OGH 8ObA106/02z

OGH8ObA106/02z16.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Stefan und Dr. Vera Moczarski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Monique Z*****, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Michaela F***** GmbH & Co KG, und 2.) Michaela F*****, beide vertreten durch Burgstaller & Preyer, Partnerschaft von Rechtsanwälten in Wien, wegen Feststellung (Streitwert EUR 8.720,74) und EUR 13.856,01 brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Jänner 2002, GZ 9 Ra 351/01f-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 17. April 2001, GZ 21 Cga 240/99p-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die seit 7. 1. 1998 bei der Beklagten als Direktionsassistentin beschäftigte Klägerin wurde von dieser mit Schreiben vom 19. 8. 1999 zum 15. 10. 1999 gekündigt. In diesem Zusammenhang wurde der Klägerin auch die Möglichkeit einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses angeboten, was die Klägerin jedoch ablehnte. In weiterer Folge wurde der Klägerin freigestellt, ihr Dienstzeugnis selbst zu verfassen. Im Zusammenhang mit verschiedenen vom Geschäftsführer der Beklagten zum Vorschlag der Klägerin erwünschten Korrekturen wurde auch der Satz "Das Dienstverhältnis mit Frau Mag. Monique P***** endet am 15. Oktober 1999 im beiderseitigen, besten Einvernehmen" eingefügt. Das so von der Klägerin auf dem Computer geschriebene Dienstzeugnis wurde schließlich vom Geschäftsführer der Beklagten unterfertigt.

Tatsächlich war die Klägerin zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung am 19. August 1999 bereits in der dritten Woche schwanger, ohne dass ihr dies bekannt gewesen wäre. Das Ausbleiben der Regel führte die Klägerin auf die emotionale Situation im Zusammenhang mit der Kündigung zurück, da es bei ihr schon früher vorgekommen war, dass bei Stress die Regel bis zu vier Monaten ausgeblieben war. Sie ging dann erst am 12. 10. 1999 zum Gynäkologen wo festgestellt wurde, dass sie bereits in der 11. Woche schwanger war. Eine Schwangerschaftsbestätigung wurde ihr nicht ausgestellt. Sie war auf Grund der Mitteilung völlig durcheinander und verbrachte den folgenden Tag damit, über die Veränderungen in ihrem Leben nachzudenken. Erst am 14. 10. 1999 dachte sie daran, dass sie die Beklagte von der Schwangerschaft verständigen müsste und sandte ein Schreiben an die erstbeklagte Partei in dem sie bekannt gab, dass sie in der 11. Woche schwanger sei und in den nächsten Tagen mit ihr Kontakt aufnehmen werde. Dieses Schreiben langte bei der Beklagten am 18. 10. 1999 ein. Am 15. 10. 1999 erkundigte sich die Klägerin bei der Arbeiterkammer über die Rechtslage und es wurde ihr ein Beratungstermin für den 22. 10. 1999 gegeben.

Am 18. 10. 1999 kam es dann zu einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Beklagten, bei dem dieser den Standpunkt vertrat, dass das Dienstverhältnis nicht aufrecht sei. Die Frage der Klägerin, ob sie eine ärztliche Bestätigung über die Schwangerschaft schicken solle, beantwortete der Geschäftsführer dahin, dass er eine solche Bestätigung nicht benötige.

Erst bei der Beratung bei der Arbeiterkammer am 22. 10. 1999 erfuhr die Klägerin, dass gleichzeitig mit der Bekanntgabe der Schwangerschaft auch eine ärztliche Bestätigung vorzulegen sei. Sie suchte den Arzt auf und ließ sich die Schwangerschaftsbestätigung ausstellen, die sie der Beklagten übersandte.

