OGH 7Ob94/02b

OGH7Ob94/02b26.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Ferdinand Weber und Dr. Hannes Hirtzberger, Rechtsanwälte in Krems, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Christoph Koller, Rechtsanwalt in Seekirchen, wegen (restlich) EUR 6.293,82 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 9. Jänner 2002, GZ 22 R 248/01a-55, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 1. Februar 2001, GZ 31 C 55/99z-49, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen. Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Nach einer Programmvorführung legte die beklagte Software-Firma der im Zimmereigewerbe tätigen klagenden Partei ein Anbot betreffend die Lieferung der Software "S*****", welches die Klägerin mit Telefax vom 11. 9. 1997 annahm. Ein darüber hinausgehender Wartungsvertrag wurde nicht abgeschlossen, sondern nur in Aussicht genommen. Die Installation und Einarbeitung ("Erstanweisung") erfolgten vereinbarungsgemäß am 18. 9. 1997, worauf die beklagte Partei Rechnungen in Gesamthöhe von S 151.420,80 legte, auf welche die Klägerin Teilzahlungen in Höhe von S 86.604,80 - dem nunmehrigen restlichen Klagsbetrag - leistete. Bezüglich des Restbetrages von S 64.816,-- behängt ein Widerklageverfahren, das bis zur rechtskräftigen Erledigung der verfahrensgegenständlichen Rechtssache unterbrochen wurde.

In der Folge traten beim S*****-Programm diverse, von den Vorinstanzen detailliert festgestellte Fehler auf. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen sind diese jedoch nicht dem Verantwortungsbereich der beklagten Partei zuzuordnen bzw liegen die von der klagenden Partei zum Anlass ihres Vertragsrücktrittes mit Schreiben vom 8. 6. 1998 genommenen Fehler tatsächlich nicht vor. Mit der am 14. 1. 1999 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin zunächst die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 121.595,60 samt 9 % Zinsen seit 4. 9. 1998. Wegen der Software-Fehler sei sie berechtigter Weise (nach mehreren vergeblichen Verbesserungsversuchen) vom Vertrag zurückgetreten. Später wurde das Klagebegehren auf restlich S 86.604,80 samt 7 % Zinsen seit 4. 9. 1998 eingeschränkt und um ein Feststellungsbegehren, wonach die beklagte Partei nicht berechtigt sei, Forderungen gegen die beklagte Partei geltend zu machen, ausgedehnt.

Beide Vorinstanzen wiesen - ausgehend von den einleitend zusammengefasst wiedergegebenen Feststellungen - das gesamte Klagebegehren ab, wobei die Abweisung des Feststellungsbegehrens rechtskräftig und nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens ist. Das Computerprogramm habe (so die zusammengefassten rechtlichen Beurteilungen) die bedungenen und im Verkehr gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften im Sinne des § 922 ABGB aufgewiesen. Mangels Zurechenbarkeit der Mängel in den Verantwortungsbereich der beklagten Partei lägen die Voraussetzungen für einen wirksamen Vertragsrücktritt nach § 918 ABGB nicht vor. Eine besondere Garantieabrede sei nicht getroffen worden. Zum Feststellungsbegehren fehle das erforderliche Feststellungsinteresse.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass den behandelten Rechtsfragen im Zusammenhang mit den behaupteten Mängeln die in § 502 Abs 1 ZPO genannte Bedeutung zukomme; zur Kompatibilität und zum Funktionieren einer Konfiguration habe das Höchstgericht unter Hinweis auf eine Koordinationspflicht bisher lediglich in der Entscheidung JBl 1997, 458 Stellung genommen, die allerdings einen Mietvertrag betroffen habe. Dies gelte auch für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Unternehmer für einen Rat gewährleistungsrechtlich einzustehen habe, der sich rückblickend betrachtet als verfehlt erweise. Ob eine ausdrücklich bedungene oder allenfalls im Verkehr gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft vorliege, komme gerade beim Software-Vertrag im Zusammenhang mit den behandelten Mängeln durchaus Bedeutung über den Einzelfall hinaus zu.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer Stattgebung ihres Geldleistungsbegehrens abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der das Vorliegen der geltend gemachten Rechtsmittelgründe bestritten und beantragt wird, der Revision der Gegnerin keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht zulässig. An den gegenteiligen Ausspruch ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Der geltend gemachte Revisionsgrund nach § 503 Z 2 ZPO wird im Rechtsmittelschriftsatz nicht näher ausgeführt; er liegt auch nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO).

