OGH 1Ob83/02s

OGH1Ob83/02s30.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner sowie Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger und Dr. Helmut Atzl, Rechtsanwälte in Kufstein, wider die beklagten Parteien 1) Maria B*****, 2) Christine W*****, und 3) Gertraud S*****, alle vertreten durch Dr. Georg Huber, Rechtsanwalt in Kufstein, wegen 145.345,67 EUR sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 4. Jänner 2002, GZ 4 R 403/01w-29, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die klagende Partei stützt ihr Rechtsmittel in erster Linie darauf, dass die festgestellten Zusagen ihres Vertragspartners über dessen Ersatzpflicht als konstitutives Anerkenntnis zu werten seien. Auf dem Boden der herrschenden Meinung sprach der erkennende als verstärkter Senat in der Entscheidung 1 Ob 27/01d (= JBl 2001, 593 = ÖBA 2001, 640) aus, das konstitutive Anerkenntnis sei ein Feststellungsvertrag, mit dem der Schuldner die aufgrund einer ernstlichen Rechtsbehauptung des Gläubigers entstandene Unsicherheit durch die Erklärung beseitige, die Verpflichtung auch für den Fall, dass sie bisher nicht bestanden habe, zu begründen. Das konstitutive Anerkenntnis könne auch schlüssig durch solche Handlungen erklärt werden, die unter Berücksichtigung aller Umstände keinen Grund, daran zu zweifeln, übrig ließen. Erforderlich sei jedoch, dass der Anerkennende seine Zweifel am Bestehen des vom Gläubiger behaupteten Rechts durch dessen Zugeständnis beseitige. Lägen dagegen keine Zweifel des Schuldners am Bestand der Forderung vor, die durch den Willen beseitigt werden sollten, eine eigene Hauptschuld auch für den Fall zu begründen, dass eine solche bisher nicht bestanden habe, so sei das Vorliegen eines konstitutiven Anerkenntnisses zu verneinen. Ein solches Anerkenntnis sei nur zur Bereinigung eines ernsthaft entstandenen konkreten Streits oder Zweifels über den Bestand einer Forderung möglich. Mangle es daran, könne das Anerkenntnis nicht dazu verwendet werden, durch die Schaffung einer abstrakten Verbindlichkeit Zweifel und Streit präventiv auszuschließen. Das konstitutive Anerkenntnis des österreichischen Rechts sei daher ein Kausalvertrag, dessen Rechtsgrund die Streitbereinigung sei. Ein Anerkenntnis könne somit keine konstitutive Wirkung entfalten, wenn die anerkannte Forderung nicht zuvor vom Anerkennenden ernsthaft bestritten oder bezweifelt worden sei.

An dieser Ansicht, die den Urteilen der Vorinstanzen zugrunde liegt und von der klagenden Partei nicht in Zweifel gezogen wird, ist festzuhalten. Auf deren Grundlage ist in der Beurteilung des Berufungsgerichts, die Erklärungen des Vertragspartners der klagenden Partei seien nach den getroffenen Feststellungen - mangels einer streitbereinigenden Wirkung als causa - nicht als konstitutives Anerkenntnis aufzufassen, zumindest keine gravierende Fehlbeurteilung zu erblicken, die zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte.

2. Die von der klagenden Partei zur verschuldeten Nichterfüllung des Vertrags nach § 918 Abs 1 ABGB aufgeworfene Beweislastfrage ist nicht von Bedeutung, haben doch die Vorinstanzen ein Verschulden deren Vertragspartners nach den getroffenen Feststellungen übereinstimmend verneint. Die klagende Partei ist zwar gegenteiliger Ansicht, sie behauptet jedoch nicht, dass die Vorinstanzen die Lösung der erörterten Verschuldensfrage auf unvertretbare Wertungen gestützt hätten. Solche werden auch nicht durch die von der klagenden Partei im Einzelnen ins Treffen geführten Gründe nahegelegt. Insofern hing die Entscheidung im Kern überdies nur von der Lösung einer Frage der Vertragsauslegung (Punkt V. des Kaufvertrags vom 6. 6. 1994) ab. Maßgebend ist dabei die Kenntnis der klagenden Partei bei Vertragsabschluss, dass die Möglichkeit der Errichtung der für ihr Grundstück erforderlichen Zufahrt nicht nur vom Verhalten ihres Vertragspartners, sondern auch vom Verhalten Dritter abhing. Bei dieser Sachlage waren Komplikationen bei der Vertragsabwicklung von vornherein nicht auszuschließen. Auf dieser Grundlage legte das Berufungsgericht die erörterte Vertragsbestimmung dahin aus, der Vertragspartner der klagenden Partei habe jedenfalls keine Garantie für ein Verhalten Dritter, das der klagenden Partei den Beginn der Ausführung ihres Bauvorhabens noch im Jänner 1995 oder zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt hätte ermöglichen sollen, übernommen. Auch darin liegt kein nach den Kriterien des § 502 Abs 1 ZPO korrekturbedürftiger Auslegungsfehler.

3. Nach allen bisherigen Erwägungen ist die außerordentliche Revision somit gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Stichworte