OGH 3Ob26/02y

OGH3Ob26/02y30.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der führenden betreibenden Partei B*****, vertreten durch Dr. Karl Safron & Partner, Rechtsanwälte in Klagenfurt, und der beigetretenen betreibenden Partei R***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Paul Georg Appiano und Dr. Bernhard Kramer, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichteten Parteien 1. Peter D*****, und 2. Ingrid D*****, beide vertreten durch DDr. Georg M. Krainer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 5,676.726 S (= 412.543,77 EUR) sA, und einer anderen betriebenen Forderung, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 30. November 2001, GZ 1 R 327/01h-122, womit der Rekurs der verpflichteten Parteien gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 9. Oktober 2001, GZ 7 E 71/97p-109, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Gegenstand des vorliegenden Zwangsversteigerungsverfahrens sind Liegenschaftsanteile von Eheleuten an einer näher bezeichneten Liegenschaft mit der Anmerkung des Wohnungseigentums: a) die drei jeweils im Hälfteeigentum der beiden Verpflichteten stehenden 10.993/200.000stel Anteile B-LNR 5 und 6 (Terrassenwohnung im Dachgeschoß), 588/200.000stel Anteile B-LNR 25 und 26 (Tiefgaragenabstellplätze 1 und 2) sowie die 294/200.000stel Anteile B-LNR 49 und 50 (Tiefgaragenabstellplatz 15), bei denen im Grundbuch bei der betreffenden B-LNR die Verbindung gemäß § 12 Abs 1 WEG 1975 angemerkt ist, und b) der 294/200.000stel Anteil der Zweitverpflichteten B-LNR 45 (Tiefgaragenabstellplatz 13).

Das Erstgericht bezeichnete im Versteigerungsedikt diese vier Exekutionsobjekte wie oben, gab die Schätzwerte an mit: B-LNR 5 und 6 3 Mio S, B-LNR 25 und 26 200.000 S, B-LNR 49 und 50 100.000 S sowie B-LNR 45 100.000 S, und wies auch darauf hin, dass die Verpflichteten in Ansehung der Tiefgaragenabstellplätze eine mögliche Nichtigkeit des ursprünglichen Wohnungseigentumsvertrags aufgezeigt hätten.

Bei der Versteigerungstagsatzung belehrte die Erstrichterin die Anwesenden, die Verpflichteten hätten aufgrund der Tatsache, dass an einem bloßen Tiefgaragenabstellplatz nicht selbstständig Wohnungseigentum begründet werden könne, die Nichtigkeit des Wohnungseigentumsvertrags aufgezeigt; sie stellte auch die Eingaben der Verpflichteten sowie die rechtlichen Folgen im Falle einer festgestellten Nichtigkeit der Wohnungseigentumsvereinbarung einschließlich der Verbücherung des Wohnungseigentums dar. Die Verpflichteten erhoben gegen alle Zuschläge Widerspruch, weil im Versteigerungsedikt auf die absolute und unheilbare Nichtigkeit des Wohnungseigentums an sämtlichen Objekten, auf die nichtige Verbücherung des Wohnungseigentums und somit auf den unrichtigen Grundbuchsstand nicht hingewiesen worden sei; das Versteigerungsedikt habe somit nicht den gesetzmäßigen Inhalt.

Das Erstgericht schlug diese Wohnungseigentumsanteile den Erstehern um Meistbote von 1,5 Mio S (B-LNR 5 und 6), 100.000 S (B-LNR 25 und 26), 50.000 S (B-LNR 49 und 50) und 50.000 S (B-LNR 45) zu und erklärte den in der Versteigerungstagsatzung mündlich verkündeten Zuschlag gemäß § 38 KrntGVG für wirksam. In rechtlicher Hinsicht führte die Erstrichterin aus, im Versteigerungsedikt seien die Größe der Anteile ebenso konkret dargestellt wie der Umstand, dass und woran Wohnungseigentum verbunden sei, weshalb die zur Versteigerung gelangten Liegenschaftsanteile iSd § 170 Z 1 EO ausreichend spezifiziert seien. Selbst dann, wenn die Nichtigkeit der Wohnungseigentumsvereinbarung bereits mit Urteil gerichtlich festgestellt und nur die grundbücherliche Durchführung der Entscheidung unterlassen worden sein sollte, sei die Zwangsversteigerung nach dem Grundbuchsstand durchzuführen.

