OGH 1Ob21/02y

OGH1Ob21/02y30.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Dr. Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Josef D*****, und 2) Hedwig D*****, beide ***** , vertreten durch Dr. Peter Schobel, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die beklagte Partei Dr. Maximilian U***** , wegen 227.064,71 S (= 16.501,43 EUR) sA infolge der Rekurse beider Streitteile gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. Oktober 2001, GZ 12 R 13/01x-18, womit das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 19. Oktober 2000, GZ 1 Cg 265/98v-13, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Der Rekurs der klagenden Parteien wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

II. Dem Rekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass das Ersturteil insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, den klagenden Parteien 227.064,71 S (= 16.501,43 EUR) samt 4 % Zinsen seit 30. April 1998 binnen 14 Tagen zu zahlen, wird abgewiesen."

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei je die Hälfte der mit insgesamt 10.304,97 EUR (darin 1.576,27 EUR Umsatzsteuer und 847,36 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind je zur Hälfte Miteigentümer einer Liegenschaft, auf der sie ein Einfamilienhaus errichteten. Im Juni 1988 wurde im Auftrag der Gemeinde etwa in der Mitte der Gasse, an der die Liegenschaft der Kläger liegt, ein Kanalstrang verlegt. Wenige Tage danach erkannten die Kläger eine Senkung ihrer Einfriedung und Einfahrt. Sie intervenierten daraufhin beim bauausführenden Unternehmen und beim Planverfasser, einem Architekten. Die Gemeinde schickte einen Sachverständigen zur Besichtigung des Schadens. Es kam jedoch zu keiner Ersatzleistung. Die Kläger betrieben in ihrem Haus einen Heurigen. Deshalb hatten sie die Türen ausgehängt. Im November 1991 hängten sie die Türen nach mehreren Jahren erstmals wieder ein und bemerkten, dass sie sich selbsttätig öffneten, wenn sie nicht eingeklinkt waren. Die Kläger schlossen daraus auf eine Schieflage des ganzen Hauses und verständigten die Gemeinde. Diese entsandte im Jänner 1991 einen Sachverständigen zur Besichtigung des Hauses. Der Sachverständige konnte jedoch keine Setzung feststellen. Nachdem der Haftpflichtversicherer des bauausführenden Unternehmens eine Ersatzleistung wegen Verjährung abgelehnt hatte, suchten die Kläger am 6. 9. 1991 den Beklagten auf. Bei diesem Gespräch wurde die Beiziehung eines Sachverständigen zur Klärung der Schadensursache, der Schadenshöhe und der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen erörtert. Die Kläger stimmten einem solchen Vorgehen am 24. 9. 1991 zu. Auch die Gemeinde hatte schon eine Ersatzleistung unter Hinweis auf die Verjährung abgelehnt. Im Dezember 1991 nahm an einer Besprechung der Streitteile ein gelernter Brunnenbauer teil, um zur Schadensursache Stellung zu nehmen. Nach dessen Einschätzung waren die Pumparbeiten anlässlich der Verlegung des Kanalstrangs schadensursächlich. Zur Frage nach der "Erkennbarkeit" des Schadens am Haus erklärte er, es habe bis zum Eintritt einer Senkung ein bis zwei Jahre (nach Abschluss der Arbeiten) dauern können. Der Beklagte besprach mit den Klägern die Verjährungsfrage und empfahl die Einbringung einer Feststellungsklage. Daraufhin beauftragen die Kläger den Beklagten, den Entwurf einer solchen Klage und eines Beweissicherungsantrags zu verfassen. Am 13. 12. 1991 unterhielt sich der Beklagte mit einem Bausachverständigen über die mögliche Schadensursache. Nach dessen Ansicht war die Senkung des Hauses im "Begutachtungszeitpunkt" bereits abgeschlossen.

Der Beklagte schätzte "die Prozessaussichten vor Klagseinbringung positiv" ein und sagte den Klägern, dem Verjährungseinwand könne "mit Hilfe der Feststellungsklage" erfolgreich begegnet werden. Eine "weitere rechtliche Aufklärung, dass die Schäden dann bereits verjährt seien, wenn sie schon 1988 eingetreten oder vorhersehbar waren, erfolgte nicht". Der Beklagte übermittelte den Klägern jedoch "einen Klagsentwurf im Sinn der Feststellungsklage samt Antrag auf Beweissicherung und Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe" und erhielt von den Klägern danach den Auftrag, "die Klage einzubringen". Diese Klage, die am 23. 1. 1992 eingebracht wurde, richtete sich gegen die Gemeinde und das bauausführende Unternehmen. Dort findet sich unter anderem folgendes Vorbringen:

"Wie sich aus den obigen Angaben bereits ergibt, ist im Jahre 1988 lediglich der Schaden an der Gartenmauer eingetreten, dieser wurde von den beklagten Parteien auch anerkannt.

