OGH 7Ob187/02d

OGH7Ob187/02d9.9.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Republik Österreich AMS Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, gegen die beklagte Partei C*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 7.402,31 sA., über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. März 2002, GZ 35 R 164/02f-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 23. Jänner 2002, GZ 22 C 591/01d-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihrer Vertreterin binnen 14 Tagen die mit EUR 554,72 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Auf Grund eines Bewerbungs- und Vorstellungsgesprächs beim Geschäftsführer der beklagten Partei, welche per Zeitungsannonce eine Sekretärin gesucht hatte, stellte die beklagte Partei zum 3. 2. 1999 eine solche mit einem monatlichen Entgelt von S 25.000 ein. Am selben Tag beantragte die beklagte Partei, wiederum vertreten durch ihren Geschäftsführer, bei der klagenden Partei (Arbeitsmarktservice [AMS] Wien) die Gewährung einer besonderen Eingliederungshilfe für die neue Dienstnehmerin im Sinne des § 34a AMSG für den Zeitraum 3. 2. 1999 bis 2. 2. 2000. Mit Schreiben vom 2. 4. 1999 gab das AMS Wien der beklagten Partei bekannt, dass dem Antrag stattgegeben und die beantragte Beihilfe in 12 monatlichen Teilbeträgen á S 14.551,17, beginnend mit März 1999, angewiesen werde. Auf dem Anforderungsformular hatte sich auch eine vom Geschäftsführer unterfertigte "Verpflichtungserklärung" dahingehend befunden, dass ua (Punkt 4.) "bereits ausbezahlte Beihilfenteilbeträge bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber ... durch den Arbeitgeber ... in vollem Umfang rückgefordert werden."

Da die Dienstnehmerin den Vorstellungen des Geschäftsführers der beklagten Partei nicht entsprach, wurde sie gekündigt; das Beschäftigungsverhältnis endigte damit per 30. 6. 1999. Als Abmeldegrund wurde bei der Abmeldung bei der Gebietskrankenkasse "Kündigung durch Dienstgeber" vermerkt, ebenso in dem am 12. 8. 1999 von der beklagten Partei an das AMS übermittelten (und dort am 16. 8. 1999 eingelangten) Endabrechnungsformular, welches - so wie das seinerzeitige Antragsformular - wiederum vom Geschäftsführer unter Beifügung einer Firmenstampiglie gefertigt wurde.

Auf Grund der Antragstellung der beklagten Partei waren an diese von der klagenden Partei insgesamt sieben Teilbeträge (zuletzt am 8. 9. 1999) á S 14.551,17, zusammen sohin S 101.858,19, angewiesen worden. Mit Schreiben vom 17. 9. 1999 forderte die klagende Partei die beklagte Partei auf, die erhaltenen Beihilfezahlungen im Sinne ihrer Verpflichtungserklärung zurückzuzahlen. Nach weiteren Mahnungen kam es zu einem Telefonat zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und dem Sachbearbeiter des AMS, im Rahmen dessen der Geschäftsführer zusagte, dass der ausstehende Betrag bis spätestens Ende Mai 2000 der klagenden Partei zurückbezahlt werde; dies wurde mit Schreiben der beklagten Partei vom 15. 5. 2000 nochmals ausdrücklich bestätigt. Tatsächlich erfolgte bisher keine Rückzahlung, weshalb die klagende Partei am 17. 6. 2002 eine entsprechende Mahnklage über S 101.858 samt 4 % Zinsen seit 7. 7. 1999 einbrachte.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt; das lediglich wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angerufene Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Beide Instanzen beurteilten den eingangs zusammenfassend wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, dass die beklagte Partei im Sinne der von ihr als private Vereinbarung mit der klagenden Partei eingegangenen Verpflichtungserklärung zufolge Bedingungseintrittes (Arbeitgeberkündigung) auch zur Rückzahlung der der Höhe nach gar nicht bestrittenen Beihilfeleistungen verpflichtet sei. Von Sittenwidrigkeit könne keine Rede sein; die klagende Partei habe auf die Auswahl der später gekündigten Dienstnehmerin durch die beklagte Partei gar keinen Einfluss genommen. Das Berufungsgericht verneinte zunächst die Revisionszulässigkeit mit der Begründung, dass es sich um eine Einzelfallbeurteilung handle und zur (verneinten) Sittenwidrigkeit die hiefür maßgebliche Judikatur beachtet worden sei.

