Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende und widerbeklagte Partei ist schuldig, der beklagten und widerklagenden Partei die mit EUR 1.772,63 (darin EUR 295,44 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger war Eigentümer einer Liegenschaft samt Einfamilienhaus in M*****. Er erteilte einer Realitätenvermittlung GmbH den Alleinvermittlungsauftrag zur Veräußerung dieses Objektes. Der Geschäftsführer dieser Gesellschaft bot es daraufhin zu einem Kaufpreis von S 8,9 Mio Dr. K***** und dem Beklagten an. Beide Kaufinteressenten besichtigten das Liegenschaftsobjekt. Der Kläger zeigte (so) großes Interesse, dass ihm vom Kläger folgendes Schreiben übermittelt wurde:
"Vorvertrag
Betrifft: Wohnhaus: *****,....
Hiermit bestätige ich Ihnen, oben genanntes Gebäude (Grundstücksnummer ..., Baufläche begrünt und Nr ... Baufläche) lastenfrei zu dem mündlich vereinbarten Kaufpreis von S 8,5 Mio zugesprochen zu haben.
Sie werden mit Ihrem Anwalt einen detaillierten Kaufvertrag erstellen, wobei sämtliche Nebengebühren, Grunderwerbssteuer, Eintragungsgebühren, Käuferprovision, Vertragserrichtung und dessen Durchführung zu Ihren Lasten gehen.
Datum: 4. September 1997".
Der Beklagte unterfertigte dieses Schreiben. Der Kläger teilte dem zweiten Kaufinteressenten, Dr. K*****, mit, dass die Liegenschaft bereits verkauft sei.
Erst nach Abschluss dieses "Vorvertrages" erfuhr der Beklagte, dass die geschiedene Gattin des Klägers auf Grund des Scheidungsvergleiches bis zum 31.12. 1997 im Haus auf der gegenständlichen Liegenschaft bleiben durfte. Es wurden daraufhin zwischen den Streitteilen Verhandlungen wegen des Räumungstermines geführt, wobei es auf Seiten des Klägers immer wieder zu Verschiebungen kam. Zuletzt wurde als Einzugstermin vom Kläger der 17. 11. 1997 vorgeschlagen. Angesichts dieser Schwierigkeiten und "auf Grund privater Gründe" kam es beim Beklagten zu Überlegungen, vom Vertrag zurückzutreten, dies jedoch nur unter der Bedingung, dass aus dem Rücktritt keinem der Streitteile ein Schaden erwachsen würde. Diese Bedingung wurde dem Kläger auch mitgeteilt.
In der Zwischenzeit urgierte der Vertreter der geschiedenen Gattin (des Klägers) beim Klagevertreter einen (nach dem Scheidungsvergleich) bereits fälligen Teilbetrag von S 1 Mio. Mit Schreiben vom 22. 10. 1998 gab der Kläger seine Bedingungen, unter denen er dem Rücktritt durch den Beklagten zustimmen würde, bekannt. Er forderte im Wesentlichen die Bezahlung der Verkäufer- und Käuferprovision des Maklers sowie einen Betrag von S 180.000,-- (S 100.000,-- Anwaltskosten und S 80.000,-- Zinsverlust). In der Folge kam es jedoch zu keiner Einigung über die Bedingungen für den Rücktritt des Beklagten, da dieser nur zurücktreten wollte, wenn keinem der Streitteile ein Schaden entstehen würde. Der Beklagte nahm daher mit Dr. K*****, dem ursprünglich zweiten Kaufinteressenten, Kontakt auf, welcher noch immer Interesse zeigte. Der Kläger und Dr. K***** führten in weiterer Folge Verhandlungen über den Kauf der Liegenschaft, welche letztendlich zum Vertragsabschluss am 19. 11. 1997 führten.
Mit Schreiben vom 30. 12. 1997 wurde der Beklagte vom Klagevertreter aufgefordert, den Betrag von S 146.280,-- bis längstens 16. 1. 1998 zu bezahlen.
