Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.914,58 (darin EUR 319,10 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Berufungsgericht hat die Berechtigung der Entlassung des Klägers zutreffend verneint. Es reicht daher aus, auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin Folgendes entgegenzuhalten:
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionswerberin geht zunächst in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht richtig davon aus, dass an das Verhalten von leitenden Angestellten im Allgemeinen strengere Anforderungen zu stellen sind als bei Arbeitnehmern in untergeordneter Stellung (Kuderna, Entlassungsrecht² 84; Arb 11.475; DRdA 2000/27; ARD 5252/13/2001; RIS-Justiz RS0029341, RS0029652, RS0029726 ua). Bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit kommt es grundsätzlich weniger auf die tatsächliche Schädigung des Arbeitgebers, sondern vor allem darauf an, ob für ihn vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischen Ermessens die gerechtfertigte Befürchtung besteht, dass seine Belange durch den Angestellten gefährdet seien (Kuderna aaO 60 ff, 86; DRdA 2000/27; RIS-Justiz RS0029652, RS0029833 ua).
Richtig weist die Revisionswerberin auch darauf hin, dass der OGH bereits mehrfach ausgesprochen hat, dass das sogenannte "Vier-Augen-Prinzip" (vgl etwa §§ 5 Abs 1 Z 12 und 42 Abs 3 BWG) nicht zu einer wechselseitigen Freizeichnung hinsichtlich der Verantwortung führen kann (Arb 11.475; 8 ObA 109/00p [nur teilw. in ARD 5252/13/2001 veröff.]). Der Umstand, dass außer dem leitenden Angestellten noch ein weiterer Bediensteter mit zusätzlichen Kontrollaufgaben betraut ist, kann daher idR nicht den Vorwurf, der dem leitenden Angestellten zu machen ist, beseitigen, insbesondere wenn von dem anderen Mitarbeiter gegen den leitenden Angestellten kaum offene Kritik zu erwarten ist. In einem derartigen Fall wäre der Hinweis des leitenden Angestellten, er habe sein Tun ohnehin nicht verheimlicht, nicht geeignet, ihn zu entschuldigen. Im vorliegenden Fall stellt sich aber nicht das Problem, dass der Kläger von einem anderen Mitarbeiter kontrolliert wurde, von dem keine offene Kritik zu erwarten war. Der Kläger hat auch nicht gemeinsam mit dem Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft arbeitsvertragliche Verpflichtungen verletzt. Der Kläger hat sich vielmehr als Prokurist offen dem Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beklagten und Vertreter der deutschen Muttergesellschaft widersetzt, indem er mit Schreiben vom 13. 8. 1991 ausdrücklich erklärte, dass er sich an die "Versicherung" vom 22. 3. 1991, wonach er die R***** GmbH zu liquidieren und einen Betrag von DM 200.000 zu zahlen habe, nicht gebunden fühle. Dennoch ließ der Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beklagten die Sache in der Folge auf sich beruhen. Die Beklagte hat somit in Kenntnis, dass der Kläger die R***** GmbH weiter wie bisher betreibe, keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen gezogen und auch die Forderung von DM 200.000 nicht weiter betrieben. Bis zur Entlassung mehr als zwei Jahre später, nämlich am 23. 10. 1993, wurde der Kläger weder ermahnt, noch wurde ihm die Entlassung angedroht.
Bei dieser Sachlage kommt daher ein anderer wesentlicher Aspekt zum Tragen, nämlich dass nur ein solches Verhalten (Unterlassen) zur Entlassung berechtigt, durch das die Interessen des Arbeitgebers so schwer verletzt werden, dass diesem eine weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer - auch nicht für die Zeit der Kündigungsfrist - zugemutet werden kann (Kuderna aaO 60 ff, 86; DRdA 2000/27; RIS-Justiz RS0029652, RS0029833 ua). In der Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass ein derartiger unzumutbarer Sachverhalt nicht vorliegen kann, wenn das Dauerverhalten vom Arbeitgeber mehr als zwei Jahre kommentarlos hingenommen wird, kann keine Fehlbeurteilung erblickt werden. Hat der Arbeitgeber nämlich zunächst auf ein Dauerverhalten des Arbeitnehmers nicht reagiert (und ist sein Entlassungsrecht nicht untergegangen), dann muss er, bevor er eine Entlassung ausspricht, den Arbeitnehmer zur Beseitigung des Zustandes unter Hinweis auf die arbeitsvertraglichen Konsequenzen auffordern (Kuderna aaO 19; RdW 1998, 27; DRdA 1998/59 [Holzer]; RIS-Justiz RS0028865, RS0107592). Dies ist jedoch nicht geschehen. Zu den Geschäftsfällen 13, 18, 19 und 21 wird auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen. Der Vorwurf der Revisionswerberin, es gehe ihr bei dem (schon im März 1991 bekannten) Geschäftsfall 13 nicht allein um die konkurrenzierende Tätigkeit des Klägers (im Wege der R***** GmbH), sondern darum, dass keine Rechnung der Beklagten ausgestellt worden sei, ist unverständlich. Wäre eine Rechnung der Beklagten an die Endabnehmerin ausgestellt worden, läge keine konkurrenzierende Tätigkeit der R***** GmbH vor; so aber wurde von der Beklagten Rechnung an die R***** GmbH gelegt, die ihrerseits (nach Behebung der Mängel) Rechnung an die Endabnehmerin legte. Bei ihrer Argumentation zum "Pferdeanhänger" lässt die Revisionswerberin die bindenden Feststellungen des Erstgerichtes unberücksichtigt. Danach war der Anhänger nicht nur zum Transport von Toren bestimmt, sondern wurde tatsächlich auch dafür verwendet. Auch hinsichtlich des Faktums "Scheckzahlung A*****" (und andere Schecks) lässt die Revisionswerberin die Feststellungen des Erstgerichtes unberücksichtigt. Ein die Entlassung des Klägers rechtfertigender Sachverhalt steht insoweit nicht fest.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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