Das Rekursgericht wies den Rekurs der Verpflichteten zurück und sprach aus, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei in Ansehung der Anteile, bei denen das Meistbot 52.000 S nicht überstiegen habe, jedenfalls unzulässig, im Übrigen sei der ordentliche Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig, weil zur Frage der Zulässigkeit eines Rekurses des Verpflichteten gegen den Zuschlag, soweit überblickbar, mit Ausnahme der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs RZ 1938, 90 keine Rsp vorliege.

In rechtlicher Hinsicht vertrat die zweite Instanz die Auffassung, gemäß § 182 Abs 2 EO sei auf einen Widerspruch, der sich auf Umstände stütze, durch welche das Recht des Widersprechenden nicht berührt werde, kein Bedacht zu nehmen. Der Widersprechende müsse daher - sofern es nicht offenkundig sei - dartun, dass er durch die Erteilung des Zuschlags benachteiligt würde. Hier hätten die Verpflichteten eine derartige Behauptung nicht aufgestellt; eine solche Benachteiligung sei auch nicht aktenkundig. Der Rekurs der Verpflichteten gegen den Zuschlag sei daher mangels Beschwer unzulässig. Darüber hinaus führte das Rekursgericht "der Vollständigkeit halber", folgend der Entscheidung 3 Ob 166, 167/94 (= MietSlg 47.503), wonach eine amtswegige Korrektur des Grundbuchsstands im Zwangsversteigerungsverfahren entsprechend einem rechtskräftigen Urteil, mit dem die Nichtigkeit der Wohnungseigentumsvereinbarung festgestellt wurde, nicht möglich sei, aus, es könne im Zwangsversteigerungsverfahren eine mit unheilbarer Nichtigkeit behaftete grundbuchswidrige Eintragung nicht von Amts wegen richtiggestellt werden. Das Erstgericht habe die Exekutionsobjekte deutlich bezeichnet, und zwar nach der Größe der Anteile, sowie weiters die Umstände, dass und woran Wohnungseigentum verbunden sei. Weiterer Präzisierungen habe es nicht bedurft.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Verpflichteten ist nicht zulässig.

Auf das vorliegende Zwangsversteigerungsverfahren findet gemäß Art III Abs 1 EO-Nov 2000 die EO idF vor der EO-Nov 2000 Anwendung, weil der Exekutionsantrag vor dem 30. September 2000 bei Gericht einlangte.

a) Vorerst ist bloß zur Klarstellung festzuhalten: Bei der Ermittlung des Entscheidungsgegenstands iSd § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 1 und Z 1a ZPO ist bei der Entscheidung darüber, ob der Zuschlag zu erteilen oder zu versagen ist, bei einem Rekurs des Verpflichteten vom Betrag des Meistbots oder vom Schätzwert der Liegenschaft (bzw. - wie hier - des Liegenschaftsanteils), wenn dieser wie hier höher ist, auszugehen (EvBl 1989/94, EvBl 2000/170; 3 Ob 80/02i u.a.; RIS-Justiz RS0003231; Jakusch in Angst, EO, § 65 Rz 25; Rassi in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 65 Rz 46, je mwN). Das Rekursgericht ist bei seinem Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses in Ansehung der B-LNR 49 und 50 sowie der B-LNR 45 zu Unrecht nur vom Meistbot von je 50.000 S - und nicht vom höheren, somit maßgeblichen Schätzwert von je 100.000 S - ausgegangen, und kam so zu einem 52.000 S nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstand.

b) Ob eine Entscheidung anfechtbar ist und mit welchem Rechtsmittel das zu geschehen hat, hängt nicht davon ab, welche Entscheidungsform das Gericht tatsächlich gewählt hat, sondern nur davon, welche Entscheidungsform die richtige ist; ein Vergreifen in der Entscheidungsform ändert nichts an der Zulässigkeit eines Rechtsmittels oder dessen Behandlung (3 Ob 152/00z u.a.; Kodek in Rechberger 2, vor § 461 ZPO Rz 6 mwN aus der Rsp).