Mit weiteren Schäden war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu rechnen: die beklagten Parteien haben ebenso nicht damit gerechnet, da ...

Noch bei einer Befundaufnahme im Jänner 1991 hat ein Bausachverständiger festgestellt, dass keine Absenkung festgestellt werden konnte; umsoweniger könnte eine derartige Feststellung von uns als Laien erwartet werden.

Für nichtvorhersehbare schädigende Wirkungen eines Schadensfalles beginnt die Verjährung erst vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme bzw. sobald mit künftigen Schäden mit Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist, neu zu laufen (... Rechtsprechungszitate ...). Eine Verjährung ist daher noch nicht eingetreten.

Die genaue Schadenshöhe ist uns derzeit nicht bekannt, da diese wesentlich von der Begutachtung durch einen Sachverständigen abhängt.

Es lässt sich derzeit für uns auch nicht genau beurteilen, ob die Setzungen nicht weitergehen werden und unser Haus überhaupt in seiner Standfestigkeit bedroht sein wird.

Da der Schaden daher für uns noch nicht genau vorhersehbar ist, sind wir vorerst gezwungen, ein Feststellungsbegehren zu erheben. ..." (Anm: Unterstreichungen im Original).

Das Klagebegehren wurde abgewiesen. Nach Ansicht des Erstgerichts war der geltend gemachte Anspruch schon bei Klageeinbringung verjährt, weil "sämtliche Schäden" aufgrund der Kanalbauarbeiten 1988 "bereits von vornherein auch für die Kläger erkennbar" gewesen seien. Das Berufungsgericht billigte diese Ansicht schon auf dem Boden des Klagevorbringens. Nach dessen Überzeugung ließ die Senkung der Einfriedung eines Grundstücks auch "auf eine Senkung des Bodens schließen". Weil "sich dadurch eine Schiefstellung des darauf befindlichen Hauses ergeben" könne, sei ein solcher Schaden vorhersehbar gewesen, also "nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit" eingetreten. Die Feststellungsklage beruhe daher auf einem bereits bei Klageeinbringung verjährten Anspruch.

Mit Beschluss vom 26. 2. 1997 wies der Oberste Gerichtshof die außerordentliche Revision der Kläger zurück (7 Ob 54/97k) und führte zur Verjährungsfrage aus:

"In 1 Ob 621/95 (= SZ 68/238) hat ein verstärkter Senat im Fall des Eintrittes eines einheitlichen Schadens ausgesprochen, dass die kurze Verjährung von Ersatzansprüchen nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginnt. Damit erübrigt sich die Erhebung einer Feststellungsklage zur Verhinderung des Eintritts der Verjährung bloß vorhersehbarer, aber noch nicht eingetretener Erstschäden. In der Folge wurde in der Rechtsprechung klargestellt, dass der Geschädigte dann, wenn er - zufolge Eintritts eines Primärschadens - zu einer Leistungsklage genötigt ist, gleichzeitig alle vorhersehbaren künftigen Schäden mit Feststellungsklage geltend machen muss, um die Verjährung des Ersatzanspruches wegen derartiger Schäden zu vermeiden (... Judikaturzitate ...). Entgegen der Auffassung der Zulassungsbeschwerde war auf Grund der aus dem eingeholten Sachverständigengutachten entnommenen Feststellungen des Erstgerichts, wonach es seit Juni 1988 keine Veränderungen an den Schrägstellungen der Einfriedung und des Hauses selbst gibt, davon auszugehen, dass Setzungsschäden am Haus im Jahr 1988 zumindest vorhersehbar, wenn nicht schon erkennbar gewesen sind. Dass bei einer Begehung durch die Baubehörde keine solchen Schäden am Haus erkannt wurden, besagt aber auch nicht, dass sie noch nicht vorhersehbar gewesen wären. Auf Grund dieser Feststellung, die an Hand eines vorliegenden Beweisergebnisses getroffen wurde, liegt aber auch nicht der gerügte Verfahrensmangel vor, dass das Berufungsgericht die Vorhersehbarkeit von Setzungschäden am Haus ohne Beweisergebnisse oder Feststellungen des Erstgerichts angenommen hat."