In weiterer Folge wandte sich die Realitätenvermittlungs GmbH mit Provisionsansprüchen (Stornoprovision) in Höhe von S 350.000,-- an den Beklagten. Um einer gerichtlichen Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen und in der Meinung, dass er vom Kläger und Dr. K***** die bezahlte Provision zurückbekommen werde, bezahlte der Beklagte die begehrte Provision. Darüber hinaus sind ihm für die Vertragsverhandlungen und die Vertragserrichtung (Liegenschaft und Inventar) Kosten für die Rechtsberatung und Rechtsvertretung in Höhe von S 94.497,06 (inklusive 20 % USt) entstanden.
Der Kläger begehrt zu 22 Cg 119/98w vom Beklagten die Zahlung von S 146.280,-- (= EUR 10.630,58) sA als Schadenersatz für Beratungs- und Vertretungskosten im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Liegenschaft. Diese Rechtssache wurde mit der zu 22 Cg 163/98s eingebrachten Widerklage verbunden, mit der der Ersatz von S 444.497,06 (= EUR 32.302,86) sA an bezahlter Vermittlungsprovision (S 350.000,--) und aufgelaufenen Rechtsanwaltskosten (S 94.497,06) mit der Begründung begehrt wird, dass der Widerbeklagte die Liegenschaft unter Verletzung des zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrages anderweitig veräußert habe.
Das Erstgericht wies die Klage ab und gab der Widerklage statt. Nach seiner Rechtsansicht sei das als Vorvertrag titulierte Schreiben bereits als Kaufvertrag zu qualifizieren. Im Vertragsabschluss zwischen dem Kläger und Dr. K***** sei ein schlüssiger Rücktritt vom Vertrag zwischen den Streitteilen zu erblicken, der mangels Verzuges des Beklagten unberechtigt sei. Dem Kläger stehe daher kein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Beratungs- und Vertretungskosten von S 146.280,-- zu. Er habe dem Beklagten jedoch die Kosten der Vertragserrichtung (S 94.497,60) und die Stornoprovision (S 350.000,--) zu ersetzen.
Das Berufungsgericht gab - nach der mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 12. 6. 2001, 10 Ob 109/01d, erfolgten Aufhebung seiner Entscheidung vom 6. 9. 2000 (ON 34) - mit Urteil vom 15. 11. 2001 (ON 35) der Berufung des Klägers keine Folge. Das Erstgericht habe die Vereinbarung der Streitteile vom 4. 9. 1997 zutreffend als Kaufvertrag qualifiziert, da darin die Einigung über den Kaufgegenstand und den Preis festgehalten sei. Dass Nebenpunkte nicht in der Vereinbarung enthalten seien, stehe der Annahme des Zustandekommens eines Kaufvertrages nicht entgegen. Der Beklagte habe aber auch durch die Zahlung der Provision nicht etwa eine Nichtschuld bezahlt, sondern vielmehr die dem Makler zustehende Provision. Durch den Verkauf der Liegenschaft des Klägers an den (zweiten) Käufer Dr. K***** sei der Kaufvertrag zwischen den Parteien vereitelt worden, weshalb der Makler dennoch Anspruch auf die Provision habe. Der Beklagte habe aber auch nicht bewusst eine Nichtschuld bezahlt. Ihm sei, wie sich aus dem Akt ergebe, von dem Immobilienmakler angekündigt worden, man werde ihm sowohl die Käufer- als auch die Verkäuferprovision in Rechnung stellen, falls er beabsichtige, aus dem Vertrag auszusteigen. Dieses Schreiben stamme vom 6. 10. 1997, also zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht klar gewesen sei, ob der Vertrag vom 4. 9. 1997 erfüllt werden würde. Weiters sprach das Berufungsgericht aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Gegen dieses Urteil erhob der Kläger eine außerordentliche Revision verbunden mit einem hilfsweise gestellten Abänderungsantrag nach § 508 Abs 1 ZPO mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Stattgebung des Klagebegehrens und Abweisung des Widerklagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Das Berufungsgericht änderte daraufhin seinen Ausspruch dahin ab, dass die ordentliche Revision im Verfahren 22 Cg 119/98w doch zulässig sei, und führte zur Begründung aus, dass der Oberste Gerichtshof mit der Revision betreffend die Widerklage befasst sein werde und es daher im Sinne der Rechtssicherheit geboten sei, die ordentliche Revision auch für die Klage zuzulassen. Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision des Klägers (wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage) zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision erweist sich als unzulässig.