Die Klägerin begehrte zuletzt (AS 91) einerseits die Feststellung, dass ihr Dienstverhältnis über den 15. 10. 1999 hinaus weiter aufrecht sei. Ferner begehrte sie an Entgeltansprüchen für die Zeit vom 16. 10. 1999 bis 9. 3. 2000 insgesamt S 190.662,92 brutto sA. Sie stützte sich zusammengefasst darauf, dass die Kündigung der Beklagten wegen der vorliegenden Schwangerschaft unwirksam gewesen sei. Bei der Untersuchung am 12. 10. 1999 habe sie vorweg keine Bestätigung über die Schwangerschaft erhalten. Auch habe die Beklagte ihr gegenüber geäußert, dass sie eine solche nicht benötige. Am 13. 10. habe sie im Übrigen unter starken Schmerzen gelitten. Vom Erfordernis der Übermittlung einer ärztlichen Bestätigung an die Beklagte habe die Klägerin überhaupt erst am 22. 10. 1999 erfahren.

Zu einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses sei es nicht gekommen. Keinesfalls sei diese schriftlich erfolgt. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass sich die Klägerin nicht rechtzeitig Kenntnis von ihrer Schwangerschaft verschafft habe. Auch sei die Verständigung verspätet erfolgt; schließlich stützte sich die Beklagte überhaupt darauf, dass die Kündigung dadurch in eine einvernehmlichen Auflösung umgewandelt worden sei, dass diese in dem von der Klägerin formulierten schriftlichen Dienstzeugnis festgehalten wurde.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es folgerte rechtlich, dass die Kündigung durch die Beklagte deshalb nach § 10 Abs 2 MSchG unwirksam sei, da die Unkenntnis der Schwangerschaft in der 11. Schwangerschaftswoche im Allgemeinen von einer Arbeitnehmerin nicht zu vertreten sei. Da die Klägerin nach Kenntnis von der Schwangerschaft am 12. 10. 1999 die Bekanntgabe bereits am 14. 10. 1999 zur Post gegeben habe, sei diese auch rechtzeitig erfolgt. Die Gemütsschwankungen der Klägerin würden einen Tag Nachdenkzeit rechtfertigen.

An der Vorlage einer ärztlichen Bestätigung sei die Klägerin dadurch gehindert gewesen, dass sie vor diesem Erfordernis gar keine Kenntnis gehabt habe. Sie sei auch darauf nicht hingewiesen worden. Eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses liege schon deshalb nicht vor, da das Dienstzeugnis in aller Regel nur eine Wissens- aber keine Willenserklärung darstelle. Eine schriftliche einvernehmliche Auflösung im Sinne des § 10 Abs 7 MSchG sei von der Beklagten gar nicht behauptet worden.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Es folgerte aber auch im Zusammenhang mit den Beweisrügen zu den Feststellungen zum Vorliegen einer einvernehmlichen Auflösung, dass die Klägerin selbst bei Bejahung einer solchen einvernehmlichen Auflösung diese nicht gegen sich gelten lassen müsse, wenn sie vom Vorliegen einer Schwangerschaft noch nichts gewusst habe. Aus dem Zweck des Schriftlichkeitsgebotes des § 10 Abs 1 erster Satz MSchG, einen Übereilungsschutz für die schwangere Mutter zu bewirken sei abzuleiten, dass die Rechtsfolgen des § 10 Abs 2 MSchG hinsichtlich der Kündigung analog auch im Sinne eines nachträglichen Einwandes der Schwangerschaft und der Nichtigkeit einer schriftlichen einvernehmlichen Auflösung heranzuziehen wären.

Es sei davon auszugehen, dass dann, wenn eine Arbeitnehmerin innerhalb von fünf Arbeitstagen nach der schriftlicher Vereinbarung der einvernehmlichen Auflösung - bzw bei späterer Kenntniserlangung von einer Schwangerschaft unmittelbar danach - dem Arbeitgeber die Schwangerschaft einwende eine einvernehmliche Auflösung trotz Schriftlichkeit unwirksam sei.

Gleiches gelte für die ausgesprochene Kündigung. Die Klägerin habe ihre Schwangerschaft rechtzeitig gemeldet und durch die Nichtvorlage der ärztlichen Bescheinigung den Kündigungsschutz nicht verloren, da es sich dabei nur um eine Ordnungsvorschrift handle. Im Übrigen verwies das Berufungsgericht gemäß § 500a ZPO auf die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der beklagten Partei ist gemäß § 46 Abs 3 Z 3 ASGG jedenfalls zulässig und auch berechtigt. Nach § 10 Abs 1 MSchG ist ua eine während der Schwangerschaft ausgesprochene Arbeitgeberkündigung unwirksam, es sei denn, dem Arbeitgeber war die Schwangerschaft nicht bekannt.