Die Kläger begehrten zuletzt den Zuspruch von 227.064,71 S (= 16.501,43 EUR) sA und brachten vor, der Beklagte hätte die Klage des Vorprozesses "nicht einbringen dürfen, er hätte erkennen ... und die Kläger darüber aufklären müssen, dass im Zeitpunkt seiner ersten Informationsaufnahme die Ansprüche der Kläger bereits verjährt wären. Darüberhinaus wäre hinsichtlich des Primärschadens auch keine Feststellungsklage, sondern eine Leistungsklage einzubringen gewesen". Der Beklagte habe daher für jene Aufwendungen einzustehen, die den Klägern "durch eine von vornherein aussichtslose Prozessführung erwachsen" seien.

Der Beklagte replizierte, er habe im Verfahren - mangels Erörterung des eingeholten Gutachtens - keine Möglichkeit zur Darlegung der mangelnden Vorhersehbarkeit der Schäden am Haus vorgefunden. Soweit die Kläger die Folgeschäden schon vor Klageeinbringung hätten vorhersehen können, sei er unrichtig informiert worden. Er habe nie ein Mandat "erhalten, übernommen und besorgt", wonach er Ansprüche aus einem im Juni 1988 "eingetretenen, feststellbaren oder doch vorhersehbaren Schaden" habe geltend machen sollen. Im Übrigen wendete der Beklagte den von seiner Haftpflichtversicherung an die Kläger bezahlten Betrag von 231.602 S aufrechnungsweise als Gegenforderung ein. Die Kläger seien durch diese Zahlung rechtsgrundlos bereichert. Dieser Anspruch sei ihm zum Inkasso abgetreten worden.