Nach § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Bei Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung ist der Oberste Gerichtshof an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Dies gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht in Abänderung seines zunächst gegenteiligen Ausspruches gemäß § 508 Abs 3 ZPO die ordentliche Revision im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO doch für zulässig erklärte, weil es sich auch dabei um einen Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO handelt (RIS-Justiz RS0042392 [T 5] - zuletzt 7 Ob 159/01k).
Die behauptete Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sind - wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat - nicht gegeben, weshalb insoweit auch keine erheblichen Rechtsfragen zu beantworten sind. Diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung.
Für die Annahme, die Parteien hätten mit der Vereinbarung vom 4. 9. 1997 lediglich einen Vorvertrag im Sinn des § 936 ABGB geschlossen, ist nach ständiger Rechtsprechung bei Konsensualverträgen, somit auch beim Liegenschaftskauf, im Zweifel kein Raum, da ohne besonderen Grund nicht anzunehmen ist, die Parteien hätten den umständlicheren Weg der Notwendigkeit des neuerlichen Vertragsabschlusses gewählt (Reischauer in Rummel, ABGB3 Rz 1 zu § 936 mwN; SZ 59/87 ua). Der Annahme des Vertragsabschlusses steht auch nicht entgegen, dass neben der Einigung über Kaufpreis und Kaufgegenstand weitere vertragliche Regelungen über Nebenpunkte fehlen, da diese Regelungen aus dem Willen der Parteien erschlossen oder aus dem Gesetz ergänzt werden müssen. Die Vereinbarung, einen schriftlichen Kaufvertrag zu errichten, macht die Einigung über Kaufgegenstand und Kaufpreis nicht ungültig, da damit lediglich abgesprochen wurde, dass der Vertrag in schriftliche für die grundbücherliche Durchführung notwendige Form gebracht werde. Keinesfalls kann daraus allein geschlossen werden, dass bloß ein Vorvertrag vorliege oder dass die Parteien für den Vertrag einen besonderen Formvorbehalt gemacht haben (Aicher in Rummel aaO Rz 2 zu § 1054; SZ 70/197; SZ 59/87; SZ 54/112 ua). Dass die Parteien den Vertragsschluss von der Einigung über weitere Vertragspunkte (hier: Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe der Liegenschaft) abhängig machen wollten, wurde im Verfahren weder behauptet noch ist es sonst hervorgekommen. Die Ansicht der Vorinstanzen, dass die Parteien am 4. 9. 1997 nicht bloß einen Vorvertrag, sondern bereits den Hauptvertrag abgeschlossen haben, steht daher mit den Grundsätzen der Vertragsauslegung und Rechtsprechung im Einklang.
Es wurde bereits im Aufhebungsbeschluss vom 12. 6. 2001 ausgeführt, dass nach den - vom Berufungsgericht nunmehr zur Gänze als unbedenklich übernommenen - erstgerichtlichen Feststellungen von einem vom Beklagten erklärten Rücktritt vom Vertrag nicht ausgegangen werden kann. Da es nach den Feststellungen auch bei den Verhandlungen über eine einvernehmliche Aufhebung des Vertrages zu keiner Einigung kam, erfolgte die Auflösung des Vertrages letztlich einseitig durch den Kläger, der sich seinerseits nicht mehr an den am 4. 9. 1997 geschlossenen Vertrag hielt und die Liegenschaft einem Dritten verkaufte und übergab. Dass der Beklagte damit aber grundsätzlich Anspruch auf Ersatz des durch die verschuldete Nichterfüllung verursachten Schadens gemäß § 921 ABGB hat (vgl JBl 1992, 247 ua), wird auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt.