Ferner - also auch im Fall der mangelnden Kenntnis von der Schwangerschaft - ordnet § 10 Abs 2 MSchG an, dass eine Kündigung rechtsunwirksam ist, wenn die Schwangerschaft binnen fünf Arbeitstagen nach Ausspruch der Kündigung, bei schriftlicher Kündigung binnen fünf Arbeitstagen nach deren Zustellung bekannt gegeben wird. Die schriftliche Bekanntgabe der Schwangerschaft ist dabei zufolge des zweiten Satzes des § 10 Abs 2 MSchG dann rechtzeitig, wenn sie innerhalb der 5-Tagefrist zur Post gegeben wird. Die Arbeitnehmerin hat nach der ausdrücklichen Anordnung des § 10 Abs 2 dritter Satz MSchG "gleichzeitig" durch eine Bestätigung des Arztes die Schwangerschaft oder die Vermutung der Schwangerschaft nachzuweisen. Zufolge des letzten Satzes des § 10 Abs 2 MSchG ist die Bekanntgabe auch dann rechtzeitig, wenn die Arbeitnehmerin aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen, dem Arbeitgeber die Schwangerschaft nicht innerhalb der 5-Tagefrist bekanntgeben kann, sofern sie unmittelbar nach Wegfall des Hinderungsgrundes die Bekanntgabe nachholte.

Im Ergebnis sind also verschiedene Fälle auseinanderzuhalten, wobei der Gesetzgeber als Grundregel des § 10 Abs 1 MSchG festgelegt hat, dass eine Kündigung während der Schwangerschaft unwirksam ist, wenn diese Schwangerschaft dem Arbeitgeber bekanntgegeben wurde. Der besondere Kündigungsschutz ist also grundsätzlich von der Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft abhängig (vgl Knöfler MutterschutzG12, 183f). Darauf stellt im Ergebnis auch der in der Richtlinie 92/85/EWG (Mutterschutzrichtlinie) vorgesehene Kündigungsschutz ab (vgl Art 10 der RL iVm Art 2 lit a der RL). Europarechtliche Bedenken gegen die Umsetzung der Richtlinie werden von der Klägerin auch gar nicht geltend gemacht.

In dem Abs 2 des § 10 MSchG wird dann als weiterer Fall schon

wesentlich eingeschränkter die Unwirksamkeit von Kündigungen

festgelegt, wenn dem Arbeitgeber das Vorliegen der Schwangerschaft

noch nicht bekanntgegeben wurde. Geht es doch bei dieser Regelung des

§ 10 Abs 2 MSchG auch darum, dass damit in die

Dispositionsmöglichkeit des Arbeitgebers durch die Aufrechterhaltung

des Schwebezustandes hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigung nur