Das Erstgericht sprach aus, dass die Klageforderung mit 227.064,71 S (= 16.501,43 EUR) zu Recht, die aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung dagegen nicht zu Recht bestehe und der Beklagte somit schuldig sei, den Klägern 227.064,71 S (= 16.501,43 EUR) samt 4 % Zinsen seit 30. April 1998 zu zahlen. Nach dessen Ansicht wurden vom Beklagten die vor Klageeinbringung im Vorprozess zu beurteilenden Verjährungsfragen - ausgehend von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs - unrichtig gelöst. Bei Klageeinbringung im Vorprozess seien Ersatzansprüche bereits verjährt gewesen. Dafür müsse der Beklagte einstehen, hätte er doch die Kläger über die Aussichtslosigkeit der Prozessführung aufklären müssen.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf, verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach ferner aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, die "Kenntnis des Schadens" nach § 1489 ABGB bedeute das Bekanntsein aller Tatsachen, die für die Anspruchsentstehung maßgebend seien. Der Sachverhalt müsse dem Geschädigten soweit bekannt sein, dass er mit Aussicht auf Erfolg klagen könne. Zweifel an dessen Beweisbarkeit schöben die Verjährung nicht auf. Gleiches gelte für einen Irrtum des Geschädigten über anspruchsbegründende Tatsachen. Nach langjähriger Rechtsprechung sei die Verjährung schon durch das Wissen des Geschädigten über die Schadensursache bei Wahrscheinlichkeit eines künftigen Schadenseintritts nach objektiven Kriterien in Gang gesetzt worden. Davon sei der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen 1 Ob 601/93 (= JBl 1994, 753) und 1 Ob 621/95 (= SZ 68/238 [verstärkter Senat]) abgegangen. Seither beginne die Verjährung nicht vor Eintritt des Erstschadens. Aufgrund der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung werde sie jedoch auch für künftige, objektiv vorhersehbare Schäden schon mit Eintritt des Erstschadens in Gang gesetzt. Soweit bedürfe es einer Feststellungsklage zur Unterbrechung der Verjährung. Der bereits eingetretene Schaden bilde mit vorhersehbaren künftigen Schäden aus demselben Ereignis eine verjährungsrechtliche Einheit. Auf die Verjährung von Feststellungsansprüchen seien die Grundsätze der Verjährung von Leistungsansprüchen anzuwenden. Jene Wende der Rechtsprechung sei bei Klageeinbringung im Vorprozess (23. 1. 1992) noch nicht vollzogen gewesen. Ein Rechtsanwalt hafte nur für den Mangel an Fleiß und Gesetzeskenntnis, nicht aber für jede unrichtige Gesetzesauslegung. Er müsse seinen Mandanten aufklären, wenn die beabsichtigte Prozessführung nach dem klaren Gesetzeswortlaut oder "einer einheitlichen, herrschenden Rechtsauslegung aussichtslos" erscheine. Träten die Gerichte einer vertretbaren rechtlichen Argumentation nicht bei oder erledigten sie gar bestimmte Beweisanträge nicht, so hafte der Rechtsanwalt nicht für die Folgen eines verlorenen Prozesses. Der Beklagte habe im Vorprozess schon in der Klage vorgebracht, die Kläger dieses und jenes Verfahrens hätten den geltend gemachten Schaden nach dem 1988 eingetretenen Erstschaden - mangels Vorhersehbarkeit - erst Ende Sommer 1990 erkennen können. Dass die Gerichte dem in allen drei Instanzen nicht gefolgt seien, sei für den Beklagten "nicht vorhersehbar, nicht vermeidbar und nicht mehr bekämpfbar" gewesen. Er habe vor allem nicht ahnen können, dass der Oberste Gerichtshof "aus einem im Beweissicherungsverfahren eingeholten Befund Feststellungen zu Ungunsten der Kläger treffen" werde. Somit sei aber dem Beklagten nicht vorwerfbar, dass die Gerichte den Eintritt möglicher Folgeschäden schon 1988 als objektiv vorhersehbar angesehen hätten. Die Feststellungsklage unterbreche die Verjährung auch für noch nicht bezifferbare Ansprüche, die auf bereits eingetretenen Schäden beruhten. Die mangelnde Bezifferbarkeit habe der Beklagte im Vorprozess behauptet. Die Kläger hätten dem Beklagte nicht vorgeworfen, eine Feststellungsklage deshalb verfehlt eingebracht zu haben, weil bereits eine Leistungsklage möglich gewesen wäre. Nach der Entscheidung 9 Ob 69/00p sei eine Ausdehnung oder (sonstige) Änderung der Klage auf die während des Verfahrens fällig gewordenen Schadensbeträge auch dann möglich, wenn die ursprüngliche Verjährungsfrist schon abgelaufen sei. Eine solche Prozesshandlung sei jedoch zur Aufrechterhaltung der Unterbrechungswirkung nicht erforderlich. Ob nach Eintritt der Bezifferbarkeit eines Ersatzanspruchs während des Verfahrens das Feststellungsinteresse verloren gehe, sei dort offen geblieben. Die Unterbrechungswirkung gehe jedoch dann verloren, wenn eine Feststellungs- oder Leistungsklage nicht gehörig fortgesetzt werde. Im Vorprozess sei durch den am 21. 4. 1995 zugestellten erstgerichtlichen Beschluss, wonach das Verfahren nur auf Antrag fortgesetzt werde, ein ruhensähnlicher Zustand eingetreten. Danach habe der Beklagte erst am 30. 10. 1995 einen Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens gestellt und das Feststellungsbegehren durch ein Leistungsbegehren ergänzt. Diese Prozesshandlung sei bereits im Verhandlungstermin vom 16. 6. 1994 angekündigt worden. Vergleichsgespräche der Parteien seien im April 1995 längst nicht mehr anhängig gewesen. Eine in die Sphäre der Kläger fallende Untätigkeit "von fast 6 Monaten" in einem damals schon jahrelang geführten Prozess sei nach § 1497 ABGB als nicht gehörige Fortsetzung zu werten. Selbst wenn daher die mit Feststellungsklage geltend gemachten Ansprüche aus "Sekundärschäden" bei Klageeinbringung noch nicht verjährt gewesen sein sollten, wären sie bei Schluss der Verhandlung erster Instanz am 18. 12. 1995 mangels gehöriger Fortsetzung des Verfahrens verjährt gewesen. Es müsse daher nur noch geklärt werden, "wer im Innenverhältnis zwischen den Klägern und ihrem Vertreter im Vorprozess ... für die Untätigkeit zwischen dem 21. 4. 1995 und 30. 10. 1995" verantwortlich sei und ob diese Untätigkeit auf einem vorwerfbaren anwaltlichen Kunstfehler beruhe. Das Parteivorbringen dazu sei dürftig. Das Erstgericht habe keinen Grund für die erörterte Untätigkeit festgestellt. Solche Tatsachen seien aber entscheidungswesentlich. Die Parteien dürften durch die an ein dürftiges Prozessvorbringen anknüpfenden rechtlichen Konsequenzen nicht überrascht werden. Demnach sei das Ersturteil aufzuheben, um den Parteien Gelegenheit zu geben, ergänzendes und präzisierendes Vorbringen zur Untätigkeit des Beklagten im Vorprozess vom 21. 4. 1995 bis zum 30. 10. 1995 zu erstatten. Lägen die Gründe für die späte Verfahrensfortsetzung in der Sphäre der Kläger, sei dem Beklagten kein Vorwurf zu machen, wenn er sie vor der Fortsetzung gewarnt hätte; andernfalls träfe ihn eine Haftung nur für die wegen der verspäteten Verfahrensfortsetzung verursachten Nachteile. Lägen dagegen die Gründe für die späte Verfahrensfortsetzung in der Sphäre des Beklagten und hätte er die Kläger davor überdies nicht gewarnt, so träfe "ihn die volle Haftung für alle Nachteile der Kläger". Er hätte dann auch keinen Honoraranspruch. Im Falle einer Warnung hätte er nur für den bis zur Verfahrensfortsetzung entstandenen Prozessaufwand einzustehen und hätte für diesen Verfahrensabschnitt keinen Entlohnungsanspruch. Ungeklärt sei ferner, weshalb der Beklagte den Vorprozess dann, wenn er etwa zu wenig Unterlagen für die Umstellung des Feststellungs- auf ein Leistungsbegehren gehabt haben sollte, nicht als Feststellungsverfahren weitergeführt habe. Der Ersatzanspruch aus dem schon 1988 eingetretenen Primärschaden sei bei Klageeinbringung im Vorprozess "aller Wahrscheinlichkeit nach" schon verjährt gewesen. Offenkundig deshalb habe sich der Beklagte soweit auf ein Anerkenntnis berufen. Insofern sei ihm vorwerfbar, 1992 entweder einen bereits verjährten Anspruch mit Feststellungsklage geltend gemacht oder das Klagebegehren erst nach Ablauf der durch ein Anerkenntnis in Gang gesetzten Verjährung auf Leistung umgestellt zu haben. Für den darauf entfallenden Schaden der Kläger hafte der Beklagte jedenfalls. Er habe soweit auch keinen Entlohnungsanspruch. Dieser Fragenkomplex sei mit den Parteien gleichfalls zu erörtern. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, "weil es um wesentliche Punkte der Anwaltshaftung" gehe.

