusammenhang mit dem Hauptrecht stehe. Die Entscheidung entspricht völlig der oben dargestellten Judikaturlinie. Die Entscheidung legt nur unter Abkehr von einigen Judikaten klar, dass der Begriff "stille Zession" nur dann zu verwenden sei, wenn der Schuldner (vorerst) von der Zession nicht verständigt werden soll, nicht aber auch dann, wenn lediglich die Vereinbarung besteht, dass sich der Gläubiger verpflichte, die Forderung als mittelbarer Stellvertreter eines anderen einzutreiben. In diesem letzteren Fall liegt ja mangels Änderung der Rechtszuständigkeit gar keine Zession im dogmatischen Sinn vor. Die Rechtsansicht des Rekurses, dass zwischen Inkassozession und gewillkürte Prozessstandschaft kein Unterschied bestehe, widerspricht der oben dargelegten gesicherten Rechtsprechung. Natürlich soll wirtschaftlich gesehen bei einer Zession zum Inkasso der eingetriebene Betrag dem Zedenten zustehen. Dies ändert aber nichts daran, dass bei einer Zession aber das Recht selbst auf eine andere Person übergeht und daher nicht im eigenen Namen ein fremdes Recht, sondern ein eigenes Recht geltend gemacht wird. Der Inkassozessionar kann auf Grund seiner Verfügungsgewalt über den abgetretenen Anspruch etwa mit Wirkung für den Zedenten auf den Anspruch verzichten, diesen an einen gutgläubigen Dritten weiter veräußern oder ihn zur Aufrechnung verwenden (RIS-Justiz RS0102347). Dass es sich bei der Zession um ein bloßes Scheingeschäft gehandelt hätte, ist nicht erwiesen.

Eben weil bei einer Zession zum Inkasso bzw einer Treuhandschaft das Recht auf einen anderen übergeht, mussten im Falle des Konkurses oder der Exekution auf das Vermögen der Treuhandnehmers Wege gesucht werden, um den dahinter stehenden nur wirtschaftlich Berechtigten Zugriffsmöglichkeiten zu sichern.

Der Rechtsgrund bei einer (Inkasso-)Zession kann auch im Auftrag zur Einziehung oder zur Geschäftsbesorgung liegen (RIS-Justiz RS0065298, RS0019563).

Schon nach der eindeutigen Textierung von Beilage ./H erfolgte die Abtretung an die Gemeinschuldnerin, die durch den Masseverwalter vertreten wird (RIS-Justiz RS0106041, RS0107698).

Ob nun im Einzelfall eine Inkassozession oder nur ein Auftrag zur Eintreibung ohne Übertragung des Vollrechtes erteilt wird, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass die Vereinbarung einer Kostentragungspflicht bei Prozessverlust durch den Zedenten nicht einer Inkassozession, mit der das Vollrecht übertragen wird, entgegensteht, hält sich innerhalb der oben dargelegten Grundsätze oberstgerichtlicher Rechtsprechung. Es wurden insgesamt keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht, weshalb der Rekurs zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Der Kläger wies auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hin.

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