Durch die Vereinbarung vom 4. 9. 1997 ist zwischen den Parteien ein Kaufvertrag rechtswirksam zustandegekommen und es ist damit auch der Anspruch des Realitätenvermittlers auf Zahlung von Vermittlungsprovision gemäß § 7 Abs 1 MaklerG gegenüber dem Kläger (Verkäuferprovision) und dem Beklagten (Käuferprovision) entstanden. Fraglich könnte lediglich sein, ob dieser Provisionsanspruch aus den im § 7 Abs 2 MaklerG genannten Gründen entfällt.
§ 7 Abs 2 MaklerG folgte der zuvor für Zivilmakler in Geltung gestandenen Bestimmung des § 6 Abs 3 HVG nach, übernahm aber die Vorgängerbestimmung inhaltlich im Wesentlichen unverändert. Der gegen den Provisionspflichtigen gerichtete Anspruch ist vom Grundgeschäft insoweit abhängig, als er nicht gebührt, wenn - unter anderem - das vermittelte Geschäft in der Folge aus wichtigen Gründen rückgängig gemacht wurde. Um sich von seiner Provisionspflicht zu befreien, muss der Auftraggeber nachweisen, dass die Ausführung des vermittelten Geschäfts ohne sein Verschulden infolge einer nachträglichen Änderung der Verhältnisse unmöglich oder unzumutbar geworden ist (1 Ob 250/01y; WoBl 1999, 275; RdW 1995, 98; SZ 59/61; SZ 58/111 ua). Die Zumutbarkeit ist stets im Einzelfall von der Rechtsprechung zu beurteilen. Unter Umständen ist eine Vertragspartei auch dazu verhalten, gegen einen leistungsunwilligen Vertragspartner Klage zu führen (1 Ob 250/01y mwN; 8 Ob 620/93 mwN; Jabornegg, Handelsvertreterrecht und Maklerrecht 288 f uva).
Für eine solche nachträgliche Änderung der Verhältnisse, die die Ausführung des bereits abgeschlossenen Geschäftes unmöglich oder nach objektiver Verkehrsauffassung unzumutbar erscheinen ließe, bieten die Feststellungen keine Anhaltspunkte. Die Tatsache, dass der Beklagte wegen der ihm erst nach Vertragsabschluss im Zusammenhang mit dem Räumungstermin bekannt gewordenen Schwierigkeiten (noch aufrechtes Nutzungsrecht der Gattin des Klägers) und aus persönlichen Gründen vom Vertrag zurücktreten wollte, vermag solche Umstände jedenfalls nicht zu begründen. Der Kläger haftete dem Realitätenvermittler daher für die vereinbarte (Verkäufer-)Provision. Der Beklagte ist somit im Umfang der vertraglichen Haftung des Klägers für Provisionsansprüche des Realitätenvermittlers durch die Zahlung der Provision für vertragliche Schulden des Klägers gegenüber Dritten in Vorlage getreten, ohne dazu auf Grund seiner Rechtsbeziehungen zum Kläger verpflichtet gewesen zu sein, sodass sein Rückersatzanspruch gemäß § 1042 ABGB berechtigt ist. Aber auch im Hinblick auf einen möglichen Entfall des Anspruches auf Käuferprovision gemäß § 7 Abs 2 MaklerG bieten weder die getroffenen Feststellungen noch das vom Kläger im Verfahren erster Instanz erstattete Prozessvorbringen irgendwelche Anhaltspunkte für die Annahme, dass dem Beklagten ein klageweises Vorgehen gegen den Kläger auf Zuhaltung des Vertrages nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre. Den Kläger trifft auf Grund seines unberechtigten Rücktrittes vom Vertrag daher auch die Verpflichtung zum Ersatz der dem Beklagten dadurch entstandenen frustrierten Aufwendungen (Rechtsanwaltskosten, Käuferprovision). Damit erweisen sich die vom Kläger in seiner Revision aufgezeigten Rechtsfragen nicht als solche, die von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO sind. Die Revision war daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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