Der Rekurs der Kläger ist unzulässig; jener des Beklagten ist dagegen zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I. Zum Rekurs der Kläger

1. Soweit das Erstgericht feststellte, die Kläger hätten keine "weitere rechtliche Aufklärung" erhalten, "dass die Schäden dann bereits verjährt seien, wenn sie schon 1988 eingetreten oder vorhersehbar waren", kann das im Kontext der eingangs wiedergegebenen Feststellungen nur so verstanden werden, dass der Beklagte die Kläger vor Einbringung der Klage im Vorprozess zwar nicht mündlich, jedoch durch die Übersendung des Klageentwurfs schriftlich über die dort behandelten Verjährungsfragen aufgeklärt hatte, ehe ihm der Auftrag zur Einbringung der Klage erteilt wurde.

2. Die Kläger bezeichnen die Rechtsansicht, ein noch nicht bezifferbarer Schaden sei mit Feststellungsklage geltend zu machen, als verfehlt, weil die "genaue Bezifferbarkeit des Schadens ... kein Argument" sei, "um die Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage zu beseitigen". Für "die nicht genaue Bezifferbarkeit eines Schadens, insbesondere wenn die Schadenshöhe von der Ermittlung durch Sachverständige abhängig" sei, habe "der Gesetzgeber im § 43 Abs 2 ZPO Vorsorge getroffen". Die Kläger führen für diese Sicht der Rechtslage keine Belege an. Sie entspricht auch nicht dem Stand der Judikatur bei Einbringung der Klage im Vorprozess, judizierte doch der Oberste Gerichtshof (schon) damals in ständiger Rechtsprechung, dass die Kenntnis der Schadenshöhe für die Möglichkeit, mit Erfolgsaussicht klagen zu können, nicht von Bedeutung sei, weil der Eintritt der Verjährung durch Feststellungsklage vermeidbar sei (SZ 62/150 [1989]; SZ 56/76 [1983] je mwN). Musste aber die Verjährung eines Ersatzanspruchs mangels Bezifferbarkeit des Schadens durch die Erhebung einer Feststellungsklage hintangehalten werden, so ist allein in der Einbringung der Feststellungsklage im Vorprozess - entgegen der Ansicht der Kläger - kein anwaltlicher Kunstfehler zu erblicken, sind doch die Kläger selbst nicht der Ansicht, die Höhe der Folgeschäden sei bereits damals bezifferbar gewesen.

