OGH 8Ob294/01w

OGH8Ob294/01w2.7.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Bernhard Schatz, Dr. Michael Tröthandl, Mag. Georg Rupprecht und Mag. Andrea Prochaska, Rechtsanwälte in Mödling, wider die beklagte Partei Dr. Alexander Knotek, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der E***** AG, ***** vertreten durch Wolczik, Knotek, Wurst und Winalek, Rechtsanwälte in Baden, wegen EUR 58.138,27 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 23. August 2001, GZ 3 R 85/01v-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilzwischenurteil des Landes- als Handelsgerichtes Wiener Neustadt vom 16. Februar 2001, GZ 22 Cg 112/00x-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an

das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin hatte mit der Rechtsvorgängerin der nunmehrigen Gemeinschuldnerin Mietverträge über eine Betriebsliegenschaft abgeschlossen, auf welcher Verkaufshallen errichtet waren. Gemäß Punkt IV dieser Verträge übernahm der Mieter die Verpflichtung, den Mietgegenstand auf seine Kosten ohne Anspruch auf Ersatz jederzeit in einwandfreiem gutem Zustand zu erhalten und sämtliche Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchzuführen. Nach Beendigung des Mietverhältnisses hat der Mieter den Bestandgegenstand unter Berücksichtigung der mit dem ordentlichen Gebrauch verbundenen normalen Abnützung gereinigt, jedenfalls aber zur sofortigen Weiterverwendung für Verkaufszwecke funktionsfähig rückzustellen. Gemäß Punkt IX. Z 1 des Vertrages kann nach Beendigung des Mietvertrages von der Vermieterin die Beseitigung der Investitionen des Mieters und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands verlangt werden. Sollte die Vermieterin dies nicht verlangen gehen die Investitionen unentgeltlich in ihr Vermögen über. Gemäß Punkt IX. Z 2 der Mietverträge hat der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses das Mietobjekt unter Beachtung der Bestimmungen des Punktes IV. im besenreinen Zustand zurückzustellen. Kommt der Mieter dieser Verpflichtung nicht oder nicht rechtzeitig nach, so kann die Vermieterin auf Kosten des Mieters die Räume reinigen lassen. Über das Vermögen der nunmehrigen Gemeinschuldnerin wurde mit Beschluss vom 25. 3. 1999 das Ausgleichsverfahren und in weiterer Folge mit Beschluss vom 29. 6. 1999 der Anschlusskonkurs eröffnet. Zum Masseverwalter wurde der Beklagte bestellt.

Die Mietverträge wurden weder vom Ausgleichs- noch vom Masseverwalter gekündigt, vielmehr benützte die Konkursmasse die Bestandobjekte weiter. Mit Stichtag 15. 12. 1999 wurden die Mietverträge von den Streitteilen einvernehmlich aufgelöst. Nach Auflösung der Mietverträge zeigten sich in den Hallen zahlreiche, vom Erstgericht im einzelnen festgestellte, Schäden, von denen die im Spruch des Teilzwischenurteils genannten unstrittig schon vor Einleitung des Insolvenzverfahrens vorhanden gewesen sind.

Mit ihrer am 12. 4. 2000 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin, den Beklagten zur Zahlung von ATS 800.000 schuldig zu erkennen. Die Bestandnehmerin sei ihrer Verpflichtung zur Rückstellung der Objekte im vereinbarten Zustand nicht nachgekommen, sodass die Klägerin diesen Betrag für die Schadensbehebung habe aufwenden müssen. Die nunmehrige Gemeinschuldnerin habe in den Bestandobjekten verschiedene Umbauten vorgenommen und über den ordnungsgemäßen Gebrauch hinausgehende Schäden verursacht. Die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands würde laut Sachverständigenschätzung ATS 1,213.200 kosten. Aus prozessualer Vorsicht werde lediglich der Klagsbetrag geltend gemacht. Der Beklagte sei in die Mietverträge eingetreten und habe diese nicht nach § 23 KO gekündigt. Er sei somit zur Erfüllung der vertraglich geregelten Beendigungsansprüche verpflichtet. Die Kosten der Wiederherstellung seien demnach Masseforderungen.

