OGH 5Ob65/02y

OGH5Ob65/02y14.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Daniela P*****, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr, Rechtsanwalt in Linz, wider den Antragsgegner Franz S*****, vertreten durch Mag. Christian Ebmer, Rechtsanwalt in Linz, wegen § 37 Abs 1 Z 14 MRG (EUR 47.237,34 sA), infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 21. November 2001, GZ 11 R 310/01m-12, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 8. August 2001, GZ 17 Msch 2/01f-7, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin hat von den Miteigentümern P***** das Reihenhaus***** (EZ ***** GB*****) in ***** gemietet und zwar das gesamte Gebäude, bestehend aus Gastlokal "H***** H*****" und die im Obergeschoß gelegene Wohnung. Die Antragstellerin betreibt seit März 1998 an dieser Adresse das Gastlokal "H***** H*****" als Kaffeehaus. Mit Kaufvertrag vom 7. 3. 1998 hatte sie vom Antragsgegner, der der Vormieter des Lokales war, Investitionen und Einrichtungsgegenstände zu einem Preis von S 1,080.000 erworben. Welche Investitionen und Einrichtungsgegenstände Gegenstand des genannten Kaufvertrages wurden, ob allenfalls darüber hinausgehend Gegenstand des Kaufvertrages das gesamte Unternehmen war, steht nicht fest. Das Ehepaar P***** war zunächst Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG ***** und verkaufte Teile dieser Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 28. 2. 1977 an die Firma S***** GmbH. Diese Gesellschaft errichtete aufgrund einer am 6. 5. 1977 vom Stadtamt ***** erteilten Baubewilligung auf den neu gebildeten Grundstücken 2790/94 bis 2790/164 eine Reihenhausanlage (S*****siedlung). Für sämtliche der genannten neugebildeten Grundstücksnummern wurden nachfolgend neue Einlagezahlen gebildet. Das Ehepaar P***** blieb Eigentümer eines Teiles dieser neu gebildeten Liegenschaften und den darauf neu errichteten Reihenhäusern. So auch des auf der Liegenschaft EZ ***** GB *****, bestehend aus Grundstück Nr 2790/101 gelegenen Hauses ***** in*****.

Ein Teil der auf den genannten neu gebildeten Grundstücksnummern neu errichteten Reihenhäuser wurde mit Mitteln der Wohnbauförderung finanziert. Für das Reihenhaus ***** erhielt das Ehepaar P***** keine Wohnbauförderungsmittel. Dieses Objekt wurde seit der Fertigstellung im Jahr 1977/1978 als Gastlokal "H***** H*****" vermietet. Im Zeitraum 1984 bis März 1998 war das Gastlokal an den Antragsgegner vermietet.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrt die Antragstellerin vom Antragsgegner EUR 47.237,34 mit der Behauptung, in diesem Umfang liege bei Vereinbarung und Zahlung des Kaufpreises vom 7. 3. 1998 eine verbotene Ablöse im Sinn des § 27 Abs 1 Z 1 MRG vor. Der Antragsgegner wendete dagegen ein, dass der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG vorliege und insofern § 27 MRG nicht anwendbar sei. Das Gebäude sei ohne Zuhilfenahme von öffentlichen Mitteln aufgrund einer am 6. 5. 1977 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden. Darüber hinaus wendete der Antragsgegner ein, der mit der Antragstellerin für den Unternehmenskauf vereinbarte Kaufpreis sei angemessen, sodass auch insofern keine verbotene Leistung im Sinn des § 27 Abs 1 Z 1 MRG vorliege.

Die Antragstellerin hielt dem entgegen, dass es sich beim Haus ***** nicht um ein selbständiges Gebäude handle, sondern um einen Teil eines einheitlichen Gebäudekomplexes, welcher teils aus öffentlichen Mitteln gefördert worden sei, teils nicht. Sowohl in bautechnischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht bestehe eine Einheit der gesamten Reihenhausanlage. Das ergebe sich schon daraus, dass nach der Bauweise gemeinsame Trennwände und Brandmauern zwischen den einzelnen Objekten bestünden. Auch sei die Baubewilligung nicht für ein Reihenhaus erteilt worden, sondern für die gesamte Anlage. Darauf, ob für jedes Reihenhaus eine eigene Einlagezahl geschaffen worden sei, komme es nicht an. Maßgeblich für den Begriff "Gebäude" im Sinn des § 1 Abs 4 Z 1 MRG seien die tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, welche im vorliegenden Fall nicht zuließen, von einem selbständigen Bauwerk auszugehen. Das Erstgericht wies den verfahrenseinleitenden Antrag ab. Sämtliche Voraussetzungen des § 1 Abs 4 Z 1 MRG seien erfüllt. Maßgeblich für die Selbständigkeit des in Frage stehenden Gebäudes sei, dass dieses wie auch die anderen Reihenhäuser auf einer gesonderten Liegenschaft mit eigener Einlagezahl situiert sei. Grundbücherlich sei auch die Gewährung von Bauförderungsmitteln ausschließlich auf jenen Liegenschaften ersichtlich, bei welchen offensichtlich die Zuteilungsvoraussetzungen erfüllt waren. Bei der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft seien Wohnbauförderungsmittel nicht zugeteilt worden. § 27 MRG sei daher auf das gegenständliche Bestandverhältnis nicht anzuwenden.

Einem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Das MRG setze grundsätzlich den Begriff "Gebäude" mit Liegenschaft gleich. Es sei daher maßgeblich, dass für einzelne Häuser bzw Teile einer Reihenhausanlage eigene Liegenschaften gebildet worden seien. Bei einer Reihenhausanlage, die nicht in der Rechtsform des Wohnungseigentums konzipiert sei, gebe es keine allgemeinen Teile, sodass öffentliche Wohnbauförderung zielgerichtet so eingesetzt werden könne, dass sie nur bestimmten Objekten zugute komme. Deshalb sei auch bei Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG danach zu differenzieren, ob die einzelnen Reihenhäuser einer Gesamtanlage unter Verwendung von Förderungsmitteln errichtet worden seien oder nicht.

Feststehe jedenfalls, dass das Ehepaar P***** auf eigenen Liegenschaften durch die S***** GmbH Reihenhäuser errichten habe lassen, ohne dafür öffentliche Förderungsmittel zu beziehen. Dass daneben und gleichzeitig auf anderen Grundstücken Reihenhäuser unter Inanspruchnahme öffentlicher Förderungsmittel errichtet worden seien, nehme den frei finanzierten Objekten nicht die Qualifikation des § 1 Abs 4 Z 1 MRG.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil bisher keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage vorliege, ob bei einer sich über mehrere Liegenschaften erstreckenden Reihenhausanlage, deren Errichtung nur teilweise aus öffentlichen Mitteln gefördert worden sei, einzelne, möglicherweise baulich verbundene Gebäude, für die keine Förderungsmittel in Anspruch genommen wurden, im Sinn des § 1 Abs 4 Z 1 MRG zu behandeln seien oder nicht.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung des Antrags. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsgegner beantragt den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, weil zur Frage der mietrechtlichen Qualifikation einzelner Häuser einer Reihenhausanlage, deren Errichtung teilweise mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde, teilweise jedoch nicht, dies insbesondere in Hinblick auf § 1 Abs 4 Z 1 MRG noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt und dieser Frage erhebliche Bedeutung im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO zukommt.

Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Bei einem "Reihenhaus" handelt es sich um ein Einfamilienhaus, das in fortlaufender Reihe mit anderen gleichartigen ein- oder mehrgeschoßigen Einfamilienhäusern verbunden ist, wobei bei dieser Zeilenbauweise die Teilhäuser gemeinsame Zwischen- und Brandwände besitzen, sowie zu einem einzigen Hauskörper zusammengefasst sind. Dadurch sollen die Vorteile des eigenen Hauses mit denen der Kostenersparnis bei gemeinsamer Errichtung solcher Häuser in einem einzigen Baukörper verbunden werden (WBL 1989, 348). Damit ist zunächst über die Rechtsform nichts ausgesagt. Ein Reihenhaus kann durchaus auch als Wohnungseigentum konzipiert sein, wenn die zu einem Baukörper vereinigten Reihenhäuser im Wohnungseigentum der Miteigentümer der betreffenden Liegenschaft stehen. Daneben kann, wie im vorliegenden Fall, wenn grundbücherlich eine eigene EZ geschaffen wird (vgl dazu Dirnbacher in MRG 2000, 30), auch bücherliches Allein- oder Miteigentum an einem solchen Reihenhaus begründet werden. Von jeher kann und wird bei Zuteilung öffentlicher Wohnbauförderungsmittel in einzelne Objekte einer solchen Reihenhausanlage unterschieden, was etwa dort klar zum Ausdruck kommt, wo es, wie hier um die Errichtung von Geschäftsräumlichkeiten geht. So steht denn auch im gegenständliche Fall fest, dass die Errichtung des Reihenhauses ***** frei finanziert wurde, ohne Inanspruchnahme öffentlicher Wohnbauförderungsmittel. Daran knüpft aber die privilegierende Bestimmung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG an, dass nicht öffentliche Wohnbauförderungsmittel für den Neubau verwendet wurden.

Ebensowenig wie die geringfügige Einbeziehung alter Gebäudeteile in ein neues Objekt der Annahme einer gänzlichen Neuerrichtung schadet (RIS-Justiz RS0097182) oder der Anbau eines neuen Gebäudes an ein bestehen gebliebenes altes Gebäude schadet (5 Ob 134/99p; RIS-Justiz RS0069293), oder Verbindungen wie etwa Zwischentrakte, gemeinsame Abwasserleitungen etc (WoBl 1999, 13/1; WoBl 1999, 13/2; immolex 1999, 7/2), wird der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG nicht dadurch beseitigt, dass gemeinsame Trenn- und Feuermauern mit Teilen einer Gesamtwohnhausanlage bestehen, die aus öffentlichen Mitteln gefördert wurden, wenn solche öffentlichen Mittel für das in Frage stehende Einfamilienhaus nicht gewährt wurden.

Unbeschadet der baulichen Ausgestaltung als Reihenhaus, das durch gemeinsame Zwischen- und Brandwände mit den danebenliegenden Reihenhäusern gekennzeichnet ist, und unbeschadet der Zuhilfenahme öffentlicher Mittel für andere Teile der Reihenhausanlage, die nach dem 30. Juni 1953 neu errichtet wurde, liegt ein Gebäude im Sinn des § 1 Abs 4 Z 1 MRG vor, für das die entsprechenden mietrechtlichen Ausnahmebestimmungen gelten.

Zutreffend haben die Vorinstanzen dies erkannt und die Anwendbarkeit des § 27 MRG auf das Rechtsverhältnis zwischen Antragstellerin und Antragsgegner verneint.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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