Zur Frage nach der Verjährung von Schadenersatzansprüchen fasste das Berufungsgericht die Rechtslage, von der der Beklagte bei Klageeinbringung im Vorprozess ausgehen musste, zutreffend zusammen. Danach war (auch) für den Beginn der Verjährung von Folgeschäden deren Vorhersehbarkeit maßgebend. Gerade dieser Aspekt wurde aber in der Klage des Vorprozesses betont. Darüber waren die Kläger auch aufgeklärt, weil sie den Auftrag zur Klageeinbringung erst aufgrund eines der späteren Klage entsprechenden Entwurfs erteilt hatten. Dass es ihnen im Prozess schließlich nicht gelang, ihren Standpunkt zur mangelnden Vorhersehbarkeit der geltend gemachten Folgeschäden am Haus durchzusetzen, ist nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts nicht dem Beklagten anzulasten, sondern verwirklichte allein das Prozessrisiko der Kläger. Sonst befassen sich die Kläger mit Themen, die für den Rekurserfolg des Beklagten von Bedeutung sind, ohne jedoch insoweit selbst eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Insofern genügt es, auf die tieferstehenden Ausführungen zum Rekurs des Beklagten zu verweisen.

Der Rekurs der Kläger ist somit mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

3. Der Beklagte hat die Kosten seiner Rekursbeantwortung nach §§ 40, 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO selbst zu tragen, weil er einen Hinweis auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Kläger unterließ. Dieser Schriftsatz diente daher nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

II. Zum Rekurs des Beklagten

1. Das Klagebegehren im Vorprozess scheiterte letztlich daran, dass die der Klage zugrunde liegenden Ansprüche bei Einbringung der Feststellungsklage bereits verjährt waren, weil die Schäden am Haus der Kläger im Juni 1988 (zumindest) bereits vorhersehbar waren. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts traf der Oberste Gerichtshof im Vorprozess insofern keine Feststellung, sondern stützte seine Begründung auf die bereits vom Erstgericht festgestellte Tatsache, dass es keinen Hinweis dafür gebe, dass "seit Juni 1988 Veränderungen in den Schiefstellungen der Einfriedung oder des Hauses eingetreten sind" (ON 40 S. 7 des Vorakts). Im Übrigen billigte er die Schlussfolgerung der Vorinstanzen zur frühen Vorhersehbarkeit der Schäden am Haus. Dass sich schließlich das Prozessrisiko der Kläger, ihren Standpunkt zur mangelnden Vorhersehbarkeit der Schäden am Haus nicht durchsetzen zu können, verwirklichen würde, war für den Beklagten während des Verfahrens erster Instanz zu keiner Zeit vorhersehbar.

2. Das Berufungsgericht erläuterte zutreffend, dass der Rechtsanwalt seinem Mandanten nicht den Prozesserfolg schuldet, sondern nur für die Schadensfolgen der mangelnden Kenntnis der Gesetze und der maßgebenden Rechtsprechung haftet. Streitentscheidend ist dabei, auf welche Klagegründe der nunmehr geltend gemachte Anspruch gestützt wurde. Die Kläger referierten in der Klageerzählung zunächst die wesentlichen Gründe der im Vorprozess ergangenen Entscheidungen aller drei Instanzen, stützten das Klagebegehren sodann jedoch nur auf jene Behauptungen, die dem weiter oben wiedergegeben Parteivorbringen zu entnehmen sind. Danach warfen sie dem Beklagten nicht etwa vor, er habe die Verjährung des im Vorprozess eingeklagten Anspruchs durch nicht gehörige Fortsetzung des Verfahrens über die Klage verschuldet. Sie gründeten den Ersatzanspruch aber auch nicht darauf, dass sie der Beklagte wegen der langen Dauer des faktischen Ruhens des Vorprozesses vor einer Verfahrensfortsetzung hätte warnen und darüber aufklären müssen, dass der eingeklagte Anspruch wegen nicht gehöriger Fortsetzung des Verfahrens nunmehr jedenfalls verjährt und zufolge der erhobenen Verjährungseinrede undurchsetzbar geworden sei. Die Kläger behaupteten überdies nicht, sie wären von der weiteren Verfolgung des im Vorprozess geltend gemachten Anspruchs abgestanden, wenn sie der Beklagte entsprechend aufgeklärt hätte, sodass sie sich nach einer solchen Aufklärung wenigstens einen bestimmten Teil des in den Vorprozess investierten Aufwands erspart hätten. Sie beriefen sich vielmehr während des gesamten Verfahrens erster Instanz immer nur darauf, der Beklagte habe als ihr Vertreter einen Anspruch eingeklagt, dessen Durchsetzung wegen Verjährung "von vornherein" aussichtslos gewesen sei. Dieses Vorbringen erfuhr keine Ergänzung durch Behauptungen der erörterten Art. Diese Situation führt zur Frage nach dem Umfang der materiellen Prozessleitungspflicht.