beschränkt eingegriffen werden soll (vgl in diesem Sinne RIS-Justiz

RS0070753 mwN etwa RdW 1991, 151 = Arb 10.859; OGH 20. 5. 1998, 9 ObA

82/98v = Arb 11.729 = Wbl 1998/326; OGH 10. 1. 2001, 9 ObA 269/00z =

ecolex 2001/221 = DRdA 2001, 454 = RdW 2002/99). Zu bedenken ist in

diesem Zusammenhang, dass ja auch Kündigungen rechtsunwirksam werden, für die der Arbeitgeber bei früherer Verständigung von der Schwangerschaft berechtigt die Zustimmung nach § 10 Abs 3 MSchG hätte einholen können und die dann wirksam gewesen wären. Vor diesem Hintergrund stellt sich nun vorweg schon die Frage, inwieweit bei Bekanntgaben der Schwangerschaft, die später als fünf Arbeitstage nach Zugang der Kündigung erfolgen, noch davon ausgegangen werden kann, dass die Arbeitnehmerin "aus Gründen die nicht von ihr zu vertreten sind" dem Arbeitgeber die Schwangerschaft nicht innerhalb der 5-Tagefrist bekanntgeben konnte. Der hier geltend gemachte Grund liegt darin, dass die Klägerin selbst von der Schwangerschaft nichts gewusst hat. Dazu hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass gerade bei den ersten Schwangerschaften den Arbeitnehmerinnen kein von ihnen zu vertretendes "Fehlverhalten" vorgeworfen werden kann, wenn sie sich in den ersten Monaten noch keine Gewissheit über das Vorliegen einer Schwangerschaft verschaffen (vgl dazu etwa OGH 12. 8. 1999, 8 ObA 130/99x = DRdA 2000/38 [Egger] = infas 2000 A 12 = RdW 2000/607 = Wbl 2000/59).

Weiters stellt sich aber die Frage, inwieweit nach "positiver" Kenntnis von der Schwangerschaft, hier am 12. 10. 1999 - also dem Wegfall des Hinderungsgrundes die Bekanntgabe als "unmittelbar" danach eingestuft werden kann. Dabei hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass ein enger zeitlicher Konnex zwischen der positiven Kenntniserlangung der Schwangerschaft und der Bekanntgabe derselben an den Arbeitgeber bestehen muss, ohne dass die Anforderungen überspitzt werden dürfen (vgl etwa OGH 10. 1. 2001, 9 ObA 269/00z, ecolex 2001/221 = RdW 2002/99 mwN). Dies wurde etwa in dem zuletzt zitierten Fall dann bejaht, wenn die Bekanntgabe nicht unmittelbar am Tag der Kenntniserlangung, sondern am darauffolgenden Tag erfolgt oder wenn die spätere Bekanntgabe auf ein Verhalten des Arbeitgebers selbst zurückzuführen ist (vgl etwa OGH 27. 5. 1992, 9 ObA 114/92 = infas 1992 A 151). Der Oberste Gerichtshof geht nun davon aus, dass unter Beachtung der "völligen Verwirrung" über die Mitteilung der Schwangerschaft bei der Klägerin auch noch eine am übernächsten Tag erfolgte Bekanntgabe rechtzeitig im Sinne des § 10 Abs 2 MSchG sein kann, weil die Überlegungsfrist von einem Tag im Hinblick auf die grundlegenden Änderungen durch eine solche Mitteilung und auch dem Umstand, dass ohnehin noch das Arbeitsverhältnis aufrecht war, den zeitlichen Konnex nicht durchbricht.

