Spruch:
Den Rekursen wird nicht stattgegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind Kosten des zu ergänzenden Verfahrens.
Text
Begründung
Der Kläger benützt als Unterbestandnehmer Geschäftsräumlichkeiten im Hause der Beklagten für Zwecke seiner Damenkleiderboutique.
Ab August 1986 traten an den Wänden des Lokals ungeachtet mehrfacher Überprüfungen der als Schadensquelle in Betracht gezogenen Leitungen durch die von der Hausverwaltung damit beauftragte Installationsgesellschaft, der Nebenintervenientin, immer wieder und in verstärkter Intensität und größerem Ausmaß Durchfeuchtungen mit Schimmelbildung und der dadurch hervorgerufenen Geruchsbelästigung auf.
Der Kläger hielt dessenungeachtet den Geschäftsbetrieb aufrecht und bewahrte Verkaufsware in einem schon seit 1983 von Durchfeuchtungen betroffenen Lagerraum auf, ohne für die gebotene Entlüftung dieses Raumes zu sorgen.
Als Ursache der in dem vom Kläger benützten Lokal aufgetretenen Durchfeuchtungen sind - nach einem in dem dem Rechtsstreit vorangegangenen Beweissicherungsverfahren erstatteten Sachverständigengutachten - Undichtheiten der seit Erbauung des Hauses nicht - erneuerten Wasserleitungen und Abfallrohre anzunehmen.
Der Kläger begehrte von den Beklagten Ersatz für die im Frühjahr 1987 festgestellten Feuchtigkeitsschäden an der Kleiderware (rd 90.000 S), an der Geschäftseinrichtung (rd 59.000 S) und an elektrischen Leitungen im Geschäftslokal (rd 60.000 S) sowie für Verdienstentgang während der Zeiten der Instandsetzungsarbeiten und der Geruchsbelästigung (100.000 S). Der Kläger machte den Beklagten zum Vorwurf, (als Hauseigentümer und Vermieter) ihre Verpflichtungen zur Sanierung undichter Wasserleitungen und Abfallrohre vernachlässigt zu haben.
Die Beklagten wendeten vor allem ein, mit dem Kläger (als einem Vertragspartner ihres Hauptmieters) in keiner Rechtsbeziehung zu stehen und im übrigen auf jede Meldung über das Auftreten von Mauerfeuchtigkeit hin unverzüglich einen befugten Gewerbsmann mit der Klärung der Ursache und der Behebung allfälliger Schadensquellen beauftragt und damit alle ihnen zumutbaren Vorkehrungen getroffen zu haben. Hilfsweise machten die Beklagten geltend, daß der Kläger die behaupteten Nässeschäden an der Boutiqueware deshalb selbst zu verantworten hätte, weil er in dem bereits als feucht erkennbaren Lagerraum nässeempfindliche Ware gelagert gehalten habe.
Das Prozeßgericht erster Instanz wies das Klagebegehren - nach Einschränkung des Verfahrens auf den Grund des Anspruches - ab.
Das Prozeßgericht erster Instanz verneinte mangels einer zwischen den Beklagten als Hauseigentümer und Vermieter einerseits und dem Kläger als Rechtsnehmer des Hauptmieters andererseits bestehenden Vertragsverhältnisses eine die Beklagten gegenüber dem Kläger treffende (Vertrags-)Pficht zur gehörigen Instandhaltung der Baulichkeit samt den Wasserleitungen und Abfallrohren sowie einen dem Hauptmieter entstandenen Vermögensnachteil, aus dem diesem ein - dem Kläger abtretbarer - Schadenersatzanspruch gegen die Beklagten entstanden sein könnte und erachtete eine sich aus § 129 der Bauordnung für Wien oder einem sonstigen Schutzgesetz ergebende Verpflichtung der Hauseigentümer zur Überwachung des Bauzustandes durch die Betrauung eines befugten Gewerbsmannes mit der Feststellung und allfälligen Behebung der Wasseraustrittsursachen als erfüllt.
Das Berufungsgericht befand das Verfahren zur Behebung von Feststellungsmängeln als ergänzungsbedürftig und faßte einen Aufhebungsbeschluß; dazu sprach es aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. (Den in den Spruch aufgenommenen Rechtskraftvorbehalt im Sinne der Rechtslage vor der WGN 1989 begründete das Berufungsgericht ausdrücklich mit dem Vorliegen der Voraussetzungen nach § 519 Abs 1 Z 2 und Abs 2 ZPO.)
