OGH 10ObS194/02f

OGH10ObS194/02f23.7.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Andrea Komar (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Friedrich L*****, Maurer, *****, vertreten durch Dr. Edeltraud Fichtenbauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Februar 2002, GZ 8 Rs 1/02d-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 8. Oktober 2001, GZ 7 Cgs 219/00k-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger bereits in der Berufung geltend gemachten Mängel des Verfahrens erster Instanz (Einholung von weiteren Gutachten und Vornahme eines Persönlichkeitstests) hat das Berufungsgericht verneint, sodass sie nach ständiger Rechtsprechung - auch im Verfahren nach dem ASGG - im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können (Kodek in Rechberger2 § 503 ZPO Rz 3; SSV-NF 7/74, 11/15 ua; RIS-Justiz RS0042963/T45 und RS0043061). Eine in der Berufung unterlassene Aktenwidrigkeitsrüge kann in der Revision nicht nachgetragen werden (Kodek in Rechberger2 § 503 ZPO Rz 4; RIS-Justiz RS0041773), sodass sich ein Eingehen auf ihre Berechtigung erübrigt.

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).

Die von den Vorinstanzen bejahte Verweisung des Klägers, dem als gelernten Maurer Berufsschutz zukommt, auf die Tätigkeit eines Fachmarktberaters mit dem Schwerpunkt Bauabteilung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (SSV-NF 12/25, 12/139; 10 ObS 158/00h; 10 ObS 365/01a; jüngst 10 ObS 127/02b und 10 ObS 179/02z). Der Senat bejahte auch in zahlreichen anderen Fällen die Verweisung von qualifizierten Facharbeitern in Angestelltenberufe, die zu keinem Verlust des Berufsschutzes führt, wenn eine entsprechende Nahebeziehung zum bisher ausgeübten Beruf besteht (SSV-NF 8/84; 10/58; 13/3 ua). Diese Nahebeziehung des erlernten und ausgeübten Berufes zu dem genannten Verweisungsberuf ist auch im vorliegenden Fall gegeben, weil nach den Feststellungen als Fachmarktberater mit Schwerpunkt Bauabteilung neben kaufmännisch ausgebildeten Arbeitskräften in der Praxis auch handwerklich ausgebildete Arbeitskräfte wie beispielsweise Maurer verwendet werden. In der Revision werden keine neuen Gesichtspunkte geltend gemacht, die den erkennenden Senat veranlassen könnten, von der bisherigen Rechtsprechung abzugehen. Der Umstand, dass die Ausbildung der im Verweisungsberuf eines Fachmarktberaters im Baustoffbereich auch verwendeten Angestellten mit kaufmännischer Ausbildung durch die Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Berufsausbildung im Lehrberuf Einzelhandel (Einzelhandel-Ausbildungsverordnung, BGBl II 2000/196) mit Schwerpunkt Baustoffhandel eine Änderung erfahren hat, ändert nichts daran, dass jedenfalls auch derzeit noch eine handwerkliche Ausbildung und die dabei erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ein Anstellungs- und Ausübungskriterium dieses Verweisungsberufes bilden und auch diese qualifizierten Facharbeiter als Fachmarktberater tatsächlich Verwendung finden (10 ObS 397/01g; 10 ObS 365/01a ua). Es trifft zwar zu, dass einem überwiegend als Facharbeiter tätig gewesenen Versicherten nicht der Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten eines wegen unähnlicher Ausbildung und anderen zur Ausübung erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten fremden Berufes zugemutet werden kann, weil es sich dann um die Ausbildung für einen neuen Beruf handeln würde. Es ist aber auch von einem Facharbeiter, der über alle Kenntnisse und Fähigkeiten im erlernten Beruf verfügt, zu verlangen, dass er sich einer Nachschulung zum Erwerb von Spezialkenntnissen im erlernten Beruf unterzieht, wenn er diesen nur noch in einer spezialisierten Form ausüben kann. Auch dann hält sich die in Frage kommende Verweisungstätigkeit noch im Rahmen des erlernten Berufes, der aufgrund der Nachschulung in einer qualifizierten Form ausgeübt wird. Würde allerdings durch die Schulung der Bereich des erlernten Berufes verlassen und stünde der Beruf, zu dessen Ausübung die Schulung erfolgt, mit dem erlernten Beruf in keinem unmittelbaren Zusammenhang mehr, so würde eine Verweisung auf diesem Beruf dem Grundsatz des Berufsschutzes widersprechen (SSV-NF 7/60; 10 ObS 304/00t mwN; 10 ObS 397/01g). Da es sich bei der Tätigkeit eines Fachmarktberaters mit Schwerpunkt Bauabteilung um eine qualifizierte Teiltätigkeit (auch) des vom Kläger erlernten Maurerberufs handelt, muss sich der Kläger auf diese Tätigkeit verweisen lassen, weil er dadurch den ihm nach § 255 Abs 1 ASVG zukommenden Berufsschutz nicht verliert (SSV-NF 12/25 mwN; 10 ObS 397/01g ua). Dass auch die Notwendigkeit einer betriebsinternen Einschulung eines qualifizierten Facharbeiters in die Tätigkeit als Fachmarktberater in der Dauer von maximal zwei Monaten kein Verweisungshindernis bildet, wurde ebenfalls bereits mehrfach ausgesprochen (SSV-NF 12/25; 10 ObS 417/98s; 10 ObS 397/01g ua). Mit den weiteren Ausführungen, dass im Verweisungsberuf auf dem österreichischen Arbeitsmarkt nicht 100 Arbeitsplätze vorhanden sind, bei denen fallweise schwere Hebe- und Trageleistungen oder Arbeiten an exponierten Stellen nicht vorkommen, entfernt sich der Revisionswerber von den eindeutig gegenteiligen und vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Feststellungen der Tatsacheninstanzen.

Der Revision war damit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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