In der Entscheidung zu 9 ObA 269/00z hat der Oberste Gerichtshof bereits darauf Bezug genommen, dass die Erstreckung um einen Tag auch deshalb zulässig wäre, weil auch bei einer schriftlichen Bekanntgabe die Mitteilung den Arbeitgeber typischerweise nicht früher zugegangen wäre. Verlängert man dies hier im Hinblick auf die grundlegende Ümwälzung der Lebenssituation gerade bei der Geburt des ersten Kindes dahin, dass ein Tag Überlegungszeit und eine daran anschließende schriftliche Verständigung als ausreichend zu betrachten ist, so ist aber zu verlangen, dass an dem zweiten Tag nach der Mitteilung - wenn schon nicht eine telefonische Vorinformation gegeben wird - jedenfalls entsprechend den sonstigen Vorgaben des § 10 Abs 2 MSchG auch eine Aufgabe bei der Post erfolgt. Wollte man auch den 3. Tag nach Wegfall des Hindernisses (4. Tag der Kenntnis von der Schwangerschaft) als ausreichend erachten, so würde dies der bereits ausdrücklich abgelehnten Übernahme der Fünftagefrist für die unmittelbar nach Ausspruch der Kündigung vorgenommenen Schwangerschaftsmitteilungen nahekommen (vgl OGH 10. 10. 1990, 9 ObA 215/90 = Arb 10.895 ua). Hat der Gesetzgeber doch ausdrücklich zwischen dem Fall der Mitteilung der Schwangerschaft innerhalb der Fünftagefrist nach der Kündigung und der späteren Mitteilung, die aber "unmittelbar" nach Wegfall des Hindernisses erfolgen muss, differenziert. Diese beiden Fälle unterscheiden sich unter den oben dargestellten Wertungsaspekten insoweit, als im ersten Fall innerhalb von 5 Tagen nach Ausspruch der Kündigung, regelmäßig noch während des aufrechten Arbeitsverhältnisses die Unwirksamkeit bewirkt wird, während sich im zweiten Fall die Unwirksamkeit der Kündigung aber möglicherweise erst Monate später, sogar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergibt. Vom Durchschnittsfall tatsächlich abweichende Umstände - weitere Hindernisse - wurden allein mit der "Verwirrung" auf Grund der Mitteilung von der Schwangerschaft nicht nachgewiesen. Zur Postaufgabe fehlt es hier jedoch an einer konkreten Feststellung. Zwar ist das Erstgericht in seiner rechtlichen Beurteilung, von einer solchen Postaufgabe ausgegangen. Eine klare dahingehende Feststellung wurde jedoch nicht getroffen, sondern primär nur, dass der Klägerin am 14. 10. bewusst wurde, dass sie ihren Arbeitgeber auch verständigen müsste und dass sie auch ein Schreiben an die Beklagte sandte, das bei dieser unstrittig erst am 18. 10. einlangte. Dass damit aber auch festgestellt sein soll, dass auch die Postaufgabe (vgl auch § 10 Abs 2 MSchG) an diesem Tag erfolgte ist nicht klar ersichtlich. Auch in der Beweiswürdigung des Erstgerichtes finden sich keine dahingehenden Aufklärungen. Selbst den Ausführungen der Klägerin als Partei (insb AS 63) sind keine dahingehenden Ausführungen zu entnehmen, während sich aus dem Aktenvermerk vom 6. 4. 2000 (Blg ./4) abzuleiten scheint, dass das Schreiben erst am 15. 10. 1999 zur Post gegeben wurde. Aus der rechtlichen Beurteilung ist nicht klar ableitbar, ob das Erstgericht darin seine Feststellungen ergänzen will oder einfach die Vermutung aufstellt, dass das am 14. 10. 1999 verfasste Schreiben auch an diesem Tag zur Post gegeben wurde.

Wann nun das Schreiben vom 14. 10. 1999 tatsächlich eingeschrieben zur Post gegeben wurde, wird im fortgesetzten Verfahren festzustellen sein.

Hiezu kommt noch, dass die Bekanntgabe nach § 10 Abs 2 MSchG ja gerade im Hinblick auf das Erfordernis der möglichst schnellen Klarstellung der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der bereits ausgesprochenen Kündigung in Fällen, in denen dem Arbeitgeber die Schwangerschaft nicht bekannt war, auch erfordert, dass "gleichzeitig" mit der Bekanntgabe eine Bestätigung des Arztes über die Schwangerschaft oder die Vermutung der Schwangerschaft vorgelegt wird.