Hierauf stellte die klagende Partei einen Abänderungsantrag nach § 508a ZPO samt Ausführung der auf die Revisionsgründe der Nichtigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Revision mit dem Antrag, das Urteil des Berufungsgerichtes im Sinne einer Klageabweisung (hilfsweise Aufhebung) abzuändern. Das Berufungsgericht änderte hierauf seinen Zulässigkeitsausspruch dahin ab, dass es aussprach, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei, und zwar deshalb, "da die Frage der 'Sowiesokosten' des AMS, unabhängig davon, ob ein nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz Versicherter eingestellt wird und daher Förderungsbeiträge nach §§ 34, 34a AMSG erhält oder nicht, und daher Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung hat, allenfalls Einfluss auf die Frage der Beurteilung der Sittenwidrigkeit haben könnte."

Die klagende Partei hat hierauf eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher primär auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen wird, in eventu beantragt wird, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an einen Revisionszulassungsausspruch des Berufungsgerichtes nicht gebunden. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann er sich bei Zurückweisung einer ordentlichen Revision zufolge Fehlens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO auf die Zurückweisungsgründe beschränken. Tatsächlich erweist sich das von der beklagten Partei erhobene Rechtsmittel entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes als nicht zulässig. Dies aus folgenden (nach dem Vorgesagten kurzen) Erwägungen:

Der relevierte Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 9 zweiter Fall ZPO (Widerspruch des Urteils mit sich selbst) liegt schon deshalb nicht vor, weil nach ständiger Rechtsprechung hierunter nur Widersprüche im Spruch selbst, nicht in den Gründen, erfasst werden (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 12 zu § 477; MGA ZPO15 E 117 zu § 477). Die vom Berufungsgericht nachträglich formulierte und von der Revisionswerberin als erheblich erachtete Rechtsfrage stellt sich nicht. Ausgehend von den maßgeblichen (und von der Rechtsmittelwerberin bereits in ihrer ausschließlich wegen rechtlicher Fehlbeurteilung erhobenen Berufung unbekämpft gebliebenen) Feststellungen hat nämlich die beklagte Partei (durch ihren vertretungsbefugten Geschäftsführer) mündlich wie schriftlich ihre Rückzahlungsverpflichtung gegenüber der klagenden Partei schon im Vorfeld des späteren Prozesses ausdrücklich anerkannt und ihre bedingungslose Rückzahlung unter Nennung auch eines (freilich später fruchtlos verstrichenen) kalendermäßigen Datums zugesagt. Darin liegt aber ein konstitutives Anerkenntnis. Es handelt sich hiebei um eine Willenserklärung, die dadurch zustandekommt, dass der Gläubiger einen Anspruch ernstlich behauptet und der Schuldner die Zweifel am Bestehen des behaupteten Rechtes dadurch beseitigt, dass er das Recht zugibt, wodurch eine neue selbständige Verpflichtung geschaffen wird, welche das anerkannte Rechtsverhältnis auch für den Fall, dass es nicht bestanden haben sollte, ins Leben ruft und somit rechtsgestaltende Wirkung entfaltet (ausführlich verstärkter Senat 1 Ob 27/01d = JBl 2001, 593 und ihm folgend ua etwa 7 Ob 105/01v mwN). Gerade durch die beiden jeweils vom Geschäftsführer abgegebenen Erklärungen (zunächst telefonisch gegenüber dem Sachbearbeiter, dann schriftlich durch ein die Zusage wiederholendes Bestätigungsschreiben) sollte die Verbindlichkeit der beklagten Partei unstrittig klargestellt und damit Zweifel und Streit präventiv ausgeschlossen werden. Das konstitutive Anerkenntnis entfaltete damit Rechtswirkung als Kausalvertrag, dessen Rechtsgrund eben die Streitbereinigung ist (1 Ob 83/02s). Nach der maßgeblichen Vertrauenstheorie (7 Ob 257/01x) kann an Inhalt und Wirkung des abgegebenen Anerkenntnisses somit kein (vernünftiger) Zweifel bestehen. Schon damit folgt jedoch die Richtigkeit der Klagestattgebung durch beide Vorinstanzen. Dass es - wie von der beklagten Partei in der letzten Streitverhandlung vorgebracht - "auf Grundlage einer falschen Ansicht" (des Geschäftsführers) erteilt worden sei, kann schon deshalb nicht zum Erfolg führen, da ein derartiges echtes (konstitutives) Anerkenntnis, das ja ein Rechtsgeschäft ist (§ 1375 ABGB), nicht einseitig widerrufen werden kann; dass die "falsche Ansicht" ihre Ursache etwa in einem vom Gegner veranlassten Irrtum hatte, wurde von der beklagten Partei nicht einmal behauptet und fehlen hiezu auch jegliche Anhaltspunkte (7 Ob 105/01v mwN).

Mangels Vorliegens einer somit präjudiziellen erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision der beklagten Partei als unzulässig zurückzuweisen.

Die klagende Partei hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit zutreffend hingewiesen, weshalb ihr auch die tarifmäßigen Kosten der Rechtsmittelgegenschrift (Bemessungsgrundlage EUR 7.402,31) zustehen.

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