Der Beklagte bestritt Richtigkeit und Höhe der geltend gemachten Forderungen und brachte vor, dass die behaupteten Schäden nicht während des Ausgleichs- bzw Konkursverfahrens verursacht worden seien. Vor Eröffnung der Insolvenzverfahren vorgenommene Veränderungen der Bestandobjekte seien mit Wissen der Klägerin erfolgt, sodass die Forderung nach ihrer Beseitigung Rechtsmissbrauch darstelle. Die von der Klägerin erhobenen Schadenersatzforderungen seien als Konkursforderungen zu qualifizieren.

Das Erstgericht stellte mit Teilzwischenurteil die Forderung der Klägerin betreffend die Kosten für die Durchführung der Arbeiten zur Behebung der vor Einleitung des Insolvenzverfahrens entstandenen Schäden als dem Grunde nach zu Recht bestehend fest. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, dass die geltend gemachten Ansprüche Masseforderungen gemäß § 46 Abs 1 Z 4 KO seien. Der Masseverwalter sei gemäß § 23 KO in die Bestandverträge eingetreten, sodass er nun aufgrund deren Punkt IX. verpflichtet sei, den ursprünglichen Zustand der Mietobjekte wiederherzustellen. Die im Spruch des Urteils genannten Schäden seien keine solchen aus unerlaubten Handlungen oder vertragswidrigem Verhalten vor der Konkurseröffnung, sondern werde deren Behebung aufgrund der Beendigung des Bestandverhältnisses geschuldet.

