OGH 10ObS179/02z

OGH10ObS179/02z18.7.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag. Michael Mutz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Eva-Maria Florianschütz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ernst F*****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Graz, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. Februar 2002, GZ 7 Rs 20/02v-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 25. September 2001, GZ 34 Cgs 4/01v-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).

Dass der Kläger, sofern ihm Berufsschutz nicht zukommt, infolge seiner bei dem festgestellten medizinischen Leistungskalkül gegebenen Verweisbarkeit auf Tätigkeiten eines Parkgaragenkassiers, Adressenverlagsarbeiters, Portiers, Aufsehers, Spediteurs nicht invalid im Sinn des § 255 Abs 3 ASVG ist, wird - wie schon in der Berufung - auch in der Revision nicht in Zweifel gezogen. Die von den Vorinstanzen bejahte Verweisung des Klägers, dem als angelernter Maurer Berufsschutz zukommen könnte, auf die Tätigkeit eines Fachmarktberaters im Baustoffbereich entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SSV-NF 12/25; 12/139; 10 ObS 158/00h; 10 ObS 365/01a; jüngst 10 ObS 127/02b). Der Senat bejahte auch in zahlreichen anderen Fällen die Verweisung von qualifizierten Facharbeitern in Angestelltenberufe, die zu keinem Verlust des Berufsschutzes führt, wenn eine entsprechende Nahebeziehung zum bisher ausgeübten Beruf besteht (SSV-NF 8/84; 10/58; 13/3 ua). Diese Nahebeziehung des angelernten und ausgeübten Berufes zu dem genannten Verweisungsberuf war auch im vorliegenden Fall gegeben, weil nach den Feststellungen als Fachmarktberater im Baustoffbereich neben kaufmännisch ausgebildeten Arbeitskräften in der Praxis auch handwerklich ausgebildete Arbeitskräfte wie beispielsweise Maurer verwendet werden. In der Revision werden keine neuen Gesichtspunkte geltend gemacht, die den erkennenden Senat veranlassen könnten, von der bisherigen Rechtsprechung abzugehen. Der Umstand, dass die Ausbildung der im Verweisungsberuf eines Fachmarktberaters im Baustoffbereich auch verwendeten Angestellten mit kaufmännischer Ausbildung durch die Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Berufsausbildung im Lehrberuf Einzelhandel (Einzelhandel-Ausbildungsverordnung, BGBl II 2000/196) mit Schwerpunkt Baustoffhandel eine Änderung erfahren hat, ändert nichts daran, dass jedenfalls auch derzeit noch eine handwerkliche Ausbildung und die dabei erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ein Anstellungs- und Ausübungskriterium dieses Verweisungsberufes bilden und auch diese qualifizierten Facharbeiter als Fachmarktberater tatsächlich Verwendung finden (10 ObS 397/01g; 10 ObS 365/01a ua).

Es trifft zwar zu, dass einem überwiegend als Facharbeiter tätig gewesenen Versicherten nicht der Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten eines wegen unähnlicher Ausbildung und anderen zur Ausübung erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten fremden Berufes zugemutet werden kann, weil es sich dann um die Ausbildung für einen neuen Beruf handeln würde. Es ist aber auch von einem Facharbeiter, der über alle Kenntnisse und Fähigkeiten im erlernten Beruf verfügt, zu verlangen, dass er sich einer Nachschulung zum Erwerb und Spezialkenntnissen im erlernten Beruf - soweit es nicht betriebsintern möglich ist, allenfalls im Rahmen einer beruflichen Rehabilitation - unterzieht, wenn er diesen nur noch in einer spezialisierten Form ausüben kann. Auch dann hält sich nämlich die in Frage kommende Tätigkeit im Rahmen des erlernten Berufes, der auf Grund der Nachschulung in einer qualifizierten Form ausgeübt wird. Wird allerdings durch die Schulung der Bereich des erlernten Berufes verlassen, und steht der Beruf, zu dessen Ausübung die Schulung erfolgt, mit dem erlernten Beruf in keinem unmittelbaren Zusammenhang mehr, so würde eine Verweisung auf diesen Beruf dem Grundsatz des Berufsschutzes widersprechen (SSV-NF 7/60; 10 ObS 304/00t mwN; 10 ObS 397/01g). Da es sich bei der Tätigkeit eines Fachmarktberaters im Baustoffbereich weiterhin um eine qualifizierte Teiltätigkeit (auch) des vom Kläger allenfalls angelernten Berufs Maurer handelt, müsste sich der Kläger weiterhin auf diese Tätigkeit verweisen lassen, weil er dadurch den ihm nach § 255 Abs 1 ASVG zukommenden Berufsschutz nicht verlieren würde (SSV-NF 12/25 mwN; 10 ObS 397/01g ua). Dass auch die Notwendigkeit einer betriebsinternen Einschulung eines qualifizierten Facharbeiters in die Tätigkeit als Fachmarktberater in der Dauer von ca 3 Monaten kein Verweisungshindernis ist, wurde ebenfalls bereits mehrfach ausgesprochen (SSV-NF 12/25; 10 ObS 417/98s; 10 ObS 397/01g ua).

Der Revision war damit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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