Der Oberste Gerichtshof hat dazu bereits klargestellt, dass es sich dabei nicht nur um eine "Ordnungsvorschrift" ohne Sanktionen handelt, sondern dass die "Bekanntgabe" im Sinne des § 10 Abs 2 MSchG eben zwei Schritte erfordert, und zwar sowohl die Information des Arbeitgebers über die Schwangerschaft als auch die Bestätigung des Arztes. Allerdings müssen nicht beide Schritte gleichzeitig gesetzt werden (vgl dazu 9 ObA 303/98v = Arb 11.808 = DRdA 1999, 232 ua). Der Grund, den die Klägerin nun nachweisen konnte, warum sie trotz ihrer positiven Kenntnis von der Schwangerschaft am 12. 10. 1999 die ärztliche Bestätigung erst am 22. 10. 1999 vorlegte, war die mangelnde Kenntnis der gesetzlichen Regelungen. Diese bildet aber nach der allgemeinen Bestimmung des § 2 ABGB keinen ausreichenden Grund, insofern die Risikosphären zwischen den Vertragspartnern zu verschieben. Vielmehr sind die entsprechenden gesetzlichen Regelungen ungeachtet der Kenntnis des Betroffenen anzuwenden. Allerdings stellt die Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen als solche auch nicht jedenfalls ein Verschulden dar (vgl RIS Justiz RS0008652 mwN; Bydlinski in Rummel ABGB3 § 2 Rz 2f; Posch in Schwimann ABGB2 § 2 Rz 2ff). Bei gesetzlichen Tatbeständen, bei denen es auch auf das Vorliegen eines Verschuldens ankommt kann also auch auf die mangelnde Kenntnis und das Verschulden daran Bedacht genommen werden. Es kann nun dahingestellt bleiben, inwieweit aus der Formulierung in § 10 Abs 2 MSchG - "nicht zu vertretenden Gründen" - auch abgeleitet werden kann, dass eine unverschuldete Unkenntis der Gesetzeslage für die Beurteilung der "Unmittelbarkeit" der Vorlage relevant wäre. Im Hinblick auf die in § 17 MSchG vorgesehene Verpflichtung des Arbeitgebers zur Auflage des MSchG im Betrieb - insoweit wurde ein Verstoß nicht behauptet - und die verschiedenen - auch telefonischen - Beratungsmöglichkeiten ist für die Beschaffung der Information jedenfalls keine über die bereits für die Verständigung des Arbeitgebers eingeräumte Frist (dritter Tag) hinausgehende Frist anzunehmen. Ausgehend davon wäre dann unverzüglich die ärztliche Bestätigung beizuschaffen gewesen, sodass dies Vorlage am 22. 10. 1999 jedenfalls als verspätet anzusehen wäre.

Allerdings hat sich die Klägerin auch darauf berufen, dass die Beklagte ja auf die Vorlage einer solchen Bestätigung ihr gegenüber verzichtet habe. Da die Bestimmung des § 10 Abs 2 MSchG über die Verpflichtung zur gleichzeitigen Vorlage einer ärztlichen Bestätigung an den Arbeitgeber dessen Interesse an einer möglichst raschen Klarstellung der Wirksamkeit der von ihm ausgesprochenen Kündigung dienen soll, kann er auch auf die Vorlage einer solchen Verständigung verzichten. Dies konnte die Klägerin den Äußerungen des Geschäftsführers der Beklagten bei der Besprechung am 18. 10. 1999 wohl durchaus entnehmen. Jedenfalls kann aber davon ausgegangen werden, dass dadurch die spätere Vorlage am 22. 10. 1999 aus von der Klägerin "nicht zu vertretenden Gründen" erfolgte.

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass durch die Vorbereitung des Dienstzeugnisses durch die Klägerin und die Unterfertigung durch den Geschäftsführer der Beklagten eine einvernehmliche schriftliche Auflösung des Dienstverhältnisses zustandegekommen sei und die Ausführungen des Berufungsgerichtes zur analogen Anwendung des § 10 Abs 2 MSchG auf diese einvernehmliche Auflösung nicht zutreffen würden, kann dem nicht gefolgt werden. Ist dem doch schon entgegenzuhalten, dass der Wortlaut des im Dienstzeugnis aufgenommenen Satzes, wonach das Dienstverhältnis "im beiderseitigen, besten Einvernehmen endete, nicht eindeutig für eine einvernehmliche Auflösung spricht. Dies kann im Rahmen eines Dienstzeugnisses auch nur zum Ausdruck bringen, dass das Einvernehmen im Dienstverhältnis bis zuletzt bestens war. Wesentlich ist aber vor allem, dass es von Seiten des Arbeitnehmers - unabhängig von der Frage der Abgrenzung von Willens - und Wissenserklärung- jedenfalls an der Schriftform im Sinne des § 10 Abs 7 MSchG mangelt. Gebietet die Einhaltung dieser Form nach § 886 ABGB prinzipiell die eigenhändige Unterschrift auch des Arbeitnehmers (vgl dazu Knöfler aaO, 203). Dazu reicht das allein vom Arbeitgeber unterschriebene Dienstzeugnis nicht aus. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht konkret festzustellen haben, wann das Schreiben vom 14. 10. 1999 tatsächlich zur Post gegeben wurde.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf die § 2 ASGG und § 52 ZPO.

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