Die Zurückweisung eines Rechtsmittels von der ersten oder zweiten Instanz kann zwar durch Rekurs an die nächst höhere Instanz angefochten werden, wenn eine sachliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidung nicht stattgefunden hat. Nimmt das Gericht jedoch - wie im vorliegenden Fall - eine Sachprüfung vor, obgleich es zunächst seine Entscheidungsbefugnis verneint (etwa wegen mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses, wegen Unzulässigkeit, wegen Verspätung), so ist ein solcher Beschluss als Sachentscheidung anzusehen; der formale Teil ist dann unbeachtlich (5 Ob 50/75; RZ 1977/37; 1 Ob 621/94, je mwN u.v.a., zuletzt 3 Ob 152/00z; RIS-Justiz RS0044232; Kodek aaO § 528 ZPO Rz 4). Gelangten die Vorinstanzen nach meritorischer Prüfung zu einer übereinstimmenden Sachentscheidung, so liegen insoweit Konformatsbeschlüsse iSd § 528 Abs 2 Z 2 ZPO vor, ohne dass es dabei auf die vom Rekursgericht gewählte Entscheidungsform und den fälschlicherweise - zusätzlich - angenommenen Zurückweisungsgrund ankäme. Da hier die zweite Instanz eine Sachprüfung vornahm und den erstgerichtlichen Beschluss sachlich überprüfte und billigte, handelt es sich ungeachtet der Tatsache, dass sie den Rekurs dann mangels Beschwer der Rekurswerber zurückwies, in Wahrheit um einen bestätigenden Beschluss, der sich zufolge § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO einer weiteren Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzieht. Dieser absolute Rechtsmittelausschluss - der auch im Exekutionsverfahren uneingeschränkt gilt, soweit nicht eine der in der EO statuierten, hier nicht gegebenen Ausnahmen vorliegt (3 Ob 265/01v u.v.a.) - geht der weiteren Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 528 Abs 1 ZPO vor und verhindert jede Anfechtung des voll bestätigenden rekursgerichtlichen Beschlusses (1 Ob 621/94 uva).

Auf die Frage, ob das Rekursgericht rechtsirrig davon ausging, die Verpflichteten hätten im Rekurs gegen die Zuschlagserteilung Behauptungen aufstellen müssen, aus denen sich ihre Beschwer ergibt, kann demnach nicht mehr eingegangen werden.

c) In Ansehung des Erstverpflichteten ergibt sich noch Folgendes: Die Zulässigkeit des Rekurses gegen den Zuschlag setzt nach den allgemein für Rechtsmittel geltenden Grundsätzen ein Rechtsschutzinteresse (eine Beschwer; vgl dazu Rassi aaO § 65 Rz 28 ff) des Rechtsmittelwerbers voraus. Der Rekurs ist daher aus denselben Gründen unzulässig, die auch den Widerspruch unzulässig machen (Angst in Angst, EO, § 187 Rz 6). Gemäß § 182 Abs 2 EO ist auf einen Widerspruch, der sich auf Umstände stützt, durch welche das Recht des Widersprechenden nicht berührt wird, kein Bedacht zu nehmen. Der Widersprechende muss daher (sofern es nicht offenkundig ist) dartun, dass er durch die Erteilung des Zuschlags benachteiligt würde (SZ 19/327 = RZ 1938, 90; EvBl 1968/219 = JBl 1968, 481; Angst aaO § 184 Rz 3). Soweit der Erstverpflichtete den Beschluss über die Erteilung des Zuschlags betreffend einen nicht in seinem Eigentum stehenden Anteil bekämpft, ist nicht zu erkennen, worin seine Beschwer bestehen sollte.

Das Rechtsmittel muss demnach zurückgewiesen werden.

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