Das Gericht zweiter Instanz änderte dieses Urteil dahin ab, dass es die Forderung der Klägerin im Umfang des Teilzwischenurteils abwies. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes ATS 260.000 übersteige und dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es führte zur Rechtsrüge aus, dass Bestandverträge durch die Konkurseröffnung nicht beendet, sondern danach mit der durch den Masseverwalter vertretenen Konkursmasse fortgesetzt werden. Die Konkursmasse müsse alle aus einem Bestandvertrag nach der Konkurseröffnung erst entspringenden Verbindlichkeiten als Masseschulden erfüllen. Aus dem Zweck des § 46 KO sei abzuleiten, dass nur solche Forderungen als Masseforderungen angesehen werden könnten, die aus dem Anspruch auf Erfüllung des laufenden Vertragsverhältnisses erwachsen, weil nur hier ein Schutzbedürfnis des Bestandgebers bestehe. Forderungen, die auf andere Umstände insbesondere auch auf die Beendigung des Bestandverhältnisses zurückgehen, seien keine Masseforderungen. § 46 Abs 1 Z 4 KO meine mit den dort genannten Erfüllungsansprüchen bei Dauerschuldverhältnissen zweifellos nur solche die erst nach Konkurseröffnung entstehen bzw ausgetauscht werden. Es sei nicht einzusehen, warum der Vermieter einer bei Konkurseröffnung übermäßig abgenutzten Bestandsache davon profitieren solle, dass der Masseverwalter nicht vorzeitig kündigte, sondern das Objekt zunächst noch weiter benützte. Die genannte Bestimmung solle den Vertragspartner nur davor schützen, dass sich seine Position durch die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses verschlechtere. Eine Verbesserung der Rechtslage solle dadurch hingegen nicht bewirkt werden. Da die Nichterfüllung der vertraglich geregelten Pflichten bei Rückstellung auch nicht als Rechtshandlungen des Masseverwalters im Sinn des § 46 Abs 1 Z 5 KO angesehen werden könnten, seien die Ansprüche der Klägerin wegen Schadenszufügung bzw Veränderungen des Bestandobjekts vor Konkurseröffnung bloße Konkursforderungen. Eine Leistungsklage gegen den Masseverwalter sei daher nicht möglich.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Revision der Klägerin kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend dargestellt hat, sind offene Bestandzinsforderungen aus vom Masseverwalter fortgesetzten Bestandverhältnissen bis zur Konkurseröffnung Konkursforderungen, für die Zeit danach jedoch Masseforderungen. Auch eine vor Konkurseröffnung fällige, tatsächlich aber nicht bezahlte Mietzinsschuld kann daher soweit sie anteilsmäßig für die Zeit nach der Konkurseröffnung zu bezahlen war, als Masseforderung beansprucht werden (RIS-Justiz RS0064127). Der Anspruch auf Bestandzins für die Zeit vor der Konkurseröffnung wird durch den Eintritt des Masseverwalters in das Bestandverhältnis nicht rückwirkend zur Masseforderung (SZ 49/36). In gleichem Sinn sprach der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung SZ 54/100 aus, dass die vertragsgemäß von dem im Konkurs verfallenen Mieter zu tragenden Kosten der Rückstellung des Mietobjekts, die tatsächlich der Vermieter aufwenden musste, Konkursforderungen seien, weil es sich um vermögensrechtliche Ansprüche der persönlichen Gläubiger des Gemeinschuldners handle, die schon zur Zeit der Konkurseröffnung - wenngleich auch nur bedingt (§ 16 KO) - bestanden haben. Der Anspruch der Klägerin auf Rückstellung der Maschinen, der durch die vorzeitige Auflösung der Verträge nach Konkurseröffnung zu einem Unbedingtem geworden sei, habe damit bereits zur Zeit der Konkurseröffnung - aufschiebend bedingt - bestanden. Ein derartiger Anspruch werde weder unter dem Gesichtspunkt des § 46 Abs 1 Z 3 (nunmehr: Z 4) KO noch unter jenen des § 46 Abs 1 Z 2 (nunmehr: Z 5) KO zur Masseforderung. An dieser Rechtsansicht ist festzuhalten, kann doch der Vermieter durch die grundsätzlich auch in seinem Interesse gelegene Fortsetzung des Bestandvertrags durch den Masseverwalter hinsichtlich der bereits im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bedingt bestehenden Forderungen nicht besser gestellt werden, als wenn der Masseverwalter von seinem Kündigungsrecht gemäß § 23 Abs 1 KO Gebrauch gemacht hätte. Gegenteiliges kann auch nicht den Ausführungen Rathauschers ("Bestandrechte und Konkurs", 116 f) entnommen werden, können doch deren Ausführungen, vertragliche Beendigungen zögen vom Konkursrecht unabhängige Folgen nach sich, resultiere daraus ein Schadenersatzanspruch, sei dieser Masseforderung gemäß § 46 Abs 1 Z 5 KO, nur dahin verstanden werden, dass es sich hiebei ausschließlich um durch die Beendigung unmittelbar kausal verursachte Schäden handelt. Wie bereits dargestellt, bestehen aber Ersatzforderungen für vor Konkurseröffnung am Bestandobjekt herbeigeführte Schäden bereits zu diesem Zeitpunkt bedingt und werden durch die Beendigungserklärung des Masseverwalters nur zu unbedingten Forderungen, jedoch nicht kausal verursacht. § 46 Abs 1 Z 5 KO, wonach alle Ansprüche aus Rechtshandlungen des Masseverwalters Masseforderungen sind, kann daher die Privilegierung von Ersatzansprüchen hinsichtlich vor Konkurseröffnung am Bestandobjekt entstandener Schäden nicht rechtfertigen.