Dass Verträge über die Überlassung von Computersoftware jedenfalls dann, wenn sie die dauerhafte Überlassung einer auf Datenträgern verkörperten Standardsoftware gegen Zahlung eines einmaligen Entgeltes zum Gegenstand haben, als Kauf (einer beweglichen Sache) zu qualifizieren sind, entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (5 Ob 504, 505/96 = ecolex 1998, 127 [zust Wilhelm] = JBl 1998, 577 [zust Staudegger]; ebenso Staudegger, Zur Qualifikation von Verträgen, die der Überlassung von Computersoftware dienen, in JBl 1998, 604 ff). Insoweit beruht die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes auf einer gefestigten, herrschenden Meinung (die Klägerin hat übrigens selbst das Vertragsverhältnis als "Kaufvertrag" bezeichnet: Annahmefax Blg B; so weiters auch die zugrunde liegenden AGB). Der Hinweis des Berufungsgerichtes auf die (offenbar gemeint: einzige) Entscheidung JBl 1997, 458 (weiters veröffentlicht ua auch in SZ 69/127), muss in diesem Zusammenhang schon deshalb scheitern, weil der Oberste Gerichtshof dort einen anders gelagerten Sachverhalt zu beurteilen hatte (Abschluss eines Mietvertrages über eine Datenverarbeitungsmaschine und einen Typenraddrucker, einen Wartungsvertrag und einen Programmnutzungs-Lizenzvertrag sowie - mit einem anderen Unternehmen - Abschluss eines Vertrages über die Bereitstellung von "Anwenderprogrammen"). Die Revisionswerberin übersieht vorliegendenfalls auch die vom Berufungsgericht in seiner nunmehr bekämpften Entscheidung ausdrücklich übernommenen Feststellungen, wonach die (objektiv gegebenen) Fehler in der Software ausschließlich außerhalb des Einfluss- und damit auch (rechtlichen) Verantwortungsbereiches der beklagten Partei gelegen gewesen sind, sodass sie weder zum Anlass eines (rechtmäßigen) Vertragsrücktrittes noch auch eines (ausschließlich) darauf fußenden Rückzahlungsbegehrens der geleisteten Kaufpreiszahlungen gemacht werden können, weil die beklagte Partei ihre Leistungen - ausgehend von der für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungslage der Tatsacheninstanzen - ihre Leistungen im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen mängelfrei erbracht hatte. Ausgehend aber davon, dass die Beklagte den Vertrag zum Zeitpunkt der ersten "Mängelrüge" (speziell den Drucker betreffend) im Jänner 1998 schon längst (mängelfrei) erfüllt hatte, könnten aus der späteren Anschaffung des Canon-Druckers bzw den auch damit verbundenen Softwareproblemen nur schadenersatz-, nicht aber gewährleistungsrechliche, keinesfalls aber "rücktrittswirksame" Konsequenzen abgeleitet werden, wie sie jedoch ausschließlich zum Gegenstand der Klageführung gemacht wurden. Vielmehr versucht die Rechtsmittelwerberin in unzulässiger Weise (weil diese Feststellungsgrundlage der Tatsacheninstanzen umstoßend), mit (inhaltlich) Beweiswürdigungsargumenten eine Haftung der beklagten Partei aus Gewährleistung für erteilten Rat bzw mangelhafter Funktionalität des Softwareprogramms abzuleiten, für welche es jedoch in dem den Obersten Gerichtshof bindenden Tatsachensubstrat der Vorinstanzen keine Grundlage gibt. Erhebliche Rechtsfragen des Verfahrens- oder des materiellen Rechtes werden hiezu nicht releviert, sodass sich die außerordentliche Revision insgesamt als unzulässig erweist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Da die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung (RIS-Justiz RS0035979, RS0035962; zuletzt 7 Ob 166/01i).

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