OGH 6Ob42/02y

OGH6Ob42/02y16.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard Z*****, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien

1. Maria G*****, und 2. Herbert G*****, beide *****, vertreten durch Dr. Ingo Schreiber und Mag. Manfred Sommerbauer, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wegen 335.385 ATS (24.373,38 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 21. November 2001, GZ 18 R 201/01i-37, womit das Urteil des Bezirksgerichts Gloggnitz vom 2. Mai 2001, GZ 4 C 777/99w-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit der Sach- und Rechtslage im Einklang.

1. Fest steht, dass der unstreitig mitvermietete Einbaukühlschrank - ein älteres Modell - seit Beginn des Mietverhältnisses am 1. 10. 1993 klaglos bis zum 21. 11. 1996 funktionierte, als ein Defekt im Bereich des Kompressors an der Rückseite auftrat, der zur Entstehung einer mehrstündigen Glimmbrandphase im Bereich der hinter dem Kühlschrank befindlichen Holzteile und anschließend zum Vollbrand führte. Außer einem gelegentlichen Abtauen bedurfte der Kühlschrank keinerlei Wartungsarbeiten.

Der Kläger selbst brachte vor (ON 31 S 10), dass es für Kühlschränke weder gesetzliche noch technische Vorschriften gebe, die Wartungsarbeiten mit Ausnahme des regelmäßigen Abtauens verpflichtend vorschrieben.

2. Der Kläger verpflichtete sich im Mietvertrag, das Mietobjekt auf eigene Kosten unter einverständlichem Ausschluss des § 1096 ABGB in gutem Zustand zu erhalten und allenfalls entstandene Schäden an dem Mietobjekt unverzüglich aus eigenem zu beheben und zu bezahlen; dies gilt auch für Schäden an Klosettanlagen, den Strom- und Wasserleitungen im Mietobjekt, soweit diese nicht durch eine Versicherung gedeckt sind. Weiters wurde vereinbart, dass den Vermietern die Elementarversicherung bezüglich des gesamten Hauses obliegt und der Abschluss aller anderen Versicherungen Sache des Mieters ist.

Rechtliche Beurteilung

Es ist herrschende Rechtsprechung und Lehre, dass die in §§ 1096 f ABGB normierten Bestandgeberpflichten - soweit nicht die Mietrechtsgesetzgebung anderes bestimmt - nachgiebiges Recht sind und es daher zulässig ist, außerhalb voller Anwendbarkeit des MRG die Pflicht zur Instandhaltung auf den Bestandnehmer zu überwälzen (SZ 24/163; MietSlg 25.120/8, 28.124, 48.117, 48.118 ua; Würth in Rummel, ABGB3 § 1096 Rz 1 und 5), und die Überwälzung der Erhaltungspflicht auch die Erneuerung eines schuldlos schadhaft gewordenen Inventargegenstands umfasst (MietSlg 48.118 mwN; Würth aaO § 1096 Rz 5). Dass die §§ 3 und 4 MRG zufolge eines Gebäudes im Sinne des § 1 Abs 4 Z 2 MRG nicht anwendbar sind, ist unstreitig. Von dieser ständigen Rechtsprechung ist das Berufungsgericht nicht abgewichen. Aus der vom Rechtsmittelwerber zitierten, einen Mobilienleasingvertrag betreffende Entscheidung SZ 52/157 ist für ihn nichts zu gewinnen; mit der Frage der Grenzen der Abdingbarkeit des § 1096 ABGB befasst sich diese Entscheidung nicht.

Schließlich versagt auch die Rüge des Rechtsmittelwerbers, das Berufungsgericht habe übersehen, dass ein "gesetzliches Zinsausmaß auch wegen Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes und nach § 879 ABGB ausgeschöpft und sittenwidrig sein könne und demgegenüber eine Überwälzung von Instandhaltungspflichten unzulässig" sei. Dem ist nur entgegenzuhalten, dass der Kläger in erster Instanz (und auch in der Berufung) laesio enormis, eine Sittenwidrigkeit oder Unwirksamkeit der Überwälzung der Erhaltungspflicht nicht geltend machte. Er behauptete bloß (ON 4 S 4 f), weil das gesetzliche Zinsausmaß durch den vereinbarten Mietzins, die vereinbarten Arbeitsleistungen und andere Gegenleistungen des Klägers ausgeschöpft sei, sei die "allfällige Überwälzung einer Versicherungspflicht wie auch die Überwälzung der Folgen des gegenständlichen Schadensereignisses unzulässig, sittenwidrig und nichtig". In seiner Berufung führte er denn auch aus, er habe vertraglich die Verpflichtung zur Instandhaltung des Mietobjekts im Inneren übernommen, die Pflicht zur Instandhaltung des Kühlschranks durch die Beklagten bleibe jedoch davon unberührt, weil sich die Erhaltungspflicht nur auf in der Lebensrealität technisch notwendige und für den Mieter erkennbare Maßnahmen beziehe. Wie bereits ausgeführt, umfasst die Überwälzung der Erhaltungspflicht auch die Erneuerung durchaus schuldlos schadhaft gewordener Inventargegenstände.

Es trifft zwar zu, dass in der Entscheidung des Senates vom 28. 11. 1991, 6 Ob 611/91, der Grund der Haftung des Vermieters schon in einer schuldhaften Verletzung von Instandhaltungspflichten nach § 1096 ABGB gesehen wurde und eine vorwerfbare Verletzung einer gesetzlichen Überwachungspflicht der Innenanlagen zur Wasserversorgung nur eine hilfsweise Ergänzung war. Daraus ist aber für den Kläger nichts zu gewinnen, traf doch die Beklagten infolge wirksamer Abdingung der Erhaltungspflicht keine vertragliche Pflicht zur Instandhaltung des Kühlschrankes, geschweige denn zu dessen Wartung und Pflege. Zu letzterer zählt gewiss die Entfernung von Staub und Lurch. Zur üblichen Pflege der Einrichtungen des Bestandgegenstandes ist aber der Bestandnehmer verpflichtet (JBl 1963, 94; Binder in Schwimann, ABGB2 § 1096 Rz 55).

3. Zu Unrecht wirft der Revisionswerber dem Berufungsgericht vor, es habe sich mit der Verletzung vertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten durch die Beklagten anlässlich der Vertragserrichtung und Übergabe des Objektes nicht befasst und verweigere implizit dem Rechtsinstitut der culpa in contrahendo die Anerkennung. Das Berufungsgericht hat nie die Rechtsansicht vertreten, dass den Bestandgebern als vertragliche Nebenpflichten bei der Erbringung der Hauptleistung (Gebrauchsüberlassung) Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht treffen, vor allem wenn es um Gefahrenquellen geht, die mit der Beschaffenheit des Bestandgegenstandes im Zusammenhang stehen und nicht ohnehin für jedermann leicht erkennbar sind, und der Bestandgeber dem Bestandnehmer vor solchen Gefahrenquellen - soweit dem Bestandgeber zumutbar - zu schützen, zumindest aber zu warnen hat (MietSlg 33.159; 1 Ob 600/87; MietSlg 48.120 = ZVR 1997/128 [368]). Es trat vielmehr der Berufungsausführung, die Beklagten hätten den Kläger bei Abschluss des Mietvertrags und Übergabe des Bestandobjekts auf die Brandgefahr hinweisen müssen, mit dem zutreffenden Argument entgegen, dass die Beklagten keinen Anhaltspunkt für eine Mangelhaftigkeit oder Gefährlichkeit des Kühlschranks hatten, funktionierte doch dieser bei der Übergabe und in den Jahren danach klaglos. Dem Gericht zweiter Instanz ist auch darin - wie dies seinen Ausführungen zu entnehmen ist - beizupflichten, dass die Sorgfaltspflicht des Sicherungspflichtigen nicht so weit überspannt werden darf, dass sie eine in Wahrheit vom Verschulden losgelöste Haftung zur Folge hat; vielmehr ist sie auf ein zumutbares Maß zu beschränken (MietSlg 48.120 mwN). Indessen hätte sich das Berufungsgericht mit den diesbezüglichen Ausführungen in der Berufung gar nicht befassen müssen, weil der Kläger in erster Instanz sein Schadenersatzbegehren nicht darauf stützte, die Beklagten hätten es unterlassen, ihn über das Alter des Kühlschrankes aufzuklären und auf die Ansammlung von Lurch und Staub auf dem Kompressor des Kühlschranks sowie die damit verbundene Gefahr eines Glimmbrands bei einem Defekt des Kompressors hinzuweisen. Die für die Anwendung einer bestimmten Rechtsnorm erforderlichen Tatsachen müssen in einem Verfahren, in dem kein Untersuchungsgrundsatz gilt, durch Parteienbehauptungen in den Prozess eingeführt werden. Dem Kläger war und ist es wegen des Neuerungsverbots (§§ 482, 504 ZPO) verwehrt, seine Schadenersatzklage darauf zu gründen, die Beklagten hätten eine - im Übrigen erst in Revisionsschrift näher beschriebene Aufklärungs- und Warnpflicht - verletzt (vgl SZ 41/43).

Damit erweist sich die außerordentliche Revision mangels einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig.

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