3. Der erkennende Senat sprach in der Entscheidung 1 Ob 144/97a (= SZ 70/199) - unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs - aus, die materielle Prozessleitungspflicht des Gerichts nach § 182 Abs 1 ZPO habe sich im Rahmen des behaupteten Anspruchs zu bewegen. Nur in diesen Grenzen sei auf die Vervollständigung des Sachvorbringens oder auch darauf zu dringen, dass das Begehren schlüssig gemacht werde. Die Anleitungspflicht im Anwaltsprozess gehe jedoch keinesfalls so weit, dass einer Partei selbst die Möglichkeit eröffnet werden müsse, ein nach den getroffenen Feststellungen abzuweisendes Klagebegehren dahin zu ändern, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine (teilweise) Klagestattgebung gegeben sein könnten. Den Parteien sei zwar Gelegenheit zu geben, unschlüssiges, unbestimmtes oder widerspruchsvolles Begehren (jedoch ohne Änderung dessen Inhalts) zu verdeutlichen und zu präzisieren, doch könne daraus nicht die Verpflichtung des Gerichts zur Anregung einer Klageänderung abgeleitet werden. Nur innerhalb solcher Grenzen der Anleitungspflicht dürfe das Gericht die Parteien in seiner Entscheidung auch nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die sie nicht beachtet hätten und auf die sie das Gericht nicht aufmerksam gemacht habe. Daran ist festzuhalten.

3. 1. Die vom Berufungsgericht herangezogenen Aufhebungsgründe beruhen auf einem - im Lichte der Erwägungen unter II. 2. und 3. - zu weitem Verständnis der materiellen Prozessleitungspflicht, soll doch danach den Klägern im fortgesetzten Verfahren die Möglichkeit eröffnet werden, einen Teil des geltend gemachten Ersatzanspruchs auf die Einführung neuer Klagegründe - also auf eine Klageänderung - zu stützen.

Soweit die dem Erstgericht zur Beurteilung der Frage nach einer gehörigen Fortsetzung des Verfahrens erteilten Aufträge eine hypothetische Ursache zum Gegenstand haben, die die Abweisung des Klagebegehrens im Vorprozess - wenn überhaupt - jedenfalls nur dann hätte tragen können, wenn der erhobene Feststellungsanspruch nicht schon bei Klageeinbringung verjährt gewesen wäre, zielen die erörterten Aufträge überdies auf Umstände ab, die für die Abweisung des Klagebegehrens im Vorprozess nicht kausal waren, aber auch gar nicht kausal werden konnten. Rein hypothetische Reserveursachen, die - im Lichte einer abstrakten Beurteilung - auf einen allfälligen Anwaltsfehler im Laufe des Verfahrens schließen ließen, scheiden als Grundlage eines Schadenersatzanspruchs aber dann aus, wenn der Vorprozess trotz des vor und bei Einbringung der Klage rechtmäßigen anwaltlichen Verhaltens jedenfalls verloren gehen musste, ohne dass dafür noch irgendein weiteres Verhalten während des Verfahrens, selbst wenn dieses auf dem Boden einer abstrakten Beurteilung fehlerhaft erschiene, hätte tragend werden können. Spätere Ursachen, die rein hypothetisch ebenso zur Abweisung des Klagebegehrens des Vorprozesses hätten führen können, sind demnach haftungsrechtlich insoweit irrelevant, als dieser Erfolg jedenfalls schon aufgrund vorgelagerter rechtmäßiger anwaltlicher Vertretungshandlungen eintreten musste. Insoweit sind bei der Prüfung der schadenersatzrechtlichen Folgen des Verhaltens des beklagten Rechtsanwalts allein jene realen Ursachen in Anschlag zu bringen, die das Unterliegen der von ihm vertretenen Kläger im Vorprozess zur Folge hatten. Es liegt demnach auch kein Fall "überholender Kausalität" (zur Problemstellung Koziol/Welser II12 315 f) vor, weil der Nachteil im Vermögen der Kläger, dessentwegen sie den beklagten Rechtsanwalt in Anspruch nehmen, unkorrigierbar bereits durch dessen rechtmäßiges Verhalten bei der Wahrnehmung ihrer Interesse, die durch das allein von ihnen zu tragende Prozessrisiko belastet waren, eintreten musste. Nicht zu prüfen ist daher, ob derselbe Schaden aufgrund eines (späteren) rechtswidrigen anwaltlichen Verhaltens rein hypothetisch hätte gleichfalls eintreten können.