Wie Rathauscher (aaO 106 und 112) überzeugend darlegt, scheidet auch § 46 Abs 1 Z 4 KO, wonach auch Ansprüche auf Erfüllung zweiseitiger Verträge in die der Masseverwalter eingetreten ist, Masseforderungen sind, als Anspruchsgrundlage aus. Diese Bestimmung umfasst nämlich nur jene Forderungen die aus dem laufenden Vertragsverhältnis erwachsen, nicht aber solche, die aufgrund anderer Umstände oder wegen der Beendigung entstehen. Letztere sind gerade keine "Ansprüche auf Erfüllung" und somit von § 46 Abs 1 Z 4 KO nicht umfasst, weil sie keine Gegenleistung für die laufende Nutzung darstellen. Auch die deutsche Lehre und Rechtsprechung vertritt bei insoweit vergleichbarer Rechtslage (§ 59 Abs 1 Z 2 dKO: Masseschulden sind die Ansprüche aus zweiseitigen Verträgen, deren Erfüllung zur Konkursmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Verfahrens erfolgen muss) diese Rechtsansicht: Bei Schadenersatzansprüchen des Vermieters wegen Zerstörung, Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache sei immer zu unterscheiden, ob der Schaden schon vor Konkurseröffnung eingetreten war oder sich der Gemeinschuldner schon vor Konkurseröffnung mit der Durchführung fälliger Schönheitsreparaturen in Verzug befand. Der Anspruch sei dann bereits vor Verfahrenseröffnung entstanden und damit Konkursforderung, selbst wenn der Vermieter die Mietsache erst nach Konkurseröffnung zurückerhalte. Lediglich soweit Veränderungen, Zerstörungen oder Verschlechterungen der Mietsache nach Konkurseröffnung eingetreten seien, müssten Ersatzansprüche des Vermieters als Masseschuld im Konkurs des Mieters berichtigt werden (BGHZ 72, 263; Kilger/Karsten/Schmidt § 59 KO Anm 4a; Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung11 § 59 Rz 12a, 12b). Obwohl somit die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht, die Kosten derjenigen Arbeiten, die der Behebung bereits vor Konkurseröffnung am Mietobjekt entstandener Schäden dienten, seien Konkursforderungen, zutreffend ist, ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt über die vorliegende Revision abschließend abzusprechen:

Der Kläger hat im Verfahren die in den beiden angemieteten Hallen zur Schadensbehebung erforderlichen Arbeiten aufgelistet und sodann einen für die Schadensbehebung erforderlichen Gesamtbetrag von ATS 1,213.200 genannt. Weiters findet sich in der Klage der Satz "die klagende Partei macht vorerst nur einen Betrag von ATS 800.000 gegenüber der beklagten Partei geltend". Eine ziffernmäßige Aufschlüsselung dieses Pauschalbetrags auf die einzelnen Arbeiten insbesondere nach dem hier entscheidungswesentlichen Kriterium der Behebung vor und und nach Konkurseröffnung eingetretener Schäden ist nicht erfolgt. Nach ständiger Rechtsprechung ist aber ein Pauschalbetrag entsprechend aufzugliedern, um den Bestimmtheitserfordernissen des § 226 ZPO gerecht zu werden. Es geht nicht an, die Aufteilung des Pauschalbetrags auf einzelne Rechtsverhältnisse dem Gericht zu überlassen. Ohne eine solche Aufschlüsselung wäre es nicht möglich, den Umfang der Rechtskraft einer Teilabweisung des Zahlungsbegehrens zu bestimmen und damit die Frage zu beantworten, über welche der eingeklagten Forderungen ganz oder teilweise endgültig abgesprochen wurde. Nur wenn eine solche Aufgliederung erfolgt, kann in einem Folgeprozess die der Zulässigkeit einer weiteren Sachentscheidung allenfalls entgegenstehende materielle Rechtskraft der früheren Entscheidung beurteilt werden (1 Ob 291/00a; RIS-Justiz RS0031014). Diese vom Amts wegen wahrzunehmende (Rechberger/Frauenberger in Rechberger ZPO2 § 226 Rz 7 mwH) Unschlüssigkeit des Klagebegehrens kann aber nicht zu dessen sofortiger Abweisung führen, sondern muss zum Anlass einer Anleitung zur Ergänzung der für die Entscheidung erheblichen tatsächlichen Angaben gemäß § 182 Abs 1 ZPO genommen werden (RIS-Justiz RS0037166; RS0000263). In Anbetracht der somit erforderlichen Verfahrensergänzung durch das Erstgericht bedarf es keines weiteren Eingehens darauf, dass das Berufungsgericht mit seiner Entscheidung gegen den Rechtssatz verstoßen hat, dass ein dem Grunde nach als nicht zu Recht bestehend erkanntes Leistungsbegehren, auch wenn das Erstgericht ein stattgebendes Zwischenurteil gefällt hat, stets nur mit ziffernmäßig bestimmtem Endurteil abgewiesen werden darf (RIS-Justiz RS0036749; RS0040826).

Der Revision ist Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 Abs 1 ZPO.

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