Das Berufungsgericht trug dem Prozeßgericht die Prüfung der Fragen auf, ob die Beklagten ihre Überwachungs- und Instandhaltungspflichten (als Hauseigentümer nach der Wiener Bauordnung im allgemeinen und als Wasserabnehmer im Sinne des Wiener Wasserversorgungsgesetzes im besonderen) schuldhaft verletzten, in welchem Fall dem Kläger (unmittelbare) Schadenersatzansprüche aus der Verletzung von Schutzgesetzen zustünden, wieweit der Hauptmieter dem Kläger die bestandvertraglichen Rechte im Sinne des § 1096 ABGB abgetreten habe, in welchem Falle dem Kläger als Zessionar des Hauptmieters Ersatzansprüche wegen Verletzung von Instandhaltungspflichten gegen die Beklagten zustünden, letztlich, welcher Gebrauch in Ansehung des sogenannten Lagerraumes als bedungen zu gelten habe. Nach dem im Beweissicherungsverfahren erhobenen Befund sei ernstlich in Zweifel zu ziehen, daß die Beklagten und die von ihnen beigezogenen Gewerbsleute - für deren schuldhafte Nachlässigkeiten die Beklagten gemäß § 1313 a ABGB einzustehen hätten - ihrer Überprüfungspflicht gemäß § 15 Abs 4 Wiener Wasserversorgungsgesetz nachgekommen seien; nach der zeitlichen Abfolge sei es nicht auszuschließen, daß solche Unterlassungen für die Nässeschäden an Ware und Einrichtung des Klägers ursächlich gewesen seien. Nach einer allfälligen Bejahung des (Ersatz-)Anspruches dem Grunde nach würde ein allfälliges Mitverschulden des Klägers zu klären sein.
Die Beklagten und ihre Nebenintervenientin fechten den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß in getrennten Schriftsätzen wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Rekursantrag auf Wiederherstellung des klagsabweislichen Urteiles erster Instanz an.
Der Kläger strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Rekurse sind nicht berechtigt.
Die Beklagten hatten als Eigentümer des Hauses, in dem das vom Kläger benützte Geschäftslokal liegt, gegenüber dem Hauptmieter dieser Räumlichkeiten die bestandvertragliche Pflicht, die Bestandsache in einem zum bedungenen Gebrauch tauglichen Zustand zu erhalten. Soweit sich der mietvertraglich eingeräumte Gebrauch nicht bloß auf eine persönliche Nutzung der Bestandsache durch den Vertragspartner selbst beschränkt, sondern auch eine ständige Mitbenützung durch Angehörige, Bedienstete oder auch Untermieter oder die gelegentliche Benützung durch private oder geschäftliche Besucher umfaßt, bestehen die sich aus der Instandhaltungspflicht des Bestandgebers ergebenden Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht nur gegenüber dem Bestandnehmer persönlich, sondern schon nach dem Vertragszweck der mietweisen Gebrauchsüberlassung auch gegenüber den Personen, die in einem vom Bestandgeber erkennbaren eigenen Interesse des Bestandnehmers die Bestandsache zulässigerweise neben diesem oder an seiner Statt benützen. Aus der Verletzung dieser mietvertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber den genannten Dritten stehen diesen im Falle eines ersatzfähigen Nachteiles in ihrer eigenen Rechtssphäre unmittelbare Schadenersatzansprüche gegen die Bestandgeber zu. Zu den solcherart geschützten Dritten zählt insbesondere ein Pächter des vom Hauptmieter in den gemieteten Geschäftsräumlichkeiten eingerichteten Unternehmens (JBl 1987, 250), aber auch in gleicher Weise ein Untermieter des Hauptmieters (wenn die Untervermietung von den Vermietern nicht wirksam untersagt werden konnte und auch nicht wurde).
Der Kläger verfolgt als Rechtsnehmer des Hauptmieters gegen die Beklagten als Vermieter eigene Schadenersatzansprüche aus der Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten, die die Beklagten ihm gegenüber aus dem mit dem Hauptmieter geschlossenen Bestandvertrag trafen. Die Frage nach der Abtretung der Ansprüche des Hauptmieters gegen die Vermieter im Sinne des § 1096 ABGB ist nicht streitentscheidend.
Die schadenersatzrechtliche Haftung der Beklagten als Vermieter für ersatzfähige Nachteile des Klägers, die auf eine schuldhafte Verletzung der Instandhalterpflichten beruht, wurde entgegen dem Standpunkt der Rekurswerber vom Berufungsgericht schon aus der dargelegten Erwägung zutreffend bejaht. Dabei gilt einerseits die Beweislastumkehr gemäß § 1298 ABGB als auch die Haftung für den Erfüllungsgehilfen nach § 1313 a ABGB.
Es ist daher im Anlaßfall nur eine hilfsweise Ergänzung, daß für den Fall einer Schadensverursachung durch nicht ordnungsgemäß instandgehaltene Innenanlagen zur Wasserversorgung (nicht auch zur Wasserentsorgung in Abfallrohren) entgegen der Rechtsansicht des Nebenintervenienten eine haftungsbegründende Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne des § 1311 ABGB vorläge, weil der Schutzzweck der im § 15 Abs 4 des Wiener Wasserversorgungsgesetzes normierten Überwachungspflichten im § 12 Abs 5 des genannten Gesetzes ausdrücklich umschrieben ist.
Der vom Berufungsgericht erteilte Verfahrensergänzungsauftrag beruht auf keiner unrichtigen rechtlichen Beurteilung.
Den Rekursen war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO, weil die Rekurse Anlaß für eine Klarstellung der Haftungsgrundlagen geboten haben.
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