Wie unter I. 2. dargelegt wurde, ist dem Beklagten angesichts seiner richtigen Beurteilung des Verjährungsrechts und der entsprechenden Aufklärung der Kläger weder vor der Klageeinbringung noch anlässlich der Klageeinbringung ein anwaltlicher Kunstfehler unterlaufen. Die Kläger verloren den Vorprozess nur deshalb, weil sich schließlich das durch die Klageeinbringung entstandene Prozessrisiko, über das sie der Beklagte schon vorher aufgeklärt hatte, in unvorhersehbarer Weise realisierte. Wurde aber gerade dieses Prozessrisiko zur Frage nach der Vorhersehbarkeit der am Haus eingetretenen Schäden schlagend, so mussten die Kläger im Vorprozess, wie aus den bisherigen Erwägungen folgt, jedenfalls unterliegen, ohne dass die allfällige Unterlassung einer gehörigen Fortsetzung des Verfahrens noch hätte Bedeutung erlangen können. Festzuhalten ist somit, dass die dem Erstgericht vom Berufungsgericht erteilten Aufträge insofern keine entscheidungswesentlichen Tatfragen berühren.

Soweit sich aber der Prozessaufwand der Kläger durch eine unterlassene Warnung vor der Fortsetzung des Verfahrens nach dem Eintritt faktischen Ruhens infolge eines allfälligen rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens des Beklagten im Sinne der Erörterungen unter II. 2. erhöht haben könnte, ist dieses Thema in Ermangelung eines derartigen, schon im Verfahren erster Instanz erstatteten Prozessvorbringens nicht von Belang.

Somit ist zusammenzufassend zu betonen, dass die Rechtsansicht des Berufungsgerichts über den Umfang der materiellen gerichtlichen Prozessleitungspflicht den angefochtenen Beschluss nicht zu tragen vermag.

4. Die Kläger legten im Rekurs mit erheblichem Begründungsaufwand dar, dass Gegenstand der Klage des Vorprozesses "ausschließlich die Sekundärschäden" - also die Folgeschäden - gewesen seien. Damit schlossen sie sich nunmehr der Replik des Beklagten im Verfahren erster Instanz an, nie ein Mandat "erhalten, übernommen und besorgt" zu haben, wonach er Ansprüche aus einem im Juni 1988 "eingetretenen, feststellbaren oder doch vorhersehbaren Schaden" habe geltend machen sollen. Sie zitierten zur Untermauerung dieses Standpunkts auch die Parteiaussage des Beklagten, wonach "die Geltendmachung eines Schadens an der Einfriedung" nicht Gegenstand seines "Mandats" war (ON 11 S. 14). Unter dieser Voraussetzung erübrigt sich aber auch die vom Berufungsgericht für notwendig gehaltene Erörterung des Fragenkomplexes, weshalb der Beklagte als Vertreter der Kläger 1992 entweder einen solchen, bereits verjährten Anspruch mit Feststellungsklage geltend gemacht oder das Klagebegehren erst nach Ablauf der durch ein allfälliges Anerkenntnis in Gang gesetzten Verjährung auf Leistung umgestellt habe.

5. Im Lichte aller bisherigen Erwägungen erweist sich die Streitsache nach allseitiger Beurteilung der Rechtslage als spruchreif, weshalb der angefochtene Beschluss gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO durch den Ausspruch der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern ist.

6